Anlage 1 Lehrpläne - Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik

Alte FassungIn Kraft seit 01.9.1985

Anlage 1

— HEIL- UND SONDERPÄDAGOGIK

Bildungs- und Lehraufgabe:

Ziel des Unterrichtes ist es, die Schüler mit den Grundtatsachen der Heil- und Sonderpädagogik vertraut zu machen, um eine offene und tolerante Haltung Behinderten gegenüber sowie Interesse für deren Bedürfnisse und Probleme zu wecken.

Die biologischen, psychologischen und soziologischen Voraussetzungen der Entstehung von Behinderungen sind in ihren Grundzügen so zu vermitteln, daß die Schüler die Bedeutung nicht nur der einzelnen Faktoren, sondern auch des Zusammenwirkens mehrerer Faktoren (multifaktorielle Bedingtheit) im Hinblick auf den Umfang und die Schwere der Beeinträchtigung erkennen.

Weiters sollen die Schüler befähigt werden, Auffälligkeiten in der Entwicklung einzelner Kinder, die in Regelinstitutionen anzutreffen sind, wahrzunehmen, um die ehestmögliche Vorstellung bei Fachkräften zu veranlassen. Die Schüler sind für die Möglichkeiten der Integration Behinderter derart aufzuschließen, daß sie deren Voraussetzungen und Grenzen abzuschätzen wissen, um einerseits entsprechende individuelle Zielsetzungen aufbauend zu planen und zu realisieren und andererseits mit Fachkräften zusammenzuarbeiten.

Lehrstoff:

  1. 4. Klasse (1 Wochenstunde):

Wichtige Grundbegriffe und -probleme der Heil- und Sonderpädagogik. Überblick über Arten und Ursachen von Behinderungen (multifaktorieller Erklärungsansatz).

Auffälligkeiten im Bereich des Verhaltens:

Störungen der Selbststeuerung; Kontakt- und Einordnungsschwierigkeiten; Aktivitätsstörungen; Aggressivität; Angst; neurotische Verhaltensweisen.

Auffälligkeiten im Bereich der Psychosomatik:

Bewegungsunruhe; Einnässen, Einkoten; Schlafstörungen; Eßstörungen, Erbrechen.

Erkennen der Auffälligkeiten, Möglichkeiten der Hilfen im Kindergarten in Abgrenzung zur Therapie.

  1. 5. Klasse (1 Wochenstunde):

Teilleistungsschwächen im Bereich der Motorik (Grobmotorik, Feinmotorik).

Teilleistungsschwächen im Bereich der Sinne (Sehen, Hören).

Teilleistungsschwächen im Bereich des Lern- und Leistungsverhaltens (Konzentration, Aufmerksamkeit, kognitive Fähigkeiten, Legasthenie; Rechenschwäche).

Behinderungen im Bereich der Sprache:

Sprachentwicklungsverzögerungen, Stammeln, Dysgrammatismus, Näseln, Poltern, Stottern, Mutismus ua. Erkennen der verschiedenen Teilleistungsschwächen und Störungen, Möglichkeiten der Hilfen im Kindergarten in Abgrenzung zur Therapie.

Die Integrationsproblematik (in Familie, Regelinstitutionen, Sonderinstitutionen, Gesellschaft); Stufen der Verwirklichung der Integration (Koexistenz, Koedukation, Kooperation, Integration) an Hand konkreter Beispiele; subjektive und objektive Grenzen der Integration.

Überblick über heil- und sonderpädagogische Einrichtungen. Teamarbeit in der Heil- und Sonderpädagogik.

Die besondere Situation der Eltern von auffälligen Kindern; Aufgaben der Kindergärtner im Hinblick auf Psychohygiene.

Didaktische Grundsätze:

Zu den Unterrichtsgegenständen Pädagogik, Didaktik, Kindergarten- bzw. Hortpraxis, Biologie und Umweltkunde sowie Gesundheitslehre sind Querverbindungen herzustellen, um dem Schüler die meist nur graduellen und nicht prinzipiellen Unterschiede zwischen normaler und auffälliger Entwicklung bewußtzumachen. Dadurch soll auch die Gefahr vermieden werden, daß das einschlägige Fachwissen zu vorschnellen, eigenmächtigen Diagnosestellungen verleitet und Vorurteile hervorruft.

Der Unterricht soll Demonstrationen mit Fallbesprechungen (unter Einbeziehung der Medien) gemäß dem Prinzip des Individualisierens miteinschließen. Ebenso ist der Standpunkt zu betonen, daß in erster Linie das Kind und nicht die Behinderung Beachtung verdient. Der Gefahr der zu einseitigen Betrachtung ist durch Hervorhebung der multifaktoriellen Bedingtheit von Symptomen und deren möglicher Mehr- bzw. Vieldeutigkeit zu begegnen. Durch das Sachwissen soll auch eine emotionale sowie ethisch-sittliche Haltung des Respektes und der Toleranz gegenüber „anderen“ geübt und gefestigt werden.

Für manche Schüler kann der Unterricht in Heil- und Sonderpädagogik Entscheidungshilfe bieten und Motivation sein für eine weitere Ausbildung zum Sonderkindergärtner bzw. zum Sondererzieher.

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2025

Gesetzesnummer

10008570

Dokumentnummer

NOR12101564

alte Dokumentnummer

N6198514677S

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