Ist der Schutz der psychischen Gesundheit im ehelichen Kontext ein Leerposten im Schadenersatzrecht? Die Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden berührt einen besonders sensiblen Bereich im Schadenersatzrecht, der uE bislang nicht befriedigend gelöst ist. Die Palette der Fälle reicht von Familientyrannen, die dem anderen Ehegatten durch andauerndes entwertendes Verhalten einen psychischen Schaden zufügen, über Kontrollausübende, die dem anderen die individuelle Freiheit absprechen, über Fälle von langjährigen Parallelbeziehungen bis hin zur Gründung einer Zweitfamilie. Der OGH verfolgt hier – trotz Kritik in der L – eine ausgesprochen restriktive Linie und lehnt Schadenersatzansprüche wegen psychischer Beeinträchtigungen infolge ehelicher Treuepflichtverletzungen (etwa durch ehebrecherisches Verhalten) weitgehend ab – sogar bei Gesundheitsschäden mit Krankheitswert. Dies führt dazu, dass selbst bei schwerwiegenden psychischen Erkrankungen wie jahrelanger Depression, Anpassungsstörungen oder posttraumatischer Belastungsstörung, die nachweislich aus treuewidrigen Handlungen resultieren, nicht als ersatzfähige immaterielle Schäden anerkannt werden, auch wenn der Weg der Scheidung ohnedies bestritten wird. Dieser Beitrag beleuchtet die einschlägige Judikatur, analysiert deren dogmatische Grundlagen und zeigt auf, weshalb in besonders schwerwiegenden Fällen eine Korrektur der bisherigen Linie geboten erscheint. Dies wird in Fällen, in denen zugleich die Kriterien der Schockschadensjudikatur verwirklicht sind, besonders deutlich.

