European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00044.25M.0929.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Kläger hatte den Beklagten eine Liegenschaft samt Gebäude zum Betrieb eines Etablissements vermietet. Mit seiner Klage begehrte er zunächst die Nachzahlung von Betriebskosten für die Jahre 2017 bis 2019 von gesamt 12.137,07 EUR. Nachfolgend dehnte er die Klage aus und verlangte 1.000 EUR als Ersatz für widerrechtlich entfernte Trocknungsgeräte, 6.000 EUR an Reinigungs- und Sanierungsaufwand und 15.000 EUR an Beseitigungs- und Rückbaukosten für zustimmungslose und nicht genehmigungsfähige Zubauten.
[2] Die Vorinstanzen wiesen die Klage übereinstimmend ab. Die Streitteile hätten im Frühjahr 2017 mündlich vereinbart, dass die Beklagten Sanierungsarbeiten auf ihre Kosten durchführen würden und der Kläger dafür fünf Jahre lang keine Betriebskosten nachfordere. Der Schriftformvorbehalt im ursprünglichen Mietvertrag stehe dem nicht entgegen, weil von einem solchen auch schlüssig abgegangen werden könne. Eine Entfernung von Trocknungsgeräten des Klägers, noch dazu durch die Beklagten, habe nicht festgestellt werden können. Die weiters behaupteten Schadenersatzansprüche müssten wegen Präklusion gemäß § 1111 2. Satz ABGB nicht geprüft werden.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die außerordentliche Revision des Klägers ist mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig und daher zurückzuweisen.
[4] 1.1 Der Kläger bekämpft formal zwar die Abweisung im vollen Umfang, erstattet aber kein Vorbringen zu den Trocknungsgeräten und beschränkt seine weiteren Schadenersatzforderungen auf (nicht näher bezifferte) „Rückbaukosten für Zubauten“.
[5] Er stützt seine Revision primär darauf, dass die Präklusivfrist des § 1111 2. Satz ABGB nicht für deliktische Schadenersatzansprüche aus Vorsatztaten gelten könne sowie für Ansprüche, die aus einem rechtswidrigen Zubau neben dem Bestandobjekt und über die Grundstücksgrenzen hinaus resultieren würden. Der Klage hätte daher zumindest für (noch zu erhebende) „Rückbaukosten“ betreffend den „Schwarzbau“ stattgegeben werden müssen.
[6] 1.2 § 1111 2. Satz ABGB bezweckt die möglichst rasche Klärung, ob dem Bestandgeber Ansprüche wegen Beschädigung oder missbräuchlicher Abnützung der Bestandsache gegen den Bestandnehmer zustehen. Der Bestandgeber hat daher nach Rückstellung der Bestandsache von sich aus tätig zu werden und die Bestandsache auf Mängel hin zu untersuchen. Es handelt sich um eine Präklusivfrist, die grundsätzlich auch für Ersatzansprüche wegen Nichtwiederherstellung des ursprünglichen Zustands nach Umbauarbeiten gilt (vgl RS0020733 [insb T1, T6], RS0020755 [T2], RS0110891, RS0036961).
[7] Diese Bestimmung unterscheidet bei der Beschädigung des Miet- oder Pachtstücks nicht, welcher Grad des Verschuldens vorliegt; es ist daher nicht erkennbar, weshalb eine vorsätzliche Beschädigung – wie sie der Kläger auch hier behauptet und als deliktischen Schadenersatz geltend macht – nicht unter die Präklusivfrist fallen sollte (vgl RS0020675 [T1]). Aus den vom Kläger ins Treffen geführten Entscheidungen 2 Ob 159/23f, 4 Ob 220/07t und 4 Ob 122/22b lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten.
[8] Nach den erstgerichtlichen Feststellungen wurden weiters zwar „diverse Zubauten zur Vergrößerung des Gebäudes errichtet“, allerdings wurde nach dem unstrittigen Wortlaut des schriftlichen Mietvertrags „die gesamte Liegenschaft [...], sohin das Gebäude [...] samt Parkplätzen und Nebenflächen“ in Bestand gegeben. Konkrete Ersatzansprüche wegen Bauten außerhalb der vermieteten Liegenschaft insbesondere auf dem Grund Dritter wurden vom Kläger bislang nicht behauptet, und es wurden dazu auch keine sekundären Feststellungsmängel geltend gemacht. Damit stellt sich aber die vom Kläger als erhebliche relevierte Rechtsfrage nicht, ob für solche Ansprüche ebenfalls die Jahresfrist des § 1111 ABGB gilt.
[9] 2. Hinsichtlich der Betriebskosten macht der Kläger (erkennbar) eine Mangelhaftigkeit des zweitinstanzlichen Verfahrens und eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend, weil sich das Berufungsgericht nur unzureichend mit seiner Beweis- und Rechtsrüge befasst habe und dadurch der Schriftformvorbehalt ad absurdum geführt werde.
[10] Der Oberste Gerichtshof judiziert allerdings in ständiger Rechtsprechung, dass von einem Schriftformvorbehalt zwar nicht einseitig, jedoch einvernehmlich und auch konkludent abgegangen werden kann (vgl RS0038673). Eine unvertretbare Anwendung dieser Rechtsprechung auf den konkreten Einzelfall wird in der Revision nicht aufgezeigt. Ob die Parteien tatsächlich die vom Erstgericht festgestellten mündlichen Erklärungen abgaben, fällt in den Bereich der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung (vgl RS0043369). Da sich das Berufungsgericht sehr wohl mit der Beweisrüge des Klägers inhaltlich auseinandersetze, ist dessen Verfahren auch nicht mangelhaft geblieben (vgl RS0043150, RS0043371 uvm).
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