OGH 4Ob80/25f

OGH4Ob80/25f22.7.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätin Dr. Annerl, Mag. Waldstätten, Dr. Stiefsohn und Mag. Böhm in der Pflegschaftssache der minderjährigen 1. *, geboren * 2011, 2. *, geboren * 2014, und 3. *, geboren * 2016, alle vertreten durch die Mutter *, diese vertreten durch Dr. Guilherme Spiegelberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt (hier: Bestellung eines Kollisionskurators), über den Revisionsrekurs des Vaters *, vertreten durch Dr. Günter Tews, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 17. März 2025, GZ 16 R 9/25z-17, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 5. Dezember 2024, GZ 13 Pu 193/21i-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00080.25F.0722.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Nachdem die Ehe der Eltern der drei Minderjährigen geschieden worden war, einigten sie sich auf eine gemeinsame Obsorge und eine gleichteilige Betreuung einschließlich eines betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodells. Aufgrund der deutlichen Einkommensunterschiede sollte der Vater jedoch Restgeldunterhalt leisten.

[2] Wegen Differenzen über dessen Höhe brachte die Mutter schließlich namens der Minderjährigen einen Antrag auf Unterhaltsfestsetzung ein. Darin brachte sie ua vor, dass sie im Zuge des Scheidungsverfahrens mit dem Vater eine (nicht pflegschaftsgerichtlich genehmigte) Vereinbarung geschlossen habe, wonach er monatlich 655 EUR an Kindesunterhalt zahle und ihr gegenüber auf die Geltendmachung der Anspannungspflicht verzichte. Weiters solle sie die Familienbeihilfe beziehen und der Vater den Familienbonus Plus in Anspruch nehmen. Mit 1. 2. 2024 habe der Vater den Restgeldunterhalt eigenmächtig und ohne Umstandsänderung auf 195 EUR herabgesetzt (wobei keiner der Beträge für sie nachvollziehbar sei).

[3] Die Mutter beantragte daher namens der Kinder den laufenden Unterhalt ab 1. 2. 2024 mit gesamt 655 EUR (aufgeschlüsselt in ON 7), hilfsweise in gesetzlicher Höhe festzusetzen.

[4] Der Vater bestritt den Abschluss einer (noch dazu für die Kinder bindenden) Unterhaltsvereinbarung und vertrat die Ansicht, dass die Mutter nunmehr auf eine Vollzeittätigkeit angespannt werden könne. Auch habe er den halben Familienbonus Plus überwiesen und seine (Geld-)Unterhaltspflichten damit nicht verletzt.

[5] Da jede Argumentation gegen eine Anspannung der Mutter klar den Interessen der Kinder zuwider laufe, liege eine offensichtliche Interessenkollision vor, weswegen der Vater den – nunmehr gegenständlichen – Antrag stellte, einen Kollisionskurator iSd § 277 Abs 2 ABGB zu bestellen.

[6] Die Mutter sprach sich dagegen aus, weil dies das Verfahren erheblich erschweren und verzögern würde und kein objektiver und konkreter Interessenkonflikt vorliege. Sie versuche mit ihrem Antrag lediglich, den vereinbarten, in eventu gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Kinder durchzusetzen (der im Übrigen selbst bei der behaupteten Anspannung in etwa jenen Betrag erreiche, zu dem sich der Vater verpflichtet habe).

[7] Das Erstgericht wies den Antrag auf Bestellung eines Kollisionskurators ab. Aus dem Akteninhalt könne keine gegen die Interessen der Kinder gerichtete Interessenkollision abgeleitet werden. Die Verneinung der Anspannung der Mutter würde vielmehr zu einer Erhöhung der Geldunterhaltsansprüche der Kinder gegen den Vater führen.

[8] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Nach umfassender Darstellung der Rechtsprechung und Lehre zu (nunmehr) § 277 Abs 2 ABGB (idF 2. ErwSchG) und § 5 Abs 2 Z 1 lit a AußStrG ging es zwar von einer amtswegigen Pflicht zur Bestellung eines Kurators bei Vorliegen einer Interessenkollision aus. Der Vaterhabe aber weder das bei Anspannung mögliche Einkommen der Mutter beziffert, noch dargelegt, dass eine solche zu einem gänzlichen Entfall beider Geldunterhaltspflichten oder gar einer Geldunterhaltspflicht der Mutter führen könne. Die Anspannbarkeit der Mutter sei zudem nur eine Vorfrage, einander ausschließende Gegenanträge lägen nicht vor. Im konkreten Fall könnten die Interessen der Kinder daher durch das Gericht gewahrt werden.

[9] Der Revisionsrekurs sei zur Frage zulässig, „ob bei Obsorge beider Elternteile und gleichteiliger Betreuung aufgrund materieller Kollision ein Kollisionskurator zu bestellen sei, wenn bei behaupteter Anspannung eines Elternteils ein Entfall der Geldunterhaltspflicht beider Elternteile jedenfalls ausgeschlossen ist und anhand des Vorbringens und mangels expliziter Gegenanträge die Person des grundsätzlich zu Restgeldunterhalt verpflichteten Elternteils unabhängig vom konkreten Verfahrensausgang feststeht“.

[10] Der Vater beantragt in seinem Revisionsrekurs, die Beschlüsse aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen; hilfsweise möge der Oberste Gerichtshof einen Kollisionskurator bestellen.

[11] Die Mutter beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[12] Der Revisionsrekurs ist mangels Bindung an den Zulassungsausspruch (§ 71 Abs 1 AußStrG) und Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig und daher zurückzuweisen.

[13] 1. Nach der Rechtsprechung (vgl RS0128524; RS0126884 [T1]; vgl auch RS0006147) ist die Rechtsmittelbeschränkung in § 5 Abs 1 AußStrG nicht auf die Bestellung eines Kollisions- oder Zustellkurators nach § 5 Abs 2 Z 1 AußStrG anwendbar, weil sich § 5 Abs 1 letzter Satz AußStrG nur auf behebbare Mängel in den persönlichen Verfahrensvoraussetzungen bezieht, die durch einfache Anordnungen des Außerstreitgerichts beseitigt werden können; ein Bestellungsbeschluss ist sohin selbständig anfechtbar. Aus Gründen der Rechtssicherheit muss dies ebenso für einen Beschluss gelten, mit dem ein Antrag auf Bestellung eines Zustell- oder Kollisionskurators (in erster und/oder zweiter Instanz) abgewiesen wird, zumal die Entscheidung über die Kuratorenbestellung auch nicht als bloß verfahrensleitender Beschluss iSd § 45 2. Satz AußStrG angesehen werden kann (vgl 1 Ob 78/12w [Kinderbeistand iSd § 104a AußStrG]).

[14] Weiters ist nicht davon auszugehen, dass die bisherige Rechtsprechung, wonach ein Antragsrecht auf Bestellung eines Kollisionskurators besteht (vgl RS0049039; RS0034795; und nicht bloß ein Anregungsrecht, vgl RS0108946 [Abwesenheitskurator iSd § 277 Abs 1 ABGB]; RS0130158 [Kinderbeistand iSd § 104a AußStrG]), durch die Novellierungen eine Änderung erfahren müsste. (Ausweislich der Regierungsvorlagen zum 2. ErwSchG sollte die Neuregelung von § 277 ABGB und § 5 AußStrGinhaltlich keine wesentlichen Änderungen bringen“; vgl 1461 dB XXV GP S 47, 195 dB XXVI GP S 3, und mit § 5 Abs 2 idF AußStrG 2005 sollte primär die Zuständigkeit für die Bestellung geregelt werden, vgl 224 dB XXII GP S 25.) Die Rechtsmittellegitimation und Beschwer des Vaters ist daher schon aufgrund der Abweisung seines Antrags im Bestellungsverfahren zu bejahen, die sich auf seine prozessuale Stellung im Unterhaltsverfahren auswirkt. Im Übrigen verweist der Vater zutreffend auf die ständige Rechtsprechung, dass nächsten Angehörigen ein Rekursrecht zugebilligt werden muss, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen notwendig ist (vgl RS0006433; 3 Ob 204/21b [Beendigung einer Kuratel]).

[15] 2. Das Rekursgericht hat die ständige Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für die Bestellung eines Kollisionskurators im Allgemeinen sowie in Unterhaltsverfahren im Besonderen gemäß § 277 Abs 2 ABGB (idF 2. ErwSchG), § 5 Abs 2 Z 1 lit a AußStrG zutreffend dargestellt.

[16] Voraussetzung für die Kuratorbestellung ist eine Kollision im formellen und materiellen Sinn. Kollision im formellen Sinn liegt vor, wenn ein zufolge Gesetz oder behördlicher Verfügung Vertretungsbefugter in bestimmten Angelegenheiten nicht nur zu vertreten, sondern auch im eigenen oder im Namen Dritter zu handeln hätte. Kollision im materiellen Sinn liegt vor, wenn bei Kollision im formellen Sinn zusätzlich noch ein Interessenwiderspruch besteht (vgl RS0058177). Auch außerhalb von Doppelvertretung und Insichgeschäft kann bei Widerstreit mit einem unmittelbaren Eigeninteresse des gesetzlichen Vertreters ein Kollisionsfall gegeben sein, wenn der Vertreter geneigt sein könnte, Interessen (Dritter) denen des von ihm Vertretenen vorzuziehen (vgl 8 Ob 41/23x mwN). Diese Beurteilung erfolgt ex ante und nach den objektiven Gegebenheiten, unabhängig von den subjektiven Eigenschaften des Vertreters (vgl 7 Ob 42/20g).

[17] Die Bestellung eines Kurators setzt nicht voraus, dass der Interessenwiderspruch bereits zu einer Schädigung des Minderjährigen geführt hat; vielmehr ist ein Kurator schon dann zu bestellen, wenn aufgrund eines objektiv gegebenen Interessenwiderspruches eine Gefährdung der Interessen des Minderjährigen möglich ist (vgl RS0107600). Ein Kollisionsfall iSd § 271 ABGB (nunmehr § 277 Abs 2 ABGB) bedarf aber einer konkreten Gefährdung der Interessen des Minderjährigen. Maßgeblich für das Erfordernis der Bestellung eines Kollisionskurators ist daher, dass aufgrund des objektiven Sachverhalts eine gesetzmäßige Vertretung des Minderjährigen wegen eines zu befürchtenden Widerstreits an Interessen nicht zu erwarten ist; der Interessenwiderspruch muss sich auf die konkrete Angelegenheit auswirken (RS0058177 [T2]). Für die Beurteilung des Konfliktfalls kommt es (nur) auf die konkreten Anträge an, die im Unterhaltsverfahren gestellt wurden, und nicht darauf, ob und in welchen Konstellationen einem Antrag auch inhaltliche Berechtigung zukommen könnte (vgl 8 Ob 99/12k).

[18] Allein der Umstand, dass dem obsorgeberechtigten Elternteil regelmäßig ein gewisses eigenes Interesse an der Unterhaltsfestsetzung zukommt, bildet noch keinen Grund für die Bestellung eines Kollisionskurators (RS0087662 [T1]). Eine Gefährdung der Interessen der schutzbefohlenen Person liegt nämlich insbesondere auch dann nicht vor, wenn das Gericht die Interessen der vertretenen Person im Rahmen einer amtswegigen Prüfung ausreichend wahrnehmen kann (vgl RS0058177 [T13]). § 271 Abs 2 ABGB idF KindRÄG 2001 vermutete für die Verfahren zur Durchsetzung des Unterhalts nach § 140 ABGB eine ausreichende Interessenwahrnehmung durch das Gericht (RS0107600 [T3],; RS0049427 [T3]). Der Gesetzgeber des 2. Erwachsenenschutzgesetzes hat diesen Hinweis bei der Neuformulierung des § 271 ABGB nicht übernommen, weil es sich dabei lediglich um eine Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes handelt, dass bei fehlender Gefährdung kein Kollisionskurator zu bestellen ist, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, dass eine Gefährdung auch weiterhin nicht vorliegt, wenn das Gericht die Interessen der vertretenen Person im Rahmen einer amtswegigen Prüfung ausreichend wahrnehmen kann (vgl 6 Ob 7/20b; 8 Ob 41/23x mwN).

[19] Ein Kurator ist nach der Rechtsprechung in Unterhaltsverfahren etwa dann zu bestellen, wenn sich der Antrag des Kindes auf Unterhaltsfestsetzung gegen den als (alleinigen) Vertreter berufenen Elternteil richtet, beide Elternteile gegeneinander namens ihres Kindes einschreiten und begehren, jeweils den anderen Teil zum Unterhalt zu verpflichten, oder ein betreuender Elternteil, der aufgrund einer Vereinbarung mit dem anderen Elternteil zum Tragen des gesamten Unterhalts verpflichtet ist, als gesetzlicher Vertreter des Kindes Ansprüche gegen den anderen Elternteil geltend macht (vgl RS0079249; RS0079868; RS0087662, RS0058177 [T1]). Weiters kann eine Kuratorenbestellung angebracht sein, wenn durch die Inanspruchnahme widerstreitender Vertretungsbefugnisse mehrerer Obsorgeberechtigter eine Verzögerung des Unterhaltsverfahrens droht (vgl 10 Ob 90/15f). Zu 3 Ob 97/22v erachtete der Oberste Gerichtshof die Bestellung eines Kollisionskurators im Einzelfall als vertretbar, weil beim dort praktizierten „Wechselmodell“ Unterhaltstitel gegen beide Eltern in Betracht kamen und auch widerstreitende Anträge beider Eltern vorlagen.

[20] Die Beurteilung der Frage, ob genügend und welche Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines Kollisionskurators vorliegen, ist immer eine solche des Einzelfalls und bildet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG (RS0127193).

[21] 3. Der Vater gesteht in seinem Revisionsrekurs zu, dass die Mutter auch bei einer Anspannung nicht mehr verdienen würde als er, erachtet eine Interessenkollision aber deswegen als gegeben, weil sich die Minderjährigen und die Mutter dennoch als Gläubiger und Schuldnerin gegenüberstünden. Bei einer Anspannung der Mutter wäre „der Unterhaltsanspruch der Kinder gegen die Mutter für die Zeit beim Vater höher“, und jeder Elternteil habe „den verrechneten Anteil des anderen Elternteils den Kindern selbst zuzuwenden“. Da die Mutter sowohl Familienbeihilfe als auch die Kinderabsetzbeträge beziehe, müsste sie ab einem (fiktiven) Einkommen von 3.900 EUR dem Vater (mit einem Einkommen von 5.000 EUR) einen monatlichen Ausgleichsbetrag bezahlen.

[22] 4. Der Vater verkennt bei seiner Argumentation jedoch das Wesen des betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodells, sodass schon deswegen keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wird.

Dennoch sei zur Klarstellung erwidert:

[23] Werden die Betreuungsleistungen sowie die (bedarfsdeckenden) Naturalleistungen von beiden Elternteilen (in etwa) gleichwertig erbracht, entfällt grundsätzlich der Geldunterhaltsanspruch des Kindes gegenüber beiden Elternteilen (zumal eine echte Betreuung in zwei Haushalten zu einer gewissen Steigerung des Gesamtaufwands wegen doppelt notwendiger Versorgungsstruktur führt). Auch bei sonst gleichteiligen Betreuungs- und Versorgungsleistungen soll ein Kind aber mittels Geldunterhalt in die Lage versetzt werden, während der Zeit der Betreuung im Haushalt eines schlechter verdienenden Elternteils am (höheren) Lebensstandard des anderen weiterhin teilzunehmen – wobei Unterschiede beim Einkommen bis zu einem Drittel jedoch hinzunehmen sind. Ein allfälliger (laufender) Restgeldunterhaltsanspruch des Kindes gegenüber einem leistungsfähigeren Elternteil ist dadurch zu ermitteln, dass zunächst (fiktiv) die Ansprüche des Kindes gegenüber beiden Elternteilen nach der Prozentwertmethode zu ermitteln sind, sodann diese Ansprüche zu saldieren sind und schließlich der Saldo zu halbieren ist (vgl RS0131785; RS0131786; RS0130655; RS0131331; 4 Ob 12/25f; zur Berücksichtigung der Transferleistungen s 6 Ob 18/22y).

[24] Die Geldunterhaltspflicht des schlechter verdienenden Elternteils, hier also der Mutter, ist sohin nur eine fiktive Berechnungsgröße für die Ermittlung des Restgeldunterhaltsanspruchs (Ergänzungsanspruchs) der Kinder gegen den (deutlich) besser verdienenden Vater. Weder lag ein (Gegen-)Antrag vor, die Mutter zu einem (laufenden) Geldunterhalt gegenüber den Kindern zu verpflichten, noch gibt es dazu ein rechtlich und rechnerisch schlüssiges und durch entsprechende Tatsachenbehauptungen unterlegtes Vorbringen des Vaters, aus dem eine Interessenkollision abzuleiten wäre. Da die Mutter (nur) Naturalunterhalt leistet, wird sie selbst bei einer (fiktiven) Anspannung auch nicht von einer eigenen Geldunterhaltspflicht befreit. Wie das Erstgericht bereits anmerkte, würde der Unterhaltsanspruch der Kinder bei der vom Vater behaupteten Anspannung der Mutter sogar geringer, sodass die Prämissen des Vaters in seinem Revisionsrekurs gerade nicht zutreffen.

[25] Wenn die Vorinstanzen bei der dargestellten Sach- und Rechtslage die Notwendigkeit einer Kuratorenbestellung nach § 277 Abs 2 ABGB (idF 2. ErwSchG) iVm § 5 Abs 2 Z 1 lit a AußStrG verneinten, weil die Interessen der Minderjährigen im Einzelfall ausreichend durch das Gericht gewahrt werden könnten, bedarf dies keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.

[26] Auch der vom Rekursgericht verortete Widerspruch zwischen der Rechtsprechung, wonach die Möglichkeit der Interessengefährdung ausreiche, zu jener, wonach es nur auf die konkreten Anträge ankomme, besteht tatsächlich nicht. Die – insofern verkürzt wiedergegebene – Entscheidung 8 Ob 99/12k (RS0079249 [T3]) besagt vielmehr, dass für die Beurteilung, ob objektiv ein Interessenwiderspruch vorliegt, auf die konkreten Anträge abzustellen ist und nicht darauf, ob und in welchen Konstellationen einem Antrag auch inhaltliche Berechtigung zukommen könnte. Dies steht in Einklang mit der ständigen, oben zitierten Rechtsprechung, nach der die bloß abstrakte Möglichkeit nicht ausreicht, sondern sich ein Interessenwiderspruch auf die konkrete Angelegenheit – ex ante betrachtet – auswirken muss.

[27] Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG liegt sohin nicht vor.

[28] 5. Da der Vater nach Einbringung des Revisionsrekurses „in Vertretung der Kinder“ beantragte, die Mutter zur Tragung der Hälfte von näher bezeichneten, in der Vergangenheit angefallenen Kosten zu verpflichten (s dazu wiederum 6 Ob 18/22y), neuerlich die Bestellung eines Kollisionskurators begehrte, und die Mutter darauf in ihrer Rechtsmittelbeantwortung Bezug nimmt, ist schließlich noch klarzustellen:

[29] Zwar ist ein Kollisionskurator bei Vorliegen der Voraussetzungen von Amts wegen zu bestellen (vgl § 5 Abs 2 Z 1 lit a AußStrG; RS0049039; RS0079249 [T1]). Hier geht es aber nicht um die Notwendigkeit der Bestellung „in einem anhängigen Verfahren“, sondern die Beurteilung der Entscheidung über einen konkreten Antrag auf Bestellung. Der angefochtene Beschluss ist daher grundsätzlich aufgrund der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen (vgl § 53 AußStrG; RS0006801). Im Übrigen ist der Oberste Gerichtshof auch keine Tatsacheninstanz; daher fehlt ihm die funktionelle Zuständigkeit für die Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen für eine Kuratorenbestellung (vgl 1 Ob 24/14g).

[30] Ob nach der Beschlussfassung eine Änderung der maßgeblichen Umstände eintrat, aufgrund derer die Interessen der Minderjährigen nicht mehr ausreichend durch das Gericht gewahrt werden können, wird sohin das Erstgericht (neuerlich) zu prüfen zu haben. Bei der dabei anzustellenden Gesamtbetrachtung sind sowohl die konkreten Anträge zu berücksichtigen als auch die Frage, ob durch die Inanspruchnahme widerstreitender Vertretungsbefugnisse eine Verzögerung des Unterhaltsverfahrens droht und es deswegen etwa auch eines Kollisionskurators bedarf, der für allfällige Unterhaltsansprüche gegen die Mutter zuständig ist, sodass diese Angelegenheiten aus dem Aufgabenkreis des Vaters als gesetzlichen Vertreter ausscheiden und er damit die Befugnis verliert, für die Minderjährigen gegen die Mutter einzuschreiten (vgl RS0006257).

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