Anlage 1
III. LEHRPLÄNE FÜR DEN RELIGIONSUNTERRICHT AN DER BILDUNGSANSTALT FÜR KINDERGARTENPÄDAGOGIK
(Bekanntmachung gemäß § 2 Abs. 2 des Religionsunterrichtsgesetzes)
- a) Katholischer Religionsunterricht
Das Grundkonzept des Lehrplanes
Der Lehrplan baut auf Catechesi tradendae und dem Österreichischen Katechetischen Direktorium auf. In seiner Struktur stimmt er mit dem neuen Lehrplan für den katholischen Religionsunterricht an der allgemeinbildenden höheren Schule und berufsbildenden höheren Schule überein. Für das inhaltliche Grundkonzept ist der Lehrplan der berufsbildenden höheren Schule herangezogen worden. Die spezifischen Anliegen der Schultype - in erster Linie die berufsbezogene Ausbildung in der Schule - wurden mehrfach berücksichtigt: in der Angabe religionspädagogischer Prinzipien und Themenfelder und in der Möglichkeit jedes Unterrichtsthema einer religionspädagogischen Fragestellung zu unterziehen.
Daraus ergibt sich, daß
- a) jedes Thema sowohl einem theologischen wie auch einem anthropologischen Richtziel zugeordnet wird (= Wahrung der „Treue zu Gott“ und der „Treue zum Menschen“);
- b) die theologischen, religionspädagogischen, anthropologischen und schulisch-didaktischen Unterrichtsprinzipien und Erziehungsanliegen das Strukturprinzip bestimmen;
- c) der Lehrstoff in Themenfelder gegliedert ist, die je nach Situation der Klasse intensiver oder mehr kursorisch behandelt werden können;
- d) die Lehrinhalte in Kernstoff und Erweiterungsstoff differenziert werden;
- e) zentrale Anliegen des Religionsunterrichtes an der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik wiederholt werden, zum Teil in jeder Klasse berücksichtigt sind;
- f) grundsätzlich jedes Unterrichtsthema für eine religionspädagogische Umsetzung fruchtbar gemacht werden kann und soll;
- g) die religionspädagogischen Themenfelder die Stoffverarbeitung für den Religionsunterricht (dh. für den Schüler und den künftigen Erwachsenen) mitbestimmen.
Bildungsziele und Lehraufgaben:
- 1. Der Religionsunterricht hat folgende Ziele zu verfolgen:
- - Er hat die Frage nach Gott, Welt und Leben zu wecken, zu reflektieren und dabei die Antwort aus Offenbarung und Kirche verstehbar zu machen.
- - Er hat insbesondere mit der Wirklichkeit des Glaubens und der Botschaft, die ihm zugrunde liegt, vertraut zu machen.
- - Er muß in der Auseinandersetzung mit anderen Weltanschauungen und Ideologien zur persönlichen Entscheidung befähigen und zugleich Verständnis und Toleranz wecken.
- - Er soll versuchen, die Schüler zu einem religiösen Leben zu motivieren und aus dem Glauben zum verantwortlichen Handeln in Kirche und Gesellschaft zu ermutigen.
- Der Religionsunterricht soll die unterschiedlichen Voraussetzungen und Erwartungen, die der Schüler für diesen Unterrichtsgegenstand mitbringt, berücksichtigen.
- Das bedeutet:
- Er muß dem gläubigen Schüler helfen, sich bewußter für seinen
- Glauben zu entscheiden;
- dem suchenden und im Glauben angefochtenen Schüler die Möglichkeit geben, die Antworten der Kirche auf seine Fragen kennenzulernen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen;
- dem sich als ungläubig betrachtenden Schüler Gelegenheit geben, den eigenen Standort klarer zu erkennen oder auch zu revidieren (vgl. dazu Österreichisches Katechetisches Direktorium, S 23).
- Er soll - soweit es der zeitliche Rahmen zuläßt - die berufsbezogene Qualifikation für die religionspädagogische Tätigkeit als Kindergärtner und als Erzieher an Horten gewährleisten.
- 2. Aus dieser allgemeinen Aufgaben- und Zielbeschreibung
- (Globalziele) wurden für den vorliegenden Lehrplan folgende
- Richtziele formuliert:
- Der Religionsunterricht soll den Schüler befähigen:
- (Theologischer Gesichtspunkt)
- A. Welt und Mensch (im Lichte des Glaubens und der wissenschaftlichen Erkenntnisse) zu deuten;
- B. das befreiende Handeln Gottes für die Menschen und mit den Menschen zu sehen und anzuerkennen;
- C. die Bibel als Zeugnis des befreienden Handelns Gottes für die Menschen zu sehen und anzuerkennen;
- D. Inkulturation als Wesensmerkmal des christlichen Glaubens erfassen und zu verwirklichen;
- E. aus christlicher Verantwortung heraus zu handeln. (Anthropologischer Gesichtspunkt)
- 1. sich selbst zu verstehen und anzunehmen;
- 2. sich mit allen Menschen solidarisch sehen;
- 3. sich im Kosmos als abhängig und mitgestaltend bejahen;
- 4. in den Grunderfahrungen und -bedürfnissen die Sinnfrage wahrzunehmen.
- Die Themen sind jeweils sowohl unter dem theologischen wie auch unter dem anthropologischen Gesichtspunkt zu behandeln.
- Hinweise auf die Richtziele, denen ein Inhalt schwerpunktmäßig zuzuordnen ist, geben die Klammerausdrücke nach den Themen und Inhaltsangaben.
Unterrichtsprinzipien und Erziehungsanliegen:
Für den Religionsunterricht haben die Unterrichtsprinzipien der Schultype Geltung wie für jeden anderen Unterrichtsgegenstand. Der Religionsunterricht dient dem Wissenserwerb im Sinne der Allgemeinbildung, der berufsvorbereitenden Ausbildung und ist den Erziehungsaufgaben der österreichischen Schule (siehe § 2 SchOG) verpflichtet.
Er nimmt diese Aufgaben im besonderen durch Beachtung folgender Unterrichtsprinzipien und Erziehungsanliegen wahr.
- 1. Theologische Unterrichtsprinzipien:
1.1. Das Prinzip der doppelten Treue zu Gott und zum Menschen in ihrer unaufhebbaren Spannung:
Es wird verwirklicht durch die Zuordnung jedes Themas sowohl zu einem theologisch wie auch zu einem anthropologisch begründeten Richtziel.
1.2. Das Prinzip der inkarnatorischen Grundstruktur des christlichen Glaubens:
Im Zentrum des Religionsunterrichtes steht die Person und das Anliegen Jesu Christi (Christozentrik). Daraus ergibt sich, daß der Glaube als personale Beziehung zu sehen ist und nicht nur als die Kenntnis einer mehr oder minder großen Summe von Einzelwahrheiten (vgl. Catechesi tradendae 5-9). In Person und Werk Jesu Christi findet sich alles aufgenommen und angenommen, was gut ist im Bereich der irdischen Wirklichkeiten. Person und Werk Jesu Christi sind auch nicht nur ein der Vergangenheit angehörendes Ereignis, sondern lebendige und fortwirkende Gegenwart. Die Gemeinschaft der Glaubenden, in der diese Wirklichkeit Christi anwesend bleibt, ist somit Bezugswirklichkeit des Religionsunterrichtes (Ekklesiozentrik). Inkulturation des Christentums durch Aufnahme alles Wertvollen in den christlichen Lebensvollzug und das Einbringen des Geistes Christi in alle Lebensbereiche des einzelnen der Gemeinschaften, Völker und Kulturen zeigen sich so als Grundanliegen, für die der Schüler sensibilisiert werden soll.
1.3. Das Prinzip der eschatologischen Dimension:
Die in allen menschlichen und christlichen Lebenswirklichkeiten und Wahrheiten enthaltene eschatologische Dimension ist in jedem Themenkreis enthalten. Sie darf daher auch nicht auf jene Themenfelder beschränkt werden, wo sie schwerpunktmäßig behandelt wird.
1.4. Christliche Grundhaltungen als Antwort und Nachahmung der Liebe Gottes zur Welt:
Alle Themen sollen unter diesem Gesichtspunkt unterrichtet werden. Er besagt, daß Liebe Motor und Motiv christlichen Handelns ist und daß jedem menschlichen Handeln in Liebe das Liebesangebot Gottes zuvorgeht.
1.5. Das Prinzip der ökumenischen Dimension:
„Die Katechese darf von dieser ökumenischen Dimension nicht absehen; denn alle Gläubigen sind aufgerufen, sich je nach ihrer Fähigkeit und Stellung in der Kirche in die Bewegung zur Einheit einzureihen.“ (Catechesi tradendae 32.)
1.6. Das Prinzip der Integration der Einzelthemen in eine Gesamtschau:
Der Religionsunterricht soll erreichen, daß die Einzelkenntnisse, die er vermittelt, nicht unverbunden für den Schüler nebeneinanderstehen. Er soll sie in sein Leben, aber auch in eine der Hierarchie der Wahrheiten (Oek. 11.) entsprechende Gesamtschau integrieren. Nach Catechesi tradendae sind die „Glaubensbekenntnisse“ (beachte: Plural) geglückte Synthesen einer solchen Gesamtschau. Die in den Glaubensbekenntnissen gegebenen Formulierungen der Glaubensinhalte sind gleichsam das „Gefäß“, in das der Schüler die Erfahrung und die Erkenntnis dieser Glaubensinhalte einbringen und festhalten kann. Die Systematik der Glaubensbekenntnisse wird dabei im Lehrplan nicht als Form der Anordnung des Lehrstoffes oder der Lehrgänge gesehen, sondern - der ursprünglichen christlichen Tradition entsprechend - als Endpunkt, in den Einzelthemen münden.
2. Religionspädagogische Unterrichtsprinzipien:
2.1. Das Prinzip der Symbolerschließung:
Menschliches Leben braucht sinnvoll erfahrbare Zeichen. Sie repräsentieren Wirklichkeit und stiften Gemeinschaft. Sie stellen Entscheidendes dar und sind als Geschehen wirksam. Für die religionspädagogische Arbeit erschließen Symbole elementare Glaubensinhalte, wie die Geheimnisse des Glaubens. Der künftige Kindergärtner soll Symbole entdecken und erschließen können, für sein eigenes Leben und für die Kinder, die seiner erzieherischen Verantwortung anvertraut sind.
2.2. Das Prinzip der ganzheitlichen Erziehung:
Erziehung ist das Geschehen, das den Menschen in seiner Ganzheit betrifft. Menschsein verwirklicht sich in der dauernden Bezogenheit von leiblichen, gefühlsmäßigen und geistigen Vorgängen. Das Kind nimmt sich und diese Beziehungen zu anderen Personen als Ganzheit wahr und darf deshalb nicht spezialisiert und eindimensional (zB nur Wissensvermittlung) erzogen und gebildet werden. Der künftige Kindergärtner soll diesen Ansatz einer ganzheitlichen Erziehung und Bildung für sich beanspruchen und anwenden können. Er legt damit die Basis, ganzheitliche Erziehungsprozesse gestalten zu können.
2.3. Das Prinzip der Schulung religiöser Grundfähigkeiten („Kräfteschulung“):
Die im Menschen grundgelegten Kräfte (im Sinne von Anlagen, Fähigkeiten, Tugenden), wie zB ehrfürchtiges Handeln, danken, staunen können, Meditationsfähigkeit usw., brauchen, damit sie wirksam werden, Entfaltung und Schulung. Dabei geht es nicht nur um das „passive“ Training einer Kraft. Im Rahmen verschiedenster Begegnungen und Erlebnisse soll eigenes Verhalten aufgebaut werden und damit die Fähigkeit gefördert werden, einzelne Kräfte selbständig in Gebrauch zu nehmen.
2.4. Das Prinzip der situationsorientierten Erziehung:
Lebenssituation der Lernenden und zu Erziehenden stehen im Mittelpunkt jedes Erziehungs- und Lernvorgangs. Dieser Ansatz braucht das Wissen um den Entwicklungsstand, die Kenntnis von der jeweiligen Lebenssituation des Schülers bzw. des Kindes. Tradition und erlernbare Inhalte verlieren nicht an Bedeutung. Sie werden zum „Sinn“ für den Menschen, indem sie aus der und in die Situation des zu Erziehenden gedeutet und damit angemessen bewältigt werden. Vorgegebene Situationen werden interpretiert, fehlende Situationen müssen ermöglicht werden, und zwar in der Art, daß sich Schüler und Kinder darin selbst wiederfinden können („echte Situationen“).
2.5. Das Prinzip der Elternbildung aus der Sicht der erzieherischen Verantwortung:
Eltern sind die ersten Erziehungsberechtigten ihres Kindes. Dieses Recht gilt auch dann, wenn das Kind anderen Erziehungsverantwortlichen (zB im Kindergarten oder in der Schule) überantwortet wird. Eltern bejahen mit ihrer Wahl einer Erziehungsstätte deren Erziehungskonzept und -ziel, dürfen aber auch von dieser Respekt vor ihrer Erziehungskompetenz erwarten. Der Religionsunterricht soll diese Kompetenzverteilung ernst nehmen, das wechselseitige Einwirken aller an der Erziehung des Kindes beteiligten Personen ansprechen, zur Kooperation und zur Lösung der damit verbundenen Probleme anregen.
2.6. Das Prinzip der Zeugnisgabe durch den Kindergärtner:
Die Glaubensüberzeugung des Kindergärtners hat Vorbildfunktion. Der Religionsunterricht soll diesen Grundvorgang im erzieherischen Bemühen theologisch und pädagogisch transparent machen. Der künftige Kindergärtner soll sich bewußt werden, daß jede Qualität der Lebensdeutung auf die Handlungsmuster der Kinder Einfluß nimmt.
3. Anthropologische Unterrichtsprinzipien:
3.1. Das Prinzip der Beachtung der individuellen und sozialen Beziehungen:
Die Treue zum Menschen verlangt die Beachtung der jeweiligen Reifestufe des Schülers. Noch mehr als in anderen Unterrichtsgegenständen muß dieses Prinzip die konkrete Arbeit in den einzelnen Klassen bestimmen. Es schließt nicht nur das Bemühen um einen partnerschaftlichen Unterrichtsstil ein, es ist auch Fundament für andere anthropologische (zB Schülergemäßheit) und schulisch-didaktische (zB Schülerselbsttätigkeit) Unterrichtsprinzipien.
3.2. Das Prinzip der Schülergemäßheit:
Wie das gesamte katechetische Wirken der Kirche ist auch der Religionsunterricht Dienst am Menschen (Österreichisches Katechetisches Direktorium 1.1.). Die Beachtung des Schülers, seiner Anliegen, Fragen, Nöte, Sehnsüchte, seiner Bedürfnisse und seines Bedarfes müssen daher die Arbeitsweisen und das Ausmaß der Intensität einzelner Themen mitbestimmen. Die Aufmerksamkeit des Religionslehrers muß jedem einzelnen Schüler gelten. Jeder sollte sich angesprochen fühlen und seine Anliegen einbringen können. Der Schüler ist nach der Bischofssynode 1977 nicht Objekt, sondern Subjekt der Katechese.
3.3. Das Prinzip der Lehrergemäßheit:
Aus der obengenannten Struktur des christlichen Glaubens und aus der Tatsache, daß Unterricht und Erziehung immer ein dialogisches Geschehen sind, darf der Lehrer sich nicht nur als Organisator von Lernprozessen sehen. Er hat das Recht und die Pflicht, seine eigene Persönlichkeit mit ihren Charismen und Begabungen in den Religionsunterricht einzubringen. Eine Grenze findet dieses Prinzip in der Tatsache, daß der Religionslehrer nicht nur seine eigene Meinung, sondern die Lehre Christi und die der Kirche zu vermitteln hat.
3.4. Das Prinzip der Erfahrungsorientierung:
Bei jedem Themenfeld sind die einschlägigen Erfahrungen, die die Schüler mitbringen, aufzugreifen. Aufgabe des Religionsunterrichtes ist es, diese Erfahrungen auch zu deuten und eine kritische Reflexion zu ermöglichen. Der Religionsunterricht soll aber auch neue Erfahrungen vorbereiten und ermöglichen (vgl. dazu Religionspädagogische Prinzipien, 2.4.).
3.5. Das Prinzip der Sprachbildung:
Als geschichtliche Religion wird christlicher Glaube in Worten und Sprachgestalten weitergegeben und bezeugt. Viele dieser Sprachgestalten sind nur aus dem Lebenskontext verständlich, in dem sie ihre Ausprägung erfuhren (vgl. Redegattungen in der Bibel; philosophische Fachausdrücke in dogmatischen Texten). In höheren Schulen soll der Religionsunterricht die damit verbundenen Verstehensprobleme bewußtmachen und Hilfen zum richtigen Verständnis anbieten. Der Verbalisierung eigener religiöser Erfahrungen und dem Glaubensgespräch kommen zudem immer größere Bedeutung zu, besonders im Hinblick auf den den Glauben vermittelnden Beruf eines Kindergärtners. Das Prinzip der Sprachbildung besagt, daß bei allen Themenkreisen diese Anliegen zu beachten sind.
3.6. Das Prinzip der Gesellschaftsbezogenheit:
Christlicher Glaube realisiert sich nicht nur im privaten Bereich. Er nimmt auch im gesellschaftlichen Bereich einen großen Raum ein. Wo immer dies möglich ist, soll auf einschlägige Probleme und Fragen der Gesellschaft und der künftigen Verantwortung des Schülers gegenüber der Gesellschaft Bezug genommen werden.
3.7. Das Prinzip des geschichtlichen Denkens:
Christentum ist eine historisch gewordene und wachsende Religion. Christliches Leben schließt darum wesentlich das Gedächtnis an das Heilswirken Gottes in der Geschichte (Ahamnese) ein. Soweit möglich, sollten die Themen aus ihrem Gewordensein heraus verständlich werden. Daher können Teilabschnitte und Anliegen der Kirchengeschichte bei anderen Themen eingebracht werden. Da Zukunft immer auch Herkunft ist (Heidegger), umfaßt das Prinzip des geschichtlichen Denkens neben dem kritischen Blick auf die Vergangenheit immer auch den planenden Blick auf die Zukunft.
3.8. Elternarbeit - Familienbezogenheit:
Nach soziologischen Untersuchungen urteilen und handeln junge Menschen gerade im religiösen Bereich stark familienkonform (L. A. Vaskovics). Deshalb ist bei jedem Themenfeld auch die Familie des Schülers zu beachten. Unter Beachtung der psychischen Situation des jungen Menschen, seiner fortschreitenden Selbständigkeit und seiner Religionsmündigkeit ist eine Zusammenarbeit des Religionsunterrichtes mit den Familien und Eltern zu suchen. Dem jungen Menschen sollen sowohl Hilfen zur Selbständigkeit wie auch zur Wahrnehmung seiner Aufgaben in der eigenen gegenwärtigen Familie und in seiner zukünftigen Familie angeboten werden. Bewährt haben sich gemeinsame Veranstaltungen von Schülern und Eltern (Seminare, Feiern, Aktionen). Die Sprechstunde und der Elternsprechtag behalten als Mittel der Kooperation von Religionsunterricht und Elternhaus ihre Bedeutung und sind gewissenhaft vorzubereiten und durchzuführen.
4. Schulisch-didaktische Unterrichtsprinzipien:
4.1. Das Prinzip der Lebensnähe:
Der Religionsunterricht soll „vom Leben her“ und „zum Leben hin“ erziehen. Dabei sind nicht nur das individuelle Leben des Schülers und die Klassengemeinschaft zu sehen, sondern die Gesamtheit des Lebens in der modernen Welt mit ihren Strukturen, Problemen, Möglichkeiten und Aufgaben (vgl. auch § 2 SchOG).
4.2. Das Prinzip der Anschaulichkeit:
Im traditionellen Verständnis fordert dieses Prinzip eine konkrete Unterrichtsgestaltung, die Einbeziehung von Veranschaulichungshilfen, der Erfahrungen aus der Kindergartenpraxis und der berufsbezogenen Gegenstände. Im Religionsunterricht ist darüber hinaus zu beachten, daß es neben der äußeren Anschauung, neben sinnenhaft Faßbarem und neben der konkreten Vorstellungswelt auch das breite Gebiet der „inneren Anschauung“ (Erfahrung, Meditation, Innerlichkeit), der geistig-geistlichen Anschaulichkeit und Veranschaulichung gibt. Der Schüler höherer Schulstufen ist zwar zu abstrakten Denkleistungen fähig und fordert sie auch in vielen Bereichen. Dennoch sollte das Anliegen des Konkreten und der Konkretisierung auch dort ernstgenommen werden.
4.3. Das Prinzip der Schülerselbsttätigkeit:
In allen Schulstufen hat das „Lernen durch Tun“ seine große Berechtigung. In der Oberstufe fordert die zunehmende Selbständigkeit und Selbstverantwortung und die Religionsmündigkeit ein spezifisches Beachten dieses Unterrichtsprinzips. Formen der Wahrung dieses Prinzips sind nicht nur die Arbeitsweisen und Methoden der Schülerselbsttätigkeit. Soweit möglich sind die Schüler auch bei der Wahl der Methoden, bei der Erarbeitung der Themenreihung und ähnlichem heranzuziehen. Das Bemühen um größtmögliche Schülerselbsttätigkeit innerhalb des Unterrichts steht im Dienst der Hilfe zu Selbständigkeit in Glaube und Leben. Vom Religionslehrer erfordert die Beachtung dieses Prinzips das Ernstnehmen der Schüler und den damit verbundenen Takt, aber auch das Bewußtsein, daß er nur bezeugen, appellieren, anbieten kann, daß die letzten religiösen und ethischen Entscheidungen aber nicht in seine Hand gegeben sind.
4.4. Das Prinzip des exemplarischen und orientierenden Lernens:
Religionsunterricht kann und will nicht die gesamte Theologie vermitteln. Unbeschadet der Forderung nach einer Gesamtschau macht es die Situation der Schüler und der Klassen notwendig, das Prinzip des Exemplarischen zu beachten. Was etwa am Beispiel eines Sakramentes erschlossen wurde, kann man auf andere Sakramente beziehen. Viele Anliegen können auf Grund der zur Verfügung stehenden Zeit nur in exemplarischer Auswahl behandelt werden. Die Auswahl muß immer im Blick auf die Gesamtheit des Stoffbereiches und die Situation des Schülers erfolgen. Zu beachten ist, welche Einzelinhalte und Einzelziele in der zur Verfügung stehenden Zeit behandelt werden können. Die Auswahl ist immer auch fachspezifisch zu rechtfertigen. Orientierendes Lernen verhilft dem Schüler dazu, sich in einem Thema selbst zurechtzufinden. Es bietet Hilfen zu eigenem Weiterdenken und Weiterlernen an.
4.5. Das Prinzip der Methodenvielfalt:
Grundsätzlich ist jeder Religionslehrer in der Methode frei. Die gewählte Methode muß jedoch dem Inhalt, dem Schüler, dem Ziel und dem Lehrer entsprechen. Zu beachten ist der sinnvolle Einsatz verschiedener Methoden (Abwechslung). Dies kommt vor allem den unterschiedlichen Persönlichkeiten bei den Schülern (vgl. visuelle, auditive und kinästhetische Typen) entgegen.
4.6. Das Prinzip der Fächerverbindung und der Kooperation:
Wo immer es möglich ist, sollten Querverbindungen und Kontakte zu den anderen Unterrichtsgegenständen gesucht und hergestellt werden, ohne aber das eigenständige Ziel des Religionsunterrichtes aus dem Auge zu verlieren. Für den Religionsunterricht an den Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik ist gerade im berufsbezogenen Teil (Religionspädagogik) mit den berufsbildenden Fächern, wie zB Pädagogik, Kindergarten- bzw. Hortpraxis, Didaktik, notwendig. Die Zusammenarbeit von Vertretern verschiedener Unterrichtsgegenstände ist gerade in diesem Schultyp geboten, dh. eigentlich Anliegen aller Lehrpersonen. An möglichen Maßnahmen sind beispielhaft zu nennen: Kooperation im geplanten fächerübergreifenden Unterricht, Beratung und Ergänzung in „Grenzgebieten“, Beteiligung an Klassenkonferenzen.
4.7. Das Prinzip der Festigung des Unterrichts- und Erziehungsertrages:
Neben der Motivation und der Anleitung zur eigenen außerschulischen Arbeit des Schülers dienen diesem Anliegen Wiederholungen und das Prinzip der Themenwiederkehr: Zentrale Anliegen kehren unter unterschiedlichem Aspekt in mehreren Schuljahren wieder.
5. Erziehungsanliegen:
5.1. Als integrierender Teil der österreichischen Schule hat der Religionsunterricht seine spezifischen Beiträge zu den Erziehungs- und Bildungsaufgaben der österreichischen Schule zu leisten. Vor allem trifft dies für folgende Bereiche zu:
- - Medienerziehung,
- - Politische Bildung,
- - Sexualerziehung,
- - Erziehung zur Partner- und Elternschaft,
- - Gewissensbildung,
- - Friedenserziehung,
- - Erziehung zu verantwortlicher Haltung im Beruf,
- - Erziehung zu einem integrativen Lebensstil.
5.2. Die religionspädagogische Zielsetzung erfordert ua. eine besondere Beachtung der Gebetserziehung und der liturgischen Bildung (im Sinne der Eigenerfahrung des Schülers und künftigen Kindergärtners).
Lehrinhalte
Verbindliches Minimum an Lehrinhalt stellen die Themenfelder der einzelnen Klassen dar. Diese Themenfelder müssen in den Klassen, wo sie vorgesehen sind, zur Sprache kommen. Das Ausmaß und die Intensität wird durch die Situation der Schüler (Vorwissen, Aufnahmebereitschaft und ähnliches) bestimmt. Es ist möglich, einzelne Aspekte eines Themas oder ein Themenfeld zur Gänze im Rahmen der übrigen Themen einzubringen.
Bei begründeten Raffungen (Stundenentfall) wird der Minimallehrplan erfüllt, wenn jedes der Themen mindest im Ausmaß einer Unterrichtseinheit zur Sprache kommt. Die in diesem Fall notwendigen Beschränkungen müssen jedoch die Grundaussage des Kernstoffes wahren.
Diese Beschränkung bietet dem Religionslehrer die Möglichkeit, neben dem verpflichtenden Lehrstoff auf andere Anliegen einzugehen, die die Schüler bewegen oder brauchen. Dabei werden in den meisten Fällen Inhalte aufgegriffen werden, die im Lehrplan an anderer Stelle oder in anderem Zusammenhang genannt sind.
Die Summe des bei den Lehrinhalten angegebenen Kernstoffes und des Erweiterungsstoffes ergibt einen Maximallehrplan, der zur Gänze nicht durchgeführt werden kann. Die im Erweiterungsstoff angegebenen Inhalte sind mögliche Erweiterungen, aus denen der Religionslehrer je nach Situation der Klasse eine Auswahl treffen kann.
Die beim Kernstoff angegebenen Inhalte sind nicht mit Stundenthemen identisch. Ein Teil dieser Inhalte ist für den Schüler eine Wiederholung aus früheren Schulstufen. Der Kernstoff umfaßt auch das erwartete Maturawissen im Sinne einer dem Schüler zumutbaren Gesamtschau.
In der folgenden Lehrstoffangabe sind die Kapitel, die sich auf den Schüler beziehen, in Normalschrift, jene, die die Berufspraxis des Kindergärtners zum Gegenstand haben, in Kursivschrift gesetzt.
Zuletzt aktualisiert am
23.01.2025
Gesetzesnummer
10008570
Dokumentnummer
NOR12101556
alte Dokumentnummer
N6198514669S
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