European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0010OB00090.25D.0909.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Bestandrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
1. Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.669,54 EUR (darin 444,92 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
2. Der Revision wird teilweise Folge gegeben und das Teilurteil des Berufungsgerichts in seinem Punkt I.1 dahin abgeändert, dass dieses lautet:
„Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei für jene künftigen Schäden haftet, die diese dadurch erleidet, dass sie aufgrund der Rückstellung der Biogasanlage in *, durch die beklagte Partei in einem schadhaften und nicht betriebsbereiten Zustand keine Einnahmen aus dem Betrieb dieser Biogasanlage erzielen kann.
Im darüber hinausgehenden Umfang wird das Feststellungsbegehren, wonach die beklagte Partei für sämtliche künftigen Schäden sowie für alle notwendigen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten zur Wiederinbetriebnahme der Biogasanlage in *, aufgrund des Pachtvertrages von 2. April 2011 hafte, abgewiesen.“
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens sowie die Kosten erster und zweiter Instanz bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Entscheidungsgründeund
Begründung:
[1] Die Klägerin verpachtete mit Vertrag vom 2. 4. 2011 eine Biogasanlage an den beklagten Unternehmer. Die Errichtung und der Betrieb dieser Anlage war mit Bescheid vom 19. 7. 2002 bewilligt worden, wobei nicht feststeht, welche (allfälligen) Auflagen dabei erteilt wurden. Die Bewilligung bezog sich auf den damals bestehenden Zustand der Anlage mit zwei Blockheizkraftwerken mit einer (Motor‑)Leistung von 30 kW und 132 kW. Die Klägerin hatte am 7. 7. 2010 die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für eine größere (Motor‑)Leistung eines Blockheizkraftwerks – nämlich für den Austausch des Motors mit 30 kW‑Leistung durch einen solchen mit einer Leistung von 90 kW – beantragt. Sie informierte den Beklagten vor Abschluss des Pachtvertrags über das dazu anhängige Bewilligungsverfahren. Im Juni 2012 wurde dieser Antrag mangels vollständiger Projektunterlagen zurückgewiesen und darauf hingewiesen, dass nach deren Vervollständigung neuerlich um eine Genehmigung angesucht werden könne. Dieser „Zurückweisungsbescheid“ wurde dem Beklagten als Betreiber der Anlage zugestellt.
[2] Der zwischen den Parteien abgeschlossene Pachtvertrag enthielt unter anderem folgende Regelungen:
„VII. Benützung und Instandhaltung
Der Pächter verpflichtet sich, den gepachteten Betrieb ordentlich zu führen und die behördlichen Vorschriften einzuhalten.
Der Pächter übernimmt den Pachtgegenstand in dem von ihm genau besichtigten, betriebsbereiten und von ihm zur Kenntnis genommenen ordnungsgemäßen und einwandfreien Zustand. Für eine besondere Beschaffenheit, eine bestimmte Ertragsfähigkeit oder einen bestimmten Mindestumsatz des Pachtobjektes übernimmt die Verpächterin keinerlei Haftung. [...]
Der Pächter ist verpflichtet, das Pachtobjekt und dessen Bestandteile mit Sorgfalt und unter Schonung der Substanz zu benützen und ohne Anspruch auf Ersatz jederzeit auf eigene Kosten in gutem, brauchbarem Zustand zu erhalten bzw instand zu halten und bei Beendigung des Pachtverhältnisses in einwandfreiem Zustand unter Berücksichtigung der natürlichen Abnutzung an die Verpächterin zurückzustellen. Er hat den Pachtgegenstand und die für diesen bestimmten Einrichtungen (insbesondere Elektro-, Wasser-, Abwasser-, Heizungs- und Sanitärinstallationen einschließlich aller Armaturen und Beleuchtungskörper) und sonstiges Inventar zu warten und so instand zu halten, dass das Pachtobjekt stets betriebsbereit bleibt, insbesondere die erforderlichen Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten umgehend zu leisten. Sämtliche Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten am Pachtgegenstand sind von Professionisten fachgerecht und auf Kosten des Pächters durchzuführen. Mit der Instandhaltungspflicht des Pächters verbunden ist dessen Verpflichtung zur allenfalls notwendig werdenden Erneuerung ohne Rücksicht darauf, durch wen und durch welche Art die Beschädigung erfolgt ist. […]
Das Pachtobjekt darf ausschließlich zum Betrieb einer Biogasanlage unter Einhaltung der gesetzlichen und behördlichen Vorschriften und Genehmigungen, die der Pächter – soweit erforderlich – selbst und auf eigene Kosten fristgerecht beizuschaffen hat, genützt werden. Sofern die Mitwirkung der Verpächterin zur Erlangung von Genehmigungen erforderlich ist, verpflichtet sich die Verpächterin zu dieser Mitwirkung. […]
X. Rückgabe
Der Pächter verpflichtet sich nach Beendigung des Pachtverhältnisses das Pachtobjekt einschließlich Inventar nach Beseitigung etwaiger Schäden in vollkommen ordnungsgemäßem und brauchbarem Zustand von all seinen Sachen geräumt der Verpächterin einschließlich der überlassenen Schlüssel zurückzustellen. Fehlendes oder beschädigtes Inventar ist zu ersetzen. [...]
XII. Betriebspflicht
Den Pächter trifft die Betriebspflicht, da nach Beendigung dieses Vertrages ein lebender Biogasanlagenbetrieb wieder zu übergeben ist. […]
XIV. Kompensationsverzicht
Der Pächter verzichtet auf das Recht, allfällige eigenen [sic] Forderungen gegen Forderungen der Verpächterin aus diesem Vertrag aufzurechnen oder eigene Zahlungen, zu denen er sich in diesem Vertrag verpflichtet, ganz oder teilweise zurückzubehalten. Eine Aufrechnung von allfälligen Ansprüchen des Pächters gegen den Pachtzins und gegen die Betriebskosten ist somit ausgeschlossen. [...]“
[3] Die Biogasanlage war zu Beginn des Pachtverhältnisses betriebsbereit und ihr elektrischer Zustand in Ordnung. Im Jahr 2018 – also nachdem der (noch von der Klägerin eingebrachte) Antrag auf Bewilligung eines leistungsstärkeren Motors eines Blockheizkraftwerks mit einer Leistung von 90 kW anstatt der bisher bestehenden 30 kW von der zuständigen Behörde zurückgewiesen worden war – wurde die Anlage behördlich überprüft und dabei ein konsensloser Bestand bestimmter Anlagenteile festgestellt. Dem Beklagten wurden in der Folge – als Betreiber der Anlage – bestimmte „Sofortmaßnahmen“ aufgetragen. Am 31. 8. 2018 stellte er deren Betrieb ein.
[4] Das Pachtverhältnis wurde Ende 2018 aufgelöst. Der Beklagte stellte die Biogasanlage am 20. 1. 2020 an die Klägerin zurück. Die Anlage wies zu diesem Zeitpunkt zahlreiche Schäden auf und befand sich daher in keinem betriebsbereiten Zustand. Die Schäden betrafen unter anderem die beiden Blockheizkraftwerke, die Hygienisierungseinheit, die Vorgruben, die Nachfermenter, die Gasleitungen und ‑behälter sowie die Gaszähler, das Gasanalysegerät, den Pumpkasten, den Gassack, den Notkühler, den Biofilter, die Straße auf der Betriebsliegenschaft, den Zaun und das Hallentor. Außerdem wurde die Anlage ohne die zur Erzeugung von Biogas notwendige Biomasse (Inoculum) zurückgestellt. Die Schäden waren teilweise auf eine mangelhafte Wartung und teilweise auf (sonstige) Beschädigungen zurückzuführen.
[5] Die Klägerin wollte die Biogasanlage nach Beendigung des Pachtvertrags wieder selbst betreiben. Sie hätte mit dieser, wenn sie vom Beklagten in einem funktionsfähigen Zustand zurückgegeben worden wäre, „fixe Einnahmen“ erzielt. Aufgrund finanzieller Probleme verkaufte sie jedoch Mitte 2020 einen Teil der Anlage (die Hygiensierung samt Biofilter). Außerdem hat sie das Betriebsgelände mittlerweile an einen Dritten vermietet.
[6] Die Klägerin begehrt mit ihrer am 24. 3. 2020 eingebrachten Klage die Zahlung von 99.587,70 EUR als Deckungskapital für die – von ihr noch nicht aufgewendeten – Reparaturkosten zur Behebung der Schäden an der Biogasanlage sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden sowie die „notwendigen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten zur Wiederinbetriebnahme der Biogasanlage“.
[7] Sie habe die Biogasanlage zunächst – bis zur Verpachtung an den Beklagten – selbst betrieben. Die Anlage habe sich bei Abschluss des Pachtvertrags in einem einwandfreien und betriebsbereiten Zustand befunden und der Beklagte habe sie in diesem Zustand übernommen. Die Anlage sei auch behördlich bewilligt gewesen. Lediglich für das vor Pachtbeginn ausgetauschte Blockheizkraftwerk mit einer erhöhten (Motor‑)Leistung von 90 kW anstatt der bisherigen 30 kW habe noch die behördliche Bewilligung gefehlt. Sie habe diese bei Abschluss des Pachtvertrags aber bereits beantragt gehabt. Dass die Erweiterung der Kapazität der Anlage durch einen Austausch des ursprünglich bewilligten Motors mit einer Kapazität von 30 kW‑Leistung durch einen solchen mit einer Leistung von 90 kW noch einer behördlichen Bewilligung bedürfe, sei dem Beklagten bei Abschluss des Pachtvertrags bekannt gewesen. Er habe die Wahl gehabt, die Anlage entweder mit dem bisher genehmigten Motor mit einer Leistung von 30 kW zu betreiben oder sich in der Folge selbst um die Genehmigung des Motors mit einer Leistung von 90 kW zu kümmern. Dass der – ursprünglich von der Klägerin gestellte – Antrag auf Bewilligung des leistungsstärkeren Motors mangels ausreichender Projektunterlagen im Juni 2012 zurückgewiesen und der Beklagte in der Folge nicht mehr um eine Bewilligung für den Motoraustausch angesucht habe, sei ihm zuzurechnen, weil er sich im Pachtvertrag verpflichtet habe, die für den Betrieb der Biogasanlage erforderlichen behördlichen Bewilligungen einzuholen.
[8] Der Beklagte habe sich auch dazu verpflichtet, die gepachtete Anlage instandzuhalten und zu warten, schadhafte Teile zu erneuern und den Pachtgegenstand bei Beendigung des Pachtverhältnisses – unter Berücksichtigung der natürlichen Abnutzung – in einwandfreiem Zustand als „lebenden“ Betrieb zurückzustellen. Dieser Pflicht sei er nicht nachgekommen, weil er die Biogasanlage mit zahlreichen Schäden, die einen weiteren Betrieb ausgeschlossen hätten, zurückgestellt habe. Diese Schäden seien einerseits auf eine mangelhafte Wartung der Anlage und andererseits auf Beschädigungen durch den Beklagten zurückzuführen. Aufgrund der Schäden seien umfangreiche Reparatur- und Sanierungsaufwendungen der Klägerin erforderlich.
[9] Die vom Beklagten eingewandte Gegenforderung sei unberechtigt, jedenfalls stehe dieser aber das vertraglich vereinbarte Aufrechnungsverbot entgegen.
[10] Ihr rechtliches Interesse an der angestrebten Feststellung leitete die Klägerin einerseits daraus ab, dass ihr aufgrund der Rückstellung der Biogasanlage in einem schadhaften und daher nicht betriebsbereiten Zustand weitere – derzeit noch nicht abschätzbare – Aufwendungen für die Schadensbehebung und Wiederinbetriebnahme der Anlage drohten. Andererseits erleide sie durch den vom Beklagten verursachten Stillstand der Biogasanlage in Zukunft einen Verdienstentgang, da sie keine Umsätze aus einem mit einem Dritten abgeschlossenen Stromlieferungsvertrag erzielen könne.
[11] Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach.
[12] Er wandte unter anderem ein, dass die Biogasanlage bereits bei Abschluss des Pachtvertrags nicht der (ursprünglichen) behördlichen Bewilligung (darin erteilten Auflagen) entsprochen habe. Dies sei während der Pachtdauer auch mehrfach von der zuständigen Behörde beanstandet worden. Der fehlende Konsens habe insbesondere den Austausch des ursprünglichen Blockheizkraftwerks mit einer Motorleistung von 30 kW durch einen nicht konsensfähigen Motor mit einer Leistung von 90 kW betroffen. Die Klägerin habe ihn darüber getäuscht, dass dieser Motorenaustausch behördlich bewilligt werden würde. Tatsächlich sei der Motor mit der höheren Leistung trotz seiner Bemühungen nicht bewilligt worden. Der Motor mit der höheren Leistung sei auch gar nicht bewilligungsfähig (konsensfähig) gewesen. Aufgrund des – von der Klägerin verschwiegenen – fehlenden Konsenses der Biogasanlage sei kein „rechtmäßiger“ Pachtvertrag abgeschlossen worden. Bei Kenntnis, dass die gepachtete Anlage nicht der behördlichen Bewilligung entspreche, hätte er den Pachtvertrag nicht abgeschlossen. Die Klägerin wäre vertraglich verpflichtet gewesen, ihm einen behördlich bewilligten (konsensgemäßen) Pachtgegenstand zu übergeben. Da sie dies unterlassen habe und er die Biogasanlage mangels behördlicher Genehmigung gar nicht betreiben hätte dürfen, sei er auch nicht zur Rückstellung eines „lebenden Biogasbetriebs“ verpflichtet gewesen.
[13] Der Beklagte habe die gepachtete Biogasanlage laufend instandgehalten und repariert und keine Schäden an dieser verursacht. Die Anlage sei bei Beendigung des Pachtverhältnisses am Ende ihrer technischen Lebensdauer angekommen gewesen. Die von der Klägerin behaupteten Schäden seien entweder der normalen Abnutzung zuzuschreiben, für welche er nicht hafte, oder bereits bei Abschluss des Pachtvertrags vorgelegen. Die im Pachtvertrag vereinbarte Instandhaltungs- und Erneuerungspflicht des Beklagten sei auch gröblich benachteiligend und daher sittenwidrig.
[14] Die Stilllegung des Betriebs der Biogasanlage Ende August 2018 sei – neben gesundheitlichen Problemen des Beklagten – vor allem deshalb erfolgt, weil die Anlage nicht der behördlichen Bewilligung entsprochen habe und aufgrund von zwischenzeitig durchgeführten Verwaltungsverfahren nicht mehr betrieben werden habe dürfen.
[15] Hilfsweise hielt der Beklagte dem Zahlungsbegehren eine dieses übersteigende Gegenforderung entgegen.
[16] An der begehrten Feststellung bestehe kein rechtliches Interesse der Klägerin. Künftige Aufwendungen für eine Behebung behaupteter Schäden an der Biogasanlage seien schon deshalb auszuschließen, weil die Klägerin wesentliche Bestandteile der Anlage verkauft, diese im Übrigen demontiert und das Betriebsgelände an einen Dritten vermietet habe. Der Feststellung einer Haftung für einen künftigen Verdienstentgang stehe entgegen, dass die Klägerin gar nicht beabsichtige, die Biogasanlage wieder zu betreiben. Diese sei außerdem bis zuletzt nicht konsensfähig gewesen, sodass sie schon aus diesem – nicht dem Beklagten zuzurechnenden – Grund nicht mehr in Betrieb genommen werden dürfe.
[17] Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren sowie dem Zahlungsbegehren im Umfang von 94.543,44 EUR sA statt und wies (unbekämpft) das Mehrbegehren von 5.044,26 EUR sA ab.
[18] Im Pachtvertrag sei wirksam eine Wartungs- und Instandhaltungspflicht des Beklagten sowie dessen Pflicht zur Rückstellung des Pachtgegenstands in betriebsbereitem Zustand vereinbart worden. Gegen diese Pflichten habe er durch Rückstellung der Biogasanlage mit zahlreichen Schäden und in nicht betriebsbereitem Zustand verstoßen. Der Beklagte habe der Klägerin daher die notwendigen Reparatur- und Instandsetzungskosten – unter Berücksichtigung eines Abzugs „neu für alt“ von 25 % – zu ersetzen. Er hafte auch für künftige Schäden, weil noch nicht sämtliche Reparaturkosten feststünden und die Klägerin mit einer funktionsfähigen Anlage „fixe Einnahmen“ erzielt hätte. Auf die Gegenforderung des Beklagten sei aufgrund des vertraglichen Aufrechnungsverbots nicht einzugehen.
[19] Das Berufungsgericht wies das Feststellungsbegehren sowie die Aufrechnungseinrede des Beklagten mit Teilurteil ab, hob die erstinstanzliche Entscheidung, soweit dem Zahlungsbegehren stattgegeben wurde (94.543,44 EUR sA), zur Verfahrensergänzung auf und ließ die ordentliche Revision und den Rekurs zu.
[20] Es verwarf den erstmals in zweiter Instanz erhobenen Einwand der Verfristung des Klagebegehren nach § 1111 ABGB, weil das erstinstanzliche Vorbringen des Beklagten keinen Anhaltspunkt dafür erkennen habe lassen, dass die Klage nicht innerhalb eines Jahres ab Rückstellung des Pachtobjekts an die Klägerin erhoben worden wäre.
[21] Auch dem Argument des Beklagten, der Pachtgegenstand sei schon bei Abschluss des Pachtvertrags nicht betriebsbereit gewesen, weil die Biogasanlage mit einem behördlich nicht genehmigten Motor mit einer Leistung von 90 kW nicht betrieben und die Pflicht zur Erlangung der erforderlichen behördlichen Bewilligungen nicht auf den Pächter übertragen werden hätte dürfen, folgte das Berufungsgericht nicht. Es ging vielmehr davon aus, dass die fehlende Bewilligung dieses Motors der (technischen) Betriebsbereitschaft der Biogasanlage nicht entgegengestanden sei. Da der Beklagte eine betriebsbereite Anlage übernommen habe, sei er verpflichtet gewesen, diese bei Vertragsbeendigung im selben Zustand zurückzustellen. Dieser Pflicht habe er jedoch nicht entsprochen.
[22] Davon abgesehen könne der Pächter vertraglich auch dazu verpflichtet werden, das Pachtobjekt auf seine Kosten brauchbar zu machen. Da dem Beklagten die fehlende Bewilligung des Motors mit der stärkeren Leistung bei Vertragsabschluss bekannt gewesen sei und er sich verpflichtet habe, die für den Betrieb der Biogasanlage erforderlichen behördlichen Bewilligungen einzuholen, sei auch aus diesem Grund bei Vertragsbeginn kein mangelhaftes Pachtobjekt vorgelegen.
[23] Auch die Pflicht des Beklagten zur Instandhaltung und Instandsetzung des Pachtgegenstands auf eigene Kosten sowie seine Verpflichtung zur Rückstellung der Biogasanlage in betriebsbereitem Zustand sei wirksam vereinbart worden. Die Vereinbarung einer Betriebspflicht sei wesentliches Kriterium eines Pachtvertrags. Sie könne auch – wie im vorliegenden Fall – in der Verpflichtung des Pächters zum Ausdruck kommen, ein „lebendes Unternehmen“ zurückzustellen. Eine sittenwidrige Vereinbarung sei darin nicht zu erkennen.
[24] Ausgehend von diesen Erwägungen nahm das Berufungsgericht eine Schadenersatzpflicht des Beklagten nach § 1111 ABGB an. Dieser sei aber nur zum Ersatz der objektiven Wertminderung der beschädigten Biogasanlage verpflichtet. Ein Anspruch auf das Deckungskapital für die „fiktiven“ Reparaturkosten stehe der Klägerin nicht zu, weil sie keine Reparatur der Biogasanlage beabsichtige. Weder habe sie behauptet, die Schäden beheben lassen zu wollen, noch könne aufgrund der erstinstanzlichen Feststellungen, wonach mittlerweile beträchtliche Teile der Anlage demontiert, wesentliche Komponenten verkauft und das Betriebsgelände an einen Dritten vermietet worden seien, von einer solchen Reparaturabsicht ausgegangen werden. Da zur objektiven Wertminderung Feststellungen fehlten, sei die erstinstanzliche Entscheidung zum Zahlungsbegehren im angefochtenen Umfang zur Verfahrensergänzung aufzuheben.
[25] Das Feststellungsbegehren sei abzuweisen, weil nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Klägerin die Biogasanlage jemals wieder in Betrieb nehmen werde. Sie habe daher kein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.
[26] Die Revision (gegen die Abweisung des Feststellungsbegehrens) und der Rekurs (gegen die Aufhebung der klagestattgebenden Entscheidung über das Zahlungsbegehren) seien zulässig, weil keine Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob auch im Anwendungsbereich des § 1111 ABGB bei fehlender Reparaturabsicht keine „fiktiven“ Reparaturkosten zustünden, und ob dies auch dann gelte, wenn sich der Pächter zur Rückstellung einer „funktionsfähigen“ Anlage verpflichtet habe.
I. Zum Rekurs
[27] Mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist der gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts erhobene (richtig) Rekurs der Klägerin – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruchs (§ 526 Abs 2 ZPO) dieses Gerichts – nicht zulässig:
Rechtliche Beurteilung
[28] 1. Das gegen die Aufhebung der (klagestattgebenden) erstinstanzlichen Entscheidung über das Zahlungsbegehren gerichtete Rechtsmittel der Klägerin ist inhaltlich ein Rekurs. Dessen unrichtige Bezeichnung als Revisionsrekurs schadet jedoch nicht (RS0036258).
[29] 2. Für die Haftung des Bestandnehmers nach dem vom Berufungsgericht als Anspruchsgrundlage herangezogenen § 1111 ABGB gilt mangels besonderer Vorschriften allgemeines Schadenersatzrecht (Lovrek in Rummel/Lukas 4 [2017] § 1111 ABGB Rz 5; Höllwerth in GeKo Wohnrecht I [2017] § 1111 ABGB Rz 16). Auch für einen Ersatzanspruch nach dieser Bestimmung ist daher zu beachten, dass der Geschädigte nur Anspruch auf einen Ausgleich des erlittenen Schadens hat und er durch die Ersatzleistung nicht besser oder schlechter gestellt werden darf, als er ohne Schädigung stünde (RS0010494 [T1]; 9 Ob 79/22s [Rz 4] zu § 1111 ABGB; vgl auch 4 Ob 3/19y [Pkt 1.]).
[30] 3. Die Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten setzt zwar keine tatsächlich durchgeführte Reparatur, wohl aber eine Reparaturabsicht voraus (RS0124491). Will der Geschädigte den Schaden nicht beheben lassen, besteht dieser nur in der objektiven Wertminderung (RS0115059). Steht fest, dass die Reparatur nicht durchgeführt wird, ist ein über die objektive Wertminderung hinausgehendes Begehren abzuweisen (RS0022844 [T6, T12]).
[31] 4. Die Feststellung einer bestimmten (auch Reparatur‑)Absicht ist eine in dritter Instanz nicht mehr überprüfbare Tatfrage (RS0043460). Auch der Schluss von bestimmten Tatsachen auf das Vorhandensein eines bestimmten Willens gehört zum Tatsachenbereich (RS0043418; 1 Ob 62/19b [Pkt 1.2 mwN] zur Reparaturabsicht).
[32] 5. Dass das Berufungsgericht aus den erstinstanzlichen Feststellungen, wonach die Klägerin mittlerweile beträchtliche Teile der Biogasanlage demontiert, wesentliche Komponenten verkauft und das Betriebsgelände vermietet habe, auf eine fehlende Reparaturabsicht der Klägerin schloss, ist eine den Obersten Gerichtshof bindende (vgl RS0069246; siehe auch 1 Ob 48/23z [Rz 4] zu ergänzenden Feststellungen des Berufungsgerichts) tatsächliche Schlussfolgerung und damit eine Tatsachenfeststellung. Das Berufungsgericht hat die fehlende Reparaturabsicht entgegen der Behauptung der Klägerin nicht bloß „vermutet“, sondern diese aus den erstinstanzlichen Feststellungen abgeleitet. Ausgehend von einer fehlenden Reparaturabsicht bedarf dessen rechtliche Beurteilung, wonach der Klägerin nur ein Ersatz der objektiven Wertminderung ihrer Biogasanlage zustehe, keiner Korrektur.
[33] 6. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO findet – auch wenn der Rekurs (wie hier) mit einer Revision gegen ein Teilurteil verbunden wird – kein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO statt (RS0123222; Obermaier, Kostenhandbuch4 [2024] Rz 1.454). Vielmehr sind dem Rechtsmittelgegner die Kosten für seine Rechtsmittelbeantwortung zuzusprechen, wenn er auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat (RS0123222 [T8, T14]). Da der Beklagte auf die Unzulässigkeit des Rekurses hinwies, sind ihm Kosten für dessen Beantwortung zuzusprechen. Richtigerweise sind für die Entlohnung seines Schriftsatzes die Entscheidungsgegenstände von Revision und Rekurs zusammenzurechnen und die Kosten auf Basis des gesamten Entscheidungsgegenstands zu berechnen (6 Ob 195/22b [Rz 58]). Davon steht dem Beklagten für seine Rekursbeantwortung der dem Anteil des Rekursinteresses von 94.543,44 EUR am gesamten Rechtsmittelinteresse von 99.543,44 EUR entsprechende Anteil – sohin rund 95 % – zu (vgl 2 Ob 59/19v [Pkt A.8]; 6 Ob 195/22b [Rz 58]).
II. Zur Revision
[34] Die gegen die Abweisung des Feststellungsbegehrens erhobene Revision der Klägerin ist zulässig, weil das Berufungsgericht ihr rechtliches Interesse an der angestrebten Feststellung zu Unrecht zur Gänze verneint hat. Das Rechtsmittel ist aus diesem Grund auch teilweise berechtigt.
[35] 1. Das Feststellungsbegehren steht mit dem – in zweiter Instanz noch strittigen – Zahlungsbegehren im rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang (vgl RS0042923). Die Revision ist daher entgegen dem Standpunkt des Beklagten nicht gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.
2. Zur Haftung für künftige Reparaturen:
[36] Soweit die Klägerin ihr Feststellungsinteresse damit begründet, dass ihr in Zukunft weitere Aufwendungen für eine Schadensbehebung und die Inbetriebnahme der beschädigten Biogasanlage drohten, ist ihr auch in diesem Zusammenhang die – mangels Reparaturabsicht – fehlende Ersatzfähigkeit solcher „fiktiver“ Aufwendungen entgegenzuhalten (vgl die Ausführungen zum Rekurs in Pkt I.). Das das Feststellungsbegehren abweisende Urteil des Berufungsgerichts ist daher insoweit zu bestätigen.
3. Zum behaupteten Verdienstentgang:
[37] 3.1. Die Klägerin weist aber zu Recht darauf hin, dass sie ihr Feststellungsbegehren nicht nur aus künftigen Aufwendungen für die Behebung von Schäden und die Inbetriebnahme der Biogasanlage ableitete, sondern auch daraus, dass ihr aufgrund der Unbenutzbarkeit der vom Beklagten in schadhaftem und nicht betriebsbereitem Zustand zurückgestellten Anlage ein künftiger Verdienst entgehe. Das Erstgericht stellte dazu fest, dass die Klägerin die Biogasanlage nach Beendigung des Pachtvertrags wieder betreiben wollte und sie mit dieser – wäre sie vom Beklagten in unbeschädigtem und funktionsfähigem Zustand zurückgegeben worden – „fixe Einnahmen“ erzielt hätte.
[38] 3.2. Bleibt auf Tatsachenebene bloß die Möglichkeit offen, dass das schädigende Ereignis einen künftigen Schadenseintritt verursachen könnte, kann dem Geschädigten ein Feststellungsinteresse nicht abgesprochen werden (RS0039018; RS0038976). Dies gilt auch bei einer vertraglichen Haftung (2 Ob 50/19w [Pkt 2.5.1 mwN]) und für einen möglichen künftigen Verdienstentgang (1 Ob 146/23m [Rz 52]). Für das Feststellungsinteresse reicht es also aus, dass ein solcher konkret behauptet wird und auf Tatsachenebene zumindest nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann (1 Ob 146/23m [Rz 53]). Das Feststellungsbegehren kann dann auch neben dem Begehren auf Leistung des Ersatzes bereits eingetretener Schäden erhoben werden (RS0038944 [insb T2]).
[39] 3.3. Dies hat das Berufungsgericht, das bei der Abweisung des (gesamten) Feststellungsbegehrens nur auf mögliche Aufwendungen für eine künftige Schadensbehebung abstellte, unberücksichtigt gelassen. Dessen undifferenzierter Beurteilung, wonach der Klägerin kein Feststellungsinteresse zukomme, weil nicht davon auszugehen sei, dass sie die Biogasanlage wieder errichten und in Betrieb nehmen werde, kann daher insofern nicht gefolgt werden, als damit auch die Abweisung des aus einem künftigen Verdienstentgang abgeleiteten Feststellungsbegehrens begründet wurde. Vielmehr ist der Klägerin aufgrund der Feststellung, dass sie die Biogasanlage nach Beendigung des Pachtverhältnisses wieder selbst betreiben wollte und sie damit „fixe Einnahmen“ erzielt hätte, ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung des Beklagten für einen künftigen Verdienstentgang zuzuerkennen.
[40] 3.4. Daran ändert auch der Einwand des Beklagten nichts, die Klägerin habe die Biogasanlage zerlegt, Teile verkauft und das Betriebsgelände an einen Dritten vermietet:
[41] Dies lässt einerseits den – schon im Feststellungsprozess zu prüfenden (RS0038915 [T2]) – Kausalzusammenhang zwischen dem schädigenden Verhalten des Beklagten (Rückstellung des Pachtgegenstands in beschädigtem und nicht betriebsbereitem Zustand) und einem daraus resultierenden künftigen Verdienstentgang bestehen. Wäre die Anlage vom Beklagten unbeschädigt und betriebsbereit zurückgestellt worden, hätte die Klägerin diese nämlich selbst weiter betrieben und damit laufende Einnahmen erzielt. Zu einem Verkauf von Teilen der Anlage und zu einer Vermietung der Betriebsliegenschaft wäre es dann aber gerade nicht gekommen.
[42] Andererseits beseitigte der Entschluss der Klägerin, wesentliche Teile der Biogasanlage zu verkaufen und die Betriebsliegenschaft an einen Dritten zu vermieten, nicht den – ebenfalls schon im Feststellungsprozess zu beurteilenden (vgl etwa 6 Ob 241/17k [Pkt 4.1 mwN]; 3 Ob 184/24s [Rz 7]) – Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten (Rückstellung der beschädigten und nicht betriebsbereiten Anlage) und einem dadurch verursachten künftigen Verdienstentgang. Der Verkauf von Teilen der Anlage sowie die Vermietung der Betriebsliegenschaft erfolgte aufgrund finanzieller Probleme der Klägerin, die ganz offensichtlich dadurch (zumindest mit-)verursacht wurden, dass sie mit der beschädigten und nicht betriebsbereiten Biogasanlage keine laufenden Einkünfte erzielen konnte. Dass die Klägerin die Anlage aufgrund ihrer finanziellen Probleme verkaufte und die Liegenschaft vermietete, ist somit eine typische Folge ihrer Rückgabe in beschädigtem und nicht betriebsbereitem Zustand.
[43] 3.5. Der Beklagte hielt dem aus einem künftigen Verdienstentgang abgeleiteten Feststellungsbegehren auch entgegen, dass die Biogasanlage für einen weiteren Betrieb durch die Klägerin gar nicht genehmigt worden wäre.
[44] Dieser Einwand bezog sich einerseits darauf, dass die Anlage von der Behörde anlässlich ihrer erstmaligen Bewilligung im Jahr 2002 bestimmte – vom Beklagten nicht konkretisierte – Auflagen nicht erfüllt habe. Dem steht jedoch entgegen, dass allfällige behördliche Auflagen gar nicht festgestellt werden konnten. Es steht daher auch nicht fest, dass diese nicht erfüllt worden wären.
[45] Andererseits bezog sich der Einwand des Beklagten auf den (vor Abschluss des Pachtvertrags) ausgetauschten Motor eines Blockheizkraftwerks mit einer (höheren) Leistung von 90 kW. Dazu legte das Erstgericht in seinen Feststellungen zwar dar, dass dieser Motor nicht „konsensfähig“ gewesen sei. Im Zusammenhang mit den Ausführungen in der Beweiswürdigung sowie in der rechtlichen Beurteilung des Ersturteils (vgl RS0043110) ergibt sich aber klar, dass damit nur ausgedrückt werden sollte, dass dieser (neue) Motor von der bestehenden behördlichen Bewilligung – also dem bisherigen Konsens – nicht erfasst war. Dass für diesen Motor unter keinen Umständen eine Bewilligung erteilt werden hätte können, ergibt sich aus den erstinstanzlichen Feststellungen gerade nicht, wurde der Antrag auf Bewilligung des 90 kW starken Motors von der Behörde doch nur mangels vollständiger Projektunterlagen zurückgewiesen und von dieser ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach deren Vervollständigung neuerlich um eine Genehmigung angesucht werden könne.
[46] 3.6. Als Zwischenergebnis ergibt sich somit, dass das Berufungsgericht das Feststellungsbegehren insoweit, als dieses auf einen Ersatz des künftigen Verdienstentgangs abzielt, nicht schon mangels rechtlichen Interesses der Klägerin abweisen hätte dürfen.
[47] 4. Davon ausgehend ist zu prüfen, ob der Beklagte für die Rückstellung der Biogasanlage mit den festgestellten Schäden und daher in einem nicht betriebsbereitem Zustand – und somit auch für einen daraus resultierenden Verdienstentgang der Klägerin als Folgeschaden – gemäß § 1111 ABGB dem Grunde nach haftet. Dies ist aus folgenden Gründen zu bejahen:
[48] 4.1. § 1109 ABGB regelt den Zeitpunkt und Inhalt der Rückgabepflicht des Bestandnehmers, wohingegen § 1111 ABGB dessen Haftung für eine Beschädigung oder missbräuchliche Abnützung der Bestandsache normiert. Wird die Sache nicht in jenem Zustand zurückgestellt, in welchem sie übernommen wurde (§ 1109 ABGB), berechtigt dies den Bestandgeber gemäß § 1111 ABGB – bei Verschulden (RS0020675 [T3]) – zum Schadenersatz (RS0020800). Ist der Bestandnehmer über die dispositive (vgl RS0020737) Bestimmung des § 1109 ABGB hinaus zur Herstellung eines besonderen Zustands bei Beendigung des Bestandvertrags verpflichtet, wird damit der Inhalt der Rückstellungspflicht modifiziert, sodass bei vertragswidriger Zurückstellung ebenfalls nach § 1111 ABGB Schadenersatz zusteht (RS0020800 [T1]).
[49] 4.2. Der Ersatzanspruch nach dieser Bestimmung ist primär auf Naturalrestitution, nach Rückstellung des Bestandobjekts jedoch auf Geldersatz gerichtet (RS0020636 [insb T4]). Er berechtigt auch zum Ersatz eines Verdienstentgangs wegen vertragswidriger Rückstellung der Bestandsache (5 Ob 501/76, MietSlg 28.154 zum Entgang von Mietzins wegen Unvermietbarkeit des Bestandobjekts; siehe auch RS0024478; vgl etwa auch Rassi in KBB7 [2023] § 1111 ABGB Rz 2).
[50] 4.3. Außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG kann die Pflicht zur Instandhaltung auf den Bestandnehmer überwälzt (RS0021233; RS0020841 [insb T5 zur Pacht]) und dieser auch zur Erneuerung eines schuldlos schadhaft gewordenen Bestandteils verpflichtet werden (6 Ob 42/02y [Pkt 2.] mwN = RS0020841 [T4] = RS0021233 [T2]; die gewöhnliche Abnutzung wird dem Beklagten ohnehin nicht angelastet; vgl dazu 6 Ob 272/08f [Pkt 4.3.] = RS0020675 [T4]). Es kann auch vereinbart werden, dass der Bestandnehmer die Sache erst auf seine Kosten brauchbar zu machen – und in einem solchen Zustand zurückzustellen – hat (RS0020459). Lediglich in AGB oder Vertragsformblättern wäre eine generelle Überwälzung von Erhaltungspflichten auf den Bestandnehmer – wenn dafür kein entsprechendes Äquivalent gewährt würde – unzulässig (RS0021233 [T10]; vgl dazu Pkt II.5.3.). Sogar die Erwirkung der für den bedungenen Gebrauch erforderlichen behördlichen Bewilligung kann – soweit sich diese nicht auf den Bestandgeber zwingend treffende Erhaltungsmaßnahmen bezieht (4 Ob 18/21g [Rz 8]) – dem Bestandnehmer auferlegt werden (RS0020947).
[51] 4.4. Ausgehend von dieser Rechtslage haben die Parteien wirksam (vgl auch Pkt II.5.3.) eine Wartungs-, Instandhaltungs- und Reparaturpflicht des Beklagten, der sich auch zu einer Rückstellung des Pachtobjekts in betriebsbereitem Zustand verpflichtete, vereinbart. Der Beklagte verletzte seine vertraglichen Pflichten, weil er die Biogasanlage nach Beendigung des Pachtverhältnisses mit zahlreichen Schäden und daher in keinem betriebsbereiten Zustand an die Klägerin zurückstellte. Da ihn gemäß § 1298 ABGB die Beweislast für sein fehlendes Verschulden trifft (RS0020652; RS0020658), der festgestellte Sachverhalt aber kein fehlendes Verschulden an der Rückstellung des Pachtobjekts in beschädigtem und nicht betriebsbereitem Zustand erkennen lässt, steht der Klägerin ein Ersatzanspruch nach § 1111 ABGB zu.
[52] 5. Die (weiteren) vom Beklagten gegen seine Haftung erhobenen – in seiner Berufung aufrecht erhaltenen – Einwände überzeugen nicht.
[53] 5.1. Für die von ihm erstmals in zweiter Instanz behauptete Präklusion eines Ersatzanspruchs nach § 1111 ABGB bestehen keine Anhaltspunkte.
[54] 5.1.1. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung – die auch für Forderungen gilt, die aus der Verletzung einer vertraglichen, gegenüber den gesetzlichen Regelungen verschärften (Instandhaltungs‑)Pflicht resultieren (RS0020773) – muss der Ersatz binnen einem Jahr nach Rückstellung des Bestandobjekts gerichtlich gefordert werden, sonst „ist das Recht erloschen“. Daraus wird geschlossen, dass es sich um eine amtswegig wahrzunehmende Präklusivfrist handelt (RS0020483).
[55] 5.1.2. Schon das Berufungsgericht wies den Beklagten aber zutreffend darauf hin, dass der Grundsatz, dass Präklusivfristen von Amts wegen wahrzunehmen sind, nur bedeutet, dass es keiner formellen Erhebung von Einwendungen bedarf. Die tatsächlichen Voraussetzungen müssen auch bei solchen Fallfristen bereits im Verfahren erster Instanz behauptet und bewiesen werden, sofern sie nicht klar aus dem Akt hervorgehen (RS0034551).
[56] 5.1.3. Die Klägerin behauptete, dass ihr das Pachtobjekt am 20. 1. 2020 zurückgestellt worden sei. Der Beklagte trat dieser Behauptung nicht substanziiert entgegen, sondern stellte außer Streit, dass die „formelle“ Übergabe der Biogasanlage an diesem Tag erfolgte. Dass die tatsächliche Übergabe – davon abweichend – bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt wäre, behauptete er nicht. Das Erstgericht ging daher von einer Übergabe des Pachtgegenstands an die Klägerin am 20. 1. 2020 aus. Demnach war die Einbringung der Klage am 24. 3. 2020 aber jedenfalls rechtzeitig.
[57] 5.2. Der Beklagte wandte auch ein, dass die Biogasanlage bereits bei Abschluss des Pachtvertrags nicht „konsensfähig“ und nicht betriebsbereit gewesen sei. Es blieb aber weitgehend unklar, was er aus dieser Behauptung ableiten will.
[58] 5.2.1. Soweit er aus dem Einwand der fehlenden „Konsensfähigkeit“ der Biogasanlage (vor allem im Zusamenhang mit dem neuen 90 kW‑Motor) ein fehlendes rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Haftung des Beklagten für einen künftigen Verdienstentgang ableiten will, wurde darauf bereits eingegangen (vgl Pkt II.3.5.).
[59] 5.2.2. Soweit der Einwand, die Biogasanlage sei schon bei Abschluss des Pachtvertrags nicht „konsensfähig“ und betriebsbereit gewesen, darauf abzielt, dass diese daher nur in einem solchen – nicht dem behördlichen Konsens entsprechenden und daher nicht betriebsbereiten – Zustand zurückzustellen gewesen wäre, ist dem Beklagten Folgendes entgegenzuhalten:
[60] (a) Dass die Anlage schon bei Abschluss des Pachtvertrags (technisch) nicht betriebsbereit gewesen sei, trifft nicht zu, vielmehr stellte das Erstgericht fest, dass sich diese damals in einem (technisch) betriebsbereiten Zustand befand.
[61] (b) Zur behaupteten fehlenden „Konsensfähigkeit“ des Blockheizkraftwerks mit dem 90 kW‑Motor wurde bereits in anderem Zusammenhang (vgl Pkt II.3.5.) darauf hingewiesen, dass sich aus den (teilweise disloziert getroffenen) erstinstanzlichen Feststellungen nicht ergibt, dass die Anlage mit dem 90 kW starken Motor überhaupt nicht bewilligungsfähig gewesen sei, sondern nur, dass dieser Motor nicht der ursprünglichen behördlichen Bewilligung (dem bestehenden Konsens) entsprochen habe. Dass für diesen Motor gar keine Bewilligung erteilt werden könne, ist den erstinstanzlichen Feststellungen hingegen nicht zu entnehmen.
[62] (c) Soweit der Beklagte aus der bei Abschluss des Pachtvertrags fehlenden (und auch danach nicht erteilten) behördlichen Bewilligung des Blockheizkraftwerks mit dem 90 kW‑Motor ableiten will, dass deshalb der (gesamte) Pachtvertrag unwirksam sei, ist ihm – wie schon vom Berufungsgericht – entgegenzuhalten, dass er von der Klägerin auf diesen Umstand hingewiesen wurde und er den Pachtvertrag dennoch abschloss, wobei er sich zur Einholung sämtlicher behördlich notwendigen Genehmigungen verpflichtete. Im Hinblick auf die grundsätzliche Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung (vgl RS0020947; vgl auch Pkt II.4.3.) ist nicht ersichtlich, warum der Pachtvertrag (wohl gemeint: gemäß § 879 Abs 1 ABGB wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten; § 879 Abs 3 ABGB ist hier [dazu Pkt II.5.3.] nicht anzuwenden) unwirksam sein soll.
[63] 5.3. Soweit sich der Beklagte – unter Bezugnahme auf § 879 Abs 3 ABGB – auf eine Unwirksamkeit der ihm auferlegten Wartungs-, Instandhaltungs- und Reparaturpflicht (bzw des gesamten Pachtvertrags) berief, hat er in erster Instanz kein Vorbringen erstattet, das darauf schließen ließe, dass seine Vertragspflichten in AGB der Klägerin oder in einem von dieser vorformulierten Vertragsformblatt vereinbart worden wären. Er behauptete vielmehr erstmals in zweiter Instanz, dass es sich beim Pachtvertrag (insbesondere den darin enthaltenen Bestimmungen über die Wartungs-, Instandhaltungs- und Reparaturpflicht) um einen „Formularvertrag“ im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB gehandelt habe, weil ihm keine Möglichkeit zur Beeinflussung von dessen Inhalt zugekommen und die Klägerin zu keiner Abänderung des von ihr vorformulierten Textes bereit gewesen sei. Damit verstieß er aber gegen das im Rechtsmittelverfahren geltende Neuerungsverbot.
6. Zusammenfassung:
[64] Die Revision, mit der sich die Klägerin gegen die Abweisung ihres Feststellungsbegehrens wendet, zeigt zutreffend auf, dass allein daraus, dass sie keine Reparatur der beschädigten und nicht betriebsbereiten Biogasanlage vornehmen lassen wird (weil sie diese bereits demontiert, wesentliche Teile verkauft und die Betriebsliegenschaft vermietet hat), nicht folgt, dass ihr kein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung des Beklagten für einen – durch die Rückstellung des Pachtobjekts in beschädigtem und daher nicht betriebsbereitem Zustand verursachten – künftigen Verdienstentgang zukommt. Da den Beklagten für die vertragswidrige Rückstellung des Pachtobjekts in einem solchen Zustand (dem Grunde nach) eine Haftung trifft und feststeht, dass die Klägerin mit einer funktionsfähigen Anlage einen Verdienst erzielen hätte können, ist die Entscheidung des Berufungsgerichts, soweit das Feststellungsbegehren auch in diesem Umfang – also hinsichtlich des künftigen Verdienstentgangs – abgewiesen wurde, abzuändern und dem Begehren in diesem Umfang stattzugeben.
[65] 7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 4 ZPO.
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