Anlage 1 Lehrpläne, Lehrverpflichtungsgruppen - Fachschule für Sozialberufe

Alte FassungIn Kraft seit 26.8.1981

Anlage 1

— III. LEHRPLÄNE FÜR DEN RELIGIONSUNTERRICHT AN DEN DREIJÄHRIGEN FACHSCHULEN FÜR SOZIALBERUFE

(Bekanntmachung gemäß § 2 Abs. 2 des Religionsunterrichtsgesetzes)

  1. a) Katholischer Religionsunterricht

Bildungs- und Lehraufgabe:

  1. a) Allgemein:

Der katholische Religionsunterricht an dreijährigen Fachschulen für Sozialberufe sieht sich im Rahmen des allgemeinen Bildungszieles der Schule folgenden Aufgaben gegenüber:

Dem Schüler soll, seinem Alter entsprechend, die Fragesituation seiner menschlichen Existenz bewußt gemacht und als Frage nach Gott gedeutet werden. Es soll ihm Gelegenheit gegeben werden, sich mit den verschiedenen Religionen und Weltanschauungen kritisch auseinanderzusetzen und die aktuellen geistigen Strömungen unter der Jugend eingehend zu analysieren. Die christliche Botschaft soll dem Schüler als verheißungsvolles Angebot für die Gestaltung des eigenen Lebens verkündet werden, wobei die Notwendigkeit der freien Glaubensentscheidung deutlich herauszustellen ist. Das Bild des mündigen Christen soll in sachlicher Auseinandersetzung mit anderen Menschenbildern an Hand der Heiligen Schrift sowie Beispielen aus der Kirchengeschichte und der Gegenwart als erstrebenswert vor Augen gestellt werden; dabei ist besonders auf die Meisterung der Lebensprobleme des jungen Menschen wie auf die künftige Bewährung in der Berufswelt hinzuarbeiten. Um den Schüler bei der Bewältigung dieser Aufgaben zu fördern, bietet der Religionsunterricht umfassende Orientierungshilfen in der christlichen Soziallehre, der Persönlichkeitsbildung, der Menschenführung und den Voraussetzungen für das Apostolat im sozialen Bereich an. Der Vorbereitung auf Ehe und Familie kommt besondere Bedeutung zu.

Darüber hinaus hat der Religionsunterricht an der dreijährigen Fachschule für Sozialberufe zur selbsttätigen Formung einer auf der christlichen Offenbarung aufbauenden Weltanschauung, zur toleranten Achtung der Überzeugung des Andersdenkenden wie zum sozialen Engagement in Kirche und Gesellschaft aufzufordern; der auf den Menschen bezogene und gemeinschaftsbildende Charakter des Christentums ist dabei besonders zu betonen. Ein entsprechendes Maß an Wissen über die Voraussetzungen und den Inhalt der katholischen Heilswahrheiten ist zu vermitteln, wobei auf den sachgemäßen Umgang mit der Heiligen Schrift und auf die Analyse der durch das II. Vatikanische Konzil ausgelösten Entwicklung Wert zu legen ist. Kirchengeschichtliche Fragen sind den Sachproblemen zuzuordnen, um so den Schüler auf die Geschichtlichkeit und die Lebendigkeit von Kirche und Theologie hinzuweisen.

Die Liturgie soll als Vollzug christlichen Lebens nicht nur im Unterricht lebensnah erörtert, sondern auch im Rahmen der religiösen Übungen als Feier der gläubigen Gemeinde an der Schule würdig und jugendgemäß gefeiert werden. Einkehrtage oder religiöse Bildungstage sollen der Heranführung und der Festigung der Glaubensentscheidung dienlich sein oder auf den österlichen Sakramentenempfang vorbereiten.

  1. b) Nach Klassen:
  1. 1. Klasse:

Jahresthema:

Sinn und Ziel unseres Lebens ist der Gott Jesu Christi.

Der Schüler soll seine alters- und berufsbedingten Lebensfragen als Frage nach Gott verstehen lernen und dadurch befähigt werden, den Schritt von der Religiosität des Kindes zur selbstverantworteten Gläubigkeit des Jugendlichen vollziehen. Er soll die Beantwortung der Gottesfrage aus dem Raum der Geschichte, der Religionen und der Offenbarung in Christus erkennen und kritisch prüfen, danach zu diesem als seinem persönlichen Herrn eine gläubige Beziehung finden und im Leben der Kirche seine heilbringende Gegenwart erfahren.

  1. 2. Klasse:

Jahresthema:

Bewußte christliche Lebensgestaltung.

Der Schüler soll die von Gott eröffnete Möglichkeit des erlösten Daseins bejahen lernen und in der Gemeinschaft der Menschen zu verwirklichen trachten. Die liturgische Bildung soll ihm aus den verschiedenen Lebensvollzügen heraus einen Zugang zu den einzelnen Sakramenten eröffnen.

  1. 3. Klasse:

Jahresthema:

Der Christ in der Gemeinschaft.

Der Schüler soll den Religionsunterricht als eine wertvolle Orientierungshilfe für seine Tätigkeit in Beruf und Gesellschaft erfahren; er soll befähigt werden, die sozialen Gegebenheiten in Staat und Wirtschaft nach christlicher Wertordnung zu beurteilen und apostolisch tätig zu werden. Das Verantwortungsbewußtsein des Schülers für die Aufgaben in Ehe und Familie soll geweckt werden. Die Zusammenschau der katholischen Heilswahrheiten am Ende des Studiums soll den Absolventen zu einem reifen Verständnis der christlichen Heilsbotschaft führen und ihn zu einem bewußten Leben aus dem Glauben in der Gemeinschaft der Kirche ermuntern.

Lehrstoff:

  1. 1. Klasse:

Die geistigen und körperlichen Probleme der Reifezeit: ihr Sinn für das ganze Leben und ihre Deutung auf Gott hin; Ichfindung und Gewissensbildung. Die Geschlechtlichkeit und ihre Hinordnung auf Gemeinschaft und Liebe; das Generationsproblem und seine Bewältigung in Freiheit und Ehrfurcht; der Beruf in seiner Auswirkung für die Persönlichkeitsbildung.

Die Fragen der Menschen nach Gott; Versuche der Beantwortung im Laufe der Menschheitsgeschichte und in der Gegenwart; Stellungnahme zu den nichtchristlichen Religionen.

Die Beantwortung der Gottesfrage aus der Bibel: der Gottesglaube Israels; das Zeugnis Jesu: Gott als Vater und die Nähe der Gottesherrschaft. Die Offenbarung.

Jesus als Antwort Gottes auf die Frage der Menschen: die Überwindung von Leid und Schuld durch den Erlösertod Jesu. Die Quellen von Jesus Christus, die Christusbotschaft der Urkirche. Die literarische und kerygmatische Eigenart der Evangelien, ihre Glaubwürdigkeit und Probleme der Schriftauslegung.

Die historische Gestalt und das Wirken Jesu, sein Einsatz für die Schwachen. Der erhöhte Herr: Entfaltung der dogmatischen Lehre von Christus und der Trinität. Die Eröffnung neuer Möglichkeiten und der Entwurf des Lebens auf die Zukunft hin kraft der Auferstehung und der Wiederkunft Christi.

Verantwortung als Antwort des von Gott geforderten Menschen; Gebet; Schuld und Vergebung; Bußsakrament; Gemeinschaft im Glauben; Kirche und Eucharistie.

  1. 2. Klasse:

Das christliche Menschenbild: der von Gott geschaffene, der begnadete und der sündige Mensch; die Erlösungsbedürftigkeit. Maria als Urbild des erlösten Menschen.

Die allgemeinen Grundlagen des sittlichen Handelns: Gewissen, Willensfreiheit, sittliche Normen.

Unser Glaube an Gott und unsere Liebe zu Gott: das Leben des Christen in der Kirche und aus der Kraft Gottes. Die Kirche als Ursakrament, ihre Selbstverwirklichung in den einzelnen Sakramenten. Die Grundlegung des Glaubens in der Taufe, seine Bezeugung in der Liebe zu Gott und in der Verherrlichung seines Namens im Gebet und in der Eucharistiefeier; die Sakramente der Firmung und Weihe als Sendung zum Dienst der Kirche.

Das Selbstverständnis der Kirche in den verschiedenen Perioden der Kirchengeschichte und nach dem II. Vatikanischen Konzil; ihre hierarchische Gliederung und das charismatische Leben aus dem Heiligen Geist. Ihr Heilsauftrag und ihre Sorge um den Menschen. Getrennte Christenheit und ökumenische Bewegung. Die Zeitlichkeit und die Vollendung der Kirche.

Die Nächstenliebe; die grundsätzliche Bezogenheit des Menschen auf den Mitmenschen und die Gemeinschaft; das Leben als Erfüllung eines göttlichen Auftrags; der Schutz des Lebens; die Lebensbereiche, in denen sich die Nächstenliebe zu verwirklichen hat; das Sakrament der Ehe; Beruf, Arbeit und Eigentum; Wahrhaftigkeit; Treue und Geheimnis.

Der Mensch in seiner Selbstfindung und Entfaltung: die Kardinaltugenden; Autorität und Freiheit.

Unsere Hoffnung auf die Vollendung des christlichen Lebens; die Gefährdung des christlichen Daseins durch die Sünde; die Aufforderung zur Umkehr, das Sakrament der Buße; die Annahme des eigenen Schicksals; das Opfer; die Heilsbedeutung von Leid und Tod; das Sakrament der Krankensalbung; der Tod als Vollendung und Läuterung des Lebens, die Möglichkeit des endgültigen Heilsverlustes, die ewige Vollendung bei Gott. Die Heilserwartung als Antrieb zur Arbeit an der Verbesserung der Welt und zur Bewältigung der eigenen Lebensprobleme.

  1. 3. Klasse:

Der Mensch als Gemeinschaftswesen; das christliche Menschenbild als Ausgangspunkt der christlichen Auffassung von der Gesellschaft. Das Personalitätsprinzip, das Naturrecht, die Menschenrechte. Die Zuständigkeit der Kirche in sozialen Belangen. Die zunehmende Vergesellschaftung.

Der Christ in Ehe und Familie.

Der Christ als Staatsbürger.

Probleme der Völkergemeinschaft.

Die Kirche als gesellschaftspolitische Größe in Österreich und in

der Welt und die sich daraus ergebenden Probleme.

Die Erhaltung des Freiheitsraumes innerhalb der Gesellschaft. Der Mensch in der industriellen Arbeitswelt.

Die soziale Frage in Vergangenheit und Gegenwart.

Soziales Engagement als Verwirklichung des Auftrages Christi. Ethische Fragen der sozialen Berufe. Problemfelder des erwählten Sozialberufs.

Die Frage nach der Neuinterpretation des Glaubens, verbunden mit einer Zusammenschau der zentralen christlichen Wahrheiten. Das II. Vatikanische Konzil in seinen Zielsetzungen und Auswirkungen.

Fragen der christlichen Lebensgestaltung. Die Gemeinde als Ort der Begegnung und als Kraftquelle für die Gläubigen. Zeitgemäße Formen des Apostolats.

Didaktische Grundsätze:

Der Lehrplan soll als Rahmenplan verstanden werden, wobei der Lehrstoff entsprechend dem Bildungsziel nach exemplarischen Gesichtspunkten ausgewählt werden kann. Die Intensität des Verstehens ist wichtiger als die Extensität des Lehrstoffes. Da die Glaubenssituation in den einzelnen Schulen und Klassen stark differiert, liegt es in der Verantwortung und dem klugen Ermessen des Lehrers, die Ansatzpunkte im Leben der Schüler für die Verkündigung der Offenbarungswahrheit und die Heranführung an eine bewußte Glaubensentscheidung zu ermitteln. Der Lehrer wird demnach bei der Erstellung des Unterrichtsprogramms von den Interessen und Bedürfnissen seiner Schüler auszugehen haben und den Lehrstoff nach kerygmatischen und lernpsychologischen Gesichtspunkten anordnen. Da auch innerhalb der Klassen die Glaubens- und Interessenslage der Schüler ungleich ist, muß der Lehrer danach trachten, durch interessante und abwechslungsreiche Gestaltung des Unterrichts dennoch alle Schüler anzusprechen. Der Lehrer wird sich dabei bemühen, auch bei der Behandlung von Einzelfragen die ganze Wirklichkeit des katholischen Glaubens aufzuzeigen.

Die Form der Unterweisung wird in erster Linie das Gespräch sein. Der einseitige Vortrag des Lehrers ist auf ein pädagogisch verantwortetes Maß zu beschränken. Ansonsten wird sich der Religionsunterricht in abwechslungsreicher Folge entsprechend den behandelten Themen aller in der allgemeinen Unterrichtslehre zusätzlich vorgesehenen Formen bedienen: Diskussion, Gruppenarbeit, Referate, Lehrausgänge und die Verwendung von Lehr- und Lernmitteln aller Art. In bevorzugter Weise wird er Texte aus der Heiligen Schrift, einschlägige kirchliche Dokumente und solche Arbeitsmaterialien heranziehen, die der Erlebniswelt des modernen Jugendlichen sowie der künftigen Berufssituation des Schülers entsprechen.

Soweit der Religionsunterricht Wahrheit und Wissen vermittelt, ist der Unterrichtsertrag nach den allgemein gültigen Gesetzen der Didaktik anzustreben, zu festigen und zu sichern. Weil er sich in diesen Zielsetzungen nicht erschöpft, jedoch zur Gestaltung eines Lebens aus dem Glauben anleiten soll, muß vom aktuellen Lehrstoff her immer wieder eine Brücke zur Verwirklichung dieser Ziele im Leben der Kirche, des Berufs und der Gesellschaft geschlagen werden. Die Durchführung kirchlicher Lebensvollzüge soll entsprechend den Möglichkeiten auch im Rahmen der Schulgemeinschaft angestrebt werden.

Didaktik und Methodik des Religionsunterrichts an Fachschulen für Sozialberufe müssen sich der Tatsache bewußt bleiben, daß sein Ziel im Rahmen der wöchentlichen Unterrichtsstunden allein nicht realisiert werden kann, da hier viele außerschulische Faktoren mitspielen; jedoch soll der junge Mensch nicht nur mit den Grundlagen des christlichen Glaubens sachgerecht vertraut gemacht, sondern auch zu jener Nachdenklichkeit geführt werden, die Voraussetzung für eine gläubige Haltung bildet. Weiters muß darüber Klarheit bestehen daß die Quellen didaktischer und methodischer Erkenntnisse sowohl in der Theologie wie in den anthropologischen Wissenschaften zu suchen sind. Der Religionsunterricht an Fachschulen für Sozialberufe muß dabei die besondere Prägung der Schüler berücksichtigen, die sich aus der getroffenen Berufswahl im Hinblick auf ein soziales Engagement ergibt. Von den didaktischen Grundsätzen ist vor allem die Wirklichkeitsnähe zu beachten, um den Anschein von Ideologie und Doktrin zu verhindern. Der Unterricht soll induktiven Charakter haben, vom Erfahrungsbereich der Schüler ausgehen und von dort her die Fragen sichtbar machen, die in der Offenbarung ihre Antwort finden. So wird der Religionsunterricht zu einer Interpretation des gesamten Daseins.

Um seine Lebensnähe zu erweisen, wird der Religionsunterricht nicht nur sachgemäß vorgehen, sondern auch in seinen Formulierungen zeit- und altersgemäß bleiben. Diese Forderung ist am besten erfüllt, wenn die Schüler die Ergebnisse des Unterrichts in ihrer eigenen Vorstellungswelt und Sprachwelt wiederzugeben imstande sind.

Die rationale Komponente des Glaubens soll dadurch deutlich werden, daß die Schüler an die Quellen der Glaubenserkenntnis herangeführt, zur Mitarbeit und zu persönlichem Fragen und Suchen nach Erkenntnis angeregt werden. Diese geistige Tätigkeit soll allmählich vom Lehrer unabhängig werden. Da der Religionsunterricht auf ein allseitiges Wirklichkeitsverständnis hinzielt, wird er bei zunehmender Reife der Schüler in kluger Weise auf die begrenzten Erkenntnismöglichkeiten eines rein positivistischen Denkens hinweisen; dadurch soll einer vereinseitigten Persönlichkeitsbildung vorgebeugt und der Schüler zu einer sachgemäßen und kritischen Beurteilung der geistigen Strömungen in Gegenwart und Vergangenheit geführt werden. Querverbindungen zu anderen Unterrichtsfächern sollen bewußt in die Planung des Religionsunterrichts einbezogen werden.

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2025

Gesetzesnummer

10008510

Dokumentnummer

NOR12099676

alte Dokumentnummer

N6198119948S

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