European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0010OB00053.25P.0429.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Unternehmens-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Kläger vereinbarte mit einer GmbH (nachfolgend auch „Gesellschaft“) den Kauf eines neuen Mähdreschers gegen „Eintausch“ seines gebrauchten Mähdreschers und Zahlung eines Aufpreises nach Lieferung des neuen Fahrzeugs. Bereits vor vereinbarter Übergabe des neuen Mähdreschers an den Kläger stellte er der Gesellschaft seinen gebrauchten Mähdrescher als Ausstellungsstück zur Verfügung. Die GmbH verkaufte diesen ohne sein Wissen an ihre rumänische Tochtergesellschaft, die ihn an einen Kunden weiterverkaufte. In der Folge wurde über die Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter trat vom Vertrag mit dem Kläger zurück, sodass der von ihm bestellte (neue) Mähdrescher nicht mehr ausgeliefert wurde.
[2] Der Kläger begehrt den Ersatz des ihm durch den rechtswidrigen Eingriff in sein Eigentumsrecht an seinem Mähdrescher entstandenen Schadens, für den der Beklagte als Geschäftsführer der GmbH persönlich hafte. Dieser habe ihn vorsätzlich über die bei Vertragsabschluss bereits absehbare Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft getäuscht, den gebrauchten Mähdrescher herausgelockt, heimlich verkauft und vorsätzlich die Bestellung des neuen Mähdreschers unterlassen. Jedenfalls sei dem Beklagten vorzuwerfen, nicht – etwa durch Implementierung eines ausreichenden Kontrollsystems – verhindert zu haben, dass der Mähdrescher des Klägers (durch die GmbH) an einen Dritten verkauft worden sei.
[3] Das Berufungsgericht bestätigte die klageabweisende Entscheidung des Erstgerichts.
[4] Es schloss sich dessen Rechtsansicht an, dass der Beklagte als Geschäftsführer nicht für den dem Kläger durch den Verkauf seines Mähdreschers durch die GmbH zugefügten Schaden hafte. Da nicht feststehe, dass der Beklagte persönlich mit der Disposition über diesen Mähdrescher befasst gewesen sei, bestehe weder ein Anhaltspunkt für eine vorsätzliche Schädigung des Klägers durch diesen, noch für eine persönliche Haftung des Beklagten wegen eines Eingriffs in dessen absolut geschütztes Eigentum. Auch ein (allenfalls bloß fahrlässiger) Verstoß gegen Schutzgesetze oder gegen ihm als Organ obliegende Kontroll‑ und Überwachungspflichten seien dem Beklagten nicht (persönlich) vorzuwerfen.
[5] Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
[6] Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Klägers legt keine solche Rechtsfrage dar.
[7] 1. Die behaupteten Rechtsmittelgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurden geprüft, sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[8] 2. Der Geschäftsführer einer GmbH haftet nach § 25 GmbHG grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft und nicht auch gegenüber den Gesellschaftsgläubigern (4 Ob 222/18b [Pkt 2.2]; 6 Ob 168/19b [Pkt 2.1] ua). Eine Außenhaftung des Organs käme – neben hier nicht maßgeblichen Fällen einer besonderen gesetzlichen Anordnung – aber bei einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (RS0023677 [T11]; RS0023887 [T1]), bei gegen Gesellschaftsgläubiger gerichteten strafbaren Handlungen (RS0023677), der schuldhaften Verletzung von im Interesse von Gesellschaftsgläubigern bestehenden (sonstigen) Schutzgesetzen (RS0023677 [T10]; RS0023887) oder bei einem Eingriff in ihre absolut geschützten Rechte (RS0023677 [T11]; RS0023887 [T1]) in Betracht. Für die Nichteinhaltung von bloß die Gesellschaft treffenden vertraglichen Pflichten haftet der Geschäftsführer dem Gesellschaftsgläubiger grundsätzlich nicht, weil eine Außenhaftung des Organs stets die Verletzung eigener und nicht nur die Gesellschaft treffender Pflichten voraussetzt (etwa 8 Ob 62/16z [Pkt 1]; 2 Ob 152/21y [Rz 41] ua).
[9] 3. Aus den vom Berufungsgericht übernommenen erstinstanzlichen Feststellungen ergeben sich keine Hinweise auf eine vorsätzliche, allenfalls sogar strafrechtswidrige Schädigung des Klägers durch den Beklagten.
[10] 4. Auch ein fahrlässiger Verstoß des Beklagten gegen im Interesse von Gesellschaftsgläubigern bestehende Schutzgesetze im Sinn des § 1311 ABGB ist nicht erkennbar. Der Revisionswerber vermag – mit Ausnahme der §§ 127 und 133 StGB – keine konkreten Schutzgesetze zu nennen, gegen die der Beklagte verstoßen haben soll. Der Vorwurf, diesem sei bei Vertragsabschluss (der GmbH) mit dem Kläger deren drohende Zahlungsunfähigkeit (und die daraus resultierende Unmöglichkeit einer Vertragserfüllung durch die Gesellschaft) bekannt gewesen, findet weder Deckung im Sachverhalt, noch ist ersichtlich, warum sich daraus der aus dem rechtswidrigen Verkauf des Mähdreschers abgeleitete Schaden des Klägers ergeben sollte.
[11] 5. Auch ein Eingriff in das absolut geschützte Eigentum des Klägers (am Mähdrescher) könnte nur dann eine Haftung des Beklagten begründen, wenn ihm ein Verstoß gegen ihn selbst – und nicht nur die Gesellschaft treffende – Pflichten vorzuwerfen wäre (vgl etwa 8 Ob 62/16z [Pkt 5]: „individuelle Verfehlung“; „eigenes, rechtswidriges Handeln des Geschäftsführers“). Dies lässt der Revisionswerber, der davon ausgeht, dass der Beklagte aufgrund eines Verstoßes „der Gesellschaft“ gegen ihre (insbesondere Verwahrungs‑)Pflichten aus dem mit ihm abgeschlossenen Vertrag hafte, außer Acht. Er übergeht auch, dass nicht feststeht, ob der Beklagte mit dem Geschäftsfall des Klägers und der Disposition über seinen (alten) Mähdrescher überhaupt persönlich befasst war. Davon ausgehend, begegnet es keinen Bedenken, dass die Vorinstanzen eine persönliche Haftung des Beklagten für den durch den Verkauf des Mähdreschers des Klägers durch die GmbH erfolgten Eingriff in sein Eigentum verneinten.
[12] 6. Dem Vorwurf, der Beklagte habe es verabsäumt, einem (irrtümlichen) Verkauf fremder Fahrzeuge und Maschinen durch die GmbH durch ein geeignetes Kontrollsystem vorzubeugen (vgl RS0023927), sind die Feststellungen entgegenzuhalten: Er hatte ein System eingeführt, nach dem alle auf Betriebsliegenschaften der GmbH befindlichen Geräte und Maschinen in Listen eingetragen und die jeweiligen Eigentümer vermerkt wurden, sodass über im fremden Eigentum stehende Sachen keine Rechnung und kein Lieferschein ausgestellt werden konnten. Diese Listen wurden vom Beklagten auch monatlich kontrolliert. Außerdem wurden – in Gewahrsame der GmbH befindliche – fremde Geräte und Maschinen mit Metallplaketten versehen, die auf das fehlende Eigentum der Gesellschaft hinwiesen, und ihr zur Reparatur übergebene Maschinen durch „Werkstattzettel“ gekennzeichnet. Davon ausgehend bedarf es keiner Korrektur, dass die Vorinstanzen eine Verletzung einer Kontroll‑ und Überwachungspflicht des Beklagten verneinten. Fragen der Beweislast stellen sich in diesem Zusammenhang schon im Hinblick auf die getroffenen positiven Feststellungen nicht. Dass die Kontrollen im konkreten Fall versagten, ist dem Beklagten nicht anzulasten. Anhaltspunkte dafür, dass das Kontrollsystem nicht funktionieren würde, bestanden für ihn bis zum Verkauf des Mähdreschers des Klägers nicht.
[13] 7. Zusammengefasst weckt die Revision keine Bedenken an der Beurteilung der Vorinstanzen, die – unter Zugrundelegung der dargelegten Grundsätze – eine Haftung des beklagten Geschäftsführers für den Schaden des Klägers verneinten.
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