OGH 14Os90/25d

OGH14Os90/25d7.10.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Oktober 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin FOI Bayer im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung der R* H* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB über deren Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Geschworenengericht vom 13. November 2024, GZ 326 Hv 72/24b‑311.12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0140OS00090.25D.1007.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden der – im Übrigen unberührt bleibende – Wahrspruch der Geschworenen zu den Hauptfragen 10, 11 und 12 sowie das darauf beruhende Urteil, das im Übrigen ebenfalls unberührt bleibt, im Schuldspruch zu V./1./, 3./ und 4./, demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und in der Anordnung der strafrechtlichen Unterbringung der R* H* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu nochmaliger Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Korneuburg als Geschworenengericht verwiesen.

Mit ihrer den aufgehobenen Teil des Schuldspruchs betreffenden Nichtigkeitsbeschwerde und ihrer Berufung wird R* H* ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Der Betroffenen H* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde R* H* zweier Verbrechen desMordes nach §§ 15, 75 StGB (I./1./ und 2./), mehrerer Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB (II./), teils als Beteiligte nach § 12 zweiter Fall StGB (IV./), und der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB (III./1./), teils als Beteiligte nach § 12 zweiter Fall StGB (V./1./) sowie mehrerer Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (III./2./ und 3./), teils als Beteiligte nach § 12 zweiter Fall StGB (V./3./ und 4./) schuldig erkanntund zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem ordnete das Erstgericht aus Anlass der zu I./1./ und 2./ dargestellten Taten die Unterbringung der Genannten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB an (US 27).

[2] Danach hat sie

I./ in G* * F* zu töten versucht, und zwar

1./ am 8. Juli 2022, indem sie Methanol und psilocinhältige Pilze in ein Getränk mischte und dem Genannten zu trinken gab, wodurch dieser eine Vergiftung durch Methanol und eine Beeinträchtigung durch den halluzinogenen Wirkstoff Psilocin erlitt, die Methanolintoxikation zu einer Bewusstseinstrübung, einer Entgleisung des Säure-Basen-Haushalts und einer Nierenfunktionsstörung sowie zu einem bleibenden Sehverlust, einer Schädigung der Sehnerven und zu morphologisch feststellbaren Gewebsveränderungen im Gehirn, sohin einer Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen, führte, und nur durch die rasche Einleitung einer spezifischen Behandlung und die intensivmedizinische Therapie mit Vornahme einer Blutwäsche der mit hoher Wahrscheinlichkeit bevorgestandene Todeseintritt verhindert werden konnte;

2./ in der Nacht auf den 3. November 2022, indem sie ihm eine größere Menge der Medikamente Rohypnol 1 mg und Sirdalud 6 mg verabreichte, ihn dadurch in einen Zustand der Bewusstlosigkeit versetzte und anschließend seinen linken Unterarm mit einem Stanleymesser aufschnitt, wodurch Genannter eine Bewusstseinstrübung mit Verlust der Handlungsfähigkeit und Ausfall der Schutzreflexe sowie eine etwa 10 cm lange, längsverlaufende Schnittwunde an der Beugeseite des linken Unterarms mit teilweiser Durchtrennung des mittleren Unterarmnervs erlitt, wobei es nur durch die rasche medizinische Betreuung, den Nichteintritt einer Atembehinderung oder Erbrechens vor Eintreffen der Rettungskräfte sowie dadurch, dass die Unterarmschlagader durch den Schnitt nicht eröffnet wurde, beim Versuch blieb;

II./ in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung vor der Kriminalpolizei als Zeugin bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, und zwar

1./ am 19. Dezember 2022 in G* im Ermittlungsverfahren der Polizeiinspektion G* zu PAD*, indem sie behauptete, * K* habe ihr am 8. Juli 2022 in G* mit einer Fahne ins Gesicht geschlagen, wodurch sie eine Verletzung erlitten habe;

2./ am 30. Mai 2023 in A* im Ermittlungsverfahren des Landeskriminalamts * zu PAD*, indem sie unter Angabe von zahlreichen falschen Tatsachen und Begleitumständen behauptete, F* habe versucht, sie am 17. Mai 2023 zu töten, indem er mit einem Messer mehrmals auf sie eingestochen, schließlich mit einem Schraubenzieher zweimal in ihren Rücken gestochen und ihr schlussendlich mehrere Fußtritte gegen die linke Schläfe versetzt habe, wobei es nur deshalb beim Versuch geblieben sei, weil ihre Tochter C* H* mit einer Schreckschusspistole einen Schuss in seine Richtung abgefeuert und F* fluchtartig den Tatort verlassen habe;

III./ nachfolgende Personen der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, indem sie diese einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung falsch verdächtigte, obwohl sie wusste (§ 5 Abs 3 StGB), dass die Verdächtigung falsch ist, und zwar

1./ K* am 19. Dezember 2022 in G* durch die zu II./1./ angeführte Handlung des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB;

2./ F* von 17. bis zumindest 30. Mai 2023 in A* durch ihre Anzeigeerstattung, ihre Angaben und die zu II./2./ angeführte Handlung, was zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen F* wegen des Verdachts des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB, zu seiner Festnahme am 17. Mai 2023 und zur Verhängung der Untersuchungshaft über ihn bis 14. Juli 2023 führte, wobei die fälschlich angelastete Handlung mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist;

3./ am 26. Juli 2023 in K* * Ki*, indem sie bei ihrer Vernehmung als Beschuldigte im Ermittlungsverfahren des Landeskriminalamts * zu PAD* behauptete, Ki* habe ihr absichtlich mit einem Küchenmesser gegen ihren Willen mehrmals in den Bauch sowie mit einem Schlüssel in die Schulter gestochen und mit seinem Fuß gegen ihren Kopf getreten, um die Tat F* anlasten zu können, sowie Ki* habe sie zu den zu II./2./ und III./2./ angeführten Handlungen bestimmt und dazu beigetragen, indem er mit ihr gemeinsam die fingierten Spuren im Wohnhaus des F* gelegt habe, was zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Ki* wegen des Verdachts des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB, des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB und des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB, zu seiner Festnahme am 4. September 2023 und zur Verhängung der Untersuchungshaft über ihn bis 13. Oktober 2023 führte, wobei die fälschlich angelasteten Handlungen mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind;

IV./ nachangeführte Personen dazu bestimmt, in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung vor der Kriminalpolizei als Zeugen bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache falsch auszusagen, und zwar

A./ * He*, indem sie ihn zwischen 8. Juli und 19. Dezember 2022 in A* und andernorts dazu drängte, zu nachangeführten Zeiten Nachfolgendes auszusagen, und zwar

1./ am 19. Dezember 2022 in G* im Ermittlungsverfahren der Polizeiinspektion G* zu PAD*

a./ K* habe am Abend des 8. Juli 2022 R* H* ins Gesicht geschlagen;

b./F* habe sich immer mehr zurückgezogen, Zukunftsängste und Depressionen entwickelt und auch mehrfach vor ihm geweint;

c./ F* sehe besser als er vorgebe und wolle nur Mitleid erwecken;

d./ F* habe ihn und R* H* danach gefragt, wie man sich „richtig“ die Pulsadern aufschneidet;

e./ R* H* habe ihm vor seiner förmlichen Vernehmung vor der Kriminalpolizei am 19. Dezember 2022 keinerlei Anweisungen gegeben, insbesondere nicht solche, im Rahmen der Vernehmung auf ausgewählte Themen einzugehen;

2./ am 23. Mai 2023 in D* im Ermittlungsverfahren des Landeskriminalamts * zu PAD* F* habe keine dermaßen starke wie von diesem behauptete Sehbeeinträchtigung und er habe beobachtet, dass F*

a./ gezielt die im Hochbeet wachsenden Kräuter gezupft habe, während er seine Brille getragen habe;

b./ aus einer Entfernung von rund 30 Zentimeter die Aufschrift einer Zigarettenpackung lesen könne;

c./ die Gesichtszüge und Mimik von R* H* erkennen habe können und somit erkannt habe, wenn sie gelacht habe;

d./ mithilfe eines Fernglases das entblößte Gesäß von R* H* auf eine Entfernung von rund 20 Meter deutlich erkennen habe können;

B./ Ki*, indem sie ihn zwischen 16. Mai und 13. Juli 2023 dazu drängte, zu nachangeführten Zeiten im Ermittlungsverfahren des Landeskriminalamts * zu PAD* Nachfolgendes auszusagen oder zu verschweigen, und zwar

1./ sowohl am 7. als auch am 13. Juli 2023 zu verschweigen, dass er R* H* in der Nacht des 17. Mai 2023 mit seinem Fahrzeug in A* abgeholt, zum Wohnhaus des F* nach G* gebracht, sie sein Fahrzeug verlassen und sich zum Hintereingang des Wohnhauses von F* begeben hat, woraufhin er selbst die Örtlichkeit verlassen, am Bahnhof auf einen Anruf von R* H* gewartet und sie nach zirka eineinhalb Stunden wieder abgeholt hat, und stattdessen zu behaupten, er habe R* H* in der Nacht des 17. Mai 2023 Zigaretten vorbeigebracht und lediglich rund 30 Minuten mit Genannter im Auto gesprochen;

2./ am 13. Juli 2023 zu behaupten, er sei in der Nacht des 17. Mai 2023 zum Bahnhof G* gefahren, habe sich dort mit drei weiteren Personen getroffen und sei mit diesen dann weiter Richtung R* gefahren, um das dort befindliche defekte Auto von * C* abzuschleppen und nach S* zu bringen;

3./ am 13. Juli 2023 zu behaupten, R* H* habe ihm vor seiner förmlichen Vernehmung vor der Kriminalpolizei keinerlei Anweisungen gegeben, was er sagen solle;

C./ zwischen 17. Mai und 7. Juli 2023 in A* ihre Tochter C* H*, indem sie die Genannte dazu drängte, am 23. Mai 2023 in D* und am 7. Juli 2023 in A* im Ermittlungsverfahren des Landeskriminalamts * zu PAD* unter Angabe von zahlreichen falschen Tatsachen und Begleitumständen zu behaupten, F* habe versucht, R* H* am 17. Mai 2023 zu töten, indem er mit einem Messer mehrmals auf sie eingestochen und ihr schlussendlich mehrere Fußtritte gegen die linke Schläfe versetzt habe, wobei es nur deshalb beim Versuch geblieben sei, weil sie mit einer Schreckschusspistole einen Schuss in seine Richtung abgefeuert und F* fluchtartig den Tatort verlassen habe;

V./ nachangeführte Personen dazu bestimmt oder zu bestimmen versucht, andere der Gefahr einer behördlichen Verfolgung auszusetzen, indem nachangeführte Personen andere einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung falsch verdächtigten oder dies sollten, „obwohl sie wussten (§ 5 Abs 3), dass die Verdächtigung falsch ist“, und zwar

1./ durch die zu IV./A./1./a./ beschriebene Handlung He* zwischen 8. Juli und 19. Dezember 2022 in A* und andernorts, welcher K* des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB falsch verdächtigte;

(...)

3./ durch die zu IV./C./ beschriebene Handlung C* H* zwischen 17. Mai und 7. Juli 2023 in A*, welche F* des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB falsch verdächtigte, wobei die fälschlich angelastete Handlung mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist;

4./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt zwischen 7. August und 21. November 2023 in K* C* H*, indem sie ihr mittels handgeschriebener Briefe, die sie in einer Schokolade versteckte und C* H* bei einem Besuch in der Justizanstalt heimlich übergab, klare Anweisungen gab, wissentlich falsch anzugeben, dass Ki* in der Nacht des 17. Mai 2023 auf R* H* eingestochen, ihr die Verletzungen „zugeführt“ und sie in weiterer Folge erpresst habe, und dass C* H* von einem Bekannten des Ki* auf dessen Anweisung hin bedroht worden sei, nichts über die Nacht des 17. Mai 2023 zu erzählen, widrigenfalls Ki* sie und ihre Mutter töten würde, sohin Ki* des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB, des Verbrechens der schweren Nötigung nach § 105 Abs 1, § 106 Abs 1 Z 1 StGB und des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB falsch zu verdächtigen, wobei die fälschlich angelasteten Handlungen mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 4, 6, 8 und 11 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Betroffenen.

[4] Zutreffend zeigt die zum Schuldspruch zu V./1./, 3./ und 4./ erhobene Instruktionsrüge (Z 8) auf, dass die Geschworenen – entgegen § 321 Abs 2 StPO – nicht ausreichend darüber belehrt wurden, dass Bestimmungstäter (§ 12 zweiter Fall StGB) grundsätzlich mit dem für das angesonnene Delikt geforderten Tatvorsatz handeln, also in ihrer Person den subjektiven Tatbestand zur Gänze erfüllen müssen (vgl dazu RIS-Justiz RS0103984).

[5] Neben den (allgemeinen) Passagen, wonach der Täter „wissentlich im Sinne des § 5 Abs 3 StGB handelt (…), wenn er den Umstand und Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält“ (ON 311.2.2, 3), „der Bestimmende (…) stets vorsätzlich handeln“ und „sein Vorsatz (…) auf die Vollendung der Straftat gerichtet sein“ muss (ON 311.2.2, 7), enthält die Rechtsbelehrung zu den Hauptfragen 10, 11 und 12 Ausführungen, wonach Tatsubjekt einer Verleumdung jeder sein kann, die Tathandlung darin besteht, „dass der Täter eine andere Person in einer Weise wissentlich falsch verdächtigt, dass der andere der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt ist“, und „der Täter (…) wissen (§ 5 Abs 3)“ muss, „dass die Verdächtigung falsch ist“ (ON 311.2.2, 22 f). Eine Belehrung in Ansehung der Vorsatzerfordernisse bei einer Bestimmung zur Verleumdung nach §§ 12 zweiter Fall, 297 Abs 1 (erster oder zweiter Fall) StGB fehlt jedoch (siehe dazu auch die diesbezüglich unzureichenden Fragestellungen zu den Hauptfragen 10, 11 und 12 [US 12 ff]), sodass – aus dem Blickwinkel eines maßgerechten Laienrichters (RIS‑Justiz RS0100859 [T4]) – Missverständnisse in Ansehung dieser gesetzlichen Kriterien nicht auszuschließen sind (RIS-Justiz RS0101021). Dass die Instruktion im Rahmen der Ausführungen zum Versuch (§ 15 StGB) unter anderem den Passus enthält, wonach der „Vorsatz der Tatbegehung“, der mit dem „Entschluss, eine Straftat auszuführen oder einen anderen zu bestimmen“ gleichzusetzen sei, „auf die tatbildmäßige Unrechtsverwirklichung gerichtet sein“ und „typisch in Bezug auf die auszuführende Straftat sein“, also „jenen Bedingungen entsprechen“ müsse, „die der betreffende Deliktstyp auf der inneren Tatseite (= Vorsatz, § 5 StGB) erfordert“ (ON 311.2.2, 7), ist – entgegen den Ausführungen der Generalprokuratur – nicht geeignet, Unklarheiten darüber zu beseitigen, dass der Bestimmende wissen (§ 5 Abs 3 StGB) muss, dass die Verdächtigung iSd § 297 Abs 1 StGB falsch ist.

[6] Da ein der Beschwerdeführerin nachteiliger Einfluss dieser Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung auf die Entscheidung der Geschworenen nicht auszuschließen ist (RIS‑Justiz RS0122334), ist die Aufhebung der davon betroffenen Teile des Wahrspruchs (Hauptfragen 10, 11 und 12) und der darauf beruhenden Teile des Schuldspruchs (V./1./, 3./ und 4./), demgemäß auch des Strafausspruchs (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und – mit Blick auf den untrennbaren Zusammenhang zwischen dem Strafausspruch und der Anordnung der Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB (vgl § 435 Abs 2 StPO; RIS-Justiz RS0091644 [T1]) sowie zur Ermöglichung der neuerlichen Beurteilung der gesamten Sanktionsfrage (§ 289 StPO; RIS‑Justiz RS0115054) und der Person des Betroffenen im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose nach § 21 Abs 2 (iVm Abs 1) StGB – auch dieser Anordnung erforderlich (§ 349 Abs 1 StPO).

[7] In diesem Umfang war die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen. Auf das weitere den aufgehobenen Teil des Schuldspruchsbetreffende Beschwerdevorbringen ist daher nicht mehr einzugehen.

[8] Mit ihren Berufungen waren die Betroffene ebenso wie die Staatsanwaltschaft auf die Kassation zu verweisen.

[9] Im Übrigen kommt der Nichtigkeitsbeschwerde jedoch keine Berechtigung zu:

[10] Die Verfahrensrüge (nominell Z 4, der Sache nach Z 3) kritisiert, dass der Inhalt der am 16. September 2022 erfolgten kriminalpolizeilichen Vernehmung des Zeugen F* (ON 69.4.13) in der Hauptverhandlung am 12. November 2024 vorgekommen ist (ON 311.9, 2), obwohlder Genannte nicht ausdrücklich auf sein Aussagebefreiungsrecht nach § 156 Abs 1 Z 1 StPO verzichtet habe, weshalb ein Verstoß gegen § 159 Abs 3 StPO vorliege.

[11] Sie scheitert bereits daran, dass die Beschwerdeführerin (nach dem aus Sicht des Obersten Gerichtshofs unbedenklichen [vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 312] Protokoll über die Hauptverhandlung) einen gegen das Vorkommen des in Rede stehenden Aktenteils gerichteten Widerspruch nicht erklärt hat (vgl auch ON 311.9, 2).

[12] Im Übrigen greift die Aussagebefreiung nach § 156 Abs 1 Z 1 StPO nur, wenn ein Angehörigenverhältnis iSd § 72 (hier: Abs 2) StGB im Vernehmungszeitpunkt vorliegt (RIS-Justiz RS0097509; zum Begriff der Lebensgemeinschaft vgl wiederum RIS‑Justiz RS0092256, RS0092236), und wurde das Bestehen eines solchen zur Betroffenen – nach Belehrung über das Recht auf Aussagebefreiung im Verfahren gegen Angehörige – vom Zeugen ausdrücklich in Abrede gestellt (ON 69.4.13, 4; vgl auch RIS-Justiz RS0130417). Warum die im Rahmen der polizeilichen Vernehmung erfolgte Erklärung des Zeugen, am Verfahren als Privatbeteiligter mitzuwirken (vgl dazu § 156 Abs 2 StPO), aufgrund Fehlens einer Unterschrift des Genannten am Vernehmungsprotokoll nicht wirksam sein sollte, macht die Beschwerde mit Blick auf § 67 Abs 3 StPO nicht klar.

[13] Die Fragenrüge (Z 6) moniert in Ansehung des Schuldspruchs zu I./1./ das Unterbleiben der Stellung einer Eventualfrage (§ 314 StPO) nach dem Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4 StGB. Sie verweist dabei auf zwei – in der Beschwerdeschrift (ersichtlich aufgrund eigenständiger Interpretation und Zusammenfassung) nicht korrekt wiedergegebene – Aussagen der Betroffenen in der Hauptverhandlung am 5. November 2024 (ON 311.2, 7 und 78). An den ins Treffen geführten Fundstellen des Hauptverhandlungsprotokolls gibt die Betroffene einerseits an, sie habe „am Tag davor“ mit F* abgesprochen, „dass wir das jetzt ausprobieren mit dem angesetzten Magic Mushroom Schnaps“. Sie hätte ihn eigentlich gerne in Wodka angesetzt, habe aber keinen zuhause gehabt, weswegen sie F* damals gefragt habe, ob sie „von ihm einen nehmen darf aus der Bar und ob das eh in Ordnung ist“. Er habe „ja, nimm“ gesagt und sie „habe die dann angesetzt“ und am nächsten Tag zur Party mitgenommen (ON 311.2, 7). Andererseits beteuert sie, dass sie „nicht ausgeschenkt“ hätte, wenn sie gewusst hätte, „dass da Methanol drinnen ist“ (ON 311.2, 78).

[14] Damit werden aber keine Verfahrensergebnisse aufgezeigt, die das Vorliegen eines objektiv sorgfaltswidrigen Verhaltens der Betroffenen (vgl dazu Burgstaller/Schütz in WK² StGB § 6 Rz 33 ff; RIS-Justiz RS0089191, RS0089258 [T1]) nach gesicherter allgemeiner Lebenserfahrung ernsthaft indizieren würden (RIS-Justiz RS0100860 [T1], RS0101087).

[15] Zur Hauptfrage 4 (Schuldspruch zu III./1./) bringt die weitere Fragenrüge (Z 6) vor, es würden Angaben fehlen, wie und wem gegenüber die Betroffene die wissentlich falsche Verdächtigung geäußert hat. Sie nimmt dabei nicht – was aber Voraussetzung für eine (erfolgreiche) Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes wäre (RIS-Justiz RS0108727) – am gesamten in den Fragen angeführten Sachverhalt Maß und vernachlässigt die Sachverhaltsschilderung zur Hauptfrage 3 a), die darauf abzielt, ob die Betroffene am 19. Dezember 2022 „im Ermittlungsverfahren der Polizeiinspektion G* zu PAD*“ vor der Kriminalpolizei bei ihrer förmlichen Vernehmung als Zeugin behauptet hat, K* hätte ihr am 8. Juli 2022 in G* mit einer Fahne ins Gesicht geschlagen, wodurch sie eine Verletzung erlitt. Warum die Sachverhaltsschilderung(en) in ihrer Gesamtheit – unter dem Aspekt des § 312 Abs 1 StPO – zur Abgrenzung der zu beurteilenden Tat von anderen Sachverhalten (Individualisierung) sowie zur rechtsrichtigen Subsumtion und deren Überprüfbarkeit (Konkretisierung) nicht ausreichen sollten, legt die Fragenrüge somit nicht dar (RIS-Justiz RS0100686, RS0119082; Lässig, WK-StPO § 312 Rz 18 ff).

[16] Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang unter nomineller Bezugnahme auf Z 11 lit a (der Sache nach [zufolge Idealkonkurrenz] Z 12) auch behauptet, im Wahrspruch zur Hauptfrage 4 würden Angaben fehlen, „wem gegenüber die Angeklagte die wissentlich falsche Verdächtigung äußerte“, und solcherart einen Rechtsfehler mangels Feststellungen in Ansehung der Verfolgungsgefahr behauptet, vernachlässigt sie die im Wahrspruch zur Hauptfrage 3 getroffenen Konstatierungen (US 5), wonach sie die Behauptung am 19. Dezember 2022 bei ihrer förmlichen zeugenschaftlichen Vernehmung zur Sache vor der Kriminalpolizei aufgestellt hat (RIS-Justiz RS0101469 [T3 und T4]).

[17] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1, § 344 StPO).

[18] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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