Anlage 2
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LEHRPLAN DES KOLLEGS FÜR SOZIALPÄDAGOGIK (EINSCHLIESSLICH KOLLEG FÜR BERUFSTÄTIGE)
I. ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
- 1. Art und Gliederung des Lehrplans
Der Lehrplan des Kollegs für Sozialpädagogik ist ein Lehrplan mit Rahmencharakter, der die unterrichtlichen Ziele, Inhalte und Verfahren für die Planung und Realisierung von Lernprozessen angibt und die eigenständige und verantwortliche Unterrichtsarbeit des Lehrers gemäß den Bestimmungen des § 17 Abs. 1 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986, in der jeweils geltenden Fassung ermöglicht, aber zugleich in ihrem Ausmaß begrenzt.
Anordnung, Gliederung und Akzentuierung des im Lehrplan der einzelnen Semester angeführten Lehrstoffes einschließlich der Auswahl der Beispiele und der Setzung von Schwerpunktbereichen sind der verantwortlichen Entscheidung des Lehrers überlassen. Die angegebene Reihenfolge der Sachgebiete bedeutet, wo sie sich nicht zwingend aus dem Zusammenhang des Stoffes ergibt, eine Empfehlung. Bei der Stoffauswahl ist neben dem sachlogischen Aufbau auch die Möglichkeit und Notwendigkeit exemplarischer Behandlung insbesondere unter Berücksichtigung der Vorbildung und des Alters der Schüler zu beachten.
Die Mitwirkungsrechte der Schüler gemäß den einschlägigen
Bestimmungen sind zu beachten.
Der Lehrplan umfaßt
- die allgemeinen Bestimmungen,
- das allgemeine Bildungsziel,
- die allgemeinen didaktischen Grundsätze,
- die Stundentafel und
- die Lehrpläne der einzelnen Unterrichtsgegenstände, jeweils Bildungs- und Lehraufgabe, Lehrstoff (nach Semestern gegliedert)
und Didaktische Grundsätze des Unterrichtsgegenstandes.
Die Zielorientiertheit des Lehrplans soll in Wechselwirkung mit der Schülerorientiertheit des Unterrichts den Bildungsauftrag des Kollegs sichern und Gesichtspunkte zur Orientierung der Unterrichtsarbeit bieten.
- 2. Unterrichtsprinzipien
Der Schule sind viele Bildungs- und Erziehungsaufgaben gestellt, die nicht einem Unterrichtsgegenstand oder wenigen Unterrichtsgegenständen zugeordnet werden können, sondern nur fächerübergreifend im Zusammenwirken vieler oder aller Unterrichtsgegenstände zu bewältigen sind. Kennzeichnend für diese Bildungs- und Erziehungsaufgaben ist, daß sie in besonderer Weise die allgemeinen didaktischen Grundsätze der Persönlichkeitsbildung und Wissensintegration, der Aktivierung und Motivierung sowie der Lebensbezogenheit des Unterrichts berücksichtigen; kennzeichnend für sie ist ferner, daß sie nicht durch Lehrstoffangaben allein beschrieben werden können, sondern als Kombination stofflicher, methodischer und erzieherischer Anforderungen zu verstehen sind; und schließlich, daß sie unter Wahrung ihres interdisziplinären Charakters jeweils in bestimmten Unterrichtsgegenständen oder Teilen von Unterrichtsgegenständen einen stofflichen Schwerpunkt besitzen.
Als solche Bildungs- und Erziehungsaufgaben (Unterrichtsprinzipien) sind aufzufassen:
- Gesundheitserziehung,
- Interkulturelles Lernen,
- Leseerziehung und Sprecherziehung,
- Medienerziehung,
- Musische Erziehung,
- Politische Bildung (einschließlich Staatsbürgerliche Erziehung und Friedenserziehung),
- Sexualerziehung (einschließlich Erziehung zu partnerschaftlichem Verhalten zwischen den Geschlechtern),
- Umwelterziehung,
- Verkehrserziehung,
- Vorbereitung auf die Arbeits- und Berufswelt,
- Vorbereitung auf die Anwendung neuer Techniken, insbesondere der Informations- und Kommunikationstechniken,
- Wirtschaftserziehung (einschließlich Sparerziehung und Kosumentenerziehung),
- Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern.
Die Umsetzung der Unterrichtsprinzipien im Schulalltag erfordert eine wirksame Koordination der Unterrichtsgegenstände und der Ausnützung ihrer Querverbindungen, den Einsatz geeigneter zusätzlicher Unterrichtsmittel und allenfalls die gelegentliche Heranziehung außerschulischer Fachleute. Für diese Umsetzung bieten sich vor allem projektorientierter Unterricht und Projekte an. Die Koordination insbesondere im Hinblick auf die Anwendung in der zukünftigen Berufsarbeit der Schüler wird schwerpunktmäßig von Didaktik, allenfalls Pädagogik, wahrzunehmen sein. Die Unterrichtsprinzipien sollen jedoch nicht eine Vermehrung des Lehrstoffes bewirken, sondern zu einer besseren Durchdringung und überlegter Auswahl des im Lehrplan beschriebenen Lehrstoffs beitragen. Unterrichtsprinzipien bleiben auch gleich bedeutend, wenn in bestimmten Schulstufen zur selben Thematik eigene Unterrichtsgegenstände geführt werden.
- 3. Unterrichtsplanung
Der Lehrer hat seine Unterrichts- und Erziehungsarbeit auf der Grundlage des Lehrplans eigenständig und verantwortlich zu planen. Die Entscheidungsfreiräume im Rahmenlehrplan erfordern vom Lehrer
- die Konkretisierung des allgemeinen Bildungsziels, der Bildungs- und Lehraufgaben der einzelnen Unterrichtsgegenstände und der fachübergreifenden Lernbereiche (Unterrichtsprinzipien),
- die Auswahl der Lehrstoffe,
- die zeitliche Verteilung und Gewichtung der Ziele und Lehrstoffe sowie
- die Festlegung der Methoden und Medien des Unterrichts.
Die Unterrichtsplanung hat einerseits den Forderungen des Lehrplans bezogen auf eine Schulstufe zu entsprechen und andererseits pädagogisch und didaktisch angemessen auf die Fähigkeiten, Bedürfnisse und Interessen der Schüler sowie auf aktuelle Ereignisse einzugehen.
Um diesen verschiedenen Anforderungen gerecht werden zu können, erfolgt die Planung in zwei Stufen: Semesterplanung und mittelfristige Planungen.
In der Semesterplanung erfolgt eine erste zeitliche Anordnung der wesentlichsten Ziele und Stoffbereiche auf der Grundlage des Lehrplans. Die Reihung geschieht nach sachlogischen bzw. lehrgangsmäßigen Gesichtspunkten. Wo dies nicht sinnvoll bzw. notwendig ist, orientiert sich die Anordnung an jahreszeitlichen Gegebenheiten, Querverbindungen der Unterrichtsgegenstände, Schulveranstaltungen, Erfahrungen der Schüler und ähnlichem. Ungefähre Zeitrichtwerte sollen festgelegt werden, wobei auf genügend Freiräume für aktuelle Anlässe, Wiederholungen, Übungen, Differenzierungen und ähnliches zu achten ist.
Die Semesterplanung ist während des Semesters durch mittelfristige Planungen zu ergänzen. Nun können die in der Semesterplanung festgelegten Planungsabsichten auf die jeweiligen unterrichtlichen Gegebenheiten und Lernvoraussetzungen der Schüler abgestimmt und konkretisiert werden. Mittelfristige Planungen enthalten neben den Zielen und Inhalten eine vorläufige Festlegung der Methoden und Medien.
Bei der Semesterplanung und den mittelfristigen Planungen sind entsprechend ihren Erfordernissen zu berücksichtigen:
- geographische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Bedingungen einer Region bzw. Hinweise auf besondere örtliche Gegebenheiten;
- die Lernvoraussetzungen der Schüler durch entsprechende Maßnahmen der inneren Differenzierung;
- die Einplanung von Lernzeiten, die dem Schüler ausreichend Raum zur Wiederholung, Festigung und Einübung sichern;
- die Beteiligung der Schüler in einem ihrer Vorbildung und Reife entsprechenden Ausmaß;
- die Einordnung des Lehrbuches und anderer Unterrichtsmedien.
In allen Unterrichtsgegenständen können in der Unterrichtsplanung berücksichtigt werden:
- fachbezogener und fächerübergreifender Projektunterricht,
- die Gestaltung von Festen und Feiern,
- Formen der inneren Differenzierung,
- Schulveranstaltungen,
- die Einbeziehung von Eltern und Experten in den Unterricht.
Gemeinsame Planung mit Lehrern des eigenen Unterrichtsgegenstandes oder anderer Unterrichtsgegenstände sind wünschenswert.
- 4. Schulautonome Lehrplanbestimmungen
Schulautonome Lehrplanbestimmungen (§ 6 Abs. 1 des Schulorganisationsgesetzes) eröffnen in dem vorgegebenen Rahmen Freiräume im Bereich der Stundentafel, der durch den Lehrplan geregelten Inhalte des Unterrichtes (Lehrpläne der einzelnen Unterrichtsgegenstände), der Lehr- und Arbeitsformen sowie der Lernorganisation.
Für eine sinnvolle Nutzung dieser Freiräume ist die Orientierung an der jeweiligen Bedarfs- und Problemsituation in der Schule oder in der Klasse an einem bestimmten Schulstandort sowie an den daraus resultierenden Wunsch- bzw. Zielvorstellungen von wesentlicher Bedeutung. Die Nutzung der schulautonomen Freiräume bedarf einer an den Bedürfnissen der Schüler, der Schulpartner insgesamt sowie des schulischen Umfeldes orientierten Konzeptes.
Abweichungen von der Stundentafel können durch schulautonome Lehrplanbestimmungen unter Beachtung der folgenden Einschränkungen vorgenommen werden:
- 1. Der Pflichtgegenstand „Religion'' sowie diejenigen Pflichtgegenstände bzw. Lehrstoffe, die nicht bereits in dem vor dem Kolleg zurückgelegten Bildungsgang vorgesehen waren, sind von der autonomen Gestaltung ausgenommen,
- 2. von den Summen der Wochenstundenzahlen der einzelnen Pflichtgegenstände und verbindlichen Übungen kann in einem Ausmaß von insgesamt höchstens sechs Wochenstunden abgewichen werden,
- 3. die Summe der Wochenstundenzahlen des Pflichtgegenstandes Hort- und Heimpraxis darf nicht unterschritten werden,
- 4. die in der Stundentafel vorgesehene Gesamtwochenstundenzahl aller Pflichtgegenstände und verbindlichen Übungen der viersemestrigen Kollegausbildung darf nicht überschritten werden,
- 5. die Gesamtwochenstundenzahl der von der Autonomieregelung betroffenen Pflichtgegenstände und verbindlichen Übungen darf nicht auf weniger als vier Wochenstunden reduziert werden und
- 6. die Summe der Wochenstunden der Pflichtgegenstände und verbindlichen Übungen pro Semester darf 40 Wochenstunden nicht überschreiten.
Darüber hinaus kann die Ausbildungsdauer von Kollegs für Berufstätige um bis zu zwei Semester verlängert werden; diesfalls sind vorbehaltlich der sonstigen Möglichkeiten der schulautonomen Gestaltung des Lehrplanes jedenfalls die Wochenstunden und die Lehrstoffe auf die einzelnen Semester aufzuteilen. An den Kollegs für Berufstätige kann der Unterricht in geblockter Form angeboten werden.
An Kollegs für Berufstätige kann durch schulautonome Lehrplanbestimmungen im Bereich der Pflichtgegenstände festgelegt werden, daß die Ausbildung unter Einbeziehung von Formen des Fernunterrichtes erfolgt. In diesem Fall ist das Ausmaß des Fernunterrichtes entsprechend den regionalen Gegebenheiten und fachlichen Erfordernissen festzulegen; dabei soll die Anzahl der Unterrichtseinheiten der Individualphase jene der Sozialphase nicht übertreffen.
Die Ausbildung unter Einbeziehung von Formen des Fernunterrichtes ist in einer Sozial- und in einer Individualphase so durchzuführen, daß die für diesen Bildungsgang erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten erworben werden können. Die Individualphase hat grundsätzlich der selbständigen Erarbeitung und Vertiefung des Lehrstoffes anhand der während der Sozialphase vorgestellten Materialien und Unterlagen in Form des Selbststudiums zu dienen, wobei die Schüler fachlich und andragogisch zu betreuen sind. In hiefür geeigneten Fällen kann die Individualphase auch zur Vorbereitung der Sozialphase dienen.
Im Rahmen der obgenannten Freiräume kann durch schulautonome Lehrplanbestimmungen beim Instrumentalunterricht anstelle des Pflichtgegenstandes „Gitarre'' alternativ „Akkordeon'' oder „Klavier'' oder „Keyboard'' oder „Flöte'' vorgesehen werden. Ferner können auch zusätzliche Pflichtgegenstände und verbindliche Übungen im Ausmaß von bis zu einer Wochenstunde pro Semester vorgesehen werden. Weiters können im Rahmen der lehrplanmäßig festgelegten Lehrstoffe Schwerpunkte sowie seminaristische Unterrichtsformen und Blockungen vorgesehen werden.
Ferner können durch schulautonome Lehrplanbestimmungen zusätzliche Freigegenstände und unverbindliche Übungen sowie ein geändertes Stundenausmaß in den im Lehrplan vorgesehenen Freigegenständen und unverbindlichen Übungen festgelegt werden, wobei das Bildungsziel des Kollegs für Sozialpädagogik, besondere einschlägige Interessen der Schüler sowie Bereiche des späteren Berufsfeldes zu beachten sind.
Soweit im Rahmen schulautonomer Lehrplanbestimmungen lehrstoffmäßige Schwerpunktsetzungen im Bereich der Pflichtgegenstände und verbindlichen Übungen vorgenommen werden oder in diesem Lehrplan nicht enthaltene Unterrichtsgegenstände geschaffen werden, haben die schulautonomen Lehrplanbestimmungen auch die Bildungs- und Lehraufgabe, die Lehrstoffumschreibung und die didaktischen Grundsätze zu enthalten. Sofern durch die schulautonomen Lehrplanbestimmungen ein höheres Stundenausmaß vorgesehen wird, als für den Fall des Nichtbestehens schulautonomer Lehrplanbestimmungen in diesem Lehrplan vorgeschrieben wird, können durch die zusätzlichen Lehrplanbestimmungen zusätzliche Bildungs- und Lehraufgaben, didaktische Grundsätze und Lehrstoffumschreibungen vorgenommen werden.
In diesem Zusammenhang sind folgende Gesichtspunkte von grundsätzlicher Bedeutung:
- 1. Auf die Bildungsaufgabe der Bildungsanstalt für Sozialpädagogik ist Bedacht zu nehmen.
- 2. Bei der Erweiterung des Lernangebotes im Rahmen bestehender Unterrichtsgegenstände hat es sich um eine vertiefende, besondere Interessen und Begabungen der Schüler sowie Bereiche des späteren Berufsfeldes berücksichtigende Erweiterung zu handeln.
- 3. Bei der Schaffung von Unterrichtsgegenständen mit interdisziplinärem Charakter (Unterrichtsgegenstände, die Lernfelder mit fachübergreifendem Charakter umfassen, die im Rahmen der sonst angebotenen Unterrichtsgegenstände nicht oder innerhalb eines längeren Zeitraumes nicht systematisch angeboten werden können) ist wegen des gegebenen Zusammenhanges mit bestehenden Unterrichtsgegenständen auf die Vermeidung von Stoffwiederholungen zu achten und sind Entlastungsmöglichkeiten durch eine fächerübergreifende Abstimmung des Lehrstoffangebotes zu nützen.
- 4. Bei der Schaffung von Unterrichtsgegenständen mit eigenständigem Charakter kommt der Unterordnung unter das Bildungsziel der Bildungsanstalt für Sozialpädagogik besondere Bedeutung zu.
Die schulautonomen Lehrplanbestimmungen haben den zur Verfügung stehenden Rahmen an Lehrerwochenstunden und Möglichkeiten der räumlichen und austattungsmäßigen Gegebenheiten der Schule zu beachten.
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