ANHANG VII
VERMITTLUNG NACH KAPITEL 14 (STREITBEILEGUNG) DES TITELS III (HANDEL UND WIRTSCHAFT)
ARTIKEL 1
Ziel
Dieser Anhang soll eine einvernehmliche Lösung im Wege eines umfassenden, zügigen Verfahrens unter Einbeziehung eines Vermittlers erleichtern.
ABSCHNITT A
ABLAUF DES MEDIATIONSVERFAHREN
ARTIKEL 2
Informationsersuchen
- 1. Vor Einleitung des Vermittlungsverfahrens kann eine Vertragspartei jederzeit schriftlich um Informationen über eine Maßnahme ersuchen, die den Handel oder Investitionsströme zwischen den Vertragsparteien beeinträchtigt. Die Vertragspartei, an die ein solches Ersuchen gerichtet wird, antwortet innerhalb von 20 Tagen nach Eingang des Ersuchens mit einer schriftlichen Stellungnahme zu den im Ersuchen vorgelegten Informationen.
- 2. Ist nach Auffassung der antwortenden Vertragspartei eine Antwort innerhalb von 20 Tagen nach Eingang des Ersuchens nicht möglich, so teilt sie der ersuchenden Vertragspartei die Gründe für die Verzögerung mit und gibt an, wann sie ihrer Einschätzung nach frühestens antworten kann.
ARTIKEL 3
Einleitung des Verfahrens
- 1. Eine Vertragspartei kann jederzeit ein schriftliches Ersuchen um Einleitung eines Vermittlungsverfahrens an die andere Vertragspartei richten. Das Ersuchen muss so detailliert sein, dass das Anliegen der ersuchenden Vertragspartei deutlich wird; ferner ist darin
- a) die strittige Maßnahme zu nennen,
- b) darzulegen, welche mutmaßlichen negativen Auswirkungen die Maßnahme nach Auffassung der ersuchenden Vertragspartei auf den Handel oder die Investitionsströme zwischen den Vertragsparteien hat oder haben wird und
- c) zu erläutern, welcher Zusammenhang nach Auffassung der ersuchenden Vertragspartei zwischen diesen Auswirkungen und der Maßnahme besteht.
- 2. Das Vermittlungsverfahren kann nur im beiderseitigen Einvernehmen der Vertragsparteien eingeleitet werden. Ein Ersuchen gemäß Absatz 1 wird von der Vertragspartei, an die es gerichtet ist, wohlwollend geprüft; innerhalb von zehn Tagen nach Eingang des Ersuchens teilt sie der ersuchenden Vertragspartei schriftlich die Annahme oder Ablehnung des Ersuchens mit.
ARTIKEL 4
Auswahl des Vermittlers
- 1. Die Vertragsparteien sind bestrebt, sich spätestens 15 Tage nach Eingang der Annahme des Ersuchens gemäß Artikel 3 Absatz 2 dieses Anhangs auf einen Vermittler zu einigen.
- 2. Können sich die Vertragsparteien innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist nicht auf den Vermittler einigen, so kann jede Vertragspartei den Vorsitzenden des Kooperationsausschusses oder seinen Stellvertreter ersuchen, den Vermittler per Losentscheid unter den Personen auf der nach Artikel 196 Absatz 1 dieses Abkommens aufgestellten Liste zu bestimmen. Vertreter beider Vertragsparteien werden mit angemessener Vorlaufzeit eingeladen, diesem Losentscheid beizuwohnen. Die Auslosung wird in jedem Fall mit der/den Vertragspartei/en durchgeführt, die zugegen ist/sind.
- 3. Der Vorsitzende des Kooperationsausschusses oder dessen Stellvertreter wählen den Vermittler innerhalb von fünf Tagen nach dem Ersuchen gemäß Absatz 2.
- 4. Ist die Liste nach Artikel 196 Absatz 1 dieses Abkommens zum Zeitpunkt eines Ersuchens nach Artikel 3 dieses Anhangs noch nicht erstellt, so wird der Vermittler per Losentscheid aus dem Kreis der Personen bestimmt, die von einer Vertragspartei oder beiden Vertragsparteien förmlich vorgeschlagen wurden.
- 5. Sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren, darf der Vermittler kein Staatsbürger einer der beiden Vertragsparteien sein.
- 6. Der Vermittler unterstützt die Vertragsparteien unparteiisch und in transparenter Weise dabei, Fragen bezüglich der Maßnahme und ihrer möglichen Auswirkungen auf den Handel zu klären und zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen.
- 7. Der Verhaltenskodex für Mitglieder des Schiedspanels und Vermittler in Anhang VI dieses Abkommens gilt sinngemäß auch für Vermittler.
- 8. Die Regeln 3 bis 7 (Notifikationen) und 42 bis 46 (Übersetzung und Auslegung) der Verfahrensordnung für Schiedsverfahren in Anhang V gelten sinngemäß.
ARTIKEL 5
Regeln des Vermittlungsverfahrens
- 1. Innerhalb von zehn Tagen nach der Benennung des Vermittlers legt die Vertragspartei, die das Vermittlungsverfahren angestrengt hat, dem Vermittler und der anderen Vertragspartei eine ausführliche Problembeschreibung vor, in der sie insbesondere die praktische Anwendung der strittigen Maßnahme und ihre Auswirkungen auf den Handel darlegt. Innerhalb von 20 Tagen nach Eingang dieser Problembeschreibung kann die andere Vertragspartei schriftlich dazu Stellung nehmen. Jede Vertragspartei kann alle ihr sachdienlich erscheinenden Informationen in ihrer Problembeschreibung beziehungsweise Stellungnahme aufführen.
- 2. Der Vermittler kann darüber entscheiden, wie am besten Klarheit bezüglich der Maßnahme und ihrer etwaigen Auswirkungen auf den Handel geschaffen wird. Der Vermittler kann insbesondere Treffen zwischen den Vertragsparteien anberaumen, die Vertragsparteien gemeinsam oder getrennt konsultieren, Sachverständige und Interessenträger aus dem betreffenden Bereich zur Unterstützung oder Beratung hinzuziehen und jede von den Vertragsparteien gewünschte zusätzliche Hilfestellung leisten. Der Vermittler konsultiert die Vertragsparteien, bevor er Sachverständige und Interessenträger aus dem betreffenden Bereich zur Unterstützung oder Beratung hinzuzieht.
- 3. Der Vermittler gibt weder Empfehlungen noch Stellungnahmen zur Vereinbarkeit der strittigen Maßnahme mit diesem Abkommen ab. Der Vermittler kann den Vertragsparteien Rat anbieten und ihnen eine Lösung vorschlagen. Die Vertragsparteien können den Lösungsvorschlag annehmen oder ablehnen oder sich auf eine andere Lösung einigen.
- 4. Das Vermittlungsverfahren findet im Gebiet der Verfahrenspartei statt, an die das Ersuchen gerichtet wurde, oder im beiderseitigen Einvernehmen auch an einem anderen Ort oder auf anderem Wege.
- 5. Die Vertragsparteien bemühen sich, innerhalb von 60 Tagen nach Benennung des Vermittlers zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen. Bis zu einer endgültigen Einigung können die Streitparteien mögliche Zwischenlösungen prüfen.
- 6. Eine einvernehmliche Lösung oder Zwischenlösung kann durch Beschluss des Kooperationsausschusses angenommen werden. Diese einvernehmlichen Lösungen werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Fassungen dürfen keine Informationen enthalten, die eine Vertragspartei als vertraulich eingestuft hat.
- 7. Auf Ersuchen der Vertragsparteien legt der Vermittler den Vertragsparteien den Entwurf eines Tatsachenberichts vor, mit i) einer kurzen Zusammenfassung der Maßnahme; ii) der Beschreibung des Verfahrens, nach dem vorgegangen wurde, und iii) der erzielten einvernehmlichen Lösung, einschließlich etwaiger Zwischenlösungen. Der Vermittler gibt den Vertragsparteien Gelegenheit, innerhalb von 15 Tagen zu dem Berichtsentwurf Stellung zu nehmen. Nach Prüfung der fristgerecht eingegangenen Stellungnahmen der Vertragsparteien legt der Vermittler ihnen innerhalb von 15 Tagen schriftlich die endgültige Fassung des Tatsachenberichts vor. Der Tatsachenbericht darf keinerlei Auslegung dieses Abkommens enthalten.
- 8. Das Verfahren endet mit
- a) der Annahme einer einvernehmlichen Lösung durch die Vertragsparteien; es gilt der Tag der Annahme dieser Lösung,
- b) der Erzielung von beiderseitigem Einvernehmen zwischen den Vertragsparteien in einer beliebigen Phase des Verfahrens; es gilt der Zeitpunkt des Einvernehmens,
- c) einer nach Konsultation der Vertragsparteien abgegebenen schriftlichen Erklärung des Vermittlers, dass weitere Vermittlungsbemühungen aussichtslos wären; es gilt der Zeitpunkt dieser Erklärung oder
- d) einer schriftlichen Erklärung einer Vertragspartei nach Sondierung der Möglichkeiten für einvernehmliche Lösungen im Rahmen des Vermittlungsverfahrens und nach Prüfung der Ratschläge und Lösungsvorschläge des Vermittlers; es gilt der Zeitpunkt dieser Erklärung.
ABSCHNITT B
UMSETZUNG
ARTIKEL 6
Umsetzung einer einvernehmlichen Lösung
- 1. Einigen sich die Vertragsparteien auf eine Lösung, so trifft jede Vertragspartei die Maßnahmen, die notwendig sind, um die einvernehmliche Lösung im vereinbarten Zeitrahmen umzusetzen.
- 2. Die umsetzende Vertragspartei unterrichtet die andere Vertragspartei schriftlich über ihre Schritte oder Maßnahmen zur Umsetzung der einvernehmlichen Lösung.
ABSCHNITT C
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
ARTIKEL 7
Vertraulichkeit und Verhältnis zur Streitbeilegung
- 1. Sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren, sind unbeschadet des Artikels 5 Absatz 6 dieses Anhangs alle Verfahrensschritte, einschließlich der Ratschläge und Lösungsvorschläge, vertraulich. Jede Vertragspartei kann jedoch gegenüber der Öffentlichkeit offenlegen, dass ein Vermittlungsverfahren stattfindet.
- 2. Das Vermittlungsverfahren lässt die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien aus Titel III (Handel und Wirtschaft) Kapitel 14 (Streitbeilegung) dieses Abkommens oder aus anderen Übereinkünften unberührt.
- 3. Konsultationen nach Titel III (Handel und Wirtschaft) Kapitel 14 (Streitbeilegung)dieses Abkommens sind vor der Einleitung des Vermittlungsverfahrens nicht erforderlich. Allerdings sollte eine Vertragspartei in der Regel die anderen Kooperations- oder Konsultationsbestimmungen dieses Abkommens ausschöpfen, bevor sie das Vermittlungsverfahren einleitet.
- 4. Folgende Elemente dürfen weder von einer Vertragspartei in anderen Streitbeilegungsverfahren nach diesem Abkommen oder anderen Übereinkünften geltend gemacht oder als Beweis angeführt werden, noch dürfen sie von einem Panel berücksichtigt werden:
- a) Standpunkte, die von der anderen Vertragspartei im Laufe des Vermittlungsverfahrens vertreten wurden, oder Informationen, die nach Artikel 5 Absatz 2 dieses Anhangs zusammengetragen wurden,
- b) die Tatsache, dass die andere Vertragspartei ihre Bereitschaft bekundet hat, eine Lösung in Bezug auf die Maßnahme zu akzeptieren, die Gegenstand der Vermittlung war oder
- c) Ratschläge oder Vorschläge des Vermittlers.
- 5. Ein Vermittler darf keinem Schiedspanel nach diesem Abkommen beziehungsweise dem WTO-Übereinkommen angehören, das sich mit derselben Angelegenheit befasst, in der er als Vermittler tätig ist.
ARTIKEL 8
Fristen
Die in diesem Anhang genannten Fristen können einvernehmlich von den Vertragsparteien geändert werden.
ARTIKEL 9
Kosten
- 1. Jede Streitpartei trägt selbst die Kosten, die ihr aus der Beteiligung am Vermittlungsverfahren entstehen.
- 2. Die Kosten für den organisatorischen Aufwand, einschließlich Honorar und Auslagen des Vermittlers, tragen die Vertragsparteien zu gleichen Teilen. Das Honorar des Vermittlers entspricht dem nach Regel 8 Buchstabe e der Verfahrensordnung in Anhang V festgelegten Honorar für Vorsitzende eines Schiedspanels.
Schlagworte
Kooperationsbestimmung
Zuletzt aktualisiert am
17.03.2025
Gesetzesnummer
20011102
Dokumentnummer
NOR40222242
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