§ 84 Bgld. Vergabegesetz

Alte FassungIn Kraft seit 01.1.1996

Besondere Bestimmungen betreffend die Wahl

des Vergabeverfahrens

§ 84.

(1) Auftraggeber, für die dieses Hauptstück gilt, haben bei der Vergabe von Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen ihre Verfahren unter Beachtung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung im Sinne des § 10 Abs. 2 den Bestimmungen dieses Hauptstückes anzupassen.

(2) Die Auftraggeber können frei zwischen dem offenen Verfahren, dem nicht offenen Verfahren und dem Verhandlungsverfahren gemäß § 12 Abs. 2 bis 4 wählen, vorausgesetzt, daß ein Aufruf zum Wettbewerb gemäß § 85 durchgeführt wird.

(3) Abweichend von Abs. 2 können Auftraggeber in den folgenden Fällen auf ein Verfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb zurückgreifen,

  1. 1. wenn im Rahmen eines Verfahrens mit vorherigem Aufruf zum Wettbewerb keine oder keine geeigneten Angebote abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrages nicht wesentlich geändert werden, oder
  2. 2. wenn ein Auftrag nur zum Zwecke von Forschungen, Versuchen, Untersuchungen oder Entwicklungen und nicht mit dem Ziel der Gewinnerzielung oder der Deckung von Forschungs- und Entwicklungskosten vergeben wird und sofern diese Vergabe eines derartigen Auftrags einem Aufruf zum Wettbewerb für Folgeaufträge, die insbesondere diese Ziele verfolgen, nicht vorgreift, oder
  3. 3. wenn der Auftrag wegen seiner technischen oder künstlerischen Besonderheiten oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von bestimmten Lieferanten, Unternehmen oder Dienstleistungserbringern durchgeführt werden kann, oder
  4. 4. wenn dies unbedingt erforderlich ist, weil dringliche zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die beim offenen oder nicht offenen Verfahren vorgesehenen Fristen einzuhalten, oder
  5. 5. im Falle von Lieferaufträgen bei zusätzlichen, vom ursprünglichen Unternehmer durchzuführenden Leistungen, die entweder zur teilweisen Erneuerung gängiger Waren oder Einrichtungen oder zur Erweiterung von Lieferungen oder bestehenden Einrichtungen bestimmt sind, wenn ein Wechsel des Unternehmers dazu führen würde, daß der Auftraggeber Material unterschiedlicher technischer Merkmale kaufen müßte und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch oder Wartung mit sich bringen würde, oder
  6. 6. zur Ausführung dieses Auftrages zusätzliche Bauleistungen oder Dienstleistungen, die weder in dem der Vergabe zugrunde liegenden Entwurf, noch im zuerst vergebenen Auftrag vorgesehen sind, die aber wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses erforderlich sind, sofern der Auftrag an den Unternehmer vergeben wird, der den ersten Auftrag ausgeführt hat,
  1. a) wenn sich die zusätzlichen Arbeiten in technischer oder wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne wesentlichen Nachteil für den Auftraggeber vom Hauptauftrag trennen lassen oder
  2. b) wenn diese zusätzlichen Arbeiten zwar von der Ausführung des ersten Auftrages getrennt werden können, aber für dessen Abrundung unbedingt erforderlich sind, oder
  1. 7. bei neuen Bauleistungen, die in der Wiederholung gleichartiger Arbeiten bestehen, sofern
  1. a) der Auftrag von demselben Auftraggeber an den Unternehmer vergeben werden soll, der bereits den ersten Auftrag erhalten hat,
  2. b) der erste Auftrag nach einem Aufruf zum Wettbewerb vergeben wurde,
  3. c) sie einem Grundentwurf entsprechen, der Gegenstand eines ersten Auftrages war,
  4. d) die Möglichkeit der Anwendung dieses Verfahrens bereits in der ersten Ausschreibung vorgesehen war und
  5. e) der für die Fortsetzung der Bauarbeiten in Aussicht genommene Gesamtauftragswert der Berechnung des Schwellenwertes gemäß § 5 zugrunde gelegt wurde, oder
  1. 8. wenn es sich um die Lieferung von Waren handelt, die an Börsen notiert und gekauft werden, oder
  2. 9. bei Aufträgen, die aufgrund einer Rahmenübereinkunft vergeben werden sollen, sofern die Rahmenvereinbarung selbst
  1. a) gemäß den Bestimmungen dieses Hauptstückes vergeben wurde und
  2. b) nicht dazu führt, daß der Wettbewerb verhindert, eingeschränkt oder verfälscht wird, oder
  1. 10. bei Gelegenheitskäufen, wenn Lieferungen aufgrund einer besonders günstigen Gelegenheit, die sich für einen sehr kurzen Zeitraum ergeben hat, zu einem Preis gekauft werden können, der erheblich unter den normalerweise marktüblichen Preisen liegt, oder
  2. 11. bei einem zu besonders günstigen Bedingungen erfolgenden Kauf von Lieferungen entweder bei einem Unternehmen, das seine gewerbliche Tätigkeit endgültig einstellt, oder bei den Verwaltern im Rahmen eines Konkurs- oder Ausgleichsverfahrens, oder
  3. 12. wenn der betreffende Dienstleistungsauftrag im Anschluß an einen in Übereinstimmung mit diesem Gesetz durchgeführten Wettbewerb gemäß den einschlägigen Bestimmungen an den Gewinner oder an einen der Gewinner des Wettbewerbs vergeben werden muß. Im letzten Fall sind alle Gewinner des Wettbewerbs zur Teilnahme an Verhandlungen einzuladen.

(4) Die Übermittlung technischer Spezifikationen für Bewerber oder Bieter, die Prüfung und die Auswahl von Bewerbern oder Bietern und die Auftragsvergabe können die Auftraggeber mit Auflagen zum Schutz der Vertraulichkeit der ihnen zur Verfügung gestellten Informationen verbinden. Das Recht von Bewerbern oder Bietern, mit einem Auftraggeber die Vertraulichkeit der von ihnen zur Verfügung gestellten Informationen zu vereinbaren, bleibt unberührt.

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