European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00049.24W.0225.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.698,80 EUR (darin 449,80 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger macht gegenüber der beklagten Aktiengesellschaft Schadenersatzansprüche geltend. Er habe sich ordnungsgemäß auf die ausgeschriebene Stelle des Alleinvorstands beworben. Obwohl er der bestqualifizierte Bewerber gewesen sei, habe ihn der Aufsichtsrat aus sachfremden Gründen nicht einmal zu einem Hearing eingeladen, und in der Folge eine andere, weniger geeignete Bewerberin mit der Funktion betraut. Das hier anwendbare Bundesgesetz über Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich (idF: StellenbesetzungsG) sehe in seinem § 4 vor, dass eine Stelle ausschließlich auf Grund der Eignung der Bewerber zu besetzen sei, und sei nach der Rechtsprechung (auch) ein Schutzgesetz zugunsten von übergangenen Bewerbern. Als Bewerber habe er zwar keinen Anspruch auf Einstellung, aber auf Schadenersatz wegen eines Verdienstentgangs. Beim Klagsbetrag handle es sich um ein (geschätztes) entgangenes Monatseinkommen.
[2] Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Das Auswahlverfahren, für das ein Nominierungsausschuss mit Unterstützung eines Personalberaters zuständig gewesen sei, sei formal richtig und sorgfältig abgewickelt worden und habe mit einer materiell richtigen Entscheidung des Gesamtaufsichtsrats der Beklagten geendet. Jene Kandidatin, die schlussendlich zum Zug gekommen sei, sei von allen 123 Bewerbern tatsächlich am besten geeignet gewesen. Zudem habe es noch weitere Kandidaten gegeben, die besser geeignet gewesen seien als der Kläger. Soweit diese ihre Bewerbung nicht öffentlich gemacht hätten, müsse die Beklagte deren Namen und Qualifikationen – nicht zuletzt aus datenschutzrechtlichen Gründen – jedoch vertraulich behandeln. Dementsprechend habe sie alle Bewerbungsunterlagen nach Ablauf von sechs Monaten nach der Besetzung (und damit vor der Anspruchserhebung durch den Kläger) vernichtet.
[3] Die Verpflichtung, die Besetzung aufgrund der Eignung vorzunehmen, begründe zudem keine Erfolgshaftung, sondern nur ein Willkürverbot. Der Kläger müsse daher nicht nur seine Besteignung, sondern auch eine Ermessensüberschreitung behaupten und beweisen. Es sei aber sachlich gerechtfertigt gewesen, ihn aufgrund seiner Bewerbungs-unterlagen nicht zu einem Hearing einzuladen, das überhaupt nur für fünf Bewerber stattgefunden habe.
[4] Das Erstgericht wies die Klage ab, wobei es – ohne Aufnahme der beantragten Personal‑ und Sachverständigenbeweise – ua folgende Feststellung traf: „Es kann weder festgestellt werden, dass der Kläger besser für die ausgeschriebene Stelle des Alleinvorstands der Beklagten geeignet gewesen wäre als die anderen 122 KandidatInnen, noch, dass er besser geeignet gewesen wäre als die 13 vor ihm gereihten bzw alle fünf zum Hearing eingeladenen KandidatInnen.“
[5] Des Weiteren traf es Feststellungen zur Tätigkeit der Beklagten, zum Inhalt der Ausschreibung und der vom Kläger übermittelten Unterlagen (bestehend aus einem tabellarischen Lebenslauf und einem Begleit- bzw Motivationsschreiben) sowie zum Ablauf des Bewerbungsverfahrens. Die Beklagte bedient sich bei der Besetzung von Top‑Management‑Positionen seit Jahren eines Personalberaters. Nach Festlegung des Anforderungsprofils für den Vorstand durch den Nominierungsausschuss und Durchführung eines Vergabeverfahrens wurde die Funktion des Personalberaters der Bestbieterin * GmbH übertragen. Deren Aufgabe war es, einen objektiven und professionellen arbeitsteiligen Auswahlprozess aufzusetzen sowie den Aufsichtsrat im Auswahlverfahren zu begleiten und mit Expertenrat zu unterstützen.
[6] Für die ausgeschriebene Stelle bewarben sich in der Folge 123 Personen aus dem In‑ und Ausland. Der Personalberater hatte die Aufgabe, Qualifikationen und Erfahrungen jedes einzelnen Bewerbers auf der Grundlage der Ausschreibung zu prüfen. Als Ergebnis einer ersten Analyse teilte er die Kandidaten in drei Gruppen mit Untergruppen ein. Der Kläger wurde in die Gruppe 2 eingestuft, wobei insgesamt 13 andere Kandidaten vor ihm gereiht wurden. Anhand dieser Gruppeneinteilung befassten sich zunächst der seinerzeitige Aufsichtsratsvorsitzende und dann der Nominierungsausschuss der Beklagten mit der Eignung einer Vielzahl von Bewerbern, unter anderem auch mit jener des Klägers. Im weiteren Verlauf des Auswahlprozesses hielt der Nominierungsausschuss mit fünf Kandidaten aus den Gruppen 1 und 1–2 jeweils ein Hearing ab, in dem der jeweilige Kandidat Gelegenheit hatte, sich und seine konkreten Vorstellungen zur Vorstandsfunktion und deren Ausübung zu präsentieren. Die Ergebnisse der Hearings erörterte der Nominierungsausschuss in einer persönlichen Sitzung gemeinsam mit den Personalberatern. Anschließend reihten die Mitglieder des Nominierungsausschusses und die Berater die betreffenden Kandidaten, wobei die später bestellte Bewerberin jeweils an erster Stelle gereiht wurde. Dieses Ergebnis war Grundlage für deren einstimmige Bestellung durch den Gesamtaufsichtsrat der Beklagten.
[7] Der Kläger wurde zu keinem Hearing eingeladen und erhielt in der Folge eine schriftliche Absage.
[8] In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die Anwendbarkeit des StellenbesetzungsG und dessen Schutzgesetzcharakter zugunsten des Klägers. Eine unsachliche Besetzungsentscheidung liege aber nicht schon dann vor, wenn der erfolgreiche Kandidat in Teilbereichen nicht besser geeignet sei als andere Bewerber. Die Eignung hänge gemäß § 4 Abs 2 StellenbesetzungsG nicht nur von einigermaßen vergleichbaren Kriterien wie Ausbildung und Berufserfahrung ab, sondern wesentlich auch von nicht messbaren Faktoren wie der Fähigkeit zur Menschenführung, organisatorischen Fähigkeiten und persönlicher Zuverlässigkeit. Die Bewertung dieser Faktoren müsse nach der Rechtsprechung innerhalb einer sachlich begründbaren Bandbreite dem Entscheidungsträger überlassen bleiben. Das Gebot, den bestgeeigneten Bewerber auszuwählen, sei letztlich (nur) ein Willkürverbot. Eine Haftung setze sohin voraus, dass das zur Ernennung berufene Organ durch eine unsachliche Vorgangsweise das ihm eingeräumte Ermessen missbrauche und gegen tragende Grundsätze der rechtsstaatlichen Ordnung bzw den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Weitere Anspruchsvoraussetzung sei, dass der Kläger tatsächlich der am besten qualifizierte Bewerber war und bei rechtmäßiger Vorgangsweise (korrekter Abwicklung des Verfahrens) mit der ausgeschriebenen Funktion betraut worden wäre.
[9] Für die Behauptung, der Entscheidungsträger habe bei der Besetzung sein Ermessen in unsachlicher Weise überschritten, treffe den Kläger die Beweislast. Er müsse sohin behaupten und beweisen, dass er ohne Verletzung des der Beklagten eingeräumten Ermessensspielraums mit dieser Funktion betraut worden wäre. Dabei genüge nicht schon ein bloßer Vergleich mit den Qualifikationen der bestellten Bewerberin, sondern es müsse auf das fiktive Ergebnis eines rechtmäßigen Verfahrens Bedacht genommen werden. Mangels konkreten Vorbringens zu den restlichen Bewerbern könne aber kein Vergleich mit diesen gezogen werden, weshalb das Klagebegehren bereits aus diesem Grund abzuweisen sei.
[10] Das Berufungsgericht gab einer Berufung des Klägers nicht Folge. Es ging davon aus, dass die Beurteilung und Gewichtung der jeweiligen Eignungskriterien bei der Frage der besseren Eignung für die ausgeschriebene Planstelle der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen sei, verwarf darauf aufbauend Mängel‑ und Beweisrügen und übernahm die (oben kursiv wiedergegebenen) „Negativ‑Feststellungen“ des Erstgerichts nicht. Im Übrigen schloss es sich der Rechtsansicht des Erstgerichts an und verneinte eine Beweislastverschiebung zur Beklagten auch unter Hinweis auf den von ihr zu wahrenden Datenschutz.
[11] Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof bei der Beweislastverteilung für Schadenersatzansprüche wegen Verletzung des StellenbesetzungG noch nicht auf den Aspekt der Unmöglichkeit der dem Bewerber abverlangten Beweisführung mangels Offenlegung der nicht zum Zug gekommenen Bewerber eingegangen sei.
[12] Mit seiner – von der Beklagten beantworteten – Revision beantragt der Kläger, die Entscheidung der Vorinstanzen in eine Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
[13] Die Revision ist zur Klarstellung zulässig, jedoch nicht berechtigt.
[14] 1. Die Bestellung von Mitgliedern des Leitungsorgans von Unternehmungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen, hat gemäß § 1 StellenbesetzungsG nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu erfolgen. Der Besetzung hat eine öffentliche Ausschreibung voranzugehen, die „jene besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten zu enthalten [hat], die im Hinblick auf die Erfüllung der mit der ausgeschriebenen Stelle verbundenen Aufgaben von den Bewerbern erwartet werden. Sie hat darüber hinaus über die Aufgaben des Inhabers der ausgeschriebenen Stelle Aufschluss zu geben“ (§ 2 Abs 1 und 3 leg cit). Bewerber haben in der Bewerbung „die Gründe dafür anzuführen, die sie für die Besetzung dieser Stelle als geeignet erscheinen lassen“ (§ 3 Abs 1 leg cit). § 4 StellenbesetzungsG regelt, dass das für die Besetzung zuständige Organ die Stelle ausschließlich aufgrund der Eignung der Bewerber zu besetzen hat (Abs 1). Die Eignung ist „insbesondere auf Grund fachlicher Vorbildung und bisheriger Berufserfahrung der Bewerber, ihrer Fähigkeit zur Menschenführung, ihrer organisatorischen Fähigkeiten und ihrer persönlichen Zuverlässigkeit festzustellen. Wenn internationale Erfahrungen für die betreffende Stelle erforderlich sind, ist darauf besonders Bedacht zu nehmen“ (Abs 2). Gemäß Abs 3 kann das für die Besetzung zuständige Organ für die Suche nach geeigneten Personen und die Feststellung der Eignung der Bewerber auch einschlägig tätige Berater beiziehen.
[15] Weder enthält das StellenbesetzungsG Rechtsfolgen für die Verletzung dieser Verpflichtungen, noch Beweislastregeln (anders als etwa § 12 Abs 12 und § 26 Abs 12 GlBG sowie § 20a B‑GlBG).
[16] 2.1 Der Oberste Gerichtshof arbeitete bereits zu 1 Ob 218/14m (RS0129932, RS0129933) heraus, dass das StellenbesetzungsG (ähnlich wie § 4 Abs 3 BDG und das Vergaberecht) auch die Interessen von Bewerbern schützt, um diese ua vor unsachlichen Besetzungsentscheidungen zu bewahren. Einen subjektiven Anspruch auf Einstellung vermittelt zwar auch das StellenbesetzungsG nicht, der Schutzzweck der Norm kann aber einen Schadenersatzanspruch zugunsten des bestgeeigneten Bewerbers auslösen, wenn die Stelle aus unsachlichen Gründen mit einem anderen Kandidaten besetzt wurde.
[17] Weil der vom Gesetz gewährte Rechtsschutz gerade nicht im Anspruch auf Ernennung, sondern im Recht auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens besteht, kann haftungsbegründend nicht nur die Rechtswidrigkeit des Ernennungsergebnisses, sondern auch die des Ernennungsvorgangs sein (1 Ob 223/16z [zum BDG], 9 ObA 9/23y [zum GlBG]).
[18] 2.2 Nicht zuletzt im Hinblick auf die in § 4 Abs 2 StellenbesetzungsG genannten nicht messbaren Faktoren handelt es sich bei der in § 4 Abs 1 StellenbesetzungsG normierten „Pflicht“, den bestgeeigneten Bewerber auszuwählen, im Ergebnis allerdings bloß um ein Willkürverbot (1 Ob 218/14m unter Verweis auf 8 ObA 10/14z). Die Bewertung dieser Faktoren muss innerhalb einer sachlich begründbaren Bandbreite dem Entscheidungsträger überlassen bleiben. Ein Schadenersatzanspruch besteht daher nur, wenn das zur Ernennung berufene Organ durch eine unsachliche Vorgangsweise das ihm eingeräumte Ermessen missbraucht und gegen tragende Grundsätze der rechtsstaatlichen Ordnung bzw den Gleichheitsgrundsatz (das Sachlichkeitsgebot) verstoßen hat (dem folgend 8 ObA 25/16h, 9 ObA 75/20z [zum AusG], 9 ObA 107/20f [zum GlBG]).
[19] 3. Den allgemeinen Grundsätzen folgend (vgl RS0039939, RS0037797) ist der Kläger sowohl für die Behauptung beweispflichtig, der Entscheidungsträger habe bei der Besetzung der ausgeschriebenen Funktion das ihm eingeräumte Ermessen in unsachlicher Weise überschritten, als auch für den Umstand, dass er ohne Verletzung dieses Ermessensspielraums mit der Funktion betraut worden wäre (vgl 8 ObA 10/14z, 9 ObA 75/20z, 9 ObA 107/20f sowie auch 1 Ob 230/22p, 1 Ob 83/23x [beides zum AusG]).
[20] Die Beurteilung und Gewichtung der jeweiligen Eignungskriterien im Zusammenhang mit der Frage der besseren Eignung für die ausgeschriebene Planstelle ist sodann eine Frage der rechtlichen Beurteilung (vgl 1 Ob 223/16z, 9 ObA 75/20z).
[21] 4. Die bereits von den Vorinstanzen zitierte Rechtsprechung, wonach nicht schon ein bloßer Vergleich mit den Qualifikationen des bestellten Bewerbers genüge, sondern auf das fiktive Ergebnis eines rechtmäßigen Bestellungsverfahrens Bedacht genommen werden müsse, lässt sich auf die Entscheidung 8 ObA 10/14z zurückführen. Dort unterblieb jedoch ein Ausschreibungs‑ und Bestellungsverfahren überhaupt (kritisch dazu Kletečka in DRdA 2015/31, der eine Beweislast der Beklagten hinsichtlich potentieller weiterer, besser geeigneter Bewerber fordert, wenn die rechtswidrige Unterlassung der Ausschreibung auch die Beweissituation für den Kläger verschlechterte).
[22] Die von den Vorinstanzen unterstellte Behauptungs‑ und Beweislast des Klägers, bei der in concreto erfolgten Ausschreibung alle 122 weiteren Mitbewerber zu benennen und deren schlechtere Eignung nachzuweisen, ergibt sich aus dieser Rechtsprechung sohin nicht. Vielmehr geht es bei der Prüfung, ob der Kläger bei einem fehlerfreien Verfahren bestellt worden wäre, um Kausalitätserwägungen (vgl auch 1 Ob 223/16z).
[23] 5.1 Der Kläger hat hier nachgewiesen, dass er seine Bewerbungsunterlagen ausreichend rechtzeitig, vollständig und entsprechend der sonstigen Formerfordernisse abgegeben hat, um an dem Bewerbungsverfahren teilzunehmen (sohin „das Seine“ getan hat), und es ist auch nicht strittig, dass er fähig und willens gewesen wäre, die ausgeschriebene Stelle fristgerecht anzutreten.
[24] Hier ist nicht zu klären, wer für den Fall, dass der bestgeeignete Bewerber etwa aus formalen Gründen ausgeschieden hätte werden müssen, der „nächstbeste“ gewesen wäre. Vielmehr behauptete der Kläger konkret, dass er besser geeignet gewesen sei als die zum Vorstand bestellte Bewerberin, die – gemäß § 4 Abs 1 StellenbesetzungsG und dem Vorbringen der Beklagten – wiederum besser geeignet gewesen sei als alle anderen Mitbewerber, erstattete näheres Tatsachenvorbringen zu ua ihrem jeweiligen Werdegang und bot Beweise dafür an.
[25] 5.2 Ob der Kläger (ex ante beurteilt) tatsächlich besser geeignet gewesen wäre als die letztlich erfolgreiche Kandidatin, und ob und inwieweit seine Qualifikationen auch in Verhältnis zu jenen der anderen, gescheiterten Mitbewerber zu setzen sind, kann letztlich jedoch dahinstehen. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung haftet die Beklagte nämlich nicht schon dann, wenn die Eignungskriterien durch ein Gericht anders gewichtet würden, sondern erst bei einer Ermessensüberschreitung aus unsachlichen Gründen.
[26] 5.3 Der Kläger behauptet in seiner Revision zwar pauschal, dass die bestellte Kandidatin – der er in ihrem Kernberuf „ausgezeichnete Fähigkeiten“ zubilligt – „nicht bzw nur partiell“ über die für die ausgeschriebene Stelle geforderten Eigenschaften verfüge und der Aufsichtsrat bei ihrer Bestellung sein Ermessen in unsachlicher Weise überschritten habe. Im Übrigen geht er aber immer nur davon aus, dass er („bei objektiver Betrachtung mit hoher Wahrscheinlichkeit“) besser geeignet gewesen sei, und nicht etwa von einem derartig offensichtlichen Qualifikationsunterschied, dass selbst unter Einbeziehung aller nicht messbarer Faktoren in die anzustellende Gesamtbeurteilung eine willkürliche Bevorzugung vorliege (oder sonst unsachliche Faktoren den Ausschlag gegeben hätten).
[27] 5.4.1 Im Kern stützte sich der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren auf seine unsachliche vorzeitige Ausscheidung aus dem Verfahren noch vor den Hearings (s dazu etwa 9 ObA 9/23y [zum GlBG]), in denen er seine von § 4 Abs 2 StellenbesetzungsG und der Ausschreibung geforderten persönlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen hätte können, und wiederholt diesen Vorwurf in der Revision.
[28] Das StellenbesetzungsG kennt jedoch keine Pflicht, Hearings durchzuführen, und nach den erstgerichtlichen Feststellungen wurden von den insgesamt 123 Bewerbern nur fünf für persönliche Hearings eingeladen. Ein – für den Erfüllungsanspruch – unsachlicher Ausschluss des Klägers ergibt sich daraus nicht. Die (Vor‑)Auswahl erfolgte demnach in einem geregelten und professionellen Verfahren nach Prüfung der schriftlichen Bewerbungen durch den (gemäß § 4 Abs 3 StellenbesetzungsG zulässiger Weise beigezogenen) Personalberater, den Aufsichtsratsvorsitzenden und den Nominierungsausschuss, die sich alle auch mit der Bewerbung des Klägers eingehend befassten. Der Kläger bekämpfte diese Feststellungen zum Ablauf des Bewerbungsverfahrens (die in Worten auf Urkunden beruhen) in seiner Berufung nicht, sodass seine (im Übrigen nur sehr allgemein gehaltenen) Revisionsausführungen zu sekundären Feststellungsmängeln und Mangelhaftigkeiten des zweitinstanzlichen Verfahrens ins Leere gehen.
[29] 5.4.2 Sofern der Kläger in seiner Revision mit einer „Übererfüllung sämtlicher Ausschreibungskriterien“ in seiner schriftlichen Bewerbung argumentiert, sind ihm die von der Beklagten bereits in erster Instanz erhobenen Einwände entgegenzuhalten. Die Ausschreibung spricht unstrittig ua von „idealerweise Aufsichtsratserfahrung“ sowie „Expertise in komplexem Stakeholder Management, insbesondere […] für das Management internationaler Partnerschaften“. Aus den (festgestellten) Bewerbungsunterlagen des Klägers ergibt sich zwar eine Aufsichtsratserfahrung, allerdings nicht bei Aktiengesellschaften wie der Beklagten, sondern bei (konzernverbundenen) GmbH. Des Weiteren bestritt er nicht, dass sich zum Management internationaler Partnerschaften keinerlei Angaben fanden, sondern hielt dem nur entgegen, dass die internationalen Tätigkeiten seines damaligen Arbeitgebers „notorisch“ gewesen seien und seine dahingehenden Erfahrungen aufgrund seiner (damals leitenden kaufmännischen) Funktion „für jedermann offensichtlich“.
[30] Das StellenbesetzungsG kennt aber auch keine amtswegige Nachforschungspflicht des für die Besetzung zuständigen Organs oder eine Verpflichtung, Kandidaten die Möglichkeit einzuräumen, ihre Bewerbung in eine bestimmte Richtung (schriftlich oder mündlich) zu ergänzen oder zu verbessern. Ebenso wenig wurde in der Ausschreibung der Eindruck erweckt, allen Bewerbern werde eine weitere Gelegenheit zur Vorstellung und Aufklärung geboten. Dass der Kläger aufgrund seiner eigenen Bewerbungsunterlagen zwar – gut – gereiht, aber dennoch nicht zu einem Hearing eingeladen wurde, begründet daher auch unter diesem Gesichtspunkt keine unsachliche Ermessensüberschreitung.
[31] 5.4.3 Nicht nachvollziehbar sind schließlich die Vorwürfe des Klägers, dass die Beklagte der Ausschreibung und dem Auswahlverfahren gesetzwidrige Anforderungen zugrunde gelegt habe. Insofern behauptet er nicht etwa eine zu enge, quasi auf eine Person „maßgeschneiderte“ Ausschreibung, die er trotz vergleichbarer Eignung nicht habe erfüllen können, sondern eine zu weite, und vermisst Anforderungen, die sich aus dem StellenbesetzungsG und den (gesetzlichen) Aufgaben der Beklagten ergeben würden.
[32] Im Hinblick auf die im StellenbesetzungsG nur sehr vage geregelten Anforderungen an Ausschreibungen, Bewerbungen und Eignungsprüfungen ist aber auch insofern weder eine Überschreitung des Ermessensspielraums erkennbar, noch eine Beschneidung der Möglichkeiten des Klägers, sich bereits in seiner initialen Bewerbung als der bestgeeignete Kandidat für die konkrete Stelle zu präsentieren.
[33] 6. Im Ergebnis ist daher die Klagsabweisung zu bestätigen, ohne dass es auf weitere Feststellungen oder die von den Vorinstanzen und der Revision thematisierte Behauptungs‑ und Beweislast zu sonstigen Mitbewerbern ankäme.
[34] 7. Die Kostenentscheidung im Revisionsverfahren beruht auf § 41 iVm § 50 ZPO.
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