Anlage 1
— HEIL- UND SONDERPÄDAGOGIK
Bildungs- und Lehraufgabe:
Ziel des Unterrichtes ist es, die Schüler mit den Grundtatsachen der Heil- und Sonderpädagogik vertraut zu machen, um eine offene und tolerante Haltung Behinderten gegenüber sowie Interesse für deren Bedürfnisse und Probleme zu wecken.
Die biologischen, psychologischen und soziologischen Voraussetzungen der Entstehung von Behinderungen sind in ihren Grundzügen so zu vermitteln, daß die Schüler die Bedeutung nicht nur der einzelnen Faktoren, sondern auch des Zusammenwirkens mehrerer Faktoren (multifaktorielle Bedingtheit) im Hinblick auf den Umfang und die Schwere der Beeinträchtigung erkennen.
Weiters sollen die Schüler befähigt werden, durch die Kenntnis psychopathologischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen diejenigen Auffälligkeiten, die im Rahmen der Normalerziehung behoben werden können, von solchen, welche einer Sondererziehung bedürfen, zu unterscheiden. Die Schüler sind für die Möglichkeiten der Integration Behinderter derart aufzuschließen, daß sie deren Voraussetzungen und Grenzen abzuschätzen wissen, um einerseits entsprechende individuelle Zielsetzungen aufbauend zu planen und zu realisieren, und andererseits mit Fachkräften zusammenzuarbeiten.
Lehrstoff:
- 4. Klasse (1 Wochenstunde):
Allgemeiner Teil:
Grundlagen der Heil- und Sonderpädagogik sowie der Kinderpsychiatrie. Anlage und Umwelt als Ursachen von Entwicklungs- und Verhaltensstörungen im Kindes- und Jugendalter unter besonderer Berücksichtigung der Gehirnphysiologie und -pathologie. Normale und abartige Sexualentwicklung.
Angemessene Einführung in die medizinische Psychologie (Konstitutions- und Typenlehre, Ausdruckserscheinungen und Schichtaufbau der Persönlichkeit).
- 5. Klasse (2 Wochenstunden):
Spezieller Teil:
Hirnorganische Störungen: Ursachenlehre; körperliche und psychische Symptomatik einschließlich Intelligenzmängel. Cerebrale Krampfzustände sowie deren Differentialdiagnose.
Stoffwechselstörungen. Behinderung und deren Formen,
Teilleistungsschwächen. Funktionelle Störungen: Neuropathie, Psychosen. Psychopathische Entwicklungen. Reifungsdiskrepanzen.
Milieuschäden: Neurosen (Organ- und Psychoneurosen, Psychosomatosen, pathologische Pubertätskrisen). Verwahrlosung (Früh- und Spätverwahrlosung; körperliche und psychische Verwahrlosungszustände).
Einzelprobleme:
Sprachstörungen; Beurteilung der Aussagen von Kindern;
Differentialdiagnose von Fehlhaltungen wie Eigentumsvergehen, Aggressionen, Durchgehen und sexuelle Abartigkeiten;
Suchtgiftproblematik; Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit jugendlicher Rechtsbrecher.
Kenntnis der wichtigsten heilpädagogischen Institutionen in Österreich und deren Aufgabenbereich.
Didaktische Grundsätze:
Zu den Unterrichtsgegenständen Pädagogik, Didaktik, Hort- und Heimpraxis, Biologie und Umweltkunde sowie Gesundheitslehre sind Querverbindungen herzustellen, um dem Schüler die meist nur graduellen und nicht prinzipiellen Unterschiede zwischen normaler und auffälliger Entwicklung bewußt zu machen. Dadurch soll auch die Gefahr vermieden werden, daß das einschlägige Fachwissen zu vorschnellen, eigenmächtigen Diagnosestellungen verleitet und Vorurteile hervorruft.
Der Unterricht soll Demonstrationen mit Fallbesprechungen (unter Einbeziehung der Medien) gemäß dem Prinzip des Individualisierens miteinschließen. Bei der Beschreibung der Zustandsbilder sind jeweils spezielle Ursachen, Erscheinungsformen und entsprechende Möglichkeiten heilpädagogischer Behandlung aufzuzeigen, dabei ist der Standpunkt zu betonen, daß in erster Linie das Kind und nicht die Behinderung Beachtung verdient. Durch das Sachwissen soll auch eine emotionale sowie ethisch-sittliche Haltung des Respektes und der Toleranz gegenüber „anderen“ geübt und gefestigt werden.
Für manche Schüler kann der Unterricht in Heil- und Sonderpädagogik Entscheidungshilfe bieten und Motivation sein für eine weitere Ausbildung zum Sondererzieher.
Zuletzt aktualisiert am
17.01.2025
Gesetzesnummer
10008573
Dokumentnummer
NOR12101620
alte Dokumentnummer
N6198516809S
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