Art. 5
Österreichischer Strukturplan Gesundheit und Regionale Strukturpläne Gesundheit
(1) Die zentralen Planungsinstrumente für die kurz-, mittel- und langfristige integrative Versorgungsplanung sind der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) und die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG). Der ÖSG ist der österreichweit verbindliche Rahmenplan für die in den RSG gemeinsam vorzunehmende konkrete verbindliche Gesundheitsstrukturplanung und Leistungsangebotsplanung. ÖSG und RSG sind integrale Bestandteile der Zielsteuerung-Gesundheit und mit den Zielen und Maßnahmen der Gesundheitsreform abgestimmt.
(2) Der ÖSG umfasst verbindliche Vorgaben für RSG im Hinblick auf die in Art. 4 Abs. 2 angeführten Bereiche, verfolgt die Zielsetzungen gemäß Art. 4 Abs. 4 bis 8, legt die Kriterien für die Gewährleistung der bundesweit einheitlichen Versorgungsqualität fest und stellt damit eine Grundlage für die Abrechenbarkeit von Leistungen der Gesundheitsversorgung dar.
(3) Die Inhalte des ÖSG umfassen insbesondere:
- 1. Informationen zur aktuellen regionalen Versorgungssituation;
- 2. Grundsätze und Ziele der integrativen Versorgungsplanung;
- 3. Quantitative und qualitative Planungsvorgaben und -grundlagen für die bedarfsgerechte Dimensionierung der Versorgungskapazitäten bzw. der Leistungsvolumina;
- 4. Versorgungsmodelle für die abgestufte bzw. modulare Versorgung in ausgewählten bzw. speziellen Versorgungsbereichen (z. B. HOS/PAL Erwachsene und Kinder, AG/R) inkl. Nahtstellen sowie inhaltliche Vorgaben für Organisationsformen und Betriebsformen;
- 5. Vorgaben von verbindlichen Mindestfallzahlen für ausgewählte medizinische Leistungen zur Sicherung der Behandlungsqualität sowie Mindestfallzahlen als Orientierungswerte für die Leistungsangebotsplanung;
- 6. Kriterien zur Strukturqualität und Prozessqualität sowie zum sektorenübergreifenden Prozessmanagement als integrale Bestandteile der Planungsaussagen;
- 7. Grundlagen für die Festlegung von Versorgungsaufträgen (Aufgabenprofile, Leistungsmatrizen, Strukturqualitätskriterien) auf regionaler Ebene (RSG) für die ambulante und stationäre Akutversorgung unabhängig von einer Zuordnung auf konkrete Anbieterstrukturen: Leistungsmatrizen, Aufgabenprofile und Qualitätskriterien;
- 8. Kriterien für die Bedarfsfeststellung und die Planung von Angeboten für multiprofessionelle und interdisziplinäre Primärversorgung sowie für die multiprofessionelle und/oder interdisziplinäre ambulante Fachversorgung gemäß Art. 6.
- 9. Verbindliche überregionale Versorgungsplanung für hochspezialisierte komplexe Leistungen bzw. Therapien von überregionaler Bedeutung in Form von Bedarfszahlen zu Kapazitäten sowie der Festlegung von Leistungsstandorten und deren jeweiliger Zuständigkeit für zugeordnete Versorgungsregionen.
- 1 0. Festlegung der von der Planung zu erfassenden, der öffentlichen Versorgung dienenden medizinisch-technischen Großgeräte inkl. österreichweiter Planungsgrundlagen, Planungsrichtwerte (insbesondere auch hinsichtlich der von diesen Großgeräten zu erbringenden Leistungen bzw. deren Leistungsspektrum sowie deren Verfügbarkeit) und Qualitätskriterien; Festlegung der bundesweit sowie je Bundesland jeweils erforderlichen Anzahl der Großgeräte (Bandbreiten).
- 11. Standort- und Kapazitätsplanung von Großgeräten mit überregionaler Bedeutung (insbesondere Strahlentherapiegeräte, Coronarangiographie-Anlagen und Positronen-Emissions-Tomographiegeräte) ist auf Bundesebene zu vereinbaren; weiters die standortbezogene und mit den Versorgungsaufträgen auf regionaler Ebene abgestimmte Planung der übrigen medizinisch-technischen Großgeräte; im Sinne einer gesamtwirtschaftlich möglichst kostengünstigen Leistungserbringung bei gleichzeitiger Nutzung von Synergien sind Kooperationsvereinbarungen zur gemeinsamen Nutzung von Geräten intra- und extramural verstärkt zu berücksichtigen.
- 12. Vorgaben für Aufbau, Inhalte, Struktur, Planungsmethoden, Darstellungsform und Planungshorizont der RSG in bundesweit einheitlicher Form.
- 13. Verbindliche integrierte Rehabilitationsplanung.
(4) Der ÖSG ist während der Laufzeit dieser Vereinbarung von der Bundesgesundheitsagentur nach den Vorgaben der Zielsteuerung-Gesundheit kontinuierlich gesamthaft weiterzuentwickeln. Ergänzungen und Weiterentwicklungen des ÖSG erfolgen gemeinsam zwischen Bund, Bundesländern und Sozialversicherung nach partnerschaftlich festgelegten Prioritäten gemäß Art. 4 Abs. 8. Im ÖSG sind bis Ende 2024 die für die Umsetzung der verbindlichen Planung und der Versorgungsaufträge auf regionaler Ebene notwendigen Vorgaben festzulegen. Der Schwerpunkt der Ergänzungen liegt entsprechend der Zielsteuerung-Gesundheit im ambulanten Bereich. Es werden jedenfalls folgende Entwicklungsschritte vereinbart:
- 1. Aktualisierung von Ist-Stand und Bedarfsprognosen;
- 2. jährliche Wartung und Weiterentwicklung der Leistungsmatrizen für den ambulanten und den akutstationären Bereich und sukzessive Festlegung weiterer verbindlicher Mindestfallzahlen für medizinische Leistungen bzw. Leistungsbündel entsprechend international vorhandener Evidenz;
- 3. Weiterentwicklung der Planungsgrundlagen und Qualitätskriterien für alle Bereiche, insbesondere für interdisziplinäre und multiprofessionelle Versorgungsformen;
- 4. Weiterentwicklung der überregionalen Versorgungsplanung auf Basis einer entsprechenden Beobachtung und bei Bedarf Ergänzung weiterer Versorgungsbereiche;
- 5. Planung der ambulanten Rehabilitation der Phase III, die zur Stabilisierung der Erfolge aus der ambulanten Rehabilitation der Phase II oder auch der stationären Rehabilitation der Phase II dienen soll, muss bestehende integrierte Versorgungsstrukturen (insbesondere Primärversorgung), fachärztliche Versorgung und die vorhandenen Evidenzen berücksichtigen;
- 6. Präzisierung der notwendigen Schritte zur Berücksichtigung der präklinischen Versorgung inkl. Rettungs- und Krankentransportdienst in der Planung;
- 7. Weiterentwicklung von morbiditätsbasierten Methoden der Bedarfsschätzung in der Gesundheitsversorgung und pilothafte Anwendung (Versorgungsforschung);
- 8. Weiterentwicklung der Grundlagen (z. B. Messgrößen) zur Planung des gesamten ambulanten Bereichs;
- 9. Festlegung und Vorgabe einer einheitlichen Vorgangsweise bei der Überprüfung der Einhaltung von Strukturqualitätskriterien, der Einhaltung der Leistungsmatrizen und bei Setzung von Konsequenzen im Falle der Nichterfüllung;
(5) Revisionen der ÖSG-Inhalte werden auf der jeweils aktuellen Datenbasis grundsätzlich im Abstand von maximal fünf Jahren vorgenommen. Die notwendige Wartung einzelner Teile des ÖSG sowie Ergänzungen haben bei Bedarf während der Laufzeit dieser Vereinbarung zeitnah zu erfolgen.
(6) Der ÖSG sowie Revisionen, Wartungen und Ergänzungen des ÖSG sind gemäß Abs. 9 Z 1 zu veröffentlichen.
(7) Die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) sind je Bundesland entsprechend den Vorgaben des ÖSG gemäß Abs. 3 Z 12 bezüglich Inhalten, Planungshorizonten und Planungsrichtwerten kontinuierlich weiter zu entwickeln und regelmäßig zu revidieren. In Verbindung mit der Verbindlichkeit der Planung sind die RSG spätestens bis Ende 2025 entsprechend der Vorgaben des ÖSG anzupassen. Die Qualitätskriterien des ÖSG gelten bundesweit einheitlich. Die Schwerpunkte der RSG sind jedenfalls:
- 1. Festlegung der Kapazitätsplanungen standortbezogen für den akutstationären Bereich mit Angabe der Kapazitäten, Organisationsformen, Versorgungsstufen, Referenz-, Spezial- und Expertisezentren je Fachbereich, wobei die je Fach- und Versorgungsbereich ausgewiesene Gesamtkapazität (Summe von Planbetten und ambulanten Betreuungsplätzen) als Zielwerte für die Realisierung zum Planungshorizont zu verstehen ist.
- 2. Festlegung der Kapazitätsplanungen zumindest auf Ebene der Versorgungsregionen (im Sinne des ÖSG) für den ambulanten Bereich der Sachleistung mit folgenden Angaben:
- a) Kapazitäten,
- b) Zahl und örtliche Verteilung der Leistungserbringer:innen,
- c) bei Spitalsambulanzen auch Betriebsformen gemäß § 6 Abs. 7 Z 5 und 6 KAKuG,
- d) Konkretisierung der Versorgungsaufträge nach Fachbereichen sowie
- e) allenfalls der Versorgungstypen;
- 3. Definition von Versorgungsaufträgen nach Fachbereichen auf Ebene der Versorgungsregionen auf Basis der Grundlagen im ÖSG;
- 4. Die Zahl und örtliche Verteilung hat eine derart hohe Granularität aufzuweisen, dass ambulante Vergemeinschaftungsformen (z. B. Gruppenpraxen, Selbständige Ambulatorien, Primärversorgungseinheiten), die ohne Festlegung in einem RSG grundsätzlich nur aufgrund eines Zulassungs- oder Bedarfsprüfungsverfahrens errichtet werden dürfen, auf Grundlage der zu verbindlich erklärenden Teile der RSG ohne Zulassungs- oder Bedarfsprüfungsverfahren errichtet werden können. Andere ambulante Organisationseinheiten müssen in den verbindlich zu erklärenden Teilen der RSG grundsätzlich zumindest auf Bezirksebene geplant werden, wobei insbesondere für städtische Bereiche geeignete natürliche Einzugsgebiete herangezogen werden können.
- 5. Stärkung der Primärversorgung durch Ausbau von wohnortnahen multiprofessionellen und/oder interdisziplinären Versorgungsangeboten entsprechend Art. 6 und Bereinigung von Parallelstrukturen im Sinne des Art. 4 Abs. 6 und Art. 4 Abs. 8 Z 3; konkretisierte Planung zur Einrichtung von Primärversorgungseinheiten;
- 6. Abbildung der überregionalen Versorgungsplanung gemäß Abs. 3 Z 9 inkl. Definition von Versorgungsgebieten je Standort;
- 7. Transparente Berücksichtigung der Versorgung inländischer und ausländischer Gastpatient:innen;
(8) Die RSG sind auf Landesebene zwischen dem jeweiligen Land und der Sozialversicherung festzulegen. Der Bund ist bereits im Entwurfsstadium eines RSG entsprechend zu informieren und es ist mit dem Bund mindestens vier Wochen vor Einbringung zur Beschlussfassung insbesondere das Vorliegen der Rechts- und ÖSG-Konformität abzustimmen. Die jeweils aktuelle Fassung des RSG ist im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) kundzumachen und auf der Website des jeweiligen Landes zu veröffentlichen.
(9) Bund und Länder kommen überein, zur Verbindlichkeit der Planung im ÖSG Folgendes sicherzustellen:
- 1. Der ÖSG und seine Änderungen sind von der/dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister:in nach einvernehmlicher Beschlussfassung in der Bundes-Zielsteuerungskommission jedenfalls im RIS, sowie auf der Website des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministeriums unbeschadet Z 2 als Sachverständigengutachten zu veröffentlichen und sind dem Verwaltungshandeln der ZS-Partner zugrunde zu legen.
- 2. Die einvernehmlich zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung als normativ gekennzeichneten Teile des ÖSG sind durch die gemeinsam eingerichtete Gesundheitsplanungs GmbH als Verordnung kundzumachen.
(10) Bund und Länder kommen überein, zur Verbindlichkeit der Planung im RSG Folgendes sicherzustellen:
- 1. Der RSG und seine Änderungen sind vom jeweiligen Landeshauptmann bzw. der jeweiligen Landeshauptfrau nach einvernehmlicher Beschlussfassung in der Landes-Zielsteuerungskommission jedenfalls im RIS sowie auf der Website der jeweiligen Landesregierung zu veröffentlichen und sind dem Verwaltungshandeln der ZS-Partner zugrunde zu legen.
- 2. Die einvernehmlich zwischen Ländern und Sozialversicherung als normativ gekennzeichneten Teile des RSG sind durch die gemeinsam eingerichtete Gesundheitsplanungs GmbH als Verordnung kundzumachen. Diese Verordnung hat hinsichtlich der Vorgaben jenes Maß an Konkretheit aufzuweisen, das erforderlich ist, um den Bedarf an einer konkreten Versorgungseinrichtung ausschließlich und abschließend anhand dieser Verordnung beurteilen zu können.
- 3. Der jeweiligen Landesärztekammer und den betroffenen gesetzlichen Interessensvertretungen ist mindestens vier Wochen vor Beschlussfassung des RSG in der jeweiligen Landes-Zielsteuerungskommission die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen. Dazu sind die für die Beschlussfassung vorgesehenen Planungsunterlagen zu übermitteln.
(11) Krankenanstaltenrechtliche oder ärzterechtliche Bedarfsprüfungen entfallen, wenn die Verordnungen gemäß Abs. 9 und 10 zur Beurteilung des Bedarfs hinreichend detailliert sind. Im Fall von erforderlichen Bedarfsprüfungen in Bezug auf Versorgungsstrukturen, die nicht im RSG enthalten sind, sind die im ÖSG und RSG festgelegten Planungskriterien anzuwenden. Die Bundesgesetzgebung bzw. die Landesgesetzgebung hat vorzusehen, dass die verbindlichen Inhalte des ÖSG und des jeweiligen RSG in ihren Bereichen als verbindlicher rechtlicher Rahmen für die bundes- und landesgesetzlich eingerichteten Körperschaften umzusetzen sind. Die bisherige Parteistellung der Interessensvertretungen im Bedarfsprüfungsverfahren ist durch ein Recht auf Stellungnahme zu ersetzen.
(12) Kommt in der Landes-Zielsteuerungskommission kein Einvernehmen über den verbindlichen Teil des RSG bzw. dessen Änderung zustande, bleiben die bestehenden Planungskompetenzen des jeweiligen Landes bzw. der Sozialversicherung unberührt.
(13) Im Einklang mit dem ÖSG und den RSG sind die den Gesundheitsdiensteanbieter:innen erteilten bzw. bestehenden Bewilligungen unter größtmöglicher Schonung wohlerworbener Rechte zu ändern oder allenfalls zurückzunehmen. Die entsprechenden bundes- und landesgesetzlichen Regelungen haben dies zu ermöglichen.
(14) Die Abrechenbarkeit von Leistungen über die Landesgesundheitsfonds bzw. über die Krankenversicherungsträger ist an die Einhaltung der verpflichtenden qualitativen Inhalte in ÖSG und RSG durch die Gesundheitsdiensteanbieter:innen zu binden und entsprechend gesetzlich festzulegen. Eine allfällige Bereitstellung von Investitionszuschüssen an die Gesundheitsdiensteanbieter:innen hat im Einklang mit dem ÖSG und den RSG zu erfolgen.
(15) Die Festlegungen im ÖSG und in den RSG sind hinsichtlich ihrer Umsetzung laufend zu überprüfen (ÖSG-Monitoring und österreichweit vergleichendes RSG-Monitoring). Dieses Monitoring ist inhaltlich so zu gestalten, dass es eine entsprechende Grundlage für das Monitoring im Rahmen der Zielsteuerung-Gesundheit bereitstellen kann.
28.01.2025
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