European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0030OB00101.25M.0723.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Exekutionsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Nach dem zwischen den Parteien ergangenen, rechtskräftigen und vollstreckbaren Endschiedsspruch vom 31. 8. 2022 ist die Verpflichtete schuldig, binnen 14 Tagen Zug um Zug gegen Zahlung von 704.152 EUR in die Einverleibung des Eigentumsrechts an den Liegenschaften EZ 4 und EZ 218, jeweils KG 6*, zugunsten der Betreibenden einzuwilligen und dieser binnen gleicher Frist die mit 232.245,24 EUR bestimmten Kosten des Schiedsverfahrens zu ersetzen.
[2] Mit Beschluss vom 11. 7. 2023 genehmigte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz den am 6. 7. 2023 an die Verwahrungsabteilung des Oberlandesgerichts Graz erfolgten gerichtlichen Erlag der Betreibenden in Höhe von 471.906,76 EUR als Zahlung gemäß dem Schiedsspruch vom 31. 8. 2022.
[3] Die Betreibende beantragte unter Vorlage der vorgenannten beiden Urkunden die Einverleibung ihres Eigentumsrechts an den im Schiedsspruch genannten Liegenschaften nach § 350 EO und deren zwangsweise Räumung nach § 349 (iVm § 350 Abs 6) EO. Sie habe durch die Aufrechnung ihres Kostenersatzanspruchs aus dem Schiedsspruch und die – wegen der Verweigerung der Zahlungsannahme durch die Verpflichtete gerechtfertigte – gerichtliche Hinterlegung des Restbetrags nach § 1425 ABGB ihre Zug‑um‑Zug‑Leistung aus dem Schiedsspruch erfüllt.
[4] Die Verpflichtete beantragte die Abweisung des Exekutionsantrags.
[5] Das Erstgericht gab dem Antrag statt.
[6] Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss im antragsabweisenden Sinn ab. Die Erfüllung der im Titel genannten Zahlungspflicht der Betreibenden sei nicht im Sinn des § 7 Abs 2 EO dargetan.
Rechtliche Beurteilung
[7] Mit ihrem gegen diese Entscheidung erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Betreibende keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf.
[8] Die Bewilligung einer Exekution nach § 350 EO aufgrund eines Zug-um-Zug-Titels ist vor Erbringung der Gegenleistung ausgeschlossen; diese muss nicht bloß behauptet, sondern durch eine dem § 7 Abs 2 (iVm § 367 Abs 2) EO entsprechende Urkunde nachgewiesen werden (RS0000267; vgl auch RS0004624; RS0001434). Dieser ständigen Rechtsprechung ist das Rekursgericht gefolgt.
[9] Eine Bewilligung der hier beantragten Exekution nach § 350 EO kommt somit nur in Betracht, wenn die Betreibende die Zahlung (iSd § 1412 ABGB) von 704.152 EUR an die Verpflichtete durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde(n) iSd § 7 Abs 2 EO nachweist.
[10] Das Rekursgericht ist zum Ergebnis gelangt, dass die Betreibende mit der ihrem Exekutionsantrag beigelegten Entscheidung über die Genehmigung ihres gerichtlichen Erlags die Erfüllung ihrer Zug‑um‑Zug‑Verpflichtung nicht nachgewiesen hat. Es hat dabei die höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Prüfungsumfang des Erlagsgerichts zutreffend wiedergegeben. Demnach ist im Erlagsverfahren nicht zu klären, ob der Hinterlegung im Verhältnis zum Gläubiger tatsächlich schuldbefreiende Wirkung zukommt (RS0033489 [T3]; RS0033636 [T8]). Die Rechtmäßigkeit des Erlags kann nur in einem eigens darüber geführten Rechtsstreit geklärt werden (RS0033495; RS0033489; RS0106153; RS0033469 [T1]; vgl auch RS0112198).
[11] Die Betreibende muss somit – bedingt durch die Fassung des Schiedsspruchs (Zug‑um‑Zug‑Leistung) – einen gesonderten Rechtsstreit darüber führen, ob ihr Erlag bei Gericht schuldbefreiende Wirkung hatte. Entgegen ihrer Behauptung steht dies nicht in Widerspruch zu § 7 Abs 2 EO. Vielmehr sieht die Exekutionsordnung in § 10 vor, dass für den Fall, dass die in § 7 Abs 1 und 2 EO geforderten urkundlichen Nachweise nicht erbracht werden können, der Bewilligung der Exekution oder ihrer Fortführung die Erwirkung eines gerichtlichen Urteils vorausgehen muss. Es ist im Übrigen anerkannt, dass der Schuldner – in der vorliegenden Konstellation also die Betreibende – unter den Voraussetzungen des § 228 ZPO das Recht hat, die Feststellung der befreienden Wirkung seines Erlags zu begehren (Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1425 Rz 470 mwH). Auch im zweipersonalen Verhältnis genügt eine gerichtliche Hinterlegung zum Nachweis einer Zug um Zug zu erbringenden Leistung allein nicht, weil grundsätzlich nur Zahlung Erfüllung bedeutet (§ 1412 ABGB) und bei einer statt der Zahlung erfolgenden gerichtlichen Hinterlegung die schuldbefreiende Wirkung nur eintritt, wenn die Hinterlegung rechtmäßig erfolgt (§ 1425 Satz 2 ABGB), was aber weder im Erlagsverfahren (siehe bereits oben) noch im Exekutionsverfahren (vgl 2 Ob 531/51 = SZ 24/242; 3 Ob 5/79 = SZ 52/24; zur Verdrängung des § 8 Abs 1 EO auch A. Karl in Garber/Simotta, EO [2023] § 8 Rz 5 mwN) zu prüfen ist.
[12] Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.
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