European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0090OB00031.25M.0527.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiete: Bestandrecht, Klauselentscheidungen
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden in der Hauptsache dahin abgeändert, dass die beklagte Partei auch schuldig ist, die Verwendung der nachstehenden Klausel oder sinngleicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern für den Abschluss von Wohnungsmietverträgen im Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes im Sinne des § 1 Abs 4 MRG im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen und es weiters zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen, soweit diese bereits Inhalt der von der beklagten Partei mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträge geworden sind:
„Die Tierhaltung – ausgenommen üblicherweise in Käfigen gehaltene Kleintiere – ist ohne gesonderte Vereinbarung der Vertragsteile unzulässig.“
In Ansehung der übrigen (drei) Klauseln, die Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, werden die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 9.001,83 EUR (darin 1.240,97 EUR Umsatzsteuer und 1.556 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin ist ein gemäß § 29 KSchG klageberechtigter Verband.
[2] Der beklagte Unternehmer schließt mit Verbrauchern Mietverträge über Mietgegenstände iSd § 1 Abs 4 MRG. Er verwendet dafür Vertragsformblätter mit den folgenden im (Berufungs- und) Revisionsverfahren strittigen Klauseln:
„Macht der Vermieter, auch über längere Zeit, von den sich aus der Wertsicherung ergebenden Rechten keinen Gebrauch, so gilt dies nicht als Verzicht auf die Anwendbarkeit der Wertsicherung.“ (Klausel 13)
„Der Mieter verzichtet hinsichtlich allfälliger von ihm vorgenommener Investitionen auf die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gemäß §§ 1097 iVm 1037 ABGB. Es steht ihm sohin kein Anspruch auf Ersatz für nützlichen Aufwand zu, außer der Vermieter wäre zur Vornahme verpflichtet gewesen.“(Klausel 21)
„Der Mietgegenstand wird dem Mieter vom Vermieter ausschließlich zu Wohnzwecken zur Verfügung gestellt. Die Nutzung des Mietgegenstands zu anderen Zwecken ist untersagt.“(Klausel 24)
„Die Tierhaltung – ausgenommen üblicherweise in Käfigen gehaltene Kleintiere – ist ohne gesonderte Vereinbarung der Vertragsteile unzulässig.“ (Klausel 59)
[3] Die Klägerin begehrte zuletzt – nach mehreren Klageänderungen und einem rechtskräftigen Teilanerkenntnisurteil des Erstgerichts – die Unterlassung der Verwendung dieser Klauseln und 30 weiterer Klauseln sowie sinngleicher Klauseln und der Berufung darauf. Weiters begehrte sie die Ermächtigung zur Veröffentlichung des dem Klagebegehren stattgebenden Urteilsspruchs.
[4] Die Beklagte beantragte die Abweisung des (verbliebenen) Klagebegehrens.
[5] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in Ansehung der 30 weiteren Klauseln statt und wies das Klagebegehren in Ansehung der vier im (Berufungs- und) Revisionsverfahren strittigen Klauseln ab.
[6] Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in Ansehung dieser vier Klauseln. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands für jede Klausel 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und dass die Revision zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof die Klausel 59 oder eine vergleichbare Klausel, die für eine größere Anzahl an Mietern bedeutend sein könne, in einem Verbandsprozess noch nicht beurteilt habe.
[7] In ihrer Revision beantragt die Klägerin, die Entscheidungen der Vorinstanzen zu ändern und dem Klagebegehren auch in Ansehung der vier im Revisionsverfahren strittigen Klauseln stattzugeben.
[8] Der Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[9] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und teilweise berechtigt.
1. Zur Klausel 13:
„Macht der Vermieter, auch über längere Zeit, von den sich aus der Wertsicherung ergebenden Rechten keinen Gebrauch, so gilt dies nicht als Verzicht auf die Anwendbarkeit der Wertsicherung.“
[10] 1.1. Die Klägerin meinte, dass die Klausel den Mieter gröblich benachteilige (§ 879 Abs 3 ABGB). Sie nehme einem Verhalten des Vermieters, mit dem er konkludent auf die Wertsicherung verzichte, ohne sachliche Rechtfertigung die rechtliche Wirkung.
[11] 1.2. Der Beklagte entgegnete, dass die Klausel die Rechtslagewiedergebe. Mache der Vermieter die Wertsicherung, wenn auch über längere Zeit, nicht geltend, sei das für sich allein noch kein konkludenter Verzicht auf die Rechte aus der Wertsicherung.
[12] 1.3. Die Vorinstanzen folgten den Argumenten des Beklagten.
[13] 1.4. In der Revision wiederholt die Klägerin ihren Standpunkt, dass die Klausel die Annahme eines konkludenten Verzichts des Vermieters auf die Wertsicherung beschränke und daher gröblich benachteiligend sei (§ 879 Abs 3 ABGB). Darüber hinaus behauptet sie erstmals weitere Gesetzesverstöße: Die Klausel widerspreche bei der kundenfeindlichsten Auslegung § 6 Abs 1 Z 11 KSchG, weil sie den Mieter mit dem Beweis des konkludenten Verzichts des Vermieters auf die Wertsicherung belaste, und § 10 Abs 3 KSchG, weil sie die Wirksamkeit formloser Erklärungen des Vermieters ausschließe.
[14] 1.5. Die Revisionsbeantwortung tritt den vorgebrachten Gesetzesverstößen mit dem wesentlichen Argument entgegen, die Klausel gebe nur die geltende Rechtslage wieder. Die Beweislast für einen schlüssigen Verzicht des Vermieters treffe ohnehin den Mieter. Der Klausel könne auch nicht unterstellt werden, formlosen Erklärungen des Vermieters die Wirksamkeit zu nehmen.
1.6. Dazu ist auszuführen:
[15] 1.6.1. Der Nichtgebrauch eines Rechts ist nur dann als konkludenter Verzicht auf das Recht anzusehen, wenn nach Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund besteht, am Verzicht zu zweifeln (RS0014213). Dass das Recht während einer längeren Zeit nicht geltend gemacht wird, ist für sich allein kein konkludenter Verzicht auf das Recht (RS0014186; RS0014213 [T6]). Im Einklang damit verzichtet ein Vermieter, der einen vertraglichen Anspruch auf eine Mietzinserhöhung hat, nicht allein dadurch konkludent auf den Erhöhungsbetrag, dass er ihn über eine längere Zeit (vgl zB 1 Ob 202/07y: 20 Jahre) nicht einfordert (RS0014190 [T28, T36]; RS0014193 [T7]).
[16] 1.6.2. Auch bei der gebotenen Auslegung im „kundenfeindlichsten“ Sinn (RS0016590) steht die Klausel mit dieser Rechtslage im Einklang. Sie betont nur, dass der Vermieter nicht dadurch auf die Wertsicherung verzichtet, dass er sie nicht geltend macht. Entgegen der Ansicht der Klägerin bietet der allein maßgebliche Wortlaut der Klausel (vgl RS0008901) weder Anhaltspunkte dafür, dass der Nichtgebrauch der Rechte aus der Wertsicherung, auch über eine längere Zeit, nicht in die Prüfung eines konkludenten Verzichts des Vermieters auf die Wertsicherung (§ 863 ABGB) einbezogen werden dürfte, noch dafür, dass auch bei zusätzlichen oder anderen besonderen Umständen kein konkludenter Verzicht auf die Wertsicherung angenommen werden könnte.
[17] 1.6.3. Da die Klausel die Rechtslage nicht (zum Nachteil des Mieters) verändert, kommt eine Missbräuchlichkeit nach § 6 Abs 1 Z 11 KSchG oder § 10 Abs 3 KSchG von vornherein nicht in Betracht.
[18] 1.6.4. Die Klausel 13 ist daher zulässig und weder gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB) noch sonst missbräuchlich (§ 6 Abs 1 Z 11, § 10 Abs 3 KSchG).
2. Zur Klausel 21:
„Der Mieter verzichtet hinsichtlich allfälliger von ihm vorgenommener Investitionen auf die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gemäß §§ 1097 iVm 1037 ABGB. Es steht ihm sohin kein Anspruch auf Ersatz für nützlichen Aufwand zu, außer der Vermieter wäre zur Vornahme verpflichtet gewesen.“
[19] 2.1. Die Klägerin argumentierte, die Klausel benachteilige den Mieter gröblich (§ 879 Abs 3 ABGB), indem sie den Ersatz für nützlichen Aufwand und auch den Ersatz für einen notwendigen Aufwand ausschließe.
[20] 2.2. Der Beklagte entgegnete, dass die Klausel der ständigen Rechtsprechung entspreche.
[21] 2.3. Die Vorinstanzen traten der Ansicht des Beklagten bei.
[22] 2.4. In der Revision wiederholt die Klägerin ihre bisherigen Argumente und beruft sich auch auf die Intransparenz der Klausel (§ 6 Abs 3 KSchG), weil sie den unrichtigen Eindruck erwecke, dass der Mieter auch keinen Ersatz für einen Aufwand begehren könne, den der Vermieter im Mietvertrag unzulässigerweise auf ihn überwälzt habe.
[23] 2.5. Die Revisionsbeantwortung verweist erneut darauf, dass die Klausel im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung stehe.
2.6. Dazu ist auszuführen:
[24] 2.6.1. Die Klausel legt dem Mieter klar und deutlich offen, dass er nur einen Ersatz für jenen nützlichen Aufwand begehren kann, zu dessen Vornahme der Vermieter verpflichtet gewesen wäre. Das Argument der Revision, die Klausel erwecke den unrichtigen Eindruck, dass der Mieter keinen Ersatz für einen Aufwand begehren könne, den der Vermieter im Mietvertrag unzulässigerweise auf ihn überwälzt habe, kann nicht nachvollzogen werden.
[25] 2.6.2. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist ein Verzicht des Mieters auf Ersatzansprüche für nützliche Aufwendungen (§ 1097 ABGB) auch im Vorhinein zulässig und wirksam (RS0020595; RS0021155). Eine entsprechende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern wurde bereits in mehreren Fällen als den Mieter nicht gröblich benachteiligend beurteilt (6 Ob 181/17m, Klausel 24; 6 Ob 226/18f, Pkt 3.; 8 Ob 6/24a, Klausel 28). Entgegen der Ansicht der Klägerin hat der Oberste Gerichtshof auch eingehend begründet, warum er eine solche Klausel für sachlich gerechtfertigt ansieht: Zum ersten wird der Zustand des Objekts im vereinbarten Bestandzins eingepreist. Zum zweiten bleibt eine solche Klausel zugunsten des Mieters hinter der gesetzlichen Möglichkeit des Vermieters zurück, den Ersatz nützlicher Aufwendungen überhaupt auszuschließen (§ 1040 ABGB; vgl 6 Ob 181/17m, Klausel 24). Zum dritten hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse daran, sich vor unvorhersehbaren Zahlungspflichten zu schützen, während der Mieter selbst entscheiden kann, ob er eine nützliche Investition auf seine Kosten vornimmt oder nicht (8 Ob 6/24a, Klausel 28). Diese Erwägungen gelten auch für die in der Revision beispielhaft angeführten, als „lebensnotwendig“ bezeichneten Investitionen.
[26] 2.6.3. Die Revision bietet keinen Anlass, im vorliegenden Fall einer inhaltlich gleichen Klausel von der gefestigten Rechtsprechung abzugehen. Mit der Literatur, auf die sich die Revision bezieht, hat sich der Oberste Gerichtshof inhaltlich bereits auseinandergesetzt (6 Ob 226/18f, Pkt 3.; 8 Ob 6/24a, Klausel 28).
[27] 2.6.4. Die Klausel 21 ist daher zulässig; sie ist weder intransparent (§ 6 Abs 3 KSchG) noch gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB).
3. Zur Klausel 24:
„Der Mietgegenstand wird dem Mieter vom Vermieter ausschließlich zu Wohnzwecken zur Verfügung gestellt. Die Nutzung des Mietgegenstands zu anderen Zwecken ist untersagt.“
[28] 3.1. Die Klägerinargumentierte, dass die Klausel den Mieter gröblich benachteilige (§ 879 Abs 3 ABGB), weil sie sein Gebrauchsrecht unzulässig einschränke. Es sei eine Verkehrssitte, dass Mieter Wohnungen in einem gewissen Ausmaß auch für berufliche Zwecke verwenden.
[29] 3.2. Der Beklagte entgegnete, die Klausel stelle nur klar, dass eine Wohnung und keine Geschäftsräumlichkeit vermietet werde. Tätigkeiten im Homeoffice seien ohnehin keine geschäftliche Nutzung.
[30] 3.3. Die Vorinstanzen schlossen sich den Argumenten der Beklagten an.
[31] 3.4. In der Revision verweist die Klägerin besonders auf den Wortlaut der Klausel. Bei kundenfeindlichster Auslegung verbiete er dem Mieter alle Tätigkeiten, die nicht ausschließlich Wohnzwecken zuzuordnen seien. Eine Vermietung „zu Wohnzwecken“ gestatte dem Mieter eingeschränkte berufliche Nutzungen im Rahmen seines Gebrauchsrechts, wie es sich aus dem dispositiven Recht ergebe, eine Vermietung „ausschließlich zu Wohnzwecken“ nicht.
[32] 3.5. Die Revisionsbeantwortung verweist im Wesentlichen auf die Rechtsprechung, nach der auch eine Vermietung „nur zu Wohnzwecken“ geschäftliche Tätigkeiten wie Arbeit im Homeoffice zulasse.
3.6. Dazu ist auszuführen:
[33] 3.6.1. Die – keine Klauselprozesse betreffende – Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hält die vertragliche Einschränkung auf eine Vermietung zu Wohnzwecken – als Abgrenzung zu Geschäftszwecken verstanden – für grundsätzlich zulässig (5 Ob 183/16x, Pkt 4.5; 9 Ob 4/23p, Rz 45; vgl RS0020522). Der Vermieter hat im Regelfall ein legitimes Interesse an dieser Einschränkung, knüpfen sich doch daran unterschiedliche Rechtsfolgen, zB betreffend die Kündigung (9 Ob 4/23p, Rz 45 = RS0020522 [T4]).
[34] 3.6.2. Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits geklärt, dass ein Mieter jedenfalls dann nicht gegen eine vereinbarte Beschränkung der Nutzung auf Wohnzwecke verstößt, wenn er oder seine Mitbewohner nur geschäftliche Tätigkeiten ausüben, wie sie auch sonst üblicherweise von Personen zu Hause in der Wohnung oder einem darin vorhandenen Arbeitszimmer verrichtet werden, es dabei zu keinem nennenswerten Kundenverkehr kommt und – außer allenfalls anderen Mitbewohnern – keine Angestellten beschäftigt werden (7 Ob 5/09z; 8 Ob 158/22a, Rz 30). Entgegen der Revision lagen beiden Entscheidungen Vereinbarungen wie die hier zu beurteilende zugrunde, wonach die vermietete Wohnung „ausschließlich“ (7 Ob 5/09z) oder „nur“ (8 Ob 158/22a, Rz 25) zu Wohnzwecken zu benützen war.
[35] 3.6.3. Auf dieser Grundlage hat der Oberste Gerichtshof in jüngeren Verbandsverfahren zwei mit der vorliegenden Klausel vergleichbare Klauseln – „Der Mietgegenstand darf nur für Wohnzwecke verwendet werden“ und „Der Mietgegenstand darf nur zu Wohnzwecken verwendet werden“ – als nicht gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB beurteilt (9 Ob 4/23p, Rz 42 ff; 8 Ob 158/22a, Rz 25 ff). Daran ist auch für die vorliegende Klausel – die einen anderen Wortlaut, aber den gleichen Inhalt hat – festzuhalten.
[36] 3.6.4. Die in der Revision behandelten Entscheidungen 3 Ob 523/90 und 5 Ob 183/16x bieten keine Argumente für eine andere rechtliche Beurteilung:
[37] Im Individualprozess 3 Ob 523/90 wurde dem beklagten Mieter aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung im Mietvertrag „jede Verwendung des Mietgegenstandes anders als zu Wohnzwecken“ untersagt, nachdem er Teile des Mietgegenstandes an einen Rechtsanwalt zur Berufsausübung untervermietet hatte (vgl auch 7 Ob 160/14a, Pkt II.2.). Der qualitative Unterschied des Betreibens einer Rechtsanwaltskanzlei zu den (stark) eingeschränkten geschäftlichen Tätigkeiten, die 7 Ob 5/09z und 8 Ob 158/22a, Rz 30, dem Mieter auch bei einer Vermietung „ausschließlich“oder „nur“zu Wohnzwecken gestattet haben, liegt auf der Hand.
[38] Im Verbandsverfahren 5 Ob 183/16x wiederum war die Klausel zu beurteilen: „Der Mietgegenstand darf nur zu Wohnzwecken verwendet werden. Eine andere Art der Benützung des Mietgegenstands ist nur mit Zustimmung der Vermieterin gestattet“ (5 Ob 183/16x, Pkt 4. ff). Das Argument des 5. Senats, bei der kundenfeindlichsten Auslegung berechtige die Klausel die Vermieterin, alleine darüber zu entscheiden, welche Tätigkeit von Mietern sie nicht mehr Wohnzwecken zuordne, und in diesem Fall die Zulässigkeit der Nutzung je nach Belieben von ihrer Zustimmung abhängig zu machen (5 Ob 183/16x, Pkt 4.5.1.), trifft für die hier zu beurteilende Klausel schon deshalb nicht zu, weil die Vertragsformblätter des Beklagten – anders als jene in 5 Ob 183/16x – keine Änderung des Verwendungszwecks unter Vorbehalt der Zustimmung des Vermieters vorsehen.
[39] 3.6.5. Die Klausel 24 ist daher zulässig und nicht gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB).
4. Zur Klausel 59:
„Die Tierhaltung – ausgenommen üblicherweise in Käfigen gehaltene Kleintiere – ist ohne gesonderte Vereinbarung der Vertragsteile unzulässig.“
[40] 4.1. Die Klägerin brachte vor, die Einschränkung der ohne gesonderte Vereinbarung zulässigen Tierhaltung auf „üblicherweise in Käfigen gehaltene Kleintiere“ benachteilige den Mieter gröblich (§ 879 Abs 3 ABGB), weil er demnach auch übliche Haustiere wie Hunde und Katzen nicht ohne gesonderte Vereinbarung halten dürfe.
[41] 4.2. Der Beklagte entgegnete, die Klausel sei zulässig. Bei anderen Tieren als artgerecht in Behältnissen gehaltenen wohnungsüblichen Kleintieren habe der Vermieter nach der Rechtsprechung ein schützenswertes Interesse an einer Beschränkung der Tierhaltung.
[42] 4.3. Die Vorinstanzen kamen zu dem Ergebnis, dass die Klausel zulässig sei.
[43] 4.4. In der Revision moniert die Klägerin weiterhin, dass die Beschränkung „üblicherweise in Käfigen gehaltene Kleintiere“unsachlich sei, hält den Genehmigungsvorbehalt für inhaltlich zu weitgehend und meint erstmals auch, die Klausel sei intransparent (§ 6 Abs 3 KSchG).
[44] 4.5. Die Revisionsbeantwortung wiederholt das erstinstanzliche Vorbringen des Beklagten.
[45] 4.6. Dazu ist auszuführen:
[46] 4.6.1. Die Klausel bringt klar und deutlich zum Ausdruck, dass der Mieter in der Wohnung nur dann Tiere halten darf, wenn es sich um „üblicherweise in Käfigen gehaltene Kleintiere“ handelt oder wenn er zuvor mit dem Vermieter eine gesonderte Vereinbarung über die Tierhaltung geschlossen hat. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Vermieter mit dem Mieter eine solche Vereinbarung schließen wird oder muss, wird von der Klausel nicht behandelt. Die von der Klägerin – ohne nachvollziehbare Argumente – behauptete Intransparenz (§ 6 Abs 3 KSchG) liegt daher nicht vor.
[47] 4.6.2. Nach der gefestigten Rechtsprechung kann der Vermieter dem Mieter die Haltung artgerecht in Behältnissen gehaltener wohnungsüblicher Kleintiere (wie Ziervögel, Zierfische, Hamster oder kleine Schildkröten) nicht verbieten (2 Ob 73/10i, Pkt IV.5. f; 10 Ob 24/21h, Rz 24, 49). Eine formularmäßige Verbotsklausel, die ein Verbot der Haltung jeglicher Tiere vorsieht und nicht klar zum Ausdruck bringt, dass sie sich nicht auf artgerecht in Behältnissen gehaltene wohnungsübliche Kleintiere bezieht, ist daher grundsätzlich als gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB) zu qualifizieren. Bei anderen Tieren kann dem Vermieter ein schützenswertes Interesse an einer Beschränkung aber nicht abgesprochen werden (RS0126573; vgl 6 Ob 129/08a, Pkt 4.3.).
[48] 4.6.3. Die Klägerin zeigt im Ergebnis zutreffend auf, dass die vorliegende Klausel mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar ist: Sie nimmt vom generellen Verbot der Tierhaltung (ohne gesonderte Vereinbarung der Vertragsteile) nicht alle artgerecht in Behältnissen gehaltenen wohnungsüblichen Kleintiere aus, sondern nur „üblicherweise in Käfigen gehaltene Kleintiere“. Gegenüber dem Mindeststandard der Rechtsprechung ist diese Klausel insofern weiter – und damit für den Mieter günstiger –, als es weder auf die Wohnungsüblichkeit der Kleintiere noch darauf ankommt, dass sie der Mieter tatsächlich in Käfigen hält, sondern nur darauf, dass es sich um Kleintiere handelt, die „üblicherweise in Käfigen gehalten“ werden. Die Klausel ist aber insofern enger als der Mindeststandard der Rechtsprechung, als sie nicht allgemein auf eine Haltung in Behältnissen, sondern stattdessen auf eine solche in „Käfigen“ abstellt. Nach der gebotenen Auslegung im kundenfeindlichsten Sinn ist dem Mieter damit die Haltung artgerecht in anderen Behältnissen (zB Aquarien oder Terrarien) gehaltener wohnungsüblicher Kleintiere (zB Zierfische oder kleine Schildkröten) verboten. Eine sachliche Rechtfertigung für die Abweichung von den Grundsätzen der Entscheidungen 2 Ob 73/10i und 10 Ob 24/21h ist nicht ersichtlich (und wird vom Beklagten in diesem Zusammenhang auch gar nicht behauptet).
[49] 4.6.4. Die Klausel ist schon deshalb gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB). Da eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel im Verbandsverfahren nicht in Betracht kommt (RS0016590 [T1, T15]), ist sie in ihrer Gesamtheit nichtig. Auf die Frage, ob auch der ausdrückliche Vorbehalt einer gesonderten Vereinbarung der Vertragsteile missbräuchlich ist, kommt es nicht mehr an.
[50] 5. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher spruchgemäß abzuändern.
[51] 6. Die aufgrund der Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen neu zu treffende Kostenentscheidung für das gesamte Verfahren gründet für die erste Instanz auf § 43 Abs 2, § 50 Abs 1, § 54 Abs 1a ZPO und für das Rechtsmittelverfahren auf § 43 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO.
[52] 6.1. Die Klägerin hat das Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren für jede Klausel gleich hoch bewertet. In der ersten Instanz obsiegte sie im ersten Abschnitt mit 28 von 33 Klauseln, im zweiten Abschnitt (ab der Ausdehnung des Klagebegehrens im vorbereitenden Schriftsatz der Klägerin) mit 58 von 61 Klauseln und im dritten Abschnitt (ab dem Teilanerkenntnisurteil in der vorbereitenden Tagsatzung) mit 31 von 34 Klauseln. Sie ist damit in jedem Abschnitt des erstinstanzlichen Verfahrens nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil des Klagebegehrens unterlegen, dessen Geltendmachung keine besonderen Kosten veranlasst hat. Sie hat daher gemäß § 43 Abs 2 ZPO Anspruch auf vollen Kostenersatz – im ersten Abschnitt für die Klage (samt der Pauschalgebühr) auf der Bemessungsgrundlage von 29.612,12 EUR, im zweiten Abschnitt für den vorbereitenden Schriftsatz (samt der Nachzahlung zur Pauschalgebühr) auf der Bemessungsgrundlage von 61.339,28 EUR und im dritten Abschnitt für zwei einstündige Tagsatzungen auf der Bemessungsgrundlage von 32.784,79 EUR. Der Beklagte wandte gegen das Kostenverzeichnis der Klägerin zutreffend ein (§ 54 Abs 1a ZPO), dass die schriftliche Urkundenvorlage am Tag der vorbereitenden Tagsatzung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war; die Klägerin hätte die Urkunden auch in der Tagsatzung vorlegen können.
[53] 6.2. Im Berufungsverfahren und im Revisionsverfahren waren nur mehr vier Klauseln strittig. Da die Klägerin in Ansehung einer Klausel als obsiegend und in Ansehung von drei Klauseln als unterlegen anzusehen ist, hat sie dem Beklagten die Hälfte der jeweils richtig verzeichneten Kosten der Berufungsbeantwortung und der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
[54] 6.3. Saldiert ergibt sich die spruchgemäße Kostenentscheidung.
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