Anlage 2 Lehrpläne - Bildungsanstalt für Sozialpädagogik

Alte FassungIn Kraft seit 01.9.1996

Anlage 2

— III. ALLGEMEINE DIDAKTISCHE GRUNDSÄTZE

Um das allgemeine Bildungsziel zu erreichen, sind für die Unterrichtsarbeit am Kolleg an Bildungsanstalten für Sozialpädagogik die folgenden didaktischen Grundsätze, also allgemeine Leit- bzw. Richtlinien, Normen, Anweisungen, Anleitungen und Regeln, zu berücksichtigen:

  1. 1. Erwachsenenadäquatheit - Wissenschaftsorientierung - Soziales Lernen

Der Unterricht ist im dreifachen Beziehungsgefüge von Personhaftigkeit der Schüler, von Sachlichkeit und von Mitmenschlichkeit zu planen und durchzuführen:

Der Erwachsene ist kein endgültig fertiger Mensch. Er kann sich neuen Entwicklungen anpassen, Alternativen zu seinen bisherigen Lebensformen finden. Je mehr Eigenaktivität dem Schüler ermöglicht wird, desto größer ist für ihn die Wahrscheinlichkeit, sein Leben in Selbstbestimmung zu führen und fachliche, persönliche und soziale Kompetenz zu erwerben. Die Lernfähigkeit der Erwachsenen wird mit zunehmendem Alter umstrukturiert, worauf in der Bildungsarbeit mit didaktischen Maßnahmen reagiert werden soll. Analog zur Persönlichkeitsentwicklung treten auch Differenzierungen im Lernverhalten auf, sodaß eine stärkere Individualisierung des Lernens gefördert werden soll.

Bei der Auswahl des berufsrelevanten Lehrstoffes gilt es, den jeweiligen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu integrieren. Dabei geht es nicht darum, einzelne Fakten anzuhäufen, sondern Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Problemgebieten aufzuzeigen. Darüber hinaus sind die Lehrinhalte in bezug zur beruflichen und privaten Realität der Schüler zu stellen.

Die Teamfähigkeit ist ein unumgänglicher Anspruch für die Arbeit des Sozialpädagogen. Es ist daher wichtig, daß Teamarbeit exemplarisch in der Unterrichtsgestaltung zu berücksichtigen ist.

  1. 2. Berufsorientierung im Theorie-Praxis-Bezug

Der Unterricht im Kolleg ist so zu gestalten, daß durch den ständigen Theoriebezug der Praxis und durch das Praktischwerden der Theorie das Ineinandergreifen von Theorie und Praxis sichtbar wird. Weiters ist es notwendig, im Sinne des vernetzten Denkens Zusammenhänge innerhalb eines Faches und zwischen verschiedenen Problemgebieten aufzuzeigen.

  1. 3. Persönlichkeitsbildung und Wissensintegration

Die Darbietung des Lehrstoffes soll auf dem Hintergrund des ganzheitlichen Denkens aufgebaut sein und auf eine ganzheitliche Bildungswirkung abzielen.

Bei der Auswahl des Lehrstoffes soll bedacht werden, daß die Zukunft die Gegenwart mitbestimmt. Dies bedarf aber einer Aufarbeitung der eigenen Entwicklungsgeschichte, die durch einen erhöhten Anteil an Selbsterfahrung ermöglicht werden soll.

  1. 4. Aktivierung und Motivierung

Wo immer es möglich ist, sollen bei den Schülern die Bereitschaft zum Denken und Handeln, das Interesse an kulturellen Werken, Ereignissen und Veranstaltungen, das Bedürfnis nach Auseinandersetzung mit Menschen und Ideen aufgegriffen, unterstützt, gefördert, erweitert und vertieft werden. Dazu eignet sich unter anderem auch das Reflektieren des Unterrichts. Dies führt zum selbsttätigen Bildungserwerb in verschiedenen Arbeits- und Sozialformen und darüber hinaus zur geistigen Selbständigkeit.

  1. 5. Strukturierung und Exemplarität

Die Forderung nach Strukturierung bezieht sich sowohl auf die Aufbereitung der Lehrstoffe als auch auf die Gestaltung des Unterrichtsablaufs. Das vorausgehende Erfassen und Verstehen der Strukturen der Inhalte durch die Lehrenden ist die wesentlichste Voraussetzung für die einsichtige Vermittlung von Strukturwissen im Unterricht. Erst eine sorgfältige Inhaltsanalyse zeigt nämlich, ob sich ein Stoffgebiet für das exemplarische oder für das orientierende, überblicksmäßige Lehren, für entdeckendes oder für informierendes Lernen eignet. Andererseits ermöglicht erst die überlegte Anordnung der Lehr- bzw. Lernschritte erfolgreiche Lernprozesse. Systematisches Lernen ist jedenfalls sowohl auf die Tiefenwirkung des Exemplarischen wie auf die Breitenwirkung des Orientierenden angewiesen.

  1. 6. Individualisierung

Die Heterogenität ist ein Faktum in der Erwachsenenbildung. Individualisierung des Erwachsenenlernens bedeutet, daß die persönlichen Lernerfahrungen berücksichtigt und thematisiert und subjektive Erlebnisse unter Berücksichtigung ihres sozialen Kontextes bearbeitet werden. Dies kann wiederum individuelle Lernwege und - strategien erschließen.

  1. 7. Lehrformen

Die Aufgabe des Lehrenden besteht darin, Lernprozesse anzuregen.

Die Schüler kommen mit unterschiedlichen Lern- und Lebenserfahrungen. Die Aufgabe des Lehrenden ist demgemäß, unter Einbeziehung der unterschiedlichen Vorerfahrungen neue Lernprozesse zu initiieren und die Möglichkeit für positive Lernerfahrungen zu schaffen.

Lehren bedeutet nicht nur Wissensvermittlung, sondern auch Einbeziehung der sozialen Beziehungen.

  1. 8. Lernen

Die Schüler sollen befähigt werden, mit den eigenen Lernprozessen selbständig umzugehen und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten entwickeln und Verantwortung für das eigene Lernen zu tragen.

  1. 9. Sicherung und Kontrolle des Unterrichtsertrages

Eine Prüfung gibt Auskunft über momentane Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Haltungen. Leistungsfeststellungen, die über das ganze Semester verteilt sind, dienen der Erkenntnis, inwieweit Lehr- und Lernziele erreicht wurden, ob und welche individuellen Maßnahmen oder Beratungen notwendig sind und ob der Unterricht zu verändern ist.

Der Lernende soll laufend Auskunft über seinen jeweils momentanen Wissensstand erhalten und, wenn die Teilziele erreicht wurden, eine Motivation zur Weiterarbeit, wenn nicht, eine Anregung zur Auseinandersetzung.

Die Erfolgskontrolle kann mündlich, schriftlich (auch in Form von Hausarbeiten) bzw. anonym als Selbstkontrolle der Lernenden, als Beobachtung zB bei Fertigkeiten in neuen Situationen oder in der Gruppenarbeit und/oder am Gegenstand selbst, bei der Herstellung eines Werkstückes erfolgen.

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