European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0060OB00126.24H.0703.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Rekurse werden zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 2.158,75 EUR (darin 359,79 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die beklagte Stadtgemeinde betreibt auf einer Gemeindeliegenschaft eine Ende der 1960er‑Jahre errichtete Kläranlage, die zuletzt Mitte der 1990er‑Jahre umgebaut und erweitert wurde. Dafür ergingen jeweils ein wasserrechtlicher und ein baubehördlicher Bewilligungsbescheid. Ein behördliches Betriebsanlagengenehmigungsverfahren wurde mangels unternehmerischer Tätigkeit der Gemeinde bei Betrieb der Kläranlage nicht durchgeführt. Die Kläger sind Eigentümer einer ca 120 m entfernten Liegenschaft, auf der sie seit 2003 ein Einfamilienhaus ganzjährig bewohnen.
[2] Die Kläger begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, beim Betrieb der Kläranlage sämtliche Lärmemissionen zu unterlassen, welche auf ihrer Liegenschaft bestimmte Schallpegel (Mittelungspegel, Basispegel) während des Tages und während der Nacht überschreiten.
[3] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Seit 2015 sei es immer wieder zu erhöhten Lärmbelastungen aus dem Betrieb der Kläranlage gekommen, die das ortsübliche Ausmaß in Dauer und Intensität in unzumutbarer Weise überstiegen.
[4] Das Berufungsgericht verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es liege weder eine behördlich genehmigte Anlage iSd § 364a ABGB noch eine „gemeinwichtige Anlage“ vor. Anhand der getroffenen Feststellungen könne noch nicht beurteilt werden, ob die Lärmimmissionen durch die Kläranlage das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überstiegen und die ortsübliche Benutzung der klägerischen Liegenschaft wesentlich beeinträchtigten.
[5] Das Berufungsgericht ließ den Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob eine kommunale Kläranlage eine „gemeinwichtige Anlage“ sei und ob, ausgehend von den in § 62 Abs 2 NöBO 1976 eingeräumten Rechten eines Anrainers, aufgrund einer auf dieser Grundlage erteilten Baubewilligung eine behördlich genehmigte Anlage iSd § 364a ABGB vorliege.
Rechtliche Beurteilung
[6] Die Rekurse sind entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Weder in der Zulassungsbegründung noch in den Rekursen wird eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt:
I. Zum Rekurs der Beklagten:
[7] 1.1. Nach gefestigter Rechtsprechung ist eine baubehördliche Genehmigung in der Regel nicht als Genehmigung iSd § 364a ABGB anzusehen, weil regelmäßig die bauliche Anlage, um deren Bewilligung vom Bauwerber angesucht wird, im Vordergrund steht und nicht ein umfassendes, den Individualrechtsschutz ausschließendes Immissionsschutzkonzept, wie es in § 364a ABGB iVm § 74 Abs 2 Z 2 GewO 1994 verfolgt wird (10 Ob 19/22z; 9 Ob 48/12t; RS0010685; RS0128980).
[8] 1.2. Gemäß § 62 Abs 2 NöBauO 1976 hatte die Behörde „[f]ür Bauwerke, […] die Belästigungen der Nachbarn erwarten lassen, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen, die zur Abwehr dieser Gefahren oder Belästigungen nötigen Vorkehrungen zu treffen […]“. Daraus erwuchs Nachbarn zwar ein subjektives Recht auf Schutz vor Geruchsbelästigung, Lärmbelästigung und Gesundheits-gefährdung (VwGH 98/05/0055, 95/05/0286). Der Schutz vor Immissionen war aber nicht absolut. Die Baubehörde hatte nur Anordnungen zu treffen, um die Belästigungen der Nachbarn, welche das örtliche zumutbare Ausmaß überstiegen, hintanzuhalten, konnte aber nicht mit einer Versagung der Baubewilligung vorgehen (VwGH 2001/05/0267, 2002/05/1073, 2005/05/0169). Zudem war für die Beurteilung des örtlich zumutbaren Ausmaßes der Belästigung iSd § 62 Abs 2 Nö BauO 1976 nicht ein bestimmter Betrieb im Hinblick auf die konkret von ihm ausgehenden Emissionen, sondern die Widmung des zu bebauenden Grundstücks maßgeblich (VwGH 90/05/0132, 90/05/0097, 98/05/0032, 2001/05/1101). Nicht ausschlaggebend waren die Widmungen der angrenzenden Grundstücke (VwGH 93/05/0112 [Kläranlage]) oder die bestehende Immissionsbelastung entsprechend den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen (VwGH 90/05/0069; vgl auch VwGH 99/05/0238, 2000/05/0066).
[9] 1.3. In der Ansicht des Berufungsgerichts, dass das Verfahren nach der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 daher keinen Individualrechtsschutz für Nachbarn (hier die Rechtsvorgänger der Kläger) bot, der den Anforderungen des § 364a ABGB entsprochen hätte, ist keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung zu erblicken.
[10] 2.1. Es wurde bereits wiederholt ausgesprochen, dass bei „gemeinwichtigen Anlagen“, also bei gegenüber dem Normalfall des § 364a ABGB (gewerbliche Betriebsanlage) erheblich gesteigertem öffentlichem Interesse am Betrieb einer Einrichtung, Unterlassungsansprüche nach § 364 Abs 2 ABGB grundsätzlich auch dann ausgeschlossen sind, wenn den betroffenen Nachbarn im Verwaltungsverfahren keine verfahrensrechtliche Parteistellung eingeräumt wird, im Bewilligungsverfahren auf ihre schutzwürdigen Interessen aber immerhin generell Rücksicht zu nehmen ist (RS0130587). Als Indiz für ein besonderes Allgemeininteresse an einer somit gemeinwichtigen Anlage kann etwa die Möglichkeit des Betreibers zur allenfalls notwendigen Enteignung zu Zwecken des Anlagenbaus und ‑betriebs herangezogen werden, ebenso eine gesetzlich angeordnete Betriebspflicht. Weiters kann gerade der Umstand, dass die einschlägigen Verwaltungsvorschriften eine Verfahrensbeteiligung der Nachbarn nicht vorsehen, das besonders hohe öffentliche Interesse dokumentieren (1 Ob 47/15s; vgl 8 Ob 61/19g [ErwGr 5.2.]). Bei einer solchen Anlage widerspräche eine Unterlassungspflicht unmittelbar dem Interesse der Allgemeinheit, was rechtfertigt, den Unterlassungsanspruch des Einzelnen hintanzustellen und an seine Stelle einen Ersatzanspruch iSd § 364a ABGB treten zu lassen (8 Ob 61/19g [ErwGr 5.2.]).
[11] Auch bei gemeinwichtigen Anlagen ist aber nach dieser Rechtsprechung der Betreiber nicht zu Immissionen jeglicher Art und Intensität berechtigt. Werden von der Behörde keine bestimmten Grenzwerte festgesetzt, sind von den Nachbarn (nur) solche, das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigende und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigende, Immissionen hinzunehmen, die für den Betrieb der genehmigten Anlage typisch sind und auch nicht durch wirtschaftlich zumutbare Vorkehrungen hintangehalten oder verringert werden können (1 Ob 194/17m [ErwGr 2.]; 1 Ob 47/15s; vgl 8 Ob 61/19g [ErwGr 5.2.]).
[12] 2.2. Im vorliegenden Fall wurden von der Behörde (dazu unten Punkt 2.4. ff) für die Lärmimmissionen auf der Liegenschaft der Kläger keine Grenzwerte festgesetzt. Selbst bei Qualifikation der Kläranlage als gemeinwichtige Anlage im Sinne der erörterten Rechtsprechung kommt es daher zunächst darauf an, ob die Lärmimmissionen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigen und die ortsübliche Benutzung der Liegenschaft wesentlich beeinträchtigen. Erst dann ist weiters entscheidend, ob sich diese ortsunüblichen und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigenden Immissionen durch zumutbare Maßnahmen vermeiden lassen (1 Ob 47/15s; vgl 8 Ob 61/19g). Diese Zumutbarkeitsprüfung, in deren Rahmen die gebotene Interessenabwägung zu erfolgen hat, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (8 Ob 61/19g [ErwGr 6.1.]).
[13] 2.3. Hier steht noch nicht fest, ob die Lärmimmissionen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigen und die ortsübliche Benutzung der Liegenschaft der Kläger wesentlich beeinträchtigen (dazu unten Punkt II.). Vor der vom Berufungsgericht angeordneten Verfahrensergänzung durch das Erstgericht kann somit noch nicht gesagt werden, ob es auf das Vorliegen einer gemeinwichtigen Anlage im Sinne der erörterten Rechtsprechung überhaupt entscheidungswesentlich ankommt.
[14] Der Oberste Gerichtshof ist nicht verpflichtet, zu bloß unter Umständen möglichen, aber noch nicht feststellungsmäßig gesicherten Fallgestaltungen Stellung zu nehmen (6 Ob 78/23y [ErwGr 3.2.]; RS0088931 [T3]). Damit liegt aber die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage noch nicht vor.
[15] 2.4. Im gegebenen Zusammenhang kann aber schon jetzt festgehalten werden, dass im vorliegenden Fall ausreichende Indizien dafür bestehen, die Kläranlage als gemeinwichtige Anlage im Sinne der erörterten Judikatur zu betrachten.
[16] 2.4.1. Der von einer Gemeinde unternommene Wasserbau zum Zwecke einer geordneten Sammlung und unschädlichen Ableitung der Abwässer durch Klärung bzw Reinigung derselben in ihrem Gemeindegebiet liegt im allgemeinen oder öffentlichen Interesse eines Gemeinwesens, insbesondere iSd § 105 lit a und lit e WRG zur Vermeidung gesundheitsschädlicher Folgen und der nachteiligen Beeinflussung der Beschaffenheit des Wassers. Für die Herstellung oder den Betrieb und die Erhaltung eines solchen Wasserbaus können gemäß § 63 lit b und lit c WRG von der Behörde allenfalls notwendige Enteignungen von Liegenschaften und Bauwerken (oder andere Zwangsrechte; § 60 ff WRG) eingeräumt werden (vgl VwGH 2465/76, 94/97/0062). Das gilt auch für die gegenständliche Kläranlage, die für die Reinigung der Abwässer im Umfang von 30.000 Einwohnergleichwerten aus der beklagten Stadtgemeinde errichtet wurde und betrieben wird.
[17] Auf eine gesetzlich angeordnete Betriebspflicht kommt es hier nicht maßgeblich an, zumal auf der Hand liegt, dass der Betrieb der Anlage nicht einfach eingestellt werden kann, ohne erhebliche Nachteile für die beklagte Stadtgemeinde, ihre Einwohner und die Umwelt, also die öffentlichen Interessen (insbesondere) iSd § 105 lit a und lit e WRG, zu verursachen. Dementsprechend sieht selbst der (unstrittig echte; vgl RS0121557 [T3]) wasserrechtliche Bewilligungsbescheid zur Erweiterung der Kläranlage vom 22. 1. 1991 vor, dass auch während der Umbauten der Betrieb der Anlage sichergestellt sein muss (Punkt 51. der Auflagen; vgl auch Punkt 12. der Auflagen: Bereithaltung eines mobilen Notstromaggregats).
[18] Es ist daher von einem gegenüber dem Normalfall des § 364a ABGB (gewerbliche Betriebsanlage) erheblich gesteigerten öffentlichen Interesse am Betrieb der gegenständlichen Kläranlage auszugehen.
[19] 2.4.2. Zwar kam den Rechtsvorgängern der Kläger im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren keine Parteistellung im Hinblick auf die streitgegenständlichen Lärmimmissionen zu, weil solche Immissionen keinen wasserrechtlich relevanten Eingriff in die Substanz des Grundeigentums iSd § 12 Abs 2 WRG darstellen (VwGH 96/07/0226 [Kläranalge], 95/07/115 [Schiffs-nlegestelle], 95/07/0174 [Wasserkraftanlage]). Allerdings war es Sache der Wasserrechtsbehörde, iSd § 105 WRG im wohlverstandenen öffentlichen Interesse (auch) Lärmimmissionen möglichst hintanzuhalten, ohne dass aber den betroffenen Personen darauf ein Rechtsanspruch zustünde (VwGH 95/07/0174 [Lärm]; vgl VwGH 95/07/0128 [Geruchsbelästigung]). Auf die diesbezüglichen schutzwürdigen Interessen der Rechtsvorgängern der Kläger war daher generell Rücksicht zu nehmen (vgl auch 1 Ob 194/17m [ErwGr 1.]).
[20] 2.5. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs § 26 Abs 2 WRG innerhalb seines Anwendungsbereichs zwar als Sonderregelung die nachbarrechtlichen Ansprüche nach § 364 Abs 2 und § 364a ABGB verdrängt (1 Ob 127/15f [ErwGr 1.]; 1 Ob 19/90 [Kläranlage]; RS0082428 [T2]; RS0010521; RS0010664). Bereits aus den dargelegten Gründen umfasst aber der Schutzbereich des § 26 Abs 2 WRG die hier gegenständlichen Lärmimmissionen der Kläranlage nicht, sodass diese nicht im sachlichen Anwendungsbereich der Norm liegen. Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch ist daher nach §§ 364 ff ABGB zu beurteilen (vgl 8 Ob 48/07b; 1 Ob 31/95).
I I. Zum Rekurs der Kläger:
[21] 1.1. Entgegen der Auffassung der Revision kann den Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach Einwirkungen, die die Gesundheit davon betroffener Menschen überhaupt – und nicht nur für übersensible Menschen – gefährden, nicht als ortsüblich iSd § 364 Abs 2 ABGB beurteilt werden können (vgl RS0010607 [T9]; RS0010577 [T9]), nicht die Bedeutung unterstellt werden, ein gesundheitsgefährdender oder ‑beeinträchtigender Charakter der Immissionen sei jedenfalls Voraussetzung für eine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung. Das Berufungsgericht hat vielmehr ausdrücklich festgehalten, „dass die Wesentlichkeitsschwelle selbstverständlich nicht erst dann erreicht wäre, wenn die Beeinträchtigung zB des Schlafbedürfnisses so nachhaltig und tiefgreifend ist, dass damit eine Gefährdung der körperlichen oder psychischen Gesundheit einhergeht“ (vgl 6 Ob 247/20x [ErwGr 3.4.]).
[22] 1.2. Ein Abweichen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs oder widersprüchliche Ausführungen des Berufungsgerichts zeigt der Rekurs der Kläger insoweit nicht auf. Insbesondere kann aus den berufungsgerichtlichen Ausführungen nicht abgeleitet werden, der Klage dürfe nur bei Vorliegen einer Gesundheitsgefährdung oder ‑beeinträchtigung stattgegeben werden.
[23] 2.1. Wie ein bestimmtes Prozessvorbringen zu verstehen ist, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig und stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar, sofern das Berufungsgericht zu einem vertretbaren Auslegungsergebnis gelangt ist (RS0042828 [T27]). Das gilt auch für die Frage, ob tatsächliche Behauptungen einer Partei als zugestanden anzusehen sind (6 Ob 170/21z [ErwGr 1.4]; RS0042828 [T41]; vgl RS0040091).
[24] 2.2. Weshalb die Beurteilung des Berufungsgerichts, der für die Liegenschaft der Kläger maßgebliche Basisgeräuschpegel stehe nicht außer Streit, unrichtig sei, legt der Rekurs nicht dar. Im Gegenteil wird darin erklärt, den im Aufhebungsbeschluss an das Erstgericht erteilten Auftrag hinzunehmen, diesen Geräuschpegel festzustellen.
[25] 2.3. Zu dem im bekämpften Aufhebungsbeschluss erteilten weiteren Auftrag, auch Feststellungen zum Mittelungspegel zu treffen, weil ansonsten eine Beurteilung nicht möglich sei, ob die im Klagebegehren genannten Werte (auch) dieses Pegels überschritten würden (vgl 2 Ob 166/14x [ErwGr 5.]), enthält der Rekurs keine Ausführungen.
[26] 3.1. Die Frage, ob Lärm die ortsübliche Nutzung der Nachbarliegenschaft wesentlich beeinträchtigt, hängt nicht nur von ihrer – hier bisher nicht festgestellten – objektiv messbaren Lautstärke (im Sinn der Erhöhung des Grundgeräuschpegels), sondern auch von ihrer subjektiven Lästigkeit ab, wobei auf das Empfinden eines durchschnittlichen Bewohners des betroffenen Grundstücks abzustellen ist (RS0010557 [T3]; RS0010607). Für die Lästigkeit sind neben der Tonhöhe unter anderem auch Dauer, Häufigkeit, Eigenart und Tageszeit des Lärms maßgeblich (10 Ob 38/24x [ErwGr 2.1.]; RS0010557; RS0037203). Es kommt darauf an, ob der Lärm geeignet ist, objektiv (das heißt von normal empfindlichen Menschen) als störend empfunden zu werden (10 Ob 38/24x [ErwGr 2.1.]; RS0037198).
[27] 3.2. Die Kläger stützten sich auf eine Zunahme der von der Kläranlage ausgehenden Lärmimmissionen auf ihr Grundstück seit dem Jahr 2015. Sie brachten vor, eine normale Gartenbenützung sei nicht mehr möglich. Selbst bei geschlossenen Fenstern sei der Lärm noch massiv wahrnehmbar, ein normales Wohnen und Arbeiten sei nicht mehr möglich. Die Erstklägerin werde regelmäßig in der Nacht aus dem Schlaf gerissen. Von der erhöhten Lärmbeeinträchtigung gehe eine Gesundheitsgefährdung aus.
[28] 3.3. Das Berufungsgericht war der Auffassung, den Feststellungen sei bisher lediglich zu entnehmen, dass auf der klägerischen Liegenschaft im Zeitraum von 2. 9. bis 11. 9. 2021 ein von der Kläranlage herrührendes, beinahe ständiges auffälliges Dauergeräusch im Terzbandbereich von 100 und 125 Hertz vorhanden gewesen sei, das den Geräuschpegel ohne dieses Störgeräusch um 5,7 dB erhöht habe. Es werde im fortgesetzten Verfahren (auch) zu klären sein, ob das Betriebsgeräusch der Kläranlage gemessen an den Lebens- und Schlafgewohnheiten und dem Lärmempfinden eines Durchschnittsmenschen in der Lage der Kläger, auch unter Bedachtnahme auf die Lästigkeit des tieffrequenten Dauertons, überhaupt zu einer ins Gewicht fallenden Störung der Nutzung führe. Diese Beurteilung findet Deckung in den erörterten Judikaturgrundsätzen.
[29] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 ZPO iVm § 50 Abs 1 ZPO. Im Zwischenstreit über die Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO findet ein Kostenvorbehalt nicht statt (RS0123222). Nur die Kläger haben aber auf die Unzulässigkeit des Rekurses der Beklagten hingewiesen und damit Anspruch auf Ersatz der verzeichneten Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortung (vgl 10 Ob 33/23k [ErwGr 6.]; RS0035362 [T18, T20]; RS0035979 [T15]).
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