European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0020OB00037.25T.0603.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Schadenersatz nach Verkehrsunfall
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird teilweiseFolge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass es lautet:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 12.069,19 EUR samt 4 % Zinsen seit 19. 3. 2021 binnen 14 Tagen zu zahlen.
2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 6.157,02 EUR samt 4 % Zinsen seit 19. 3. 2021 zu zahlen, wird abgewiesen.“
Die Kostenentscheidung für das gesamte Verfahren bleibt dem Erstgericht vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Lenker des bei der Beklagten gegen Haftpflicht versicherten Fahrzeugs fuhr am 9. 9. 2019 gegen 20:10 Uhr in Hartberg auf die Autobahn in Richtung Wien auf. Nachdem ihm das vor ihm fahrende Fahrzeug seines Geschäftspartners Platz gemacht hatte, beschleunigte er auf der rechten Fahrspur auf über 180 km/h. Als er bemerkte, dass der Abstand zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug zu gering geworden war, leitete er eine Notbremsung ein und lenkte nach rechts aus, sodass sein Fahrzeug ins Schleudern geriet und gegen die Böschung und von dort wieder auf den ersten Fahrstreifen der Autobahn geschleudert wurde, wo es mit der Front gegen die Fahrtrichtung und unbeleuchtet zum Stillstand kam.
[2] Der in die selbe Richtung mit 120 km/h mit Abblendlicht fahrende Dienstnehmer der Klägerin hat das Auffahren auf die Autobahn beobachtet, aber aufgrund der starken Beschleunigung den Sichtkontakt verloren. Als er das am ersten Fahrstreifen stehende Fahrzeug bemerkte, lenkte er sein Fahrzeug 1,6 Sekunden vor der Kollision nach rechts in Richtung des dort befindlichen Pannenstreifens, konnte aber einen seitlich versetzten Anstoß nicht mehr vermeiden. Die Anstoßgeschwindigkeit betrug zumindest 85 km/h.
[3] Im Zeitpunkt des Unfalls war es dämmrig. Nicht festgestellt werden konnte, ob die Fahrbahn durch entgegenkommende Fahrzeuge ausgeleuchtet war. Ansonsten erfordert ein Fahren auf Sicht aufgrund der Leuchtweite des Abblendlichts von etwa 50 Metern eine Reduktion der Geschwindigkeit auf 60 bis 80 km/h, wodurch der Zusammenstoß vermieden worden wäre. Bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h beträgt der Anhalteweg 100 Meter. Der Dienstnehmer der Klägerin hätte dem verunfallten Fahrzeug auch innerhalb von 45 Metern ab Gefahrenerkennung ausweichen können, wofür er aber 4,1 Meter und 0,13 Sekunden früher reagieren hätte müssen.
[4] Der Dienstnehmer der Klägerin bezog während seines unfallbedingten Krankenstands von 10. 9. 2019 bis 29. 12. 2019 eine volle Entgeltfortzahlung von 24.628,09 EUR und anschließend von 30. 12. 2019 bis 29. 1. 2020 ein Krankengeld von 1.579,20 EUR und eine halbe Entgeltfortzahlung von 3.598,12 EUR.
[5] Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Ersatz der von ihr geleisteten Lohnfortzahlungen von 28.226,21 EUR abzüglich einer bereits geleisteten Teilzahlung von 10.000 EUR, sohin 18.226,21 EUR sA. Der Unfall sei auf das Alleinverschulden des Unfallgegners zurückzuführen, der eine eklatante Geschwindigkeitsüberschreitung verantworte.
[6] Die Beklagte wendet ein, dass dem Dienstnehmer der Klägerin ein zumindest gleichteiliges Mitverschulden zur Last falle, weil er aufgrund der beschränkten Leuchtweite des Abblendlichts seine Geschwindigkeit verringern hätte müssen, wodurch die Kollision vermieden worden wäre. Dementsprechend sei auch das Quotenvorrecht der Sozialversicherung zu berücksichtigen.
[7] Das Erstgericht sprach der Klägerin 9.590,45 EUR sA zu und wies das darüber hinausgehende Klagebegehren ab. Der Dienstnehmer der Klägerin hätte aufgrund der eingeschränkten Leuchtweite des Abblendlichts seine Geschwindigkeit reduzieren müssen. Die Negativfeststellung hinsichtlich der Ausleuchtung der Fahrbahn durch entgegenkommende Fahrzeuge gehe zu Lasten der Klägerin. Zudem verantworte der Dienstnehmer der Klägerin eine Reaktionsverspätung, sodass sein Mitverschulden nicht gänzlich außer Betracht bleiben dürfe und eine Schadensteilung von 3 : 1 zu Lasten des Unfallgegners, der sich eklatant sorglos verhalten habe, angemessen erscheine. Entsprechend dem Quotenvorrecht der Sozialversicherung müsse sich die Klägerin von ihrem um die Mitverschuldensquote verminderten Schadenersatzanspruch noch das Krankengeld von 1.579,20 EUR abziehen lassen.
[8] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision im Hinblick auf die Frage der Beweislast für die Ausleuchtung der Fahrbahn durch entgegenkommende Fahrzeuge und die Gewichtung des Verschuldens nachträglich zu.
[9] Gegen den abweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[10] Die Beklagte beantragt das Rechtsmittel zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[11] Die Revision ist im Hinblick auf die Frage des Quotenvorrechts der Sozialversicherung in den Lohnfortzahlungsfällen zulässig, sie ist auch teilweise berechtigt.
1. Zum Mitverschulden
[12] 1.1. Nach § 20 Abs 1 StVO hat ein Fahrzeuglenker seine Geschwindigkeit den gegebenen Sichtverhältnissen anzupassen. Der Fahrzeuglenker hat auf Sicht zu fahren, das heißt seine Geschwindigkeit so einzurichten, dass er beim Auftauchen eines Hindernisses unfallverhütend reagieren kann (RS0074750). Es muss auch damit gerechnet werden, dass sich ein unbeleuchtetes Hindernis auf der Fahrbahn befinden kann (RS0074750 [T4, T5]).Selbst auf Autobahnen darf ein Fahrzeuglenker bei Dunkelheit nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überschaubaren Strecke rechtzeitig halten kann (RS0074680). Beim Fahren mit höherer Geschwindigkeit ist das Fernlicht zu verwenden. Ist dies nicht möglich, etwa weil der Gegenverkehr geblendet werden könnte, dann hat der Fahrzeuglenker seine Geschwindigkeit entsprechend zu reduzieren (8 Ob 62/86; 2 Ob 109/10h; 2 Ob 54/20k).
[13] 1.2. Mit Abblendlicht darf nur eine solche Geschwindigkeit gefahren werden, die ein Anhalten innerhalb der ausgeleuchteten Straße ermöglicht (RS0074769). Insbesondere auf mehrspurigen Autobahnen kann es aber ausreichen, wenn auf unvermutet in Sichtweite auftauchende Hindernisse durch eine gezielte Ausweichbewegung ohne Gefährdung anderer Straßenbenützer unfallverhütend reagiert werden kann (RS0074683). Für die Wahl der Geschwindigkeit ist allerdings nicht nur das eigene Abblendlicht, sondern auch das Licht aus anderen Lichtquellen von Bedeutung (RS0074669). Wird die Fahrbahn durch vorausfahrende und entgegenkommende Fahrzeuge ausgeleuchtet, wird das Gebot des Fahrens auf Sicht nicht verletzt (RS0074669 [T1]).
[14] 1.3. Grundsätzlich hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu behaupten und beweisen (RS0037797; RS0109832). Die Beklagte trifft deshalb die Behauptungs‑ und Beweislast, dass der Dienstnehmer der Klägerin schuldhaft gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen hat (RS0027129 [T2]). Da sich die Beklagte auf einen Verstoß gegen § 20 Abs 1 StVO beruft, würde es ausreichen, wenn die objektive Übertretung dieses Schutzgesetzes nachgewiesen wird (RS0112234). Das ist der Beklagten jedoch nicht gelungen: Im vorliegenden Fall konnte angesichts des Dämmerlichts und der Scheinwerfer der entgegenkommenden Fahrzeuge nämlich nicht festgestellt werden, ob die Sichtweite des Dienstnehmers der Klägerin mit der Leuchtweite des Abblendlichts beschränkt war, sodass ein Verstoß gegen § 20 Abs 1 StVO gerade nicht festgestellt werden konnte.
[15] 1.4. Da die Klägerin aber von Anfang an vorgebracht hat, dass noch keine vollständige Dunkelheit herrschte und die Fahrbahn von anderen Fahrzeugen hinreichend ausgeleuchtet war, verantwortet ihr Dienstnehmer eine erhebliche Reaktionsverspätung, weil er das Fahrzeug des Unfallgegners sohin – nachdem auch keine sonstigen Sichtbehinderungen behauptet wurden – spätestens aus einer Entfernung von 100 Metern wahrnehmen hätte müssen und dadurch noch anhalten sowie selbst in einer Entfernung von 45 Metern noch ausweichen hätte können. Auch wenn der Unfallgegner aufgrund seiner exorbitant überhöhten Geschwindigkeit und seines Beobachtungsfehlers eine krass grobe Fahrlässigkeit und damit das weitaus überwiegende Verschulden am Unfall verantwortet, muss im Rahmen der Schadensteilung nach § 1304 ABGB doch auch die erhebliche Reaktionsverzögerung des Dienstnehmers der Klägerin entsprechend berücksichtigt werden, sodass sich – in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen – eine Schadensteilung von 1 : 3 zu Lasten der Beklagten ergibt.
2. Zum Quotenvorrecht der Sozialversicherung
[16] 2.1. Im Fall der Lohnfortzahlung kommt es zu einer bloßen Schadensverlagerung, sodass die Ersatzpflicht des Schädigers durch die Lohnfortzahlung nicht ausgeschlossen wird, sondern der Ersatzanspruch gegen den Schädiger nach ständiger Rechtsprechung analog § 1358 ABGB, § 67 VersVG mit der Lohnfortzahlung auf den Dienstgeber übergeht (RS0043287; grundlegend V. Steininger, Schadenersatz bei Lohnfortzahlung, JBl 1959, 469 [476]). Der Schädiger hat daher dem Dienstgeber den auf ihn überwälzten Schaden des Dienstnehmers und nicht etwa einen eigenen Schaden des Dienstgebers aus dem Ausfall der Arbeitskraft zu ersetzen (RS0043287 [T3, T14]). Dies hat zur Folge, dass sich der Dienstgeber das Mitverschulden des Dienstnehmers anspruchsmindernd anrechnen lassen muss. Die Klägerin kann deshalb für den Zeitraum von 10. 9. 2019 bis 29. 12. 2019 nur drei Viertel ihrer Lohnfortzahlungen, sohin 18.471,07 EUR beanspruchen.
[17] 2.2. Im Zeitraum von 30. 12. 2019 bis 29. 1. 2020 hat der Dienstnehmer der Klägerin Krankengeld von 1.579,20 EUR bezogen. Nach § 332 Abs 1 ASVG geht der Schadenersatzanspruch des Geschädigten im Wege der Legalzession auf den Sozialversicherungsträger insoweit über, als dieser Leistungen zu erbringen hat. Der Forderungsübergang nach § 332 Abs 1 ASVG setzt eine kongruente Deckung voraus (RS0030708; RS0085405). Die Ansprüche, die dem Verletzten einerseits gegen den Versicherungsträger und andererseits gegen den Haftpflichtigen zustehen, müssen ihrer Art nach gleich sein (RS0085405). Der sozialversicherungsrechtliche Anspruch auf Krankengeld ist mit dem schadenersatzrechtlichen Anspruch auf Ersatz des Verdienstentgangs sachlich kongruent (RS0030708 [T2]).
[18] 2.3. Das Quotenvorrecht der Sozialversicherung besteht darin, dass der Sozialversicherungsträger vom Schädiger auch im Fall eines Mitverschuldens des Geschädigten den vollen Ersatz für seine Leistungen verlangen kann, solange dies in dem durch den Mitverschuldensanteil verminderten Schadenersatzanspruch Deckung findet, sodass dem Geschädigten nur ein allfälliger Restbetrag seines Ersatzanspruchs verbleibt (RS0027370; RS0026975). Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass der Anspruch des Dienstnehmers auf Verdienstentgang für den Zeitraum von 30. 12. 2019 bis 29. 1. 2020 im Ausmaß von 1.579,20 EUR auf die Sozialversicherung übergegangen ist, ohne dass die Sozialversicherung sich das Mitverschulden des Dienstnehmers anrechnen lassen müsste.
[19] 2.4. Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu 2 Ob 167/01z darauf hingewiesen, dass in einem solchen Fall der Schadenersatzanspruch aus der Lohnfortzahlung erst im Augenblick der Zahlung und daher nur in dem um die Sozialleistung verminderten Betrag auf den Dienstgeber übergehen kann, sodass der Anspruch des Dienstgebers auf Ersatz des Lohnfortzahlungsschadens mit dem nach Legalzession auf die Sozialversicherung verbleibenden Schadenersatzanspruch des Dienstnehmers begrenzt ist. Da der Dienstnehmer der Klägerin im Zeitraum von 30. 12. 2019 bis 29. 1. 2020 einen Verdienstentgang von 7.196,24 EUR erlitten hat, bedeutet dies unter Berücksichtigung des Mitverschuldens einen Schadenersatzanspruch von 5.379,18 EUR, wovon 1.579,20 EUR auf die Sozialversicherung übergegangen sind, was einem verbleibenden Haftungsfonds von 3.817,98 EUR entspricht.
[20] 2.5. Da die Klägerin in diesem Zeitraum lediglich eine Lohnfortzahlung von 3.598,12 EUR geleistet hat, ist ihr Anspruch jedenfalls im Haftungsfonds gedeckt. Es stellt sich aber die Frage, wie der den eingetretenen Schaden nicht zur Gänze deckende Haftpflichtanspruch gegen die Beklagte zu verteilen ist. Auch wenn die Leistungen des Dienstgebers eine Legalzession bewirken, führt dies nicht automatisch zu einem Quotenvorrecht des Dienstgebers (2 Ob 205/07x = RS0122954; 2 Ob 201/20b).
[21] 2.5.1. Nach den einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften ist der Lohnfortzahlungsanspruch erst ausgeschlossen, wenn der Dienstnehmer die Verhinderung vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat (§ 8 Abs 1 AngG, § 2 Abs 1 EFZG, § 24 Abs 1 VBG ua). Da sohin der leicht fahrlässige Dienstnehmer im Fall seines Alleinverschuldens den Lohnfortzahlungsanspruch behält, wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass seine Stellung nicht schlechter sein könne, wenn die Dienstverhinderung auch auf das Verschulden eines Dritten zurückzuführen ist, sodass ihm ein Quotenvorrecht vor den Ansprüchen des Dienstgebers zuzubilligen sei (Reischauer in Rummel 3 § 1295 ABGB Rz 29b; Kodek in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 1295 Rz 52). Dabei wird aber übersehen, dass die arbeitsrechtlichen Vorschriften nur den Lohnfortzahlungsanspruch, nicht aber die Anspruchsberechtigung gegenüber dem Schädiger regeln. Es begründet auch keine Schlechterstellung, wenn ein Dienstnehmer sowohl im Fall seines Alleinverschuldens als auch im Fall seines Mitverschuldens mit jenem Verdienstentgang belastet wird, der nicht von der Lohnfortzahlung gedeckt ist. Die Frage, ob der eingeschränkte Ersatzanspruch gegen den Schädiger vom Dienstgeber oder vom Dienstnehmer geltend gemacht werden kann, muss vielmehr anhand der Wertungen des Gesetzes beurteilt werden.
[22] 2.5.2. Im Gegensatz zu § 332 ASVG sieht § 67 Abs 1 Satz 2 VersVG bei der versicherungsrechtlichen Legalzession vor, dass der Übergang des dem Versicherten gegen einen Dritten zustehenden Schadenersatzanspruchs auf den Versicherer, soweit dieser den Schaden ersetzt, nicht zum Nachteil des Versicherten geltend gemacht werden kann. Das damit angeordnete Quotenvorrecht des Versicherten rechtfertigt sich in der Überlegung, dass der Versicherer die Lücke zwischen dem Schaden und dem Schadenersatzanspruch füllen soll, weil er für seine Leistung eine Prämie erhalten hat, sodass der Versicherte seine Entschädigung ohne Rücksicht darauf erhalten soll, ob ein Anspruch gegen den Schädiger besteht (7 Ob 33/77 = RS0081196; 2 Ob 36/94; 2 Ob 201/20b). Diese Erwägung trifft aber in den Lohnfortzahlungsfällen nicht zu, weil der Dienstgeber keine der Prämie vergleichbaren Zahlleistungen erthält.
[23] 2.5.3. Der Oberste Gerichtshof hat zu 2 Ob 201/20b ausgesprochen, dass ein öffentlich‑rechtlicher Dienstgeber, der an einen infolge (teilweisen) Fremdverschulden dienstunfähig gewordenen Beamten Pensionsleistungen erbringt, in Analogie zu § 332 ASVG ein Quotenvorrecht in Anspruch nehmen kann, weil es sich um Leistungen handelt, die sonst typischerweise von der Sozialversicherung zu erbringen sind (anders noch 2 Ob 184/99v und 2 Ob 205/07x). Auch der Entgeltfortzahlungsanspruch des Dienstnehmers nach § 1154b ABGB bzw § 2 EFZG dient der Sicherung des Unterhalts des Dienstnehmers, der durch Krankheit oder Unglücksfall an der Dienstleistung verhindert ist, und substituiert insofern die Leistungen der Sozialversicherung, die erst bei länger andauernden Dienstverhinderungen eingreifen. Dies rechtfertigt auch im Rahmen des § 1358 ABGB ein vorrangiges Befriedigungsrecht des Dienstgebers für die von ihm geleistete Lohnfortzahlung, sodass der Ausfall, der sich aus der Differenz zwischen Schaden und Haftpflicht ergibt, vorrangig vom Dienstnehmer zu tragen ist, der das Mitverschulden verantwortet.
[24] 2.5.4. Aufgrund ihres vorrangigen Befriedigungsrechts kann die Klägerin deshalb die von ihr für den Zeitraum von 30. 12. 2019 bis 29. 1. 2020 geleistete Lohnfortzahlung von 3.598,12 EUR beanspruchen, ohne dass sich das Mitverschulden ihres Dienstnehmers zu ihren Lasten auswirken würde. Unter Hinzurechnung des Anspruchs der Klägerin von 18.471,07 EUR für den Zeitraum von 10. 9. 2019 bis 29. 12. 2019 und Abzug der bereits erhaltenen Teilzahlung von 10.000 EUR waren ihr daher 12.069,19 EUR sA zuzusprechen.
3. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:
[25] Haftet ein Dritter für den Verdienstentgang eines Dienstnehmers und zahlt der Dienstgeber nach den arbeitsrechtlichen Regelungen trotz Dienstunfähigkeit das Entgelt fort, so hat der Ersatzanspruch des Dienstgebers gegen den Haftpflichtigen im Fall eines wegen Mitverschuldens beschränkten Deckungsfonds Vorrang vor dem Anspruch des Dienstnehmers.
[26] 4. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 3 ZPO. Nachdem das Erstgericht von der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeit eines Kostenvorbehalts Gebrauch machte, wird es nunmehr die Kostenentscheidung für das gesamte Verfahren zu treffen haben.
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