Normen
ApG 1907 §10 Abs6a;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018100176.L00
Spruch:
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 1.1. Mit dem (zu Ra 2018/10/0176) angefochtenen Erkenntnis vom 10. September 2018 hob das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich einen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Mai 2018, mit dem dem Revisionswerber die Konzession zur Erweiterung des Standortes seiner öffentlichen Apotheke in K in bestimmtem Umfang bewilligt worden und der Einspruch der Erstmitbeteiligten abgewiesen worden war, - erkennbar - gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück.
2 Der vor dem Verwaltungsgericht bekämpfte Bescheid war - gestützt auf ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer - davon ausgegangen, dass unter Bedachtnahme auf § 10 Abs. 6a Apothekengesetz (ApG) der Bedarf an der Verlegung der bestehenden öffentlichen Apotheke gegeben und deshalb die Unterschreitung der Zahl von 5.500 der "von einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen geboten" sei; dies insbesondere deshalb, weil das vom Standort der gegenständlichen öffentlichen Apotheke umfasste Siedlungsgebiet aufgrund städtebaulicher Entwicklungen ein erhebliches Bevölkerungswachstum sowie eine steigende Verkehrsfrequenz aufweisen werde und sich das Universitätsklinikum K in unmittelbarer Nähe befinde. Weiters überwiege der aus der Standorterweiterung resultierende Vorteil eines "erweiterten Versorgungsangebotes mit Arzneimitteln" für die bestehende Bevölkerung etwaige durch die Standorterweiterung resultierende Nachteile.
3 Das Verwaltungsgericht traf (u.a.) Feststellungen zu folgenden, im näheren Umkreis der Apotheke des Revisionswerbers befindlichen Apotheken, und zwar wie folgt:
"- M-Apotheke, (...)
Entfernung: ca. 440 m
Entfernung von der in Aussicht genommenen neuen
Betriebsstätte (...):
ca. 1,1 km
- A Apotheke, (...)
Entfernung: ca. 767 m
Entfernung von der in Aussicht genommenen neuen
Betriebsstätte (...):
ca. 1,5 km
- Apotheke M, (...)
Entfernung: ca. 1,2 km
Entfernung von der in Aussicht genommenen neuen
Betriebsstätte (...):
ca. 1,1 km
- Apotheke z,
Entfernung: ca. 2,5 km
Entfernung von der in Aussicht genommenen neuen
Betriebsstätte (...):
ca. 2,9 km"
4 Seiner rechtlichen Beurteilung legte das Verwaltungsgericht das hg. Erkenntnis vom 8. August 2018, Ra 2017/10/0103, zugrunde und hob in diesem Zusammenhang hervor, danach sei zunächst zu prüfen, ob sich die Zahl der von einer der umliegenden Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen infolge der beantragten Erweiterung des Standortes der Apotheke des Revisionswerbers verringern und weniger als 5.500 Personen betragen würde. Sodann sei zu prüfen, ob es sich bei dem erweiterten Standort um ein Gebiet mit demographischen Besonderheiten handle, und in einem nächsten Schritt, ob eine allfällige Versorgungslücke vorliege.
5 So habe das Erkenntnis Ra 2017/10/0103 ausgesprochen, dass ein Mangel in der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln vorliegen müsse; ein derartiger Mangel sei allerdings aufgrund der im vorliegenden Fall gegebenen räumlichen Verhältnisse, nämlich der Entfernung zu den umliegenden Apotheken und der Anzahl der umliegenden Apotheken ausgeschlossen, weshalb bereits "aus diesem Grund der Antrag auf Standorterweiterung abzuweisen gewesen wäre".
6 Das Verwaltungsgericht habe allerdings keine inhaltliche Entscheidung über den Antrag des Revisionswerbers treffen können, weil die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 2. Mai 2018 über diesen Antrag entschieden habe, ohne den Einspruch der Zweitmitbeteiligten zu erledigen. Wie das Verwaltungsgericht in dem weiteren (zu Ra 2018/10/0177 angefochtenen) Erkenntnis entschieden habe, wäre der Zweitmitbeteiligten im vorliegenden Verfahren Parteistellung zu gewähren gewesen. Daher wäre über ihren Einspruch gemeinsam mit dem Antrag auf Standorterweiterung zu entscheiden gewesen.
7 Es sei daher (durch die belangte Behörde) nochmals über den Antrag des Revisionswerbers unter Einbeziehung des Einspruchs der Zweitmitbeteiligten zu entscheiden (so ausdrücklich S. 57 des angefochtenen Erkenntnisses).
8 1.2. Mit dem (zu Ra 2018/10/0177) angefochtenen Erkenntnis vom 11. September 2018 gab das Verwaltungsgericht einer Beschwerde der Zweitmitbeteiligten gegen einen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Mai 2018, mit dem ein Einspruch der Zweitmitbeteiligten gegen die vom Revisionswerber beantragte Standorterweiterung und Betriebsstättenverlegung seiner öffentlichen Apotheke zurückgewiesen worden und der Antrag der Zweitmitbeteiligten auf Zuerkennung der Parteistellung in diesem Verfahren abgewiesen worden war, Folge und hob diesen Bescheid auf.
9 Aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes ergibt sich, dass damit lediglich die von der belangten Behörde ausgesprochene Zurückweisung des Einspruchs der Mitbeteiligten behoben und der belangten Behörde eine inhaltliche Entscheidung über diesen Einspruch gemeinsam mit der Frage der vom Revisionswerber beantragten Standorterweiterung aufgetragen wurde (vgl. S. 47, insbesondere: "Der Bürgermeister der Stadt Krems an der Donau wird über den Antrag auf Standorterweiterung gemeinsam mit den Einsprüchen der Beschwerdeführerin (der Zweitmitbeteiligten) und der Apotheke M zu entscheiden haben.").
10 Begründend führte das Verwaltungsgericht zunächst aus, das Verfahren über einen Antrag der Zweitmitbeteiligten auf Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in K sei - nachdem zuletzt ein die Konzession erteilendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 25. Oktober 2016 mit hg. Erkenntnis vom 26. April 2017, Ro 2017/10/0015, 0016, aufgehoben worden sei - nach wie vor anhängig.
11 Das Verwaltungsgericht traf im Weiteren auch hier (u.a.) die unter Punkt 1.1. (Rz 3) ersichtlichen Feststellungen zu im näheren Umkreis der Apotheke des Revisionswerbers befindlichen Apotheken.
12 Rechtlich stützte sich das Verwaltungsgericht im Kern auf die Erwägungen, dass die Erweiterung des Standortes einer öffentlichen Apotheke verfahrensrechtlich der Neuerteilung einer Apothekenkonzession gleichzuhalten sei, weshalb dem Nachbarn, der die Existenz seiner eigenen Apotheke durch die Standorterweiterung für gefährdet erachte und von dem ihm in § 48 ApG eingeräumten Einspruchsrecht Gebrauch mache, Parteistellung zukomme (Hinweis auf VwGH 11.12.1973, 1203/73).
13 Im Weiteren bezog sich das Verwaltungsgericht auch hier auf das hg. Erkenntnis Ra 2017/10/0103 und führte - bezogen auf den vorliegenden Fall - aus, nach dem eingeholten Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer komme es infolge der beantragten Standorterweiterung bei drei bereits bestehenden, konkret angeführten öffentlichen Apotheken zu einer Verringerung des Versorgungspotentials unter jeweils 5.500 Personen. Selbst wenn man mit der belangten Behörde die Auffassung vertrete, dass es sich bei dem erweiterten Standort um ein Gebiet mit demographischen Besonderheiten (im Sinn des § 10 Abs. 6a ApG) handle, sei weiters das Vorliegen einer allfälligen Versorgungslücke zu prüfen.
14 In dem Erkenntnis Ra 2017/10/0103 habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Mangel in der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln (als Voraussetzung für eine Anwendung des § 10 Abs. 6a ApG) vorliegen müsse. Ein derartiger Mangel sei allerdings im vorliegenden Fall aufgrund der räumlichen Verhältnisse, nämlich der Entfernung zu den umliegenden Apotheken und der Anzahl der umliegenden Apotheken, ausgeschlossen, weshalb bereits aus diesem Grund der "Antrag auf Standorterweiterung abzuweisen gewesen wäre".
15 Schließlich befasste sich das Verwaltungsgericht kritisch mit dem eingeholten Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer; in diesem werde - so das Verwaltungsgericht unter anderem - eine Existenzgefährdung dreier bestehender öffentlicher Apotheken, deren Versorgungspotenzial nach diesem Gutachten unter
5.500 Personen falle, in Kauf genommen, um eine nicht nachvollziehbare Verbesserung des Versorgungspotentials einer Apotheke (nämlich der Apotheke des Revisionswerbers) herbeizuführen.
16 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
17 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
19 3. Mit den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revisionen wird eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht dargelegt.
20 3.1. Darin bringt der Revisionswerber zunächst vor, durch die angefochtenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes werde mit Blick auf das im Beschwerdestadium noch anhängige Verfahren über den Antrag der Zweitmitbeteiligten auf Erteilung einer Apothekenkonzession eine "doppelte Entscheidung" einerseits durch das Verwaltungsgericht sowie andererseits durch die belangte Behörde ermöglicht, was zu Widersprüchen führen könne.
21 Mit den vorliegend angefochtenen Entscheidungen hat das Verwaltungsgericht allerdings lediglich der belangten Behörde die nochmalige Prüfung des Standorterweiterungsantrags des Revisionswerbers nach § 10 Abs. 6a ApG (unter Einbeziehung des hg. Erkenntnisses Ra 2017/10/0103) - unter Abstandnahme von einer Zurückweisung des Einspruchs der Mitbeteiligten - aufgetragen. Der Gegenstand des in diesem Zusammenhang vom Revisionswerber angesprochenen Konzessionsverfahrens der Zweitmitbeteiligten ist davon verschieden.
22 3.2. Im Weiteren bringt der Revisionswerber vor, das Verwaltungsgericht habe dem "Weiterbestand" seiner Apotheke durch Standorterweiterung keine Bedeutung zugemessen, indem es darauf verwiesen habe, dass "bei Auflösung" seiner Apotheke ohnedies andere öffentliche Apotheken die Versorgung der Bevölkerung übernehmen könnten.
23 Dies trifft nicht zu; vielmehr hat das Verwaltungsgericht - zutreffenderweise - selbst bei Bejahung von "demographischen Besonderheiten" (also besonderer örtlicher Verhältnisse im Sinn des § 10 Abs. 6a ApG) einen Bedarf an der beantragten Standorterweiterung auch im Lichte dieser Bestimmung im Einklang mit dem Erkenntnis Ra 2017/10/0103 (vgl. insbesondere dessen Rz 22) deshalb verneint, weil ein Mangel in der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln aufgrund der räumlichen Verhältnisse, nämlich der Entfernung zu den umliegenden Apotheken und der Anzahl der umliegenden Apotheken, ausgeschlossen sei.
24 3.3. Außerdem bringen die Zulässigkeitsausführungen vor, das Verwaltungsgericht habe die bekämpften Bescheide der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung "ersatzlos behoben".
25 Diese Ausführungen gehen daran vorbei, dass das Verwaltungsgericht in beiden Entscheidungen - wie oben dargelegt - erkennbar eine Aufhebung und Zurückverweisung ausgesprochen hat. Aus diesem Grund liegt auch der vom Revisionswerber behauptete "unlösbare Widerspruch" zwischen den beiden Entscheidungen nicht vor.
26 3.4. Soweit der Revisionswerber schließlich eine Abweichung der angefochtenen Entscheidungen von der hg. Rechtsprechung behauptet, weil darin "besondere örtliche Verhältnisse" (iSd § 10 Abs. 6a ApG) deshalb verneint würden, weil die Bevölkerung ohnedies "durch die anderen bestehenden öffentlichen Apotheken mit Arzneimitteln versorgt" werden könnte, ist darauf zu verweisen, dass die wiedergegebene Auffassung des Verwaltungsgerichtes zur Voraussetzung eines "Mangels in der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln" im Rahmen der Prüfung nach § 10 Abs. 6a ApG in Übereinstimmung mit der hg. Rechtsprechung steht (vgl. wiederum das Erkenntnis Ra 2017/10/0103 (Rz 22)).
27 4. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.
Wien, am 18. Dezember 2018
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