Das Familienrecht wird immer internationaler: Aufgrund der hohen gesellschaftlichen Mobilität, aber auch als Folge von Migration, Flucht und Vertreibung nehmen Verfahren, die einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, in der forensischen Praxis heute mehr und mehr zu. Nachdem im internationalen Privatrecht Familiensachen inzwischen weniger an die Staatsangehörigkeit der Beteiligten, sondern zunehmend an das Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts und damit regelmäßig an das am Gerichtsort geltende (Sach-)Recht angeknüpft werden, stehen im forensischen Alltag bei grenzüberschreitenden Familienrechtsfällen weniger Schwierigkeiten bei der Ermittlung oder der Anwendung einer fremden Rechtsordnung im Mittelpunkt, sondern der Familienrechtspraktiker sieht sich inzwischen mit völlig anders gearteten Problemen konfrontiert: Es geht vermehrt um verfahrensrechtliche Fragen, wie zB die Abklärung einer möglicherweise entgegenstehenden Rechtshängigkeit eines im Ausland betriebenen Parallelverfahrens, um die grenzüberschreitende Verfahrensabgabe und -übernahme, um die Erlangung von Auskünften aus im Ausland geführten Vor- und Parallelverfahren oder um die Frage, wie eine im Inland ergangene Entscheidung, etwa zur Regelung eines begleiteten Umgangs, im Ausland umgesetzt werden kann. Um derartige Herausforderungen bewältigen zu können, müssen in- und ausländische Gerichte immer häufiger zueinander Kontakt aufnehmen und grenzüberschreitend zusammenarbeiten. Wie eine solche grenzüberschreitende richterliche Kommunikation und Kooperation in der Praxis umgesetzt werden kann, wie sich diese im Laufe der Jahre entwickelt hat, auf welchen normativen Grundlagen sie beruht und was bei ihrem „Einsatz“ zu beachten ist, wird in diesem und im Folgebeitrag im nächsten Heft dargestellt.

