OGH 6Ob135/24g

OGH6Ob135/24g16.9.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Faber, Mag. Pertmayr, Dr. Weber und Mag. Nigl LL.M. als weitere Richter in der Firmenbuchsache der zu FN * eingetragenen B* GmbH, *, vertreten durch Stoisser Oberndorfer & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wels, wegen Eintragung eines Gesellschafterwechsels, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 25. Juni 2024, GZ 6 R 76/24z‑14, womit der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 24. April 2024, GZ 27 Fr 628/24k‑7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0060OB00135.24G.0916.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass folgende Eintragungen in das Firmenbuch bewilligt werden (Löschungen sind seitlich mit dem Zeichen # gekennzeichnet):

 

GESELLSCHAFTER/IN STAMMEINLAGE HIERAUF GELEISTET

 

B H* Privatstiftung

#………………………….. EUR 14.000

………………………….. EUR 28.000

# …………………………………………………. EUR 14.000

…………………………………………………. EUR 28.000

C # R* B*, geb. *

Funktion gelöscht

D # T* B*, geb. *

Funktion gelöscht

 

 

Der Vollzug wird dem Erstgericht aufgetragen.

 

Die Gesellschafter R* B* und T* B*, beide *, haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Im Firmenbuch ist zu FN * die B* GmbH mit dem Sitz in Wels (in der Folge: Gesellschaft) eingetragen. Die Gesellschaft wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30. 4. 2021 errichtet. Gesellschafter waren (bis zu den gegenständlichen Abtretungen) die H* Privatstiftung mit einer übernommenen und geleisteten Stammeinlage von 14.000 EUR (in der Folge: „H‑Gesellschafterin“) sowie die aus der Familie B* stammenden natürlichen Personen (in der Folge zusammen auch: „B‑Gesellschafter“) R* B* (in der Folge: „RB“), F* B* (in der Folge: „FB“) und T* B* (in der Folge: „TB“), mit einer übernommenen und geleisteten Stammeinlage von je 7.000 EUR. Alleiniger selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer war seit der Gründung FB.

[2] Ebenfalls am 30. 4. 2021 errichteten die Gesellschafter einen als „Gesellschaftervereinbarung“ bezeichneten Notariatsakt (in der Folge: „Gesellschaftervereinbarung“), der auszugsweise lautet:

[...]

3. OPTIONSRECHTE

3.1 RB, FB und TB als ANBIETENDE bieten hiermit jeweils einzeln (und jeder für sich) ihren jeweiligen gesamten Geschäftsanteil an der GESELLSCHAFT der [H‑Gesellschafterin] zum Kauf an. Das vorstehende Angebot gilt (und ist unwiderruflich) solange der jeweilige ANBIETENDE an der GESELLSCHAFT beteiligt ist. Es kann angenommen werden, wenn und sobald (a) ein [als Geschäftsführer fungierender B‑Gesellschafter] (unabhängig davon, ob es sich um RB, FB oder TB handelt) als Geschäftsführer der GESELLSCHAFT ausscheidet (aus welchem Grund auch immer); die Annahmefrist [...] beträgt in diesem Falle sechs Monate ab dem Ausscheiden des [B‑Gesellschafters] aus der Geschäftsführung [...] (STICHTAG), oder (b) der GARANTIEFALL eintritt; die ANNAHMEFRIST beträgt in diesem Falle sechs Monate ab dem Eintritt des GARANTIEFALLS (STICHTAG).

Der Annahmegrund (a) tritt nicht ein, wenn der [als Geschäftsführer fungierende B‑Gesellschafter] nicht aus wichtigem Grunde abberufen wurde und innerhalb von 14 Tagen ein anderer [B‑Gesellschafter] mit einem Lebensalter unter 65 Jahren als GF [Anm: Geschäftsführer] bestellt wird.

3.2 Sollte der STICHTAG vor dem 31.12.2024 liegen, entspricht der Kaufpreis [...] dem vom jeweiligen [B‑Gesellschafter] zum STICHTAG auf den von ihm übernommenen Geschäftsanteil eingezahlten Kapital.

3.3 Sollte der STICHTAG nach dem 31.12.2024 [...] liegen, entspricht der bei Annahme zu zahlende Kaufpreis [...] dem EQUITY VALUE multipliziert mit dem jeweiligen [Beteiligungsverhältnis] [...].

[ ...]

3.5 Die Annahme kann ausschließlich durch Übermittlung einer notariellen Annahmeerklärung erfolgen [...].

3.6 Für die Zustellung gilt jeweils die zuletzt im Firmenbuch angegebene Anschrift der Vertragspartner. Soweit die Abtretung des Geschäftsanteil[s] der Zustimmung der GESELLSCHAFTER bedarf, verpflichten sich sämtliche Vertragsparteien dafür Sorge zu tragen, dass die GESELLSCHAFT die Zustimmung (Genehmigung) erteilt.

3.7 Der Abtretungspreis ist binnen 10 (zehn) Werktagen (außer Samstag) ab Zustellung der jeweiligen ANNAHMEERKLÄRUNG an den ANBIETENDEN auf das vom ANBIETENDEN gesondert bekanntzugebende Konto zu überweisen (oder gerichtlich zu erlegen).

3.8 [...]

 

[3] Daneben enthält diese Vereinbarung unter anderem Regelungen zum Eintritt des „Garantiefalls“, der als Abrufen von der H‑Gesellschafterin zur Besicherung von Bankkrediten der Gesellschaft abgegebener Haftungsgarantien in Höhe von 1,5 Mio EUR durch die Bank in bestimmter Höhe festgelegt wird.

[4] In Punkt 10.1 des Gesellschaftsvertrags ist geregelt, dass „die Übertragung (aus welchem Rechtsgrund und in welcher Form auch immer), Teilung und Belastung von Geschäftsanteilen oder Teilen davon an Mitgesellschafter und/oder Dritte [...] der Zustimmung der GESELLSCHAFT sowie der GESELLSCHAFTER durch einstimmigen Gesellschafterbeschluss [bedarf], wobei auch der abtretungswillige Gesellschafter stimmberechtigt ist.“

[5] Mit Schreiben vom 7. 11. 2023 erklärte FB seinen Rücktritt als Geschäftsführer der Gesellschaft. Die Gesellschafter akzeptierten diesen und verzichteten auf die 14‑tägige Frist des § 16a GmbHG. Mit Gesellschafterbeschluss vom selben Tag wurde J* H* (der kein B‑Gesellschafter ist) als neuer selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer bestellt und am 24. 11. 2023 im Firmenbuch eingetragen.

[6] Mit notarieller Annahmeerklärung ebenfalls vom 7. 11. 2023 erklärte die H‑Gesellschafterin gegenüber RB, FB und TB, das jeweilige Angebot auf Übertragung der Geschäftsanteile anzunehmen, weil (unter anderem) der in Punkt 3.1 der Gesellschaftervereinbarung vom 30. 4. 2021 angeführte Fall eingetreten sei, dass ein B‑Gesellschafter als Geschäftsführer aus welchem Grund auch immer ausscheide.

[7] Der Geschäftsführer der Gesellschaft meldete am 27. 2. 2024 unter Vorlage der notariellen Gesellschaftervereinbarung vom 30. 4. 2021, der notariellen Annahmeerklärung vom 7. 11. 2023, des Nachweises der erfolgten Zustellung der Annahmeerklärung an die Gesellschafter sowie der Bestätigung der gerichtlichen Hinterlegung der Kaufpreise und in der Folge der gerichtlichen Beschlüsse über die Annahme der Erläge von je 7.000 EUR eine Änderung im Stand der Gesellschafter zur Eintragung in das Firmenbuch an. Die Geschäftsanteile des TB und des RB seien aufgrund des Abtretunganbots vom 30. 4. 2021 und der Annahmeerklärung vom 7. 11. 2023 auf die H‑Gesellschafterin übertragen worden. Die übernommene und zur Gänze geleistete Stammeinlage der H‑Gesellschafterin betrage nunmehr 28.000 EUR (die Anmeldung der Übertragung des Geschäftsanteils des FB erfolgte mittels gesondertem Antrag). Das gesamte unternehmerische Risiko (von der einbezahlten Stammeinlage abgesehen) sei von der H‑Gesellschafterin als Garantin (für Bankkredite der Gesellschaft über 1,5 Mio EUR) getragen worden, während die B‑Gesellschafter durch Managementleistungen ihren Beitrag geleistet hätten. Aufgriffsrechte bzw Abtretungsangebote, welche für den Fall des Ausscheidens eines Manager‑Gesellschafters aus der Geschäftsführung greifen sollen, seien rechtlich unbedenklich.

[8] TB und RB beantragten erkennbar die Abweisung des Antrags. Sie brachten ohne nähere Darlegung vor, ihr Abtretungsangebot sei wegen grober Benachteiligung und Sittenwidrigkeit unwirksam.

[9] DasErstgericht wies den Antrag zurück und verwies die Antragstellerin mit ihrem Begehren auf den ordentlichen Rechtsweg. Es führte aus, ein Angebot auf Abtretung von Geschäftsanteilen könne unter anderem sittenwidrig sein, etwa wenn eine übermäßig lange Bindung des Offerenten enthalten sei. Auch könne im Einzelfall ein Angebot dahin zu verstehen sein, dass dessen Annahme nicht zum unmittelbaren Erwerb der Gesellschafterstellung, sondern bloß zur Verpflichtung des Offerenten führe, künftig einen Abtretungsvertrag abzuschließen. Die divergierenden Vorbringen der Parteien bedürften einer Klärung der Rechtswirksamkeit der behaupteten Anteilsabtretung in einem allenfalls anzustrengenden (streitigen) Zivilprozess, weil sie die materielle und formelle Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts überspannen würde. Das rechtliche und wirtschaftliche Interesse der derzeit eingetragenen Gesellschafter an der Nichtvornahme der begehrten Eintragung habe bei Abwägung der Interessen aller am gegenständlichen Eintragungsverfahren Beteiligten zur vorliegenden abweislichen Entscheidung geführt.

[10] Das Rekursgerichtänderte diese Entscheidung dahin ab, dass es den Antrag abwies. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Firmenbuchgericht habe bei Bedenken den Antrag in formeller und materiell‑rechtlicher Hinsicht zu prüfen. Das Abtretungsangebot sei wegen der zeitlich nicht begrenzten und unwiderruflichen Selbstbindung sowie des völligen Fehlens von Dispositionsfreiheit über den Geschäftsanteil sittenwidrig und damit unwirksam. Zudem liege die im Gesellschaftsvertrag vorgeschriebene Zustimmung sämtlicher Gesellschafter zur Abtretung weder in Form einer ausdrücklichen noch einer konkludenten Genehmigung der Abtretungsverträge vor.

Rechtliche Beurteilung

[11] Der dagegen gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Gesellschaft ist zulässig, weil die Beurteilung des Rekursgerichts einer Korrektur bedarf. Er ist auch berechtigt.

[12] 1.1. Zunächst ist festzuhalten, dass bereits das Erstgericht eine Sachentscheidung getroffen hat. Es hat den Antrag auf Eintragung des Gesellschafterwechsels mit der Begründung abgelehnt, dass das Vorliegen wirksamer Abtretungsverträge über die Geschäftsanteile der Gesellschafter TB und RB nicht bescheinigt werden habe können. Der erstgerichtliche Zurückweisungsbeschluss stellt daher in Wahrheiteine antragsabweisende Entscheidung dar.

[13] 1.2. Zutreffend hat das Rekursgericht ausgeführt, dass das Firmenbuchgericht die Anmeldung in formeller und materieller Hinsicht zu prüfen hat und auch in Fällen der vereinfachten Anmeldung die materielle Prüfpflicht gilt. Diese umfasst auch die Formgültigkeit und Wirksamkeit rechtsgeschäftlicher Geschäftsanteilsübertragungen einer GmbH (6 Ob 122/21s [ErwGr 2.]; vgl 6 Ob 3/20i; 6 Ob 154/18t). Die materielle Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts besteht auch in tatsächlicher Hinsicht. Eine amtswegige Ermittlungspflicht greift aber erst dann ein, wenn konkrete Anhaltspunkte oder ein begründeter Verdacht dafür sprechen, dass die Anmeldung nicht den Tatsachen oder der Wahrheit entspricht (6 Ob 165/16g [ErwGr 2.]; vgl RS0029344). Dies wird im Revisionsverfahren von den Parteien auch nicht mehr bezweifelt.

2. Zur Frage einer sittenwidrig „überlangen“ Bindung der B‑Gesellschafter an ein Abtretungsangebot:

[14] 2.1. Die Option ist ein Vertrag, durch den eine Partei das Recht erhält, ein inhaltlich bereits festgelegtes Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung in Geltung zu setzen. Sie gewährt also ein Gestaltungsrecht (RS0115633). Die Option wird zwar auch als „Angebot mit verlängerter Bindungswirkung“ bezeichnet. Dennoch unterscheiden sich diese Rechtsinstitute, weil die Einräumung einer Option nicht – wie beim Angebot – durch einseitige Erklärung, sondern durch Vertrag erfolgt (4 Ob 217/21x [verst Senat; ErwGr II.1.2.]). Das in Punkt 3.1 der Gesellschaftervereinbarung enthaltene Abtretungsangebot der B‑Gesellschafter stellt einen Optionsvertrag dar (vgl 6 Ob 80/11z [ErwGr 2.2.]).

[15] 2.2. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Fristbestimmung des § 936 ABGB auf Optionen nicht analog anwendbar (RS0104149). Eine Option muss zu ihrer Gültigkeit auch keine zeitliche Begrenzung vorsehen (5 Ob 130/15a [ErwGr 3.2.]; vgl 7 Ob 540/94). Wie lange sie gültig ist, ist eine Frage der Vertragsauslegung. In der Rechtsprechung wurden wiederholt langfristige oder auch unbefristete Optionsvereinbarungen nicht als grundsätzlich unwirksam angesehen (etwa 4 Ob 217/21x [unbefristete Option zum Kauf einer Liegenschaft]; 6 Ob 80/11z [Abtretungsoption betreffend einen GmbH‑Anteil für 50 Jahre]; 4 Ob 159/01p [Option zum Kauf einer Liegenschaft für 20 Jahre]; 1 Ob 585/94 [Abtretungsoption betreffend einen Gesellschaftsanteil für die Dauer des Gesellschaftsverhältnisses]).

[16] 2.3. Ob hier eine sittenwidrige überlange Bindung der B‑Gesellschafter an die Optionsvereinbarung vereinbart wurde, kann dahinstehen. Denn das Verbot der überlangen Bindung führt nicht zur Beseitigung des gesamten Vertrags, sondern – wenn wie hier kein Verbrauchergeschäft vorliegt – zu einer geltungserhaltenden Reduktion. Das räumt die Revisionsrekursbeantwortung auch selbst ein. In einem solchen Fall hätte jedoch der Richter die Bindungsdauer auf ein billiges, nicht mehr zu beanstandendes Ausmaß zu reduzieren und damit den Vertrag mit einer den Umständen nach angemessenen und daher nicht mehr sittenwidrigen Laufzeit aufrechtzuerhalten (vgl 6 Ob 322/00x [ErwGr 6.9.]; 6 Ob 694/83; Krejci in Rummel/Lukas, ABGB4 § 879 Rz 86 und Rz 514).

[17] Die Ausübung der Option durch die H‑Gesellschafterin (bereits) im November 2023 wäre hier selbst dann innerhalb einer nicht unbilligen Bindungsdauer erfolgt, wenn man – wie vom Rekursgericht und der Revisionsrekursbeantwortung nicht näher begründet – davon ausginge, dass den B‑Gesellschaftern bis dahin die Dispositionsfreiheit über ihren Geschäftsanteil fehlte.

[18] 2.4. TB und RB treten der Auslegung der in der Gesellschaftervereinbarung enthaltenen Optionsvereinbarung durch die Revisionsrekurswerberin nicht entgegen, wonach die aufschiebende Bedingung des Geschäftsführerausscheidens eingetreten war, weil FB als Geschäftsführer zurückgetreten und binnen 14 Tagen kein anderer B‑Gesellschafter zum Geschäftsführer bestellt worden war. Dieses Verständnis findet auch Deckung im Wortlaut der Vereinbarung.

[19] 2.5. Sonstige Gründe für eine Unwirksamkeit der Optionsvereinbarung wurden weder behauptet noch bestehen dafür Hinweise nach der Aktenlage, weil eine sogenannte „Damoklesschwert“‑Situation nicht vorliegt und die aufschiebende Bedingung nicht als unsachlich anzusehen ist:

[20] 2.5.1. Dem Ausschluss eines Gesellschafters gleichkommende schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern können auch außerhalb des Gesellschaftsvertrags getroffen werden (Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht2 Rz 4/314; J. Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 370, 619). So auch in Form einer Call‑Option eines Gesellschafters auf Abtretung des Geschäftsanteils eines anderen Gesellschafters (vgl Hartlieb/Saurer/Zollner, Anteilsübertragung bei der GmbH [2024] Rz 6.22; BGH II ZR 173/04 Rn 14).

[21] 2.5.2. Nach überwiegender Ansicht ist eine vertragliche Vereinbarung, die einem Gesellschafter das Recht einräumt, die Gesellschafterstellung eines Mitgesellschafters ohne Grund zu beenden unwirksam („Hinauskündigung“; etwa Hartlieb/Saurer/Zollner, Anteilsübertragung bei der GmbH [2024] Rz 6.22;U. Torggler, Gestaltungsfreiheit bei der GmbH, GesRZ 2010, 185 [191]; Haberer, Zwingendes Kapitalgesellschaftsrecht [2009] 676 ff; Rüffler in Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3 [2007] Anh § 71 Rz 15; so auch die stRsp in Deutschland: BGH II ZR 173/04 Rn 14 mwN; II ZR 194/89; aA etwa Lindinger, Die Irrungen des Damokles, JBl 2014, 137; Kalss/Eckert, Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht, in Kodek/Konecny, Insolvenzforum 2007 65 [93]; Gall/Potyka/Winner, Squeeze-out [2006] Rz 509 ff; wohl auch Rauter in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG150.Lfg § 75 Rz 129). Dies wird damit begründet, dass sie die Rechtsstellung des der Klausel Unterworfenen weitgehend entwerte. Ein Gesellschafter, der jederzeit mit einer Hinauskündigung rechnen müsse, werde seine Mitgliedschaftsrechte nicht mehr im besten Eigeninteresse ausüben. Er werde sich nur mehr so verhalten, wie es dem Hinauskündigungsberechtigten gefalle. Der betreffende Gesellschafter werde dann seiner vom Gesetzgeber zugedachten Funktion im Gefüge der Generalversammlung nicht gerecht, nämlich der eines seine eigenen Interessen im zulässigen Rahmen verfolgenden Mitglieds, das ein natürliches Gegengewicht zu den Interessen der Mehrheit (bzw der hinauskündigungsberechtigten Gesellschafter) bilde. Die Hinauskündigungsklausel leiste damit einer Willkürherrschaft Vorschub. Sie gefährde die gemeinsame Zweckverfolgung und damit die Funktionsfähigkeit der GmbH („Damoklesschwert“).

[22] 2.5.3. Eine solche Vereinbarung liegt hier aber nicht vor. Denn die H‑Gesellschafterin konnte den Eintritt der in der Option klar definierten aufschiebenden Bedingung nicht nach ihrem eigenen Ermessen selbst herbeiführen. Damit war die oben dargelegte, als unzulässig angesehene „Damoklesschwert“‑Situation nicht gegeben (vgl Hartlieb/Saurer/Zollner, Anteilsübertragung bei der GmbH [2024] Rz 6.24; Hartlieb, Gesellschafterausschluss aus wichtigem Grund bei GmbH & FlexKapG, wbl 2023, 665 [672]).

[23] 2.5.4. Im Übrigen ist die vereinbarte aufschiebende Bedingung im vorliegenden Fall auch nicht als sittenwidrig oder als unsachlich anzusehen. Nach dem Vorbringen der Gesellschaft, für dessen Unrichtigkeit diesbezüglich keine Anhaltspunkte bestehen, lagder Gesellschaftervereinbarung, die die Gesellschafter schon bei Gründung der Gesellschaft getroffen haben, zugrunde, dass das gesamte unternehmerische Risiko (von der einbezahlten Stammeinlage abgesehen) von der H‑Gesellschafterin getragen wird, während die B‑Gesellschafter durch Managementleistungen ihren Beitrag leisten. Die gegenständliche Optionsvereinbarung betrifft die Regelung der Folgen der Beendigung dieser „Arbeitsteilung“. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, dass die H‑Gesellschafterin die Anteile der B‑Gesellschafter gegen Abfindung übernehmen kann, wenn keiner von ihnen mehr als Geschäftsführer tätig ist. Auch darin kann daher eineUnwirksamkeit der Optionsvereinbarung nicht erblickt werden.

3. Die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter zu den gegenständlichen Abtretungen lag vor:

[24] 3.1. Die konkludente Genehmigung der Abtretung vinkulierter Geschäftsanteile ist zulässig. Eine solche ist in der Regel anzunehmen, wenn alle Gesellschafter an der Übertragung zustimmend beteiligt waren. Bei Einigkeit aller Gesellschafter sind weder eine Gesellschafterversammlung noch ein schriftliches Beschlussverfahren erforderlich (6 Ob 224/23v [ErwGr 2.5., 2.7. und 3.2.]; 6 Ob 7/08k [ErwGr 2.2. ff]; RS0123221; Schopper in Gruber/Harrer, GmbHG2 § 76 Rz 24; Rauter in WK GmbHG155.Lfg § 76 Rz 103 und 105).

[25] 3.2. In der Entscheidung 6 Ob 224/23v (ErwGr 3.1. f) wurde bei vergleichbarer Sachverhaltskonstellation bereits die Abgabe eines Abtretungsanbots als zumindest schlüssige Zustimmung des Gesellschafters zu dieser Abtretung beurteilt (nicht engherzig bei der Annahme einer konkludenten Zustimmung auch 6 Ob 7/08k [ErwGr 2.4.]).

[26] Gegen eine solche spricht im vorliegenden Fall auch nicht die in Punkt 3.6 der Gesellschaftervereinbarung vorgesehene Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass die Gesellschaft die Zustimmung (Genehmigung) erteilt. Diesebezieht sich schon nach dem Wortlaut nicht auf die eigene Zustimmung der die Vereinbarung abschließenden Gesellschafter. Der Abschluss des Vertrags über ein unwiderrufliches Abtretungsangebot bei gleichzeitigem Vorbehalt der Zustimmung der Abtretungsverpflichteten, zu der sie sich dann im Vertrag nochmals verpflichten, wäre auch widersprüchlich; ein derartiges Verständnis kann der Vereinbarung nicht unterstellt werden. Vielmehr kann darin eine Verwendungszusage hinsichtlich allfälliger neu hinzutretender Gesellschafter erblickt werden; allenfalls kann sie auch auf eine diesbezügliche Zustimmungserklärung der Gesellschaft durch ihren Geschäftsführer (etwa durch Erteilung einer Weisung) bezogen werden.

[27] 3.3. DieZustimmung der drei B‑Gesellschafter zur gegenständlichen Abtretung lag daher bereits aufgrund des Abschlusses der Gesellschaftervereinbarung vor.

[28] Ein (auch schlüssiger) Widerruf durch diese nach Abschluss des Abtretungsgeschäfts (hier also nach dem Zugang der Annahmeerklärung der H‑Gesellschafterin), könnte diese Zustimmung nicht beseitigen (6 Ob 224/23v [ErwGr 2.9. und 3.2.]).

[29] 3.4. Eine Zustimmung der Gesellschaft ist in Fällen, in denen – wie hier – alle Gesellschafter an der Übertragung zustimmend beteiligt waren, nicht erforderlich (vgl 6 Ob 224/23v [ErwGr 2.7.]; Rauter in WK GmbHG155.Lfg § 76 Rz 105 und 116 ff; zu § 79 Abs 3 GmbHG Schopper in Gruber/Harrer, GmbHG2 § 79 Rz 15). Überdies hat die Gesellschaft ohnehin durch ihren Geschäftsführer die Eintragung selbst beantragt (zur auch nach Abschluss des Veräußerungsgeschäfts möglichen Zustimmung vgl 6 Ob 224/23v [ErwGr 2.9.]).

[30] 4. Es trägt weder die Haupt- noch die Hilfsbegründung die Abweisung des Antrags. Dem Revisionsrekurs ist daher Folge zu geben. Die beantragten Eintragungen sind zu bewilligen.

[31] 5. Die Kostenentscheidung gründet auf § 78 AußStrG iVm § 15 FBG. Von der Gesellschaft wurden im Verfahren keine Kosten verzeichnet.

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