Anlage 1
— MUSIKERZIEHUNG
Bildungs- und Lehraufgabe:
Die Musikerziehung soll die angehenden Kindergartenpädagogen dazu befähigen, Musik in ihren persönlichen Lebensbereich bewußt einzubeziehen sowie den beruflichen Anforderungen auf diesem Gebiet zu genügen. Dazu sollen sie neben Kenntnissen in Musikkunde das erforderliche praktische Können erwerben, eine Anleitung zu selbsttätiger Auseinandersetzung mit Musik erfahren und die Stellung der Musik im Bereich der Kultur (mit besonderer Berücksichtigung Österreichs) erfassen.
Die Schüler sollen zu bewußtem Hören und Wahrnehmen der akustischen Umwelt sowie zu kritischer Einstellung zu Musik und Musikkonsum erzogen werden. Sie sollen Freude an schöpferischer musikalischer Tätigkeit sowie an eigener Musikausübung (Singen, Musizieren, Experimentieren, Improvisieren) finden und so Anregungen zu sinnvoller Freizeitgestaltung erhalten.
Eine weitere Aufgabe des Unterrichtes ist die Förderung der emotionalen Entwicklung und die Bereicherung der individuellen Erlebnisfähigkeit, als Voraussetzung, Kinder und Jugendliche für Musik zu sensibilisieren. Ebenso wichtig ist das Erkennen der sozialen Funktion der Musikerziehung, zB durch Gemeinschaftserlebnis und die Notwendigkeit des Hörens auf andere, Kinder für soziales Verhalten aufzuschließen. Darüber hinaus ist die Fähigkeit zu methodisch adäquatem Vorgehen in der musikalischen Früh- und Jugenderziehung zu vermitteln sowie die Befähigung für die spätere Funktion bei der Beratung in der musischen Elternbildung.
Damit soll die Musikerziehung einen wesentlichen Beitrag zur berufsspezifischen Ausbildung, zur Allgemeinbildung und Persönlichkeitsfindung leisten.
Lehrstoff:
- 1. Klasse (2 Wochenstunden):
Singen, Musizieren, Gestalten:
Aufbau der stimmlichen Kondition im Hinblick auf die berufliche Belastbarkeit der Stimme. Stimmbildung vor allem anhand von Kinderliedern.
Hör- und Treffübungen, Gedächtnis- und Erfindungsübungen. Singen nach Gehör und nach Noten. Ein- und mehrstimmige Lieder, ausgehend vom Erfahrungsbereich der Kinder, insbesondere Kinder-, Volkslieder und Kanons.
Rhythmische Schulung, Unabhängigkeitsübungen, Transponieren von Kinderliedern, schlagtechnische Übungen, rhythmische Klatschspiele, elementare Instrumentalbegleitung zu Lied und Spiel. Ständige Schulung des rhythmischen Gefühls und des Gefühls für rhythmische Form. Verwendung von Instrumenten zur klanglichen Bereicherung unter Wahrung stilistischer Gesichtspunkte.
Musizieren mit elementaren Musikinstrumenten (wie körpereigene und selbstgebaute Instrumente), kindgemäße Instrumente und Erlernen ihrer Spieltechnik.
Erarbeiten von Tonräumen.
Vokale und instrumentale Gestaltungsversuche mit dem melodisch-rhythmischen Material des Kinderliedes (Improvisation), Vertonen von Kinderreimen im Rahmen der erarbeiteten Tonräume (Rufterz, Leierformel, Dreiklang, Pentatonik, Diatonik, Dur und Moll;
Querverbindungen zum Instrumentenbau); Verbalisieren, Dramatisieren;
spielerischer Umgang mit technischen Geräten.
Musikkunde:
Notenkunde.
Erarbeiten und Festigen der Grundbegriffe der Musiklehre im Hinblick auf rhythmische, tonale und formale Elemente: Metrum, Takt, Rhythmus, Tonräume, Melodietypen, Intervalle, Dreiklänge, Dominantseptakkord, einfache Kadenzen, Motiv, Thema, Halbsatz, Periode, einfache Liedformen.
Bewußtmachen gestaltender Prinzipien in der Musik: Wiederholung, Variation, Steigerung, Symmetrie - Asymmetrie, Spannung - Lösung, Kontrast.
Physikalische Grundlagen der Schallerzeugung: Ton, Geräusch, Klang.
Die menschliche Stimme: Funktion, Pflege.
- 2. Klasse (2 Wochenstunden):
Singen, Musizieren, Gestalten:
Fortsetzung der Stimm- und Gehörbildung - auch am Kinderlied und anderem Liedgut, Schulung der Treffsicherheit und des rhythmischen Empfindens bei gesteigerter Anforderung beim Singen und Musizieren. Fortsetzen der vokalen und instrumentalen Musikpflege. Ein- und mehrstimmige Lieder mit gesteigerten Anforderungen. Einfaches polyphones Singen, schwierigere Kanons.
Übungen im Blattsingen. Tonfolgen, die über die Melodik einfacher Volkslieder hinausgehen. Übungen im zweistimmigen Singen.
Gestaltungsversuche mit Klängen und Geräuschen unter Einbeziehung der Sprache und von Erscheinungsformen aus der zeitgenössischen Musik.
Verklanglichen von Geschichten oder Bildern (Querverbindung zu Deutsch und Bildnerischer Erziehung).
Anleitung zum selbständigen Erarbeiten von Liedern nach Noten. Aufbereitung von Liedern zur vokalen und instrumentalen Ausführung in kleinen Gruppen. Gestalten von Singtänzen nach vorgegebenen Liedern.
Musikkunde:
Erweitern der vorhandenen Kenntnisse. Vierklänge und ihre Umkehrungen. Dreiklangsumkehrungen aller Stufen, einfache drei- und vierstimmige Kadenzen (Querverbindung zur Instrumentalmusik).
Der Baßschlüssel.
Instrumentenkunde: Ausgehend von den elementaren Instrumenten, Behandlung der gebräuchlichen Musikinstrumente. Einfache Partiturleseübungen. Übungen im Erkennen der wichtigsten Orchesterinstrumente. Umgang mit technischen Mittlern von Musik.
Wichtige Formen der Instrumentalmusik: Tanzformen, Suite, Rondo, große Liedformen, Variationsform. Erklärung an ausgewählten Hörbeispielen unter Hinweis auf Funktionsbereich (Tanzmusik, Schlagermusik, Kirchenmusik usw.) sowie auf Leben und Werk einzelner Komponisten und ihre Bedeutung in der Musikgeschichte.
- 3. Klasse (1 Wochenstunde):
Singen, Musizieren, Gestalten:
Singen, Stimmbildung und Gehörbildung sind im Zusammenhang mit der Erweiterung des Liedschatzes der Klasse mit erhöhten Anforderungen fortzusetzen.
Schulung des musikalischen Vorstellungsvermögens.
Im tonalen Bereich Üben und Singen in Moll und in den Kirchentonarten, soweit im dargebotenen Liedgut vorhanden.
Funktionelles Hören: Finden des Funktionsbasses bzw. der 3. Stimme unter Verwendung vor allem des alpenländischen Volksliedes. Dirigieren mit gesteigerten Anforderungen. Hinweise für die Leitung von Sing- und Spielgruppen. Singen im Dienste der Werkbetrachtung. Gestalten von Kinderliedbegleitung mit dem kindertümlichen Instrumentarium (Querverbindung zur Spielmusik).
Instrumentales Gestalten mit gesteigerten Anforderungen (Rondo, dreiteilige Liedform, Variation usw.).
Improvisation einzeln und in Gruppen.
Anleitung zur selbständigen musikalischen Fest- und Feiergestaltung.
Musikkunde:
Die Modulation als harmonisches Phänomen, insbesondere in der Anwendung bei der instrumentalen Liedbegleitung. Die wichtigsten Formen und Gattungen der Vokal- und Instrumentalmusik.
Musik und ihre Stellung in der Gesellschaft. Volksmusik, Kunstmusik, kommerzielle Musik. Ausgewählte Hörbeispiele unter Berücksichtigung ihres musikhistorischen Aspekts.
- 4. Klasse (2 Wochenstunden):
Singen, Musizieren, Gestalten:
Fortsetzen der vokalen und vokalinstrumentalen Musikpflege sowie der Gehörbildung und Stimmbildung unter Berücksichtigung methodischer Hilfen für die eigene Stimme sowie für die Stimme des Kindes.
Festigen des in den vorhergehenden Klassen erworbenen Liedschatzes. Gesänge für drei- und vierstimmigen Chor aus verschiedenen Epochen.
Anleitung zu selbsttätigem musikalischen Gestalten (Auswahl der Instrumente und Instrumentierung von Kinderliedern). Verklanglichen einer Bildgeschichte. Anleitung zur Herstellung von instrumentalen Vor-, Zwischen- und Nachspielen.
Anleitung zum Selbsterfinden von Kinderliedern; Melodiesieren von Reimen.
Musikkunde:
Höhepunkte der europäischen Musik. Stilmerkmale, historische Zusammenschau.
Anregung zum Umgang mit Fachliteratur für den persönlichen Bereich.
Fachdidaktische Beiträge zur musikalischen Früherziehung:
Funktion und Bedeutung des spontanen Singens im Kindergarten. Übersicht über das Kinderlied (traditionelles und neues Liedgut, Liedgattungen), Kinderinstrumente; Richtlinien für das Musizieren mit Kleinkindern und mit Kindern im Hort.
Kriterien für die Hörerziehung im Kindergarten. Auswählen von Beispielen aus der Kunstmusik und Methodik ihres Einsatzes im Kindergarten und Hort.
Methoden der Liedvermittlung.
- 5. Klasse (2 Wochenstunden):
Singen, Musizieren, Gestalten:
Singen von schwierigeren Liedern oder Chören, auch solchen, die tonartlich nicht gebunden sind. Singen und Musizieren mit gesteigerten Anforderungen unter Einbeziehung der erlernten Instrumente (Blockflöten, Gitarren und beliebige Ensembleformationen).
Musikkunde:
Höhepunkte der europäischen Musik. Stilmerkmale, historische Zusammenschau. Außereuropäische Kulturkreise vor allem im Hinblick auf das verwendete Liedgut.
Kritische Auseinandersetzung mit Erscheinungsformen der zeitgenössischen Unterhaltungsmusik (Jazz, Pop, Rock, Schlager usw.).
Fachdidaktische Beiträge zur musikalischen Früherziehung:
Melodiesieren von Kinderreimen, Improvisieren im Bereich der Melodik des Kinderliedes. Gestalten von Kinderliedern (rhythmisch-bewegungsmäßig bzw. mit Lied und Musik).
Erkennen von Stimmfehlern bei Kindern („Brummer“) und Möglichkeiten zu deren Behebung. Die Mutation bei Hortkindern.
Anregung zum Umgang mit Fachliteratur auf dem Gebiet der musikalischen Früherziehung. Hilfen für die Elternarbeit (musikalische Fachberatung der Eltern). Hinweise über Möglichkeiten künftiger musikalischer Betätigung (Chor, Singkreis, Musiziergruppe).
Didaktische Grundsätze:
Die einzelnen Teilgebiete der Musikerziehung sind im Unterricht nie streng voneinander zu trennen.
Im Hinblick auf das künftige Berufsfeld der Schüler im Kindergarten und im Hort sollte ausgehend von methodisch-didaktischen Prinzipien der Kindergartenpädagogik exemplarisch aufgezeigt werden, wie vom Ganzheitlichen zur Differenzierung gefunden wird. Auch sind die Lernprozesse sowie die Gesichtspunkte des didaktischen Aufbaues den Schülern so durchschaubar zu machen, daß sie mit austauschbaren Inhalten auf andere Altersstufen übertragen werden können. Durch beispielhaftes Erarbeiten von Lied- und Spielgut für Kindergarten und Hort sind Auswahl- und Beurteilungskriterien bewußt zu machen.
Obwohl die musikalische Früherziehung schwerpunktmäßig erst in der
- 4. und 5. Klasse zusammengefaßt wird, ist bereits ab der 1. Klasse der jeweils mögliche Bezug zwischen Lehrstoff und beruflichen Erfordernissen aufzuzeigen. In diesem Sinne ist auch mit den Lehrern der Didaktik und Kindergarten- bzw. Hortpraxis in geeigneter Weise zusammenzuarbeiten, um die Übertragung der Methoden zu sichern.
Beim Singen - Musizieren - Gestalten sind drei Ebenen zu beachten:
- 1. Singen von Liedern. Die Liedauswahl nach Inhalt und musikalischer Gestaltung soll den Bedürfnissen der Schüler unter Berücksichtigung der Altersgemäßheit angepaßt sein.
- 2. Funktionales Singen (Singen zur Stimmbildung oder zur Erarbeitung musikkundlicher Grundbegriffe). Entsprechend dem ganzheitlichen Prinzip wäre in der Stimmbildung vom Experiment, der Erprobung der eigenen Möglichkeiten ausgehend, zum Singen nach Gehör und Noten überzugehen. Singen darf jedoch nicht nur als Mittel zur Stimmbildung und Musikkunde eingesetzt werden, vielmehr soll die Freude am Singen (das zweckfreie Singen) vor jeder Verschulung des Singens stehen und Singen im geselligen Kreis so oft als möglich gepflegt werden. Es sollte eine bewußte Trennung zwischen „Singen an sich“ und der „Arbeit am Lied“ erfolgen.
- 3. Singen als Vorführung. Die Arbeit am Lied erfolgt mit dem Ziel einer besonderen musikalischen Leistung, zB in der Fest- und Feiergestaltung.
Auch für das instrumentale Musizieren ist das Prinzip der drei Ebenen anwendbar:
- 1. Erfahrung sammeln. Freies spontanes Gestalten sowohl mit Geräuschen und Klängen als auch mit vorgegebenen musikalischen Strukturen.
- 2. Systematisieren und Bewußtmachen von Notation, musikalischen Strukturen, Gestaltungsmitteln und instrumentalen Spieltechniken.
- 3. Aufbereiten von Lied- und Spielgut im Hinblick auf das Vorspiel. Technik des Übens und der Einstudierung.
- Die im Instrumentalunterricht erworbenen Fertigkeiten sind schon von der 1. Klasse an, insbesondere aber in der 4. und 5. Klasse, in den Dienst der Musikerziehung zu stellen, allenfalls auch unter Einbeziehung außerhalb der Schule erlernter Instrumente.
- Die Musikkunde sollte ebenso wie die Instrumentenkunde an praktisches Erleben anschließen bzw. eine Systematisierung der im elementaren Singen und Musizieren gewonnenen Erfahrungen bringen. Das Erwerben und Erweitern von musikkundlichen Kenntnissen ist aber nicht als übergeordnetes Lernziel anzusehen, sondern hat einerseits dem Vertiefen der musikalischen Wahrnehmungsfähigkeit zu dienen, andererseits die nötigen Grundlagen für das Vermitteln und Umsetzen von Musik im Beruf zu liefern. Die ausgewählten Hörbeispiele sollen aus Meisterwerken verschiedener Epochen stammen, wobei auch die zeitgenössische sowie die außereuropäische Musik zu berücksichtigen ist. In der 1. bis 3. Klasse sollen die Schüler die Werke zunächst von Funktion, Bedeutung und musikalischer Form her erfassen lernen. In der 4. und 5. Klasse sind Musikgeschichte und Stilkunde schwerpunktmäßig zu berücksichtigen, dabei ist eine Beschränkung auf Höhepunkte geboten. Bei der Besprechung einzelner Beispiele sind, wo immer möglich, die Zusammenhänge zwischen der Musik weit zurückliegender Zeiträume und der Musik der Gegenwart bzw. der jüngeren Vergangenheit herzustellen. Biographische Hinweise haben nur dem Verständnis der Werke zu dienen.
- Im Unterricht sind solche Werke vorzuziehen, die von den Schülern oder vom Lehrer musiziert werden können, doch ist auch der Einsatz der technischen Mittler unentbehrlich. Neben der Kenntnis der Funktion sollte die Befähigung zum Umgang mit Tonträgern und Wiedergabegeräten sowie deren Einsatz in Freizeit und Beruf vermittelt werden. In der Werkbetrachtung sind die Möglichkeiten eines fächerübergreifenden Unterrichtes wahrzunehmen.
Zuletzt aktualisiert am
24.01.2025
Gesetzesnummer
10008570
Dokumentnummer
NOR12101577
alte Dokumentnummer
N6198514690S
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