VfGH V419/2020 ua

VfGHV419/2020 ua30.6.2022

Gesetzwidrigkeit der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlicherklärung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien (RSG Wien – VO 2019) – soweit sie als Verordnung des Bundes in Geltung steht – auf Grund Wegfalls der gesetzlichen Grundlage; keine Gesetzwidrigkeit der RSG Wien – VO 2019 mangels Bedenken gegen die Erlassung von Regelungen verschiedener kompetenzrechtlicher Angelegenheiten in einer "gemischten" Verordnung soweit die Verordnung betreffend die Planung der ambulanten ärztlichen Versorgung in Wien (Fachrichtungen: Kieferorthopädie, Kinder- und Jugendheilkunde, Zahnmedizin und Innere Medizin) als Verordnung des Landes Wien in Geltung steht

Normen

B-VG Art10 Abs1 Z12
B-VG Art12 Abs1 Z1
B-VG Art102
B-VG Art139 Abs1 Z1
Vereinbarung gemäß Art15 B-VG zwischen Bund und Ländern betreffend die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl I 98/2017 Art4, Art5
Gesundheits-ZielsteuerungsG §18, §19, §20, §23 Abs4
Wr KAG 1987 §5, §5a, §7
Wr GesundheitsfondsG 2017 §1, §2, §4, §7, §8, §9, §10
Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien (RSG Wien – VO 2019) §1, Anlage 1
VfGG §7 Abs1, §57 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2022:V419.2020

 

Spruch:

I. 1. Die Hauptanträge zu V419/2020, V426/2020, V498/2020 und V244/2021 werden insoweit zurückgewiesen, als sie sich nicht gegen §1 Abs1 Z1 sowie die Tabellen "Ambulante ärztliche Versorgung" (samt Fußnoten) in Anlage 1 Blatt 1 ("'RSG-Planungsmatrix' für Bundesland Wien") und in Anlage 1 Blatt 2 ("'RSG-Planungsmatrix' für Versorgungsregion 91 Wien-Mitte-Südost") der RSG Wien – VO 2019, kundgemacht am 8. Jänner 2020 unter Nr 1/2020 im RIS (Sonstige Kundmachungen/Strukturpläne Gesundheit), richten.

2. Die Hauptanträge zu V539/2020 und V607/2020 werden insoweit zurückgewiesen, als sie sich nicht gegen §1 Abs1 Z1 sowie die Tabellen "Ambulante ärztliche Versorgung" (samt Fußnoten) in Anlage 1 Blatt 1 ("'RSG-Planungsmatrix' für Bundesland Wien") und in Anlage 1 Blatt 4 ("'RSG-Planungsmatrix' für Versorgungsregion 93 Wien-Nordost") der RSG Wien – VO 2019, kundgemacht am 8. Jänner 2020 unter Nr 1/2020 im RIS (Sonstige Kundmachungen/Strukturpläne Gesundheit), richten.

II. 1. Die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien (RSG Wien – VO 2019), kundgemacht am 8. Jänner 2020 unter Nr 1/2020 im RIS (Sonstige Kundmachungen/Strukturpläne Gesundheit), wird, soweit sie als Verordnung des Bundes in Geltung steht, als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2023 in Kraft.

III. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

Mit den vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG gestützten Anträgen begehrt das Verwaltungsgericht Wien, "die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020, zur Gänze […], in eventu §1 Abs1 Z1 sowie Anlage 1 der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020", als gesetzwidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Art4 und 5 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl I 98/2017, lauten wie folgt:

"2. Abschnitt

Planung und Gesundheitstelematik

 

Art4

Grundsätze der Planung

 

(1) Die integrative Planung der österreichischen Gesundheitsversorgungsstruktur hat den von der Zielsteuerung-Gesundheit vorgegebenen Anforderungen zu entsprechen und erfolgt auf Basis vorhandener Evidenzen und sektorenübergreifend. Sie umfasst alle Ebenen und Teilbereiche der Gesundheitsversorgung und Nahtstellen zu angrenzenden Bereichen. Bestandteil dieser Vereinbarung ist es, die Realisierung einer integrativen Planung insbesondere für die folgenden Versorgungsbereiche sicherzustellen:

1. Ambulanter Bereich der Sachleistung, d.h. niedergelassene ÄrztInnen und ZahnärztInnen mit Kassenverträgen, Gruppenpraxen mit Kassenverträgen und sonstige in der Gesundheitsversorgung frei praktizierende Berufsgruppen mit Kassenverträgen, selbstständige Ambulatorien mit Kassenverträgen einschließlich der eigenen Einrichtungen der Versicherungsträger, Spitalsambulanzen;

2. Akutstationärer Bereich und tagesklinischer Bereich (d.h. landesgesundheitsfondsfinanzierte Krankenanstalten und Unfallkrankenhäuser), sofern dieser aus Mitteln der Gebietskörperschaften und/oder der Sozialversicherung zur Gänze oder teilweise finanziert wird;

3. Ambulanter und stationärer Rehabilitationsbereich mit besonderer Berücksichtigung des bedarfsgerechten Auf- und Ausbaus von Rehabilitationsangeboten für Kinder und Jugendliche;

 

(2) Als Rahmenbedingungen bei der integrativen Versorgungsplanung sind mit zu berücksichtigen:

1. Versorgungswirksamkeit von WahlärztInnen, WahltherapeutInnen, Sanatorien und sonstigen Wahleinrichtungen, sofern von diesen sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbracht werden

2. Sozialbereich, soweit dieser im Rahmen des Nahtstellenmanagements und hinsichtlich komplementärer Versorgungsstrukturen (im Sinne 'kommunizierender Gefäße') für die Gesundheitsversorgung von Bedeutung ist (z. B. psychosozialer Bereich, Pflegebereich);

3. Rettungs- und Krankentransportwesen (inkl. präklinischer Notfallversorgung) im Sinne bodengebundener Rettungsmittel und Luftrettungsmittel (inkl. und exkl. der notärztlichen Komponente) sowie Krankentransportdienst.

 

(3) Die integrative Versorgungsplanung hat die Beziehungen zwischen allen in Abs1 und 2 genannten Versorgungsbereichen zu berücksichtigen. Im Sinne von gesamtwirtschaftlicher Effektivität und Effizienz der Gesundheitsversorgung berücksichtigen Teilbereichsplanungen die Wechselwirkung zwischen den Teilbereichen dahingehend, dass die gesamtökonomischen Aspekte vor den ökonomischen Aspekten des Teilbereiches ausschlaggebend sind.

 

(4) Die integrative Versorgungsplanung hat patientenorientiert zu erfolgen. Die Versorgungsqualität ist durch das Verschränken der Gesundheitsstrukturplanung mit einzuhaltenden Qualitätskriterien im Sinne der Bestimmungen gemäß Art8 sicherzustellen.

 

(5) Die integrative Versorgungsplanung verfolgt insbesondere das Ziel einer schrittweisen Verlagerung der Versorgungsleistungen von der akutstationären hin zu tagesklinischer und ambulanter Leistungserbringung im Sinne der Leistungserbringung am jeweiligen 'Best Point of Service' unter Sicherstellung hochwertiger Qualität.

 

(6) Eine möglichst rasche und lückenlose Behandlungskette ist durch verbessertes Nahtstellenmanagement und den nahtlosen Übergang zwischen den Einrichtungen bzw den Bereichen, ua durch gesicherten Informationstransfer mittels effektiven und effizienten Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnologien, sicherzustellen.

 

(7) Die integrative Versorgungsplanung setzt entsprechend den Prinzipien der Zielsteuerung-Gesundheit insbesondere folgende Prioritäten:

1. Reorganisation aller in Abs1 angeführten Bereiche in Richtung eines effektiveren und effizienteren Ressourceneinsatzes.

2. Stärkung des ambulanten Bereichs insbesondere durch rasche flächendeckende Entwicklung von Primärversorgungsstrukturen und ambulanten Fachversorgungsstrukturen.

3. Weiterentwicklung des akutstationären und tagesklinischen Bereichs, insbesondere durch Bündelung komplexer Leistungen an geeigneten Standorten, die Überwindung von kleinteiligen Organisationsformen sowie die Weiterentwicklung einzelner Krankenanstalten zu Einrichtungen für eine Grund- und Fachversorgung.

4. Ausbau einer österreichweit gleichwertigen, flächendeckenden abgestuften Versorgung im Palliativ- und Hospizbereich für Erwachsene sowie für Kinder und Jugendliche; im Rahmen der Umsetzung integrierter Palliativ- und Hospizversorgung erfolgt eine Abstimmung zwischen Gesundheits- und Sozialbereich sowie der Sozialversicherung.

5. Gemeinsame überregionale und sektorenübergreifende Planung der für die vorgesehenen Versorgungsstrukturen und -prozesse erforderlichen Personalressourcen unter optimaler Nutzung der Kompetenzen der jeweiligen Berufsgruppen.

6. Sicherstellung einer nachhaltigen Sachleistungsversorgung.

 

(8) Die Vertragsparteien kommen überein, die für die integrative Versorgungsplanung notwendigen Datengrundlagen (inkl. bundesweit einheitlicher Datengrundlagen für alle Gesundheitsberufe) in ausreichender Qualität entsprechend Art10 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG Zielsteuerung-Gesundheit zur Verfügung zu stellen. Gemäß Art15 Abs4 ist die Implementierung einer flächendeckenden verpflichtenden Dokumentation von Diagnosen in codierter Form im ambulanten Bereich auf Basis von ICD-10 bzw im Bereich der Primärversorgung alternativ auch auf Basis von ICPC-2 vorgesehen.

 

Art5

Österreichischer Strukturplan Gesundheit und Regionale Strukturpläne Gesundheit

 

(1) Die zentralen Planungsinstrumente für die integrative Versorgungsplanung sind der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) und die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG). Der ÖSG ist der österreichweit verbindliche Rahmenplan für die in den RSG vorzunehmende konkrete Gesundheitsstrukturplanung und Leistungsangebotsplanung. ÖSG und RSG sind integrale Bestandteile der Zielsteuerung-Gesundheit und mit den Zielen und Maßnahmen der Gesundheitsreform abgestimmt.

 

(2) Der ÖSG umfasst verbindliche Vorgaben für RSG im Hinblick auf die in Art4 Abs1 angeführten Bereiche, verfolgt die Zielsetzungen gemäß Art4 Abs3 bis 7, legt die Kriterien für die Gewährleistung der bundesweit einheitlichen Versorgungsqualität fest und stellt damit eine Grundlage für die Abrechenbarkeit von Leistungen der Gesundheitsversorgung dar.

 

(3) Die Inhalte des ÖSG umfassen insbesondere:

1. Informationen zur aktuellen regionalen Versorgungssituation;

2. Grundsätze und Ziele der integrativen Versorgungsplanung;

3. Quantitative und qualitative Planungsvorgaben und -grundlagen für die bedarfsgerechte Dimensionierung der Versorgungskapazitäten bzw der Leistungsvolumina;

4. Versorgungsmodelle für die abgestufte bzw modulare Versorgung in ausgewählten Versorgungsbereichen sowie inhaltliche Vorgaben für Organisationsformen und Betriebsformen;

5. Vorgaben von verbindlichen Mindestfallzahlen für ausgewählte medizinische Leistungen zur Sicherung der Behandlungsqualität sowie Mindestfallzahlen als Orientierungswerte für die Leistungsangebotsplanung;

6. Kriterien zur Strukturqualität und Prozessqualität sowie zum sektorenübergreifenden Prozessmanagement als integrale Bestandteile der Planungsaussagen;

7. Grundlagen für die Festlegung von Versorgungsaufträgen für die ambulante und stationäre Akutversorgung unabhängig von einer Zuordnung auf konkrete Anbieterstrukturen: Leistungsmatrizen, Aufgabenprofile und Qualitätskriterien;

8. Kriterien für die Bedarfsfeststellung und die Planung von Angeboten für multiprofessionelle und interdisziplinäre Primärversorgung sowie für die multiprofessionelle und/oder interdisziplinäre ambulante Fachversorgung gemäß Art6.

9. Verbindliche überregionale Versorgungsplanung für hochspezialisierte komplexe Leistungen von überregionaler Bedeutung in Form von Bedarfszahlen zu Kapazitäten sowie der Festlegung von Leistungsstandorten und deren jeweiliger Zuständigkeit für zugeordnete Versorgungsregionen.

10. Festlegung der von der Planung zu erfassenden, der öffentlichen Versorgung dienenden medizinisch-technischen Großgeräte inkl. österreichweiter Planungsgrundlagen, Planungsrichtwerte (insbesondere auch hinsichtlich der von diesen Großgeräten zu erbringenden Leistungen bzw deren Leistungsspektrum sowie deren Verfügbarkeit) und Qualitätskriterien; Festlegung der bundesweit sowie je Bundesland jeweils erforderlichen Anzahl der Großgeräte (Bandbreiten).

11. Standort- und Kapazitätsplanung von Großgeräten mit überregionaler Bedeutung (insbesondere Strahlentherapiegeräte, Coronarangiographie-Anlagen und Positronen-Emissions-Tomographiegeräte) ist auf Bundesebene zu vereinbaren; weiters die standortbezogene und mit den Versorgungsaufträgen auf regionaler Ebene abgestimmte Planung der übrigen medizinisch-technischen Großgeräte;

12. Vorgaben für Aufbau, Inhalte, Struktur, Planungsmethoden, Darstellungsform und Planungshorizont der RSG in bundesweit einheitlicher Form.

 

(4) Der ÖSG ist während der Laufzeit dieser Vereinbarung von der Bundesgesundheitsagentur nach den Vorgaben der Zielsteuerung-Gesundheit kontinuierlich gesamthaft weiterzuentwickeln. Ergänzungen und Weiterentwicklungen des ÖSG erfolgen gemeinsam zwischen Bund, Bundesländern und Sozialversicherung nach partnerschaftlich festgelegten Prioritäten gemäß Art4 Abs7. Der Schwerpunkt der Ergänzungen liegt entsprechend der Zielsteuerung-Gesundheit im ambulanten Bereich. Es werden jedenfalls folgende Entwicklungsschritte vereinbart:

1. Aktualisierung von Ist-Stand und Bedarfsprognosen

2. jährliche Wartung und Weiterentwicklung der Leistungsmatrizen für den ambulanten und den akutstationären Bereich und sukzessive Festlegung weiterer verbindlicher Mindestfallzahlen für medizinische Leistungen bzw Leistungsbündel entsprechend international vorhandener Evidenz;

3. Weiterentwicklung der Planungsgrundlagen und Qualitätskriterien für alle Bereiche, insbesondere für interdisziplinäre und multiprofessionelle Versorgungsformen;

4. Weiterentwicklung der überregionalen Versorgungsplanung auf Basis einer entsprechenden Beobachtung und bei Bedarf Ergänzung weiterer Versorgungsbereiche;

5. Planung der ambulanten Rehabilitation der Phase III, die zur Stabilisierung der Erfolge aus der ambulanten Rehabilitation der Phase II oder auch der stationären Rehabilitation der Phase II dienen soll, muss bestehende integrierte Versorgungsstrukturen (insbesondere Primärversorgung), fachärztliche Versorgung und die vorhandenen Evidenzen berücksichtigen;

6. Präzisierung der notwendigen Schritte zur Berücksichtigung der präklinischen Versorgung inkl. Rettungs- und Krankentransportdienst in der Planung;

7. Weiterentwicklung von morbiditätsbasierten Methoden der Bedarfsschätzung in der Gesundheitsversorgung und pilothafte Anwendung (Versorgungsforschung);

 

(5) Revisionen der ÖSG-Inhalte werden auf der jeweils aktuellen Datenbasis grundsätzlich im Abstand von maximal fünf Jahren vorgenommen. Die notwendige Wartung einzelner Teile des ÖSG sowie Ergänzungen haben bei Bedarf während der Laufzeit dieser Vereinbarung zeitnah zu erfolgen.

 

(6) Der ÖSG sowie Revisionen, Wartungen und Ergänzungen des ÖSG sind gemäß Abs9 Z1 zu veröffentlichen.

 

(7) Die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) sind je Bundesland entsprechend den Vorgaben des ÖSG gemäß Abs3 Z12 bezüglich Inhalten, Planungshorizonten Planungshorizonten und Planungsrichtwerten kontinuierlich weiter zu entwickeln und regelmäßig zu revidieren. Die Qualitätskriterien des ÖSG gelten bundesweit einheitlich. Die Schwerpunkte der RSG sind jedenfalls:

1. Festlegung der Kapazitätsplanungen standortbezogen für den akutstationären Bereich mit Angabe der Kapazitäten, Organisationsformen, Versorgungsstufen, Referenz-, Spezial- und Expertisezentren je Fachbereich;

2. Festlegung der Kapazitätsplanungen für die ambulante Fachversorgung – soweit noch nicht vorliegend – gesamthaft bis Ende 2018 unter der Voraussetzung, dass die Grundlagen auf Bundesebene vorliegen mit Angabe der Kapazitäten und Betriebsformen von Spitalsambulanzen sowie Versorgungstypen im ambulanten Bereich sowie Versorgungsaufträgen nach Fachbereichen auf Ebene der Versorgungsregionen (im Sinne des ÖSG) bzw bei Bedarf auch auf tieferen regionalen Ebenen;

3. Stärkung der Primärversorgung durch Ausbau von wohnortnahen multiprofessionellen und/oder interdisziplinären Versorgungsangeboten entsprechend Art6 und Bereinigung von Parallelstrukturen im Sinne des Art4 Abs5 und Art4 Abs7 Z3; Ergänzung einer konkretisierten Planung zur Einrichtung von Primärversorgungseinheiten bis spätestens Ende 2018 unter der Voraussetzung, dass die Grundlagen auf Bundesebene vorliegen;

4. Abbildung der überregionalen Versorgungsplanung gemäß Abs3 Z9 inkl. Definition von Versorgungsgebieten je Standort;

5. Transparente Berücksichtigung der Versorgung inländischer und ausländischer GastpatientInnen;

 

(8) Die RSG sind auf Landesebene zwischen dem jeweiligen Land und der Sozialversicherung festzulegen. Der Bund ist bereits im Entwurfsstadium eines RSG entsprechend zu informieren und es ist mit dem Bund vor Einbringung zur Beschlussfassung insbesondere das Vorliegen der Rechts- und ÖSG-Konformität abzustimmen. Die jeweils aktuelle Fassung des RSG ist in geeigneter Weise kundzumachen und auf der Website des jeweiligen Landes zu veröffentlichen.

 

(9) Bund und Länder kommen überein, zur Verbindlichkeit der Planung im ÖSG Folgendes sicherzustellen:

1. Der ÖSG und seine Änderungen sind von der/dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministerin/Bundesminister nach einvernehmlicher Beschlussfassung in der Bundes-Zielsteuerungskommission jedenfalls im Bundesgesetzblatt II gemäß §4 Abs2 des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 2004, BGBl I Nr 100/2003, in der jeweils geltenden Fassung, sowie auf der Website des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministeriums unbeschadet Z2 als Sachverständigengutachten zu veröffentlichen.

2. Die Bundesgesundheitsagentur ist bundes- und landesgesetzlich zu ermächtigen sowie organisatorisch in die Lage zu versetzen, die einvernehmlich zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung als normativ gekennzeichneten Teile des ÖSG als verbindlich festzulegen und durch Verordnung kundzumachen. Der Beginn der verbindlichen Wirkung ist durch die Bundes-Zielsteuerungskommission festzulegen, wobei entsprechende Umsetzungsfristen zu berücksichtigen sind.

 

(10) Bund und Länder kommen überein, zur Verbindlichkeit der Planung im RSG Folgendes sicherzustellen:

1. Der RSG und seine Änderungen sind vom jeweiligen Landeshauptmann nach einvernehmlicher Beschlussfassung in der Landes-Zielsteuerungskommission jedenfalls im Landesgesetzblatt sowie auf der Website der jeweiligen Landesregierung zu veröffentlichen.

2. Der Landesgesundheitsfonds ist bundes- und landesgesetzlich zu ermächtigen sowie organisatorisch in die Lage zu versetzen, die einvernehmlich zwischen Ländern und Sozialversicherung als normativ gekennzeichneten Teile des RSG als verbindlich festzulegen und durch Verordnung kundzumachen. Der Beginn der verbindlichen Wirkung ist durch die Landes-Zielsteuerungskommission festzulegen, wobei entsprechende Umsetzungsfristen zu berücksichtigen sind. Diese Verordnung hat hinsichtlich der Vorgaben jenes Maß an Konkretheit aufzuweisen, das erforderlich ist, um den Bedarf an einer konkreten Versorgungseinrichtung ausschließlich und abschließend anhand dieser Verordnung beurteilen zu können.

3. Der jeweiligen Landesärztekammer und den betroffenen gesetzlichen Interessensvertretungen ist mindestens vier Wochen vor Beschlussfassung des RSG in der jeweiligen Landes-Zielsteuerungskommission die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen; der Ärztekammer insbesondere hinsichtlich der Umsetzbarkeit im Stellenplan (§342 Abs1 Z1 ASVG). Dazu sind die für die Beschlussfassung vorgesehenen Planungsunterlagen zu übermitteln.

 

(11) Soweit krankenanstaltenrechtliche oder ärzterechtliche Bedarfsprüfungen durchzuführen sind, sind die durch Verordnungen gemäß Abs9 und 10 verbindlichen Inhalte des RSG als verbindliche Grundlage anzuwenden. Im Fall von erforderlichen Bedarfsprüfungen in Bezug auf Versorgungsstrukturen, die nicht im RSG enthalten sind, sind die im ÖSG und RSG festgelegten Planungskriterien anzuwenden. Die Bundesgesetzgebung bzw die Landesgesetzgebung hat vorzusehen, dass die verbindlichen Inhalte des ÖSG und des jeweiligen RSG in ihren Bereichen als verbindlicher rechtlicher Rahmen für die bundes- und landesgesetzlich eingerichteten Körperschaften umzusetzen sind.

 

(12) Kommt in der Landes-Zielsteuerungskommission kein Einvernehmen über den verbindlichen Teil des RSG bzw dessen Änderung zustande, bleiben die Planungskompetenzen des jeweiligen Landes bzw der Sozialversicherung unberührt.

 

(13) Im Einklang mit dem ÖSG und den RSG sind die den GesundheitsdiensteanbieterInnen erteilten bzw bestehenden Bewilligungen unter größtmöglicher Schonung wohlerworbener Rechte zu ändern oder allenfalls zurückzunehmen. Die entsprechenden bundes- und landesgesetzlichen Regelungen haben dies zu ermöglichen.

 

(14) Die Abrechenbarkeit von Leistungen über die Landesgesundheitsfonds bzw über die Krankenversicherungsträger ist an die Einhaltung der verpflichtenden qualitativen Inhalte in ÖSG und RSG durch die GesundheitsdiensteanbieterInnen zu binden und entsprechend gesetzlich festzulegen. Eine allfällige Bereitstellung von Investitionszuschüssen an die GesundheitsdiensteanbieterInnen hat im Einklang mit dem ÖSG und den RSG zu erfolgen.

 

(15) Die Festlegungen im ÖSG und in den RSG sind hinsichtlich ihrer Umsetzung laufend zu überprüfen (ÖSG-Monitoring und österreichweit vergleichendes RSG-Monitoring). Dieses Monitoring ist inhaltlich so zu gestalten, dass es eine entsprechende Grundlage für das Monitoring im Rahmen der Zielsteuerung-Gesundheit bereitstellen kann."

 

2. Die §§1, 18 bis 30 und 41 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz – G-ZG), BGBl I 26/2017, idF BGBl I 100/2018 (§§21, 23 sowie 29) und BGBl I 9/2022 (§41) lauten:

"1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Gegenstand

 

§1. (1) Der Bund und die gesetzliche Krankenversicherung haben nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gemeinsam mit den Ländern, im Rahmen derer kompetenzrechtlichen Zuständigkeiten, die integrative partnerschaftliche Zielsteuerung-Gesundheit für die Struktur und Organisation der österreichischen Gesundheitsversorgung fortzuführen und weiterzuentwickeln. Dieses Bundesgesetz berührt nicht die Zuständigkeiten der Länder zur Gesetzgebung und Vollziehung.

 

(2) Die Konkretisierung dieser Zielsteuerung-Gesundheit hat auf Grundlage vergleichbarer wirkungsorientierter qualitativ und quantitativ festzulegender

1. Versorgungsziele,

2. Planungswerte,

3. Versorgungsprozesse und -strukturen und

4. Ergebnis- und Qualitätsparameter

zu erfolgen. Darauf aufbauend ist als integraler Bestandteil die bereits etablierte

5. Finanzzielsteuerung

fortzuführen und weiterzuentwickeln.

 

(3) Die Durchführung der partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit hat durch die Weiterentwicklung von Organisation und Steuerungsmechanismen auf Bundes- und Landesebene das Prinzip der Wirkungsorientierung in der Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

 

6. Abschnitt

Planung der österreichischen Gesundheitsversorgungsstruktur

 

Grundsätze der Planung

 

§18. (1) Die integrative Planung der österreichischen Gesundheitsversorgungs-struktur hat den von der Zielsteuerung-Gesundheit vorgegebenen Anforderungen zu entsprechen sowie auf Basis vorhandener Evidenzen und sektorenübergreifend zu erfolgen. Sie umfasst alle Ebenen und Teilbereiche der Gesundheitsversorgung und Nahtstellen zu angrenzenden Bereichen. Die integrative Planung hat insbesondere die folgenden Versorgungsbereiche zu umfassen:

1. Ambulanter Bereich der Sachleistung, d.h. niedergelassene Ärztinnen/Ärzte und Zahnärztinnen/-ärzte mit Kassenverträgen, Gruppenpraxen mit Kassenverträgen und sonstige in der Gesundheitsversorgung frei praktizierende Berufsgruppen mit

Kassenverträgen, selbstständige Ambulatorien mit Kassenverträgen einschließlich der eigenen Einrichtungen der Versicherungsträger, Spitalsambulanzen;

2. akutstationärer Bereich und tagesklinischer Bereich (d.h. landesgesundheitsfondsfinanzierte Krankenanstalten und Unfallkrankenhäuser), sofern dieser aus Mitteln der Gebietskörperschaften und/oder der Sozialversicherung zur Gänze oder teilweise finanziert wird;

3. ambulanter und stationärer Rehabilitationsbereich mit besonderer Berücksichtigung des bedarfsgerechten Auf- und Ausbaus von Rehabilitationsangeboten für Kinder und Jugendliche.

 

(2) Als Rahmenbedingungen bei der integrativen Versorgungsplanung sind mit zu berücksichtigen:

1. Die Versorgungswirksamkeit von WahlärztInnen, WahltherapeutInnen, Sanatorien und sonstigen Wahleinrichtungen, sofern von diesen sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbracht werden;

2. der Sozialbereich, soweit dieser im Rahmen des Nahtstellenmanagements und hinsichtlich komplementärer Versorgungsstrukturen (im Sinne 'kommunizierender Gefäße') für die Gesundheitsversorgung von Bedeutung ist (z. B. psychosozialer Bereich, Pflegebereich);

3. das Rettungs- und Krankentransportwesen (inklusive präklinischer Notfallversorgung) im Sinne bodengebundener Rettungsmittel und Luftrettungsmittel (sowohl inklusive als auch exklusive der notärztlichen Komponente) sowie der Krankentransportdienst.

 

(3) Die integrative Versorgungsplanung hat die Beziehungen zwischen allen in Abs1 und 2 genannten Versorgungsbereichen zu berücksichtigen. Im Sinne von gesamtwirtschaftlicher Effektivität und Effizienz der Gesundheitsversorgung haben Teilbereichsplanungen die Wechselwirkung zwischen den Teilbereichen dahingehend zu berücksichtigen, dass die gesamtökonomischen Aspekte vor den ökonomischen Aspekten des Teilbereiches ausschlaggebend sind.

 

(4) Die integrative Versorgungsplanung hat patientenorientiert zu erfolgen. Die Versorgungsqualität ist durch das Verschränken der Gesundheitsstrukturplanung mit einzuhaltenden Qualitätskriterien sicherzustellen.

 

(5) Die integrative Versorgungsplanung hat insbesondere das Ziel einer schrittweisen Verlagerung der Versorgungsleistungen von der akutstationären hin zu tages-klinischer und ambulanter Leistungserbringung im Sinne der Leistungserbringung am jeweiligen 'Best Point of Service' unter Sicherstellung hochwertiger Qualität zu verfolgen.

 

(6) Eine möglichst rasche und lückenlose Behandlungskette ist durch verbessertes Nahtstellenmanagement und den nahtlosen Übergang zwischen den Einrichtungen bzw den Bereichen, ua durch gesicherten Informationstransfer mittels effektiven und effizienten Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnologien, sicherzustellen.

 

(7) Die integrative Versorgungsplanung hat entsprechend den Prinzipien der Zielsteuerung-Gesundheit insbesondere folgende Prioritäten zu setzen:

1. Reorganisation aller in Abs1 angeführten Bereiche in Richtung eines effektiveren und effizienteren Ressourceneinsatzes.

2. Stärkung des ambulanten Bereichs insbesondere durch rasche flächendeckende Entwicklung von Primärversorgungsstrukturen und ambulanten Fachversorgungsstrukturen, wobei in der Umsetzung vor allem bestehende Vertragspartner berücksichtigt werden.

3. Weiterentwicklung des akutstationären und tagesklinischen Bereichs: insbesondere durch Bündelung komplexer Leistungen an geeigneten Standorten, die Überwindung von kleinteiligen Organisationsformen.

4. Ausbau einer österreichweit gleichwertigen, flächendeckenden abgestuften Versorgung im Palliativ- und Hospizbereich für Erwachsene sowie für Kinder und Jugendliche; im Rahmen der Umsetzung integrierter Palliativ- und Hospizversorgung hat eine Abstimmung zwischen Gesundheits- und Sozialbereich sowie der Sozialversicherung zu erfolgen.

5. Gemeinsame überregionale und sektorenübergreifende Planung der für die vorgesehenen Versorgungsstrukturen und -prozesse erforderlichen Personalressourcen unter optimaler Nutzung der Kompetenzen der jeweiligen Berufsgruppen.

6. Sicherstellung einer nachhaltigen Sachleistungsversorgung.

 

Österreichischer Strukturplan Gesundheit und Regionale Strukturpläne Gesundheit

 

§19. (1) Die zentralen Planungsinstrumente für die integrative Versorgungsplanung sind der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) und die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG). Der ÖSG ist gemäß der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens der österreichweit verbindliche Rahmenplan für die in den RSG vorzunehmende konkrete Gesundheitsstrukturplanung und Leistungsangebotsplanung.

 

(2) Der ÖSG hat verbindliche Vorgaben für RSG im Hinblick auf die in §18 Abs1 angeführten Bereiche zu umfassen, die Zielsetzungen gemäß §18 Abs3 bis 7 zu verfolgen, die Kriterien für die Gewährleistung der bundesweit einheitlichen Versorgungsqualität festzulegen.

 

Inhalte des ÖSG

 

§20. (1) Der ÖSG hat insbesondere folgende Inhalte zu umfassen:

1. Informationen zur aktuellen regionalen Versorgungssituation;

2. Grundsätze und Ziele der integrativen Versorgungsplanung;

3. Quantitative und qualitative Planungsvorgaben und -grundlagen für die bedarfsgerechte Dimensionierung der Versorgungskapazitäten bzw der Leistungsvolumina;

4. Versorgungsmodelle für die abgestufte bzw modulare Versorgung in ausgewählten Versorgungsbereichen sowie inhaltliche Vorgaben für Organisationsformen und Betriebsformen;

5. Vorgaben von verbindlichen Mindestfallzahlen für ausgewählte medizinische Leistungen zur Sicherung der Behandlungsqualität sowie Mindestfallzahlen als Orientierungswerte für die Leistungsangebotsplanung;

6. Kriterien zur Strukturqualität und Prozessqualität sowie zum sektorenübergreifenden Prozessmanagement als integrale Bestandteile der Planungsaussagen;

7. Grundlagen für die Festlegung von Versorgungsaufträgen für die ambulante und stationäre Akutversorgung unabhängig von einer Zuordnung auf konkrete Anbieterstrukturen: Leistungsmatrizen, Aufgabenprofile und Qualitätskriterien;

8. Kriterien für die Bedarfsfeststellung und die Planung von Angeboten für multi-professionelle und interdisziplinäre Primärversorgung sowie für die multiprofessionelle und/oder interdisziplinäre ambulante Fachversorgung gemäß Art6 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens;

9. Verbindliche überregionale Versorgungsplanung für hochspezialisierte komplexe Leistungen von überregionaler Bedeutung in Form von Bedarfszahlen zu Kapazitäten sowie der Festlegung von Leistungsstandorten und deren jeweiliger Zuständigkeit für zugeordnete Versorgungsregionen;

10. Festlegung der von der Planung zu erfassenden, der öffentlichen Versorgung dienenden medizinisch-technischen Großgeräte inklusive österreichweiter Planungsgrundlagen, Planungsrichtwerte (insbesondere auch hinsichtlich der von diesen Großgeräten zu erbringenden Leistungen bzw deren Leistungsspektrum sowie deren Verfügbarkeit) und Qualitätskriterien; Festlegung der bundesweit sowie je Bundesland jeweils erforderlichen Anzahl der Großgeräte (Bandbreiten);

11. Standort- und Kapazitätsplanung von Großgeräten mit überregionaler Bedeutung (insbesondere Strahlentherapiegeräte, Coronarangiographie-Anlagen und Positronen-Emissions-Tomographiegeräte) ist auf Bundesebene zu vereinbaren; weiters die standortbezogene und mit den Versorgungsaufträgen auf regionaler Ebene abgestimmte Planung der übrigen medizinisch-technischen Großgeräte;

12. Vorgaben für Aufbau, Inhalte, Struktur, Planungsmethoden, Darstellungsform und Planungshorizont der RSG in bundesweit einheitlicher Form.

 

(2) Die Qualitätskriterien des ÖSG gelten gemäß der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens bundesweit einheitlich.

 

(3) Der ÖSG ist auf Bundesebene zwischen dem Bund, den Ländern und der Sozialversicherung einvernehmlich abzustimmen.

 

(4) In der Bundes-Zielsteuerungskommission ist sicherzustellen, dass der Österreichischen Ärztekammer und den betroffenen gesetzlichen Interessensvertretungen frühzeitig und strukturiert, mindestens aber vier Wochen vor Beschlussfassung des ÖSG in der Bundes-Zielsteuerungskommission die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wird. Dazu sind die für die Beschlussfassung vorgesehenen Planungsunterlagen zu übermitteln.

 

Inhalte des RSG

 

§21. (1) Die Sozialversicherungsträger haben sicherzustellen, dass die RSG gemeinsam mit den Ländern entsprechend den Vorgaben des ÖSG bezüglich Inhalten, Planungshorizonten und Planungsrichtwerten kontinuierlich weiterentwickelt und regelmäßig revidiert werden.

 

(2) (Grundsatzbestimmung) Die Landesgesetzgebung hat in Angelegenheiten des Art12 Abs1 Z1 B‑VG sicherzustellen, dass die RSG in der Landes-Zielsteuerungskommission entsprechend den Vorgaben des ÖSG bezüglich Inhalten, Planungshorizonten und Planungsrichtwerten kontinuierlich weiterentwickelt und regelmäßig revidiert werden.

 

(3) Die Sozialversicherungsträger haben sicherzustellen, dass der RSG jedenfalls Folgendes beinhaltet:

1. Festlegung der Kapazitätsplanungen standortbezogen für den akutstationären Bereich mit Angabe der Kapazitäten, Organisationsformen, Versorgungsstufen, Referenz-, Spezial- und Expertisezentren je Fachbereich (im Sinne des ÖSG);

2. Festlegung der Kapazitätsplanungen für die ambulante Versorgung für die Leistungserbringer im Sinne des §18 Abs1 Z1 – soweit noch nicht vorliegend – gesamthaft mit Angabe der Kapazitäten und Betriebsformen von Spitalsambulanzen sowie Versorgungstypen im ambulanten Bereich sowie Versorgungsaufträgen nach Fachbereichen auf Ebene der Versorgungsregionen (im Sinne des ÖSG);

3. Stärkung der Primärversorgung durch Ausbau von wohnortnahen, multiprofessionellen und/oder interdisziplinären Versorgungsangeboten entsprechend Art6 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens sowie §18 Abs7 Z2 und Bereinigung von Parallelstrukturen; beim Ausbau der Primärversorgung nach dem Primärversorgungsgesetz, BGBl I Nr 131/2017 (PrimVG) ist, um den unterschiedlichen Versorgungsbedürfnissen der Bevölkerung nachkommen zu können, im Hinblick auf das im Art31 Abs1 letzter Satz der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens genannte Planungsziel im jeweiligen Bundesland ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Versorgungsangeboten als Netzwerk oder Zentrum sicherzustellen;

4. Abbildung der überregionalen Versorgungsplanung gemäß §20 Abs1 Z9 inklusive Definition von Versorgungsgebieten je Standort;

5. Transparente Berücksichtigung der Versorgung inländischer und ausländischer Gastpatientinnen und -patienten.

Dabei ist auf die Bestimmungen in Abs3 und 5 des Art6 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens sowie in §3 Abs2, 2b und 2c und §3a Abs2 und 3 KAKuG Bedacht zu nehmen.

 

(4) (Grundsatzbestimmung) Die Landesgesetzgebung hat in Angelegenheiten des Art12 Abs1 Z1 B‑VG sicherzustellen, dass der RSG jedenfalls die in Abs3 genannten Inhalte umfasst.

 

(5) Die Sozialversicherungsträger haben darauf zu achten, dass im Umsetzung des Art6 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens die Kapazitätsplanung für den gesamten ambulanten Bereich in den RSG insbesondere auf die Stärkung der ambulanten Versorgung durch Ausbau von wohnortnahen multiprofessionellen und/oder interdisziplinären Versorgungsangeboten und die Bereinigung von Parallelstrukturen abzielt.

 

(6) (Grundsatzbestimmung) Die Landesgesetzgebung hat in Angelegenheiten des Art12 Abs1 Z1 B‑VG sicherzustellen, dass bei der Kapazitätsplanung für den gesamten ambulanten Bereich die Vorgaben des Abs5 eingehalten werden.

 

(7) Die RSG sind gemäß der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens auf Landesebene zwischen dem jeweiligen Land und der Sozialversicherung festzulegen. Der Bund ist bereits im Entwurfsstadium eines RSG entsprechend zu informieren und es ist mit dem Bund vor Einbringung zur Beschlussfassung insbesondere das Vorliegen der Rechts- und ÖSG-Konformität abzustimmen.

 

(8) Eine Primärversorgungseinheit im Sinne des §2 Abs4 des Primärversorgungsgesetzes gilt auch dann als im RSG abgebildet, wenn der Bedarf nach §20 Abs1 Z8 für die Errichtung einer solchen durch Beschluss der Landes-Zielsteuerungskommission festgestellt wurde.

 

(9) Ergänzend zu Abs3 und 4 obliegt es bei Bedarf auch den gesetzlichen Berufsvertretungen der Gesundheitsdiensteanbieterinnen und -anbieter einen Vorschlag an das Land oder die Sozialversicherung auf Planung der Primärversorgung in einem bestimmten Einzugsgebiet und auf Beschlussfassung in der Landes-Zielsteuerungskommission zu richten. Sofern nicht das jeweilige Land die jeweilige Landes-Zielsteuerungskommission zeitnah mit einem solchen Vorschlag befasst, hat dies durch die jeweilige Landesstelle der Österreichischen Gesundheitskasse zu erfolgen.

 

(10) Die Vertreterinnen und Vertreter des Bundes und der Sozialversicherung haben in der jeweiligen Landes-Zielsteuerungskommission sicherzustellen, dass der jeweiligen Landesärztekammer und den betroffenen gesetzlichen Interessenvertretungen frühzeitig und strukturiert – mindestens aber vier Wochen vor Beschlussfassung einer den RSG betreffenden Angelegenheit in der jeweiligen Landes-Zielsteuerungskommission – die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wird, der Ärztekammer insbesondere hinsichtlich der Umsetzbarkeit im Stellenplan (§342 Abs1 Z1 ASVG). Dazu sind die für die Beschlussfassung vorgesehenen Planungsunterlagen zu übermitteln.

 

Kundmachung des ÖSG und der RSG

 

§22. (1) Die/Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesministerin/Bundesminister hat die jeweils aktuelle Fassung des ÖSG jedenfalls im RIS (www.ris.bka.gv.at ) zu veröffentlichen.

 

(2) Der Landeshauptmann hat die jeweils aktuelle Fassung des RSG im RIS (www.ris.bka.gv.at ) zu veröffentlichen.

 

Verbindlichkeitserklärung von Inhalten des ÖSG und der RSG

 

§23. (1) Die Bundes-Zielsteuerungskommission hat im Sinne des öffentlichen Interesses jene für die nachhaltige Versorgung der Bevölkerung unerlässlichen Teile des ÖSG, dazu zählen insbesondere definierte Planungsrichtwerte und ‑kriterien sowie die überregionale Versorgungsplanung, die eine rechtlich verbindliche Grundlage für Planungsentscheidungen des RSG bilden sollen, als solche auszuweisen. Die Verbindlichkeit wird durch eine Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH gemäß Abs3 hergestellt. Jene Teile, die Verbindlichkeit erlangen sollen, sind vorab von der Gesundheitsplanungs GmbH einem allgemeinen, als solches ausgewiesenen, Begutachtungsverfahren zu unterziehen. Ergeben sich nach der Begutachtung Änderungen ist eine nochmalige Beschlussfassung in der Bundes-Zielsteuerungskommission herbeizuführen.

 

(2) Die Vertreterinnen und Vertreter des Bundes und der Sozialversicherung haben in der jeweiligen Landes-Zielsteuerungskommission sicherzustellen, dass jene Planungsvorgaben des RSG, die rechtliche Verbindlichkeit erlangen sollen, dazu zählen insbesondere Festlegungen zur Kapazitätsplanung im Sinne des §21 Abs3 sowie die überregionale Versorgungsplanung, als solche ausgewiesen werden. Die rechtliche Verbindlichkeit wird durch eine Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH gemäß Abs3 hergestellt. Die Planungsvorgaben sind jedenfalls so konkret festzulegen, dass sie für die Bedarfsprüfung herangezogen werden können. Jene Teile, die rechtliche Verbindlichkeit erlangen sollen, sind von der Gesundheitsplanungs GmbH vorab einem allgemeinen, als solches ausgewiesenen, Begutachtungsverfahren zu unterziehen. Ergeben sich nach der Begutachtung Änderungen ist eine nochmalige Beschlussfassung in der Landes-Zielsteuerungskommission herbeizuführen.

 

(3) Die/Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesministerin/Bundesminister hat eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur Verbindlicherklärung von in der Bundes-Zielsteuerungskommission oder den Landes-Zielsteuerungskommissionen beschlossenen Planungen im Gesundheitsbereich zu gründen. Die Gesellschaft führt die Firma 'Gesundheitsplanungs GmbH'. Gesellschafter/innen der Gesundheitsplanungs GmbH sind der Bund, die Länder und der Dachverband der Sozialversicherungsträger, die jeweils einen Vertreter/eine Vertreterin in die Generalversammlung entsenden. Die Beschlussfassung in der Generalversammlung erfolgt einstimmig. Der Sitz der Gesellschaft ist Wien. Die Gesellschaft ist nicht gewinnorientiert. Die Geschäftsführung wird durch die Gesellschafter bestellt, wobei die Geschäftsführung aus einer Geschäftsführerin/einem Geschäftsführer und zwei Stellvertreterinnen/Stellvertretern besteht. Die Tätigkeit des/der Geschäftsführers/Geschäftsführerin und dessen/deren Stellvertreter/innen ist unentgeltlich. Die Stammeinlage wird vom Bund für die Gesellschafter entrichtet. Die Gesundheitsplanungs GmbH ist von allen Gebühren und Abgaben befreit. Voraussetzung für die Gründung der Gesellschaft ist, dass sich die künftigen Gesellschafter vertraglich dazu verpflichten, als Gesellschafter der Gesundheitsplanungs GmbH für die Dauer der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens anzugehören. Ein vorzeitiger Austritt oder eine Auflösung der GmbH ist ausgeschlossen.

 

(4) Die Gesundheitsplanungs GmbH erklärt die von der Bundes-Zielsteuerungs-kommission nach Abs1 und den jeweiligen Landes-Zielsteuerungskommissionen nach Abs2 ausgewiesenen Teile des ÖSG und der jeweiligen RSG – insoweit dies Angelegenheiten des Art10 B‑VG betrifft – durch Verordnung für verbindlich.

 

(5) (Grundsatzbestimmung) Insoweit die ausgewiesenen Teile des ÖSG und der jeweiligen RSG Angelegenheiten des Art12 B‑VG betreffen, ist durch die Landesgesetzgebung vorzusehen, dass die Gesundheitsplanungs GmbH diese Teile ebenfalls durch Verordnung für verbindlich erklärt.

 

(6) Die Gesundheitsplanungs GmbH hat die für verbindlich zu erklärenden Teile im Wege einer Verordnung zu erlassen und im RIS (www.ris.bka.gv.at ) kundzumachen.

 

(7) Die Tätigkeit der Gesellschaft unterliegt – insoweit Angelegenheiten des Art10 B‑VG berührt sind – der Aufsicht der/des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministerin/Bundesministers. Die Gesellschaft ist bei der Besorgung der ihr diesbezüglich zukommenden Aufgaben an die Weisungen der/des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministerin/Bundesministers gebunden und auf dessen/deren Verlangen zur jederzeitigen Information verpflichtet.

 

(8) (Grundsatzbestimmung) Durch die Landesgesetzgebung ist vorzusehen, dass die Tätigkeit der Gesellschaft – insoweit Angelegenheiten des Art12 B‑VG berührt sind – der Aufsicht und den Weisungen der jeweiligen Landesregierung unterliegt und auf deren Verlangen zur jederzeitigen Information verpflichtet ist.

 

Landeskrankenanstaltenpläne

 

§24. (Grundsatzbestimmung) Die Landesgesetzgebung hat vorzusehen, dass in Fällen, in denen kein Einvernehmen über die verbindlich zu erklärenden Teile des RSG bzw deren Änderungen entsprechend den Bestimmungen im §23 Abs2 in der Landes-Zielsteuerungskommission zustande kommt, hinsichtlich der Erlassung eines Landeskrankenanstaltenplanes §10a KAKuG anzuwenden ist.

 

7. Abschnitt

Entscheidungsstrukturen und -organisation

 

Organisation der Bundesgesundheitsagentur (gemäß §56a des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten)

 

§25. (1) Organe in der Bundesgesundheitsagentur sind:

1. Bundes-Zielsteuerungskommission

2. Ständiger Koordinierungsausschuss.

 

(2) Die Führung der Geschäfte der Bundesgesundheitsagentur obliegt dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministerium.

 

(3) Bei der Erfüllung der Aufgaben hat die Bundesgesundheitsagentur darauf zu achten, dass eine qualitativ hochwertige, effektive und effiziente, allen frei zugängliche und gleichwertige Gesundheitsversorgung in Österreich insbesondere durch die Zielsteuerung-Gesundheit sichergestellt und die Finanzierbarkeit des österreichischen Gesundheitswesens unter Einhaltung der Vorgaben der Finanzzielsteuerung abgesichert wird.

 

Bundes-Zielsteuerungskommission

 

§26. (1) Der Bundes-Zielsteuerungskommission gehören vier Vertreterinnen/Vertreter des Bundes, vier Vertreterinnen/Vertreter der Sozialversicherung sowie neun Vertreterinnen/Vertreter der Länder an.

 

(2) Den Vorsitz in der Bundes-Zielsteuerungskommission führt die/der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesministerin/Bundesminister, die erste Vorsitzenden-Stellvertreterin/der erste Vorsitzenden-Stellvertreter wird von der Sozialversicherung und die zweite Vorsitzenden-Stellvertreterin/der zweite Vorsitzenden-Stellvertreter wird von den Ländern bestellt.

 

(3) Hinsichtlich der Beschlussfassung in der Bundes-Zielsteuerungskommission gilt Folgendes:

1. Für die Beschlussfassungen in allen Angelegenheiten ausgenommen Z2 ist ein Einvernehmen zwischen der Kurie des Bundes, der Kurie der Länder und der Kurie der Sozialversicherung erforderlich, wobei die Kurien jeweils eine Stimme haben.

2. Beschlussfassungen in den Angelegenheiten gemäß Abs4 Z2 lita sowie Abs4 Z2 litb, sofern es sich um Mittel gemäß §§59d und 59f KAKuG handelt, erfolgen mit Bundesmehrheit; in diesen Fällen verfügt die Kurie des Bundes über vier Stimmen.

 

(4) In der Bundes-Zielsteuerungskommission erfolgen zu nachstehenden Punkten Festlegungen (Beschlüsse):

1. In den Angelegenheiten der Zielsteuerung-Gesundheit

a) Beratung über den Entwurf für den Zielsteuerungsvertrag gemäß §10,

b) Koordination, Abstimmungen und Festlegungen aller aus dem Zielsteuerungsvertrag inklusive Finanzzielsteuerung resultierenden Aufgaben,

c) Jahresarbeitsprogramme für Maßnahmen auf Bundesebene zur konkreten Umsetzung des Zielsteuerungsvertrags,

d) Monitoring und Berichtswesen gemäß dem achten Abschnitt einschließlich des Finanzzielsteuerungsmonitorings,

e) Wahrnehmung von Agenden zum Sanktionsmechanismus gemäß dem neunten Abschnitt,

f) Rahmenregelungen für vertragliche und gemeinsam von Sozialversicherung und Ländern zu verantwortende sektorenübergreifende Finanzierungs- und Verrechnungsmechanismen auf Landesebene; Erarbeitung, Erprobung von Abrechnungsmodellen für eine sektorenübergreifende Finanzierung des ambulanten Bereichs,

g) (Weiter-)Entwicklung von Vergütungssystemen,

h) Qualität,

i) Grundsätze, Ziele und Methoden für die Planungen einschließlich Planung Großgeräte intra- und extramural im Österreichischen Strukturplan Gesundheit und in den Regionalen Strukturplänen Gesundheit,

j) Angelegenheiten des Österreichischen Strukturplans Gesundheit einschließlich Planung Großgeräte (intra- und extramural) sowie einschließlich der abschließenden Festlegung der verbindlich zu machenden Teile gemäß §23 Abs1,

k) Angelegenheiten der transparenten Darstellung, der vollständigen Budgetierung und der Rechnungsabschlüsse der Krankenanstalten bzw Krankenanstaltenverbände sowie der transparenten Darstellung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Sozialversicherung für den extramuralen Bereich,

l) Grundsätze und Ziele für die Verwendung der Mittel zur Stärkung der Gesundheitsförderung

m) Richtlinien über die wesentlichen Eckpunkte für die Verwendung der Mittel gemäß Art31 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens,

n) Entwicklung von Projekten zur Gesundheitsförderung und

o) Evaluierung der von der Bundes-Zielsteuerungskommission wahrgenommenen Aufgaben.

2. Zu Angelegenheiten der Bundesgesundheitsagentur als Fonds:

a) Voranschlag und Rechnungsabschluss der Bundesgesundheitsagentur,

b) Vorgaben für die Verwendung von zweckgewidmeten Mitteln der Bundesgesundheitsagentur nach Maßgabe der Bestimmungen in §§59d bis 59f KAKuG,

c) Vorgaben für die Verwendung von zweckgewidmeten Mitteln zur Reallokation nach Maßgabe der Bestimmungen im §59g KAKuG und

d) laufende Wartung und Aktualisierung sowie Weiterentwicklung des leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierungsmodells (LKF) für den stationären und spitalsambulanten Bereich inklusive seiner Grundlagen.

3. Zu allgemeinen gesundheitspolitischen Belangen:

a) Stärkung der nachhaltigen Umsetzung der (Rahmen-)Gesundheitsziele samt Festlegung der Indikatoren und Monitoring gemäß Art4 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG Zielsteuerung-Gesundheit (inklusive Strategien zur Umsetzung),

b) Rahmenvorgaben für das Nahtstellenmanagement zwischen den verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens,

c) Auf- und Ausbau der für das Gesundheitswesen maßgeblichen Informations- und Kommunikationstechnologien gemäß Art7 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens und

d) Richtlinien für eine bundesweite, alle Sektoren des Gesundheitswesens umfassende Dokumentation, sowie Weiterentwicklung des Dokumentations- und Informationssystems für Analysen im Gesundheitswesen (DIAG).

 

(5) Die Bundes-Zielsteuerungskommission kann die Besorgung der Aufgaben gemäß Abs4 Z1 litb, d, h und k, Z2 lita und d sowie Z3 lita und c an den Ständigen Koordinierungsausschuss übertragen.

 

Ständiger Koordinierungsausschuss

 

§27. (1) Zur Vorbereitung und Koordination der Agenden der Bundes-Zielsteuerungskommission sowie zur Unterstützung der Umsetzung von Beschlüssen der Bundes-Zielsteuerungskommission ist ein Ständiger Koordinierungsausschuss einzurichten. Im Ständigen Koordinierungsausschuss hat eine laufende wechselseitige Information und Konsultation der Mitglieder zu erfolgen.

 

(2) Dem Ständigen Koordinierungsausschuss gehören je neun Vertreterinnen/Vertreter des Bundes, der Länder und der Sozialversicherung an. Den Vorsitz führt eine Vertreterin/ein Vertreter des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministeriums. Der Ständige Koordinierungsausschuss tritt regelmäßig, mindestens jedoch alle zwei Monate zusammen.

 

(3) Für Beschlussfassungen im Ständigen Koordinierungsausschuss sind die Bestimmungen des §26 Abs3 analog anzuwenden.

 

(4) Der Ständige Koordinierungsausschuss hat folgende Aufgaben:

1. Beschlussfassung in den von der Bundes-Zielsteuerungskommission übertragenen Aufgaben,

2. Entscheidung über die geplante Einführung und inhaltliche Umsetzung von neuen oder inhaltlich erweiterten Monitoring-Systemen im Gesundheitswesen, sofern diese nicht aufgrund rechtlicher Vorgaben oder aufgrund international bestehender Verpflichtungen durchzuführen sind,

3. Akkordierung gemeinsamer Standpunkte von Bund, Ländern und der Sozialversicherung,

4. Abstimmung konkreter Arbeitsaufträge einschließlich Verantwortlichkeit und Zeitplan,

5. Klärung von Fragen, die von anderen Gremien der Zielsteuerung-Gesundheit an ihn herangetragen werden,

6. Abstimmung der eHealth-Entwicklung im Bereich der öffentlichen Gesundheitsversorgung insbesondere zur Umsetzung des Art7 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens; gemeinsame Festlegung von eHealth Anwendungen der Zielsteuerungspartner, um Parallelstrukturen und -entwicklungen zu vermeiden und

7. Abstimmung der strategischen Ausrichtung der gemeinsamen Gesundheitsdatenbewirtschaftung insbesondere hinsichtlich Aufbau und Weiterentwicklung der Datenhaltung, -auswertung und -interpretation gemäß Art15 Abs9 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens.

 

Mitwirkung des Bundes in den Organen und Gremien der Landesgesundheitsfonds

 

§28. (1) Die/Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesministerin/Bundesminister hat eine Vertreterin/einen Vertreter in die jeweilige Gesundheitsplattform und eine Vertreterin/einen Vertreter in die jeweilige Landes-Zielsteuerungskommission im Rahmen der Landesgesundheitsfonds zu entsenden.

 

(2) Die Vertreterin/Der Vertreter des Bundes kann gegen Beschlüsse, die gegen geltendes Recht, die geltenden Vereinbarungen gemäß Art15a B‑VG, den Zielsteuerungsvertrag auf Bundesebene oder gegen Beschlüsse der Organe der Bundesgesundheitsagentur verstoßen, ein Veto einlegen.

 

Mitwirkung der gesetzlichen Krankenversicherung in den Organen und Gremien der Landesgesundheitsfonds

 

§29. (1) Der Dachverband hat eine Vertreterin/einen Vertreter ohne Stimmrecht in die jeweilige Gesundheitsplattform im Rahmen der Landesgesundheitsfonds zu entsenden.

 

(2) Die gesetzlichen Krankenversicherungsträger haben insgesamt fünf Vertreterinnen/Vertreter in die Gesundheitsplattformen und die Landes-Zielsteuerungs-kommissionen der Landesgesundheitsfonds zu entsenden und zwar vier Vertreterinnen/Vertreter der Österreichischen Gesundheitskasse, wovon drei Vertreterinnen/Vertreter auf Vorschlag des jeweiligen Landesstellenausschusses der Österreichischen Gesundheitskasse zu entsenden sind, darunter jedenfalls die Vorsitzende/der Vorsitzende des Landesstellenausschusses sowie dessen/deren Stellvertreter/in, und eine Vertreterin/ein Vertreter der bundesweiten Träger je Bundesland. Bei der Entsendung von Vertreterinnen/Vertretern und der Wahrnehmung der Aufgaben ist auf die Wahrung der aus der Selbstverwaltung erfließenden Rechte zu achten und auf die Interessen der Betriebskrankenkassen Bedacht zu nehmen.

 

(3) In der Landes-Zielsteuerungskommission bilden die von der gesetzlichen Krankenversicherung nominierten Vertreterinnen/Vertreter eine Kurie mit einer Stimme. Die gemeinsamen Positionen zu den Themen der Landes-Zielsteuerungskommission sind innerhalb der Kurie der gesetzlichen Krankenversicherung zu akkordieren.

 

(4) Die Vorsitzende/Der Vorsitzende des Landesstellenausschusses der Österreichischen Gesundheitskasse hat

1. die Funktion der ersten Stellvertreterin/des ersten Stellvertreters der/des Vorsitzenden der Gesundheitsplattform wahrzunehmen und

2. gleichberechtigt mit dem vom Land bestellten Mitglied der Landesregierung den Vorsitz in der Landes-Zielsteuerungskommission (Co-Vorsitz) zu führen sowie

3. die Stimmabgabe für die Kurie der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß Abs3 wahrzunehmen.

 

(5) Ist zur Vorbereitung der Sitzungen der Gesundheitsplattform und der Landes-Zielsteuerungskommission ein Präsidium vorgesehen, hat die gesetzliche Krankenversicherung in dieses Vertreterinnen/Vertreter zu entsenden. Dabei ist auf die Wahrung der aus der Selbstverwaltung erfließenden Rechte zu achten und auf die Interessen der Betriebskrankenkassen Bedacht zu nehmen.

 

(6) Zur Wahrnehmung der Aufgaben der Landes-Zielsteuerungskommission ist von der gesetzlichen Krankenversicherung eine Koordinatorin/ein Koordinator namhaft zu machen. Diese/dieser ist gleichberechtigt mit der/dem vom Land bestellten Koordinatorin/Koordinator für alle Angelegenheiten der Landes-Zielsteuerungskommission zuständig. Die/Der von der gesetzlichen Krankenversicherung bestellte Koordinatorin/Koordinator ist als solcher ausschließlich der Vorsitzende/dem Vorsitzenden des Landesstellenausschusses der örtlich zuständigen Landesstelle der Österreichischen Gesundheitskasse in ihrer/seiner Funktion als Co-Vorsitzende/Co-Vorsitzender verantwortlich.

 

(7) Die Vertreterinnen/Vertreter des Bundes, der Länder und der gesetzlichen Krankenversicherung informieren einander in den Organen der Landesgesundheitsfonds wechselseitig über alle relevanten Maßnahmen im intra- und extramuralen Bereich. Darüber hinaus erfolgt in der Landes-Zielsteuerungskommission rechtzeitig eine Information und Konsultation über Festlegungen zu wesentlichen operativen und finanziellen Angelegenheiten der Leistungserbringung im Gesundheitswesen.

 

(8) Im Fall eines vertragslosen Zustandes in Folge Kündigung eines Gesamtvertrages tragen die landesgesundheitsfondsfinanzierten Krankenanstalten unter Berücksichtigung von §26 Abs1 Z3 KAKuG dazu bei, schwerwiegende Folgen in der medizinischen Versorgung für die Bevölkerung zu vermeiden. Zur Abgeltung bei Mehrleistungen ist eine Vereinbarung zwischen dem Landesgesundheitsfonds und der gesetzlichen Krankenversicherung zu schließen, wobei die gesetzliche Krankenversicherung Zahlungen maximal im Ausmaß der vergleichbaren ersparten Aufwendungen für ärztliche Hilfe zu leisten hat.

 

(9) Bei der Erfüllung der Aufgaben des Landesgesundheitsfonds hat die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen ihrer Tätigkeit im Landesgesundheitsfonds ins-besondere darauf zu achten, dass dieser eine qualitativ hochwertige, effektive und effiziente, allen frei zugängliche und gleichwertige Gesundheitsversorgung in Österreich insbesondere auch durch die Zielsteuerung-Gesundheit sicherstellt und die Finanzierbarkeit des österreichischen Gesundheitswesens unter Einhaltung der Finanzrahmenverträge absichert.

 

Bundesgesundheitskommission

 

§30. (1) Zur Beratung der Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Städte und Gemeinden) sowie der Sozialversicherung in gesundheitspolitischen Themen ist eine Bundesgesundheitskommission einzurichten.

 

(2) Der Bundesgesundheitskommission gehören an:

1. vier Vertreterinnen/Vertreter des Bundes,

2. neun Vertreterinnen/Vertreter der Länder,

3. je eine Vertreterin/ein Vertreter der Interessenvertretung der Städte und Gemeinden,

4. neun Vertreterinnen/Vertreter der Sozialversicherung,

5. eine Vertreterin/ein Vertreter der Träger der öffentlichen und eine Vertreterin/ein Vertreter der konfessionellen Krankenanstalten,

6. drei Vertreterinnen/Vertreter der Österreichischen Ärztekammer, je zwei Vertreterinnen/Vertreter der Österreichischen Zahnärztekammer, der Österreichischen Apothekerkammer und jeweils eine Vertreterin/ein Vertreter der bundesweiten Berufsvertretungen der nichtärztlichen Gesundheitsberufe,

7. eine Vertreterin/ein Vertreter der Österreichischen Patientenanwaltschaft,

8. je eine Vertreterin/ein Vertreter der Dachverbände der österreichischen Selbsthilfeorganisationen,

9. je eine Vertreterin/ein Vertreter der Bundesarbeitskammer und der Wirtschaftskammer Österreich (Fachverband der Gesundheitsbetriebe),

10. eine Vertreterin/ein Vertreter des Österreichischen Gewerkschaftsbundes,

11. eine Vertreterin/ein Vertreter der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt,

12. zwei Vertreterinnen/Vertreter des Österreichischen Seniorenrates,

13. eine Vertreterin/ein Vertreter einschlägiger außeruniversitären Forschungseinrichtungen auf Vorschlag der/des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministerin/Bundesministers,

14. eine Vertreterin/ein Vertreter der Medizinischen Universitäten/Fakultäten,

15. eine Vertreterin/ein Vertreter der pharmazeutischen Industrie und

16. je eine Vertreterin/ein Vertreter der Parlamentsklubs.

 

(3) Den Vorsitz in der Bundesgesundheitskommission führt die/der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesministerin/Bundesminister.

 

(4) Das für das Gesundheitswesen zuständige Bundesministerium hat

1. die Sitzungen der Bundesgesundheitskommission vorzubereiten,

2. die Ergebnisse der Sitzungen der Bundesgesundheitskommission festzuhalten und

3. der Bundesgesundheitskommission über die Aktivitäten der Bundesgesundheitsagentur zu berichten.

 

Inkrafttreten und Außerkrafttreten

 

§41. (1) Dieses Gesetz tritt mit 1. Jänner 2017 in Kraft.

 

(2) Das Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit, BGBl I Nr 81/2013, tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2016 außer Kraft.

 

(3) §21 Abs3 Z3 sowie Abs8 bis 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 131/2017 treten mit dem auf den Tag der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

 

(4) Werden bis zum 31. Dezember 2021 mehr als 75 Primärversorgungseinheiten errichtet, so bedarf dies eines Einvernehmens zwischen der Landeszielsteuerungs-Kommission und der jeweiligen Landesärztekammer. Für den Zeitraum von 1. Jänner 2022 bis 31. Dezember 2025 ist nach Maßgabe einer abzuschließenden Vereinbarung nach Art15a B‑VG und den darin enthaltenen Planungsvorgaben ein neuer Zielwert sowie die Möglichkeit bei Einvernehmen zwischen der Landeszielsteuerungs-Kommission und der jeweiligen Landesärztekammer diesen Zielwert zu überschreiten, gesetzlich vorzusehen.

 

(5) Die §§10 Abs3 Z1, 17 Abs3, §21 Abs9, 23 Abs3, 29 Abs1, 2, 4, und 6 sowie §38 Abs2 Z4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft.

 

(6) Die §§9 Abs1, §10 Abs1, 2 und 4 Z1 und 2, §11, §13 Abs2, §14 Abs2, §15 Abs2, §16 Abs1, 6 und 7, §34, §35, die Paragrafenüberschriften zu §§36, 37 und 38, §36 Abs2 und 4, §37 Abs1 und 2 sowie §38 Abs1, 2 und 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 9/2022 treten mit 1. Jänner 2022 in Kraft."

 

3. §5 des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 – Wr. KAG, LGBl 23/1987, idF LGBl 49/2019 lautet:

"Errichtung von selbständigen Ambulatorien

§5.

 

(1) Selbständige Ambulatorien bedürfen, sofern §64i nicht anderes bestimmt, sowohl zu ihrer Errichtung als auch zu ihrem Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung haben den Anstaltszweck und das in Aussicht genommene Leistungsangebot (Leistungsspektrum, Öffnungszeiten unter Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten, Sams-, Sonn- und Feiertagen sowie Leistungsvolumen einschließlich vorgesehener Personalausstattung, insbesondere vorgesehener Anzahl und vorgesehenes Beschäftigungsausmaß von Ärztinnen und Ärzten bzw Zahnärztinnen und Zahnärzten unter Angabe der Berufsberechtigung und vorgesehener Anzahl von Angehörigen anderer Gesundheitsberufe) genau zu bezeichnen. Eine Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs3 ist zulässig.

 

(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt im Sinne des Abs1 darf unbeschadet der nach sonstigen Rechtsvorschriften geltenden Erfordernisse nur unter den nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft und nach den Erfordernissen für einen einwandfreien Krankenanstaltsbetrieb notwendigen Bedingungen und Auflagen und nur dann erteilt werden, wenn insbesondere

1. nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und kasseneigene Einrichtungen, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Gruppenpraxen und selbständige Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungs fähige Leistungen erbringen, bei selbständigen Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Zahnärztinnen, Zahnärzte, Dentistinnen, Dentisten und zahnärztliche Gruppenpraxen, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen,

a) zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und

b) zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit

eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann,

2. das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte zur Benützung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage nachgewiesen sind,

3. das für die Unterbringung der Anstalt geplante oder bereits vorhandene Gebäude den hinsichtlich der Aufführung oder Verwendung solcher Gebäude vorgesehenen bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften entspricht und

4. gegen die Bewerberin oder den Bewerber keine Bedenken bestehen.

Sofern ein Vertragsvergabeverfahren der Sozialversicherung über den verfahrensgegenständlichen Leistungsumfang anhängig ist oder innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung der Landesregierung über den Bedarf eingeleitet wird, ist Voraussetzung für die Erteilung der Errichtungsbewilligung darüber hinaus auch eine Vertragszusage der Sozialversicherung auf Grund dieses Vertragsvergabeverfahrens.

 

(3) Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann, sind ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen RSG folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1. örtliche Verhältnisse (regionale, rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur, Besiedlungsdichte),

2. die für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen,

3. das Inanspruchnahmeverhalten und die Auslastung von bestehenden Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern, die sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, durch Patientinnen und Patienten,

4. die durchschnittliche Belastung bestehender Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter gemäß Z3 und

5. die Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw Zahnmedizin.

 

(3a) Wenn der verfahrensgegenständliche Leistungsumfang in den Verordnungen gemäß §23 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz – G-ZG), BGBl I Nr 26/2017 in der Fassung BGBl I Nr 131/2017, oder §5a Abs1 geregelt ist, ist hinsichtlich des Bedarfs die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen. Die Entscheidung über die Plankonformität des Vorhabens hat mittels Feststellungsbescheid zu erfolgen. Ist das Vorhaben nicht in den genannten Verordnungen geregelt, ist Abs3 sinngemäß anzuwenden.

 

(4) Die Landesregierung hat von einer Prüfung nach Abs2 Z1 in Verbindung mit Abs3 abzusehen, wenn nach dem vorgesehenen Leistungsangebot im selbständigen Ambulatorium ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen erbracht werden sollen. Die betroffenen Sozialversicherungsträger und die Ärztekammer für Wien sind zur Frage, ob es sich beim Leistungsangebot um ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen handelt, zu hören. Darüber hinaus ist von der Prüfung des Bedarfes abzusehen, wenn bereits eine Errichtungsbewilligung erteilt wurde und die Verlegung des Standortes innerhalb desselben Einzugsgebietes erfolgt.

 

(5) Im Bewilligungsverfahren bzw Verfahren zur Vorabfeststellung ist ein Gutachten der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Gesundheitsplanungsinstituts sowie eine begründete Stellungnahme des Wiener Gesundheitsfonds zum Vorliegen der Kriterien gemäß Abs3 einzuholen.

 

(6) Die Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Voraussetzungen nach Abs2 Z2 bis 4 ist nicht erforderlich, wenn eine gesonderte Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen nach Abs3 beantragt wird.

 

(7) In der Errichtungsbewilligung sind – ausgenommen im Fall des Abs4 – im Rahmen des Antrags jedenfalls das Leistungsvolumen, das Leistungsspektrum und bedarfsgerechte Öffnungszeiten (Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten und von Sams-, Sonn- und Feiertagen) sowie erforderlichenfalls Bereitschaftszeiten und – soweit sinnvoll – die Verpflichtung zur Durchführung von Hausbesuchen durch Auflagen festzulegen.

 

(8) In Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums – ausgenommen im Fall des Abs4 – haben betroffene Sozialversicherungsträger, die gesetzliche Interessenvertretung privater Krankenanstalten und die Ärztekammer für Wien bzw bei selbständigen Zahnambulatorien die Österreichische Zahnärztekammer hinsichtlich des Bedarfs Parteistellung im Sinne des §8 AVG und das Recht der Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien gemäß Art132 Abs5 B‑VG und gegen Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Wien das Recht der Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art133 Abs1 B‑VG. Dies gilt auch für Verfahren zur Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs3.

 

(9) Die Errichtungsbewilligung für ein selbständiges Ambulatorium, dessen Rechtsträger ein Krankenversicherungsträger oder eine Krankenfürsorgeeinrichtung ist, ist zu erteilen, wenn ein Einvernehmen zwischen dem Krankenversicherungsträger oder der Krankenfürsorgeeinrichtung und der Ärztekammer für Wien bzw der Österreichischen Zahnärztekammer oder zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Österreichischen Ärztekammer bzw der Österreichischen Zahnärztekammer vorliegt (§339 ASVG). Liegt kein Einvernehmen vor, ist die Bewilligung zur Errichtung zu erteilen, wenn durch die Landesregierung festgestellt wurde, dass eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn ein Auswahlverfahren für Primärversorgungseinheiten nach §14 des Primärversorgungsgesetzes – PrimVG, BGBl I Nr 131/2017, zu keinem positiven Abschluss geführt hat. Der erste und zweite Satz gelten auch dann, wenn der Krankenversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeeinrichtung Dritte mit dem Betrieb eines selbständigen Ambulatoriums betraut.

 

(10) Einer Beschwerde der Ärztekammer für Wien an das Verwaltungsgericht Wien und einer Revision der Ärztekammer für Wien an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Abs8 in Verfahren zur Erteilung der Errichtungsbewilligung für eine eigene Einrichtung für Zwecke der Primärversorgung eines gesetzlichen Krankenversicherungsträgers gemäß §339 ASVG kommt keine aufschiebende Wirkung zu."

 

4. Die §§7 bis 10 des Landesgesetzes, mit dem das Gesetz über die Errichtung (Fortführung) eines Wiener Gesundheitsfonds 2017 (Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017) erlassen wird, LGBl 10/2018 lauten:

"Wiener Zielsteuerungskommission

 

§7. (1) Der Wiener Zielsteuerungskommission gehören die Kurie des Landes mit fünf Vertreterinnen und Vertretern, die Kurie der Träger der Sozialversicherung mit fünf Vertreterinnen und Vertretern sowie eine Vertreterin oder ein Vertreter des Bundes an. Bei der Vertretung der Sozialversicherung ist auf die Wahrung der aus der Selbstverwaltung erfließenden Rechte zu achten.

 

(2) Der Kurie des Landes gehören die für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständige amtsführende Stadträtin oder der für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständige amtsführende Stadtrat an. Daneben werden drei Vertreterinnen und Vertreter des Landes von der für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständigen amtsführenden Stadträtin oder dem für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständigen amtsführenden Stadtrat entsandt. Eine Vertreterin oder ein Vertreter wird von der amtsführenden Stadträtin oder dem amtsführenden Stadtrat für die Finanzverwaltung entsandt. Die Vertreterinnen und Vertreter der Sozialversicherung werden von der Sozialversicherung entsandt. Der Bund entsendet eine Vertreterin oder einen Vertreter.

 

(3) Die Funktion als Vertreterin oder Vertreter in der Wiener Zielsteuerungskommission ist ein unbesoldetes Ehrenamt.

 

(4) Ist die Entsendung von Vertreterinnen und Vertretern erforderlich, so hat das Amt der Landesregierung die nach Abs2 hiezu Berechtigten schriftlich dazu aufzufordern.

 

(5) Die Vertreterinnen und Vertreter werden auf die Dauer der Gesetzgebungsperiode des Wiener Landtages entsandt; nach dem Zusammentritt des neu gewählten Landtages ist eine neue Entsendung vorzunehmen. Bis dahin bleiben die bisherigen Vertreterinnen und Vertreter im Amt. Ihre neuerliche Entsendung ist zulässig.

 

(6) Die Abberufung aus der Funktion als Vertreterin oder Vertreter in der Wiener Zielsteuerungskommission erfolgt, wenn ein neuer Entsendungsvorschlag von den nach Abs2 hiezu Berechtigten erstattet worden ist.

 

(7) Den Vorsitz in der Wiener Zielsteuerungskommission führt die für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständige amtsführende Stadträtin oder der für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständige amtsführende Stadtrat gleichberechtigt mit der Obfrau oder dem Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse (Co-Vorsitz).

 

(8) Zur Vorbereitung der Sitzungen der Wiener Zielsteuerungskommission ist ein Präsidium, bestehend aus der für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständigen amtsführenden Stadträtin oder dem für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständigen amtsführenden Stadtrat und der Obfrau oder dem Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse, einzurichten.

 

(9) Zur Wahrnehmung der Aufgaben der Wiener Zielsteuerungskommission ist je eine gleichberechtigte Koordinatorin oder ein gleichberechtigter Koordinator vom Land und von der Sozialversicherung namhaft zu machen. Die Landes-Koordinatorin oder der Landes-Koordinator wird von der für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständigen amtsführenden Stadträtin oder dem für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständigen amtsführenden Stadtrat namhaft gemacht. Die Landes-Koordinatorin oder der Landes-Koordinator ist gleichberechtigt mit der von der Sozialversicherung namhaft gemachten Koordinatorin oder dem von der Sozialversicherung namhaft gemachten Koordinator für alle Angelegenheiten der Wiener Zielsteuerungskommission zuständig. Die Landes-Koordinatorin oder der Landes-Koordinator ist in dieser Funktion ausschließlich der für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständigen amtsführenden Stadträtin oder dem für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständigen amtsführenden Stadtrat in der Funktion als Co-Vorsitz verantwortlich.

 

(10) Hinsichtlich der Beschlussfassung in der Wiener Zielsteuerungskommission gilt Folgendes:

1. Jede Kurie hat eine Stimme.

2. Die gemeinsamen Positionen zu den Themen der Wiener Zielsteuerungskommission sind innerhalb der Kurie des Landes zu akkordieren.

3. Die für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständige amtsführende Stadträtin oder der für das Krankenanstaltenwesen in Wien zuständige amtsführende Stadtrat hat die Stimmabgabe für die Kurie des Landes gemäß Z1 wahrzunehmen.

4. Für Beschlussfassungen ist Einvernehmen zwischen der Kurie des Landes und der Kurie der Träger der Sozialversicherung erforderlich.

5. Die Vertreterin oder der Vertreter des Bundes verfügt über ein Vetorecht gegen Beschlüsse, die gegen geltendes Recht, die geltenden Vereinbarungen gemäß Art15a B‑VG, den Zielsteuerungsvertrag oder gegen Beschlüsse der Organe der Bundesgesundheitsagentur verstoßen. Im Falle der Verhinderung der Vertreterin oder des Vertreters des Bundes an der Sitzungsteilnahme kann der Bund binnen einer Woche schriftlich und begründet sein Vetorecht einbringen.

 

(11) Die Wiener Zielsteuerungskommission hat sich ihre Geschäftsordnung selbst zu geben.

 

(12) Die Geschäftsordnung hat zu regeln, dass die Sitzungen gemeinsam vorzubereiten (Tagesordnung und Unterlagen) sind und zu diesen gemeinsam einzuladen ist.

 

Aufgaben der Wiener Zielsteuerungskommission

 

§8. (1) In der Wiener Zielsteuerungskommission sind vierjährige Landes-Zielsteuerungsübereinkommen zu beschließen. Diese bilden die Grundlage und den Rahmen für die Aufgaben gemäß Abs2.

 

(2) In der Wiener Zielsteuerungskommission erfolgen zu nachstehenden Punkten Festlegungen (Beschlüsse):

1. Koordination, Abstimmungen und Festlegungen aller aus dem Zielsteuerungsvertrag und den Landes-Zielsteuerungsübereinkommen inklusive Finanzzielsteuerung resultierenden Aufgaben,

2. Mitwirkung am bundesweiten Monitoring und Behandlung des Monitoringberichts,

3. Wahrnehmung von Agenden zum Sanktionsmechanismus gemäß §18 und Regelungen bei Nicht-Zustandekommen eines Landes-Zielsteuerungsübereinkommens gemäß §19,

4. Umsetzung der Regelungen für vertragliche und gemeinsam von Sozialversicherung und Ländern zu verantwortende sektorenübergreifende Finanzierungs- und Verrechnungsmechanismen auf Landesebene (zB Spitalsambulanzen, Gruppenpraxen und niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte, tagesklinische Versorgung, innovative Versorgungsformen usw); Umsetzung von vereinbarten innovativen Modellen zur sektorenübergreifenden Finanzierung des ambulanten Bereichs,

5. Angelegenheiten des Regionalen Strukturplanes Gesundheit Wien,

6. Angelegenheiten der Großgeräte intra- und extramural,

7. Strategie zur Gesundheitsförderung,

8. Entscheidung über die Verwendung der Mittel aus dem Gesundheitsförderungsfonds gemäß §3 Abs2,

9. Mitwirkung bei der Umsetzung von Qualitätsvorgaben für die Erbringung von intra- und extramuralen Gesundheitsleistungen,

10. Umsetzung von Vorgaben zum Nahtstellenmanagement,

11. Evaluierung der von der Wiener Zielsteuerungskommission wahrgenommenen Aufgaben.

 

(3) In der Wiener Zielsteuerungskommission erfolgt eine wechselseitige und rechtzeitige Information und Konsultation über Festlegungen zu wesentlichen operativen und finanziellen Angelegenheiten der Leistungserbringung im Gesundheitswesen von Land und Sozialversicherung.

 

Regionaler Strukturplan Gesundheit Wien (RSG)

 

§9. (1) Der Regionale Strukturplan Gesundheit Wien (RSG) ist in der Wiener Zielsteuerungskommission entsprechend den Vorgaben des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit (ÖSG) bezüglich Inhalten, Planungshorizonten und Planungsrichtwerten kontinuierlich weiterzuentwickeln und regelmäßig zu revidieren.

 

(2) Der RSG hat jedenfalls Folgendes zu beinhalten:

1. Festlegung der Kapazitätsplanungen standortbezogen für den akutstationären Bereich mit Angabe der Kapazitäten, Organisationsformen, Versorgungsstufen, Referenz-, Spezial- und Expertisezentren je Fachbereich (im Sinne des ÖSG);

2. Festlegung der Kapazitätsplanungen für die ambulante Versorgung für die Leistungserbringer (ambulanter Bereich der Sachleistung, d.h. niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte mit Kassenverträgen, Gruppenpraxen mit Kassenverträgen und sonstige in der Gesundheitsversorgung frei praktizierende Berufsgruppen mit Kassenverträgen, selbstständige Ambulatorien mit Kassenverträgen einschließlich der eigenen Einrichtungen der Versicherungsträger, Spitalsambulanzen) – soweit noch nicht vorliegend – gesamthaft mit Angabe der Kapazitäten und Betriebsformen von Spitalsambulanzen sowie Versorgungstypen im ambulanten Bereich sowie Versorgungsaufträgen nach Fachbereichen auf Ebene der Versorgungsregionen (im Sinne des ÖSG);

3. Stärkung der Primärversorgung durch Ausbau von wohnortnahen multiprofessionellen und/oder interdisziplinären Versorgungsangeboten entsprechend Art6 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, LGBl für Wien Nr 29/2017, sowie insbesondere durch rasche flächendeckende Entwicklung von Primärversorgungsstrukturen und ambulanten Fachversorgungsstrukturen, wobei in der Umsetzung vor allem bestehende Vertragspartner berücksichtigt werden, und Bereinigung von Parallelstrukturen; beim Ausbau der Primärversorgung nach dem Primärversorgungsgesetz, BGBl I Nr 131/2017 (PrimVG) ist, um den unterschiedlichen Versorgungsbedürfnissen der Bevölkerung nachkommen zu können, im Hinblick auf das im Art31 Abs1 letzter Satz der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens genannte Planungsziel ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Versorgungsangeboten als Netzwerk oder Zentrum sicherzustellen;

4. Abbildung der überregionalen Versorgungsplanung für hochspezialisierte komplexe Leistungen von überregionaler Bedeutung in Form von Bedarfszahlen zu Kapazitäten sowie der Festlegung von Leistungsstandorten und deren jeweiliger Zuständigkeit für zugeordnete Versorgungsregionen, inklusive Definition von Versorgungsgebieten je Standort;

5. Transparente Berücksichtigung der Versorgung inländischer und ausländischer Gastpatientinnen und -patienten.

Dabei ist auf die Bestimmungen in Abs3 (Planung von Primärversorgungseinheiten) und Abs5 (Bedarfsfeststellung und regionale Planung von Kapazitäten für die multiprofessionelle und/oder interdisziplinäre ambulante Fachversorgung auf Basis von im ÖSG festgelegten Kriterien) des Art6 der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, LGBl für Wien Nr 29/2017, sowie in §4 Abs2, 2b und 2c und §5 Abs2 und 3 Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 – Wr. KAG, LGBl für Wien Nr 23 in der Fassung LGBl für Wien Nr 10/2018, Bedacht zu nehmen.

 

(3) Bei der Kapazitätsplanung im RSG für den gesamten ambulanten Bereich ist darauf zu achten, dass diese insbesondere auf die Stärkung der ambulanten Versorgung durch Ausbau von wohnortnahen multiprofessionellen und/oder interdisziplinären Versorgungsangeboten und die Bereinigung von Parallelstrukturen abzielt.

 

(4) Der RSG ist gemäß der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, LGBl für Wien Nr 29/2017, auf Landesebene zwischen dem Land und der Sozialversicherung festzulegen. Der Bund ist bereits im Entwurfsstadium des RSG entsprechend zu informieren und es ist mit dem Bund vor Einbringung zur Beschlussfassung insbesondere das Vorliegen der Rechts- und ÖSG-Konformität abzustimmen.

 

(5) Der Ärztekammer für Wien und den betroffenen gesetzlichen Interessensvertretungen ist frühzeitig und strukturiert mindestens aber vier Wochen vor Beschlussfassung des RSG in der Wiener Zielsteuerungskommission die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen, der Ärztekammer für Wien insbesondere hinsichtlich der Umsetzbarkeit im Stellenplan (§342 Abs1 Z1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl Nr 189/1955 in der Fassung BGBl I Nr 131/2017). Dazu sind die für die Beschlussfassung vorgesehenen Planungsunterlagen zu übermitteln.

 

(6) Die Wiener Zielsteuerungskommission hat die Planungsvorgaben des RSG, die Angelegenheiten des Art12 B‑VG betreffen und rechtliche Verbindlichkeit erlangen sollen, dazu zählen insbesondere Festlegungen zur Kapazitätsplanung sowie die überregionale Versorgungsplanung, als solche auszuweisen. Die Planungsvorgaben sind jedenfalls so konkret festzulegen, dass sie für die Bedarfsprüfung in Bewilligungsverfahren nach dem Wr. KAG herangezogen werden können.

 

Verbindlichkeitserklärung von Inhalten des Österreichischen Strukturplans Gesundheit und des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien

 

§10. (1) Die Gesundheitsplanungs GmbH gemäß §23 Abs3 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz-G-ZG), BGBl I Nr 26/2017 in der Fassung BGBl I Nr 131/2017, wird ermächtigt, die von der Bundes-Zielsteuerungskommission nach §23 Abs1 G-ZG ausgewiesenen Teile des ÖSG, soweit diese das Land Wien betreffen, und die nach §9 Abs6 ausgewiesenen Teile des RSG – jeweils insoweit dies Angelegenheiten gemäß Art12 B‑VG betrifft – durch Verordnung als verbindlich zu erklären.

 

(2) Jene Teile des RSG, die nach §9 Abs6 rechtliche Verbindlichkeit erlangen sollen, sind von der Gesundheitsplanungs GmbH vorab einem allgemeinen, als solches ausgewiesenen, Begutachtungsverfahren zu unterziehen. Ergeben sich nach der Begutachtung Änderungen, ist über die geänderten Teile des RSG eine nochmalige Beschlussfassung in der Wiener Zielsteuerungskommission herbeizuführen.

 

(3) Die Tätigkeit der Gesundheitsplanungs GmbH unterliegt – insoweit Angelegenheiten des Art12 B‑VG berührt sind – der Aufsicht und den Weisungen der Landesregierung. Die Gesundheitsplanungs GmbH ist auf Verlangen der Landesregierung zur jederzeitigen Information verpflichtet.

 

(4) In Fällen, in denen kein Einvernehmen über die verbindlich zu erklärenden Teile des RSG gemäß §9 Abs6 bzw deren Änderung gemäß Abs2 in der Wiener Zielsteuerungskommission zustande kommt, ist hinsichtlich der Erlassung eines Wiener Krankenanstaltenplans §5a Abs1 Wiener Krankenanstaltengesetz 1987, LGBl für Wien Nr 23/1987 in der Fassung LGBl für Wien Nr 10/2018, anzuwenden."

 

5. Die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien (RSG Wien – VO 2019), am 8. Jänner 2020 kundgemacht unter Nr 1/2020 im RIS (Sonstige Kundmachungen/Strukturpläne Gesundheit), lautet samt Anlage 1 wie folgt (die mit dem Eventualantrag angefochtene Bestimmung des §1 Abs1 der Verordnung ist hervorgehoben):

"Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien (RSG Wien – VO 2019)

Verbindlicherklärung

 

§1. (1) Aufgrund des §23 Abs4 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit, BGBl I Nr 26/2017, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 100/2018 und §10 Abs1 des Gesetzes, mit dem das Gesetz über die Errichtung (Fortführung) eines Wiener Gesundheitsfonds 2017 (Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017) erlassen wird, LGBl Nr10/2018, werden folgende von der Wiener Landes-Zielsteuerungskommission mit Beschluss vom 18.3.2019 und 7.6.2019 als verbindlich zu erklärend ausgewiesenen Teile des 'Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien' verordnet:

1. Planung der ambulanten ärztlichen Versorgung in Wien gemäß Anlage 1

2. Planung von Primärversorgungseinheiten in Wien gemäß Anlagen 2a und 2b

3. Planung des akutstationären Bereichs in Wien gemäß Anlage 3

 

(2) Für die Bedeutung der in dieser Verordnung verwendeten Abkürzungen ist das Abkürzungsverzeichnis gemäß Anlage 4 maßgebend.

 

(3) Das Umsetzungsziel für die geplante ambulante ärztliche Versorgung und für die Planung von Primärversorgungseinheiten ist das Jahr 2025.

 

(4) Das Umsetzungsziel für den geplanten akutstationären Bereich ist das Jahr 2020.

 

Inkrafttreten

 

§2. Diese Verordnung tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

 

 

 

 

 

 

 

 

"

 

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Zu V419/2020

1.1. Die mitbeteiligte Partei im Ausgangsverfahren zu V419/2020 stellte mit Schriftsatz vom 30. August 2017 einen Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfes an der Erweiterung des Leistungsangebotes ihrer Krankenanstalt, eines selbständigen Ambulatoriums für Kieferorthopädie, um fünf weitere Behandlungsstühle zur kieferorthopädischen Behandlung von Patienten mit schwerwiegenden Zahnfehlstellungen samt Ausdehnung der Öffnungszeiten und Aufstockung des Personals gemäß §7 Abs2 iVm §5 Abs1 Wr. KAG. Dies entspricht nach den Feststellungen des antragstellenden Verwaltungsgerichtes Wien einem Versorgungsäquivalent (VEA) zur Versorgung von 100 neu begonnenen Fällen innerhalb eines Kalenderjahres. Die belangte Behörde des Ausgangsverfahrens gab mit Bescheid vom 15. November 2019, Zl MA 40-GR-827.995/2019, dem Antrag Folge und stellte fest, dass an der geplanten Änderung der Krankenanstalt ein Bedarf bestehe. Gegen diesen Bescheid erhob die Österreichische Zahnärztekammer Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien (§7 Abs2 iVm §5 Abs8 Wr. KAG). Sie begründete ihre Beschwerde unter anderem damit, dass die Bedarfsprüfung durch die Verwaltungsbehörde grob lückenhaft geblieben sei und die eingeholten Gutachten der Gesundheit Österreich GmbH keine taugliche Grundlage für ausreichende Feststellungen zu den bedarfsrelevanten Kriterien des §5 Abs3 Wr. KAG bilden würden. Am 9. Jänner 2020 trat die RSG Wien – VO 2019 in Kraft.

1.2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Verwaltungsgericht Wien, gestützt auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG, den zu V419/2020 protokollierten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplanes Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020, zur Gänze", in eventu §1 Abs1 Z1 sowie Anlage 1 dieser Verordnung als gesetzwidrig aufheben.

1.2.1. Das Verwaltungsgericht Wien führt zur Zulässigkeit seines Antrages auszugsweise Folgendes aus (ohne die Hervorhebungen im Original):

"III. Zur Zulässigkeit des Antrags

 

[…]

 

1. Präjudizialität

 

1.1. […]

 

1.2. Die mitbeteiligte Partei im Ausgangsverfahren hat mit Schriftsatz vom 30. August 2017 einen Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfs an der Erweiterung ihrer Krankenanstalt [***], in näher umschriebenem Umfang gemäß §7 Abs2 iVm §5 Abs1 Wr. KAG gestellt. Demnach kommen bei einer wesentlichen Änderung, ua des Leistungsangebotes, einer Krankenanstalt die §§4 und 5 leg cit sinngemäß zur Anwendung. Die wesentliche Änderung des Leistungsangebotes ergibt sich gegenständlich aus der Ausweitung der Öffnungszeiten, der geplanten Anstellung von drei weiteren Fachärzten und der Aufstockung der Behandlungsstühle. Bei der gegenständlichen Krankenanstalt handelt es sich um ein selbständiges Ambulatorium.

 

1.3. §5 Abs2 Wr. KAG bestimmt unter anderem, dass eine Errichtungsbewilligung (gegenständlich aufgrund der sinngemäßen Anwendung: Änderungsbewilligung) nur dann erteilt werden darf, wenn – unter Berücksichtigung mehrerer Determinanten – eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann (Z1).

 

1.4. §5 Abs3 Wr. KAG zählt Kriterien auf, die bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann, zu berücksichtigen sind; dazu zählen etwa die örtlichen Verhältnisse oder die Verkehrsverbindungen. Zum Vorliegen dieser Kriterien ist ein Gutachten der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Gesundheitsplanungsinstituts sowie eine begründete Stellungnahme des Wiener Gesundheitsfonds einzuholen (Abs5 leg cit).

 

1.5. §5 Abs3a Wr. KAG, eingefügt durch die Novelle LGBl Nr 10/2018, in Kraft getreten am 10. Februar 2018, regelt ohne Übergangsvorschriften, dass wenn der verfahrensgegenständliche Leistungsumfang in den Verordnungen gemäß §23 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz – G-ZG), BGBl I Nr 26/2017 in der Fassung BGBl I Nr 131/2017, oder §5a Abs1 geregelt ist, hinsichtlich des Bedarfs die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen ist. Die Entscheidung über die Plankonformität des Vorhabens hat mittels Feststellungsbescheid zu erfolgen. Ist das Vorhaben nicht in den genannten Verordnungen geregelt, ist Abs3 sinngemäß anzuwenden.

 

1.6. Mit §5 Abs3a Wr. KAG wird die grundsatzgesetzliche Bestimmung des §3a Abs3a KaKuG ausgeführt. Wie die Erläuterungen zur Grundsatzbestimmung sowie zur Ausführungsbestimmung (RV 1333 BIgNR XXV. GP 11 sowie Beilage Nr 20/2017, S. 8, LG-002112017/0001) unmissverständlich zum Ausdruck bringen, ist für den Fall, dass das verfahrensgegenständliche Leistungsspektrum in diesen Verordnungen geregelt ist, im Zuge der Bedarfsprüfung ausschließlich die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen.

 

1.7. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 15. November 2019 war §5 Abs3a Wr. KAG bereits in Kraft, das gegenständliche Vorhaben jedoch in keiner von §5 Abs3a Wr. KAG bezeichneten Verordnung geregelt. Die belangte Behörde hatte daher §5 Abs3 Wr. KAG anzuwenden und hat demgemäß auch eine Bedarfsprüfung unter Einholung eines (ergänzten) Gutachtens der Gesundheit Österreich GesmbH (Abs5 leg cit) sowie einer Stellungnahme des Wiener Gesundheitsfonds durchgeführt.

 

1.8. Erst mit der Kundmachung 1/2020 vom 8. Jänner 2020 im RIS wurde die gegenständlich angefochtene Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien veröffentlicht und trat am 9. Jänner 2020 in Kraft (vgl §2 der angefochtenen Verordnung). Dieser Zeitpunkt liegt somit nach jenem der Erlassung des im Ausgangsverfahren angefochtenen Bescheides.

 

1.9. In dieser Verordnung wurde mit §1 Abs1 Z1 die Planung der ambulanten ärztlichen Versorgung in Wien gemäß Anlage 1 dieser Verordnung als verbindlich erklärt. Der Wortlaut der Verordnung spricht davon, dass die von der Wiener Landes-Zielsteuerungskommission mit Beschluss [...] als verbindlich zu erklärend ausgewiesenen Teile des 'Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien' 'verordnet' werden.

 

1.10. Anlage 1 der angefochtenen Verordnung enthält eine Kapazitätsplanung differenziert nach den gemäß 'RSG Planungsmatrix' (vgl Anlage 3 zur ÖSG-VO) vorgegebenen medizinischen Fachrichtungen im ambulanten Bereich für das gesamte Bundesland Wien (Blatt 1) und die drei Wiener Versorgungsregionen (Blatt 2-4). Messgröße für ärztliche Kapazitäten ist dabei die 'Ärztliche Ambulante Versorgungseinheit' (ÄAVE) gem. Vorgabe des ÖSG 2017. Das Planungsmodell prognostiziert – ausgehend vom IST-ÄAVE-Stand 2016 – den PLAN-ÄAVE-Stand 2025 (vgl die Erläuterungen zu §1 Abs1 Z1 der angefochtenen Verordnung).

 

1.11. Für den Bereich ZMK (Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde) weist der IST‑ÄAVE-Stand 2016 681,9 ÄAVE gesamt für den ambulanten ärztlichen Versorgungsbereich in Wien aus, davon 8,5 ÄAVE spitalsambulant, 37,1 ÄAVE in selbständigen Ambulatorien (mit Vertrag), 559,4 ÄAVE im Bereich niedergelassener ÄrztInnen und 77 ÄAVE im Bereich kasseneigener selbständiger Ambulatorien. Der PLAN-ÄAVE-Stand für 2025 sieht 764,0 ÄAVE gesamt für den ambulanten ärztlichen Versorgungsbereich in Wien vor, davon 751,7 ÄAVE im Bereich der niedergelassenen ÄrztInnen und selbständigen Ambulatorien (mit Vertrag und kasseneigene).

 

1.12. Für die Versorgungsregion 91 Wien-Mitte-Südost, in welcher die verfahrensgegenständliche Krankenanstalt gelegen ist, lautet der IST-ÄAVE-Stand 2016 367,9 ÄAVE gesamt für den ambulanten ärztlichen Versorgungsbereich, davon 0,6 ÄAVE spitalsambulant, 27,9 ÄAVE in selbständigen Ambulatorien (mit Vertrag), 279,3 ÄAVE im Bereich niedergelassener ÄrztInnen und 60,1 ÄAVE im Bereich kasseneigener selbständiger Ambulatorien. Der PLAN-ÄAVE-Stand für 2025 sieht in der Versorgungsregion 91 403,2 ÄAVE gesamt für den ambulanten ärztlichen Versorgungsbereich vor, davon 401,1 ÄAVE im Bereich der niedergelassenen ÄrztInnen und selbständigen Ambulatorien (mit Vertrag und kasseneigene).

 

1.13. Da der verfahrensgegenständliche Leistungsumfang – Erbringung von Leistungen der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde – somit in einer Verordnung iSd §5 Abs3a Wr. KAG, nämlich der angefochtenen Verordnung, geregelt ist, ist vom vorlegenden Gericht hinsichtlich des Bedarfs nach der geltenden Rechtslage ausschließlich die Übereinstimmung des Vorhabens mit dieser Verordnung zu prüfen.

 

1.14. Bei dieser Prüfung der Übereinstimmung ist die angefochtene Verordnung und insbesondere ihr §1 Abs1 Z1 iVm Anlage 1 vom vorlegenden Gericht unmittelbar anzuwenden und somit präjudiziell.

 

1.15. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass der Verfassungsgerichtshof seit VfSlg 20.182/2017 die Rechtsauffassung vertritt, dass auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B‑VG anzuwenden haben und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten haben. Auch bei Zutreffen der unter Pkt. IV.2.5. geäußerten Bedenken erweist sich die angefochtene Verordnung daher als präjudiziell.

 

2. Anfechtungsgegenstand und -umfang

 

2.1. Das antragstellende Gericht hegt Bedenken gegen die angefochtene Verordnung, da diese nicht nur gesetzwidrig ist, sondern darüber hinaus auf einer verfassungswidrigen gesetzlichen Grundlage beruht (siehe dazu unten Pkt. IV.).

 

2.2. Hat ein Gericht gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit Bedenken, so hat es den Antrag auf Aufhebung dieser Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Auf Grund eines solchen Antrags erkennt der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B‑VG über die Gesetzwidrigkeit der Verordnung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes umfasst der Prüfungsmaßstab der 'Gesetzwidrigkeit' nach Art139 Abs1 B‑VG auch die Verfassungsmäßigkeit einer Verordnung (siehe VfSlg 16.242/2001). Daher erachtet es der Verfassungsgerichtshof in ebenso ständiger Rechtsprechung für zulässig, dass Gerichte einen Verordnungsprüfungsantrag damit begründen, dass die gesetzliche Grundlage der angefochtenen Verordnung(sbestimmung) verfassungswidrig und die auf einer solchen Grundlage erlassene Verordnung(sbestimmung) nach deren Aufhebung mit Gesetzlosigkeit belastet ist (siehe VfSlg 16.538/2002). Anfechtungsgegenstand bleibt auch in dem Fall, dass sich die Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Verordnungsbestimmung auf eine Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlage der Verordnung beziehen, die vom Gericht anzuwendende Verordnungsbestimmung. Die gesetzliche Grundlage wird dann zum Prüfungsgegenstand, wenn der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen aus Anlass des Verordnungsprüfungsantrags des Gerichts gemäß Art140 Abs1 B‑VG ein Gesetzesprüfungsverfahren einleitet (VfSlg 19.700/2012).

 

2.3. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine (Mit‑)Anfechtung der einer Verordnung zugrundeliegenden gesetzlichen Ermächtigung durch Gerichte zulässig, wenn die Verordnung bereits erlassen wurde und gemeinsam mit der Verordnungsermächtigung angefochten wird (vgl VfSlg 20.000/2015 mwN); eine Verpflichtung der Mitanfechtung kann aus der oz. Rechtsprechung jedoch nicht abgeleitet werden.

 

2.4. […]

 

2.5. §1 Abs1 Z1 iVm Anlage 1 der angefochtenen Verordnung bildet eine der anzuwendenden Rechtsgrundlagen für das beim antragstellenden Gericht anhängige Beschwerdeverfahren; das Verwaltungsgericht hat sie bei seiner Entscheidung über die Beschwerde, wie oben dargelegt, anzuwenden.

 

2.6. Da bei Zutreffen der Bedenken des antragstellenden Gerichtes jedoch die gesamte Verordnung untrennbar davon betroffen wäre, wird primär die Aufhebung der gesamten Verordnung als gesetzwidrig und nur in eventu der konkret anzuwendenden Bestimmungen beantragt.

 

2.7. Der Eventualantrag bezieht sich auf §1 Abs1 Z1 iVm der gesamten Anlage 1, da nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes ein untrennbarer Zusammenhang zwischen sämtlichen Blättern der Anlage 1 und §1 Abs1 Z1 der angefochtenen Verordnung vorliegt. Würde man nur Blatt 2 der Anlage 1 oder daraus nur die Festlegungen betreffend ZMK aufheben so bestünde ein widersprüchlicher Torso hinsichtlich der festgelegten Zahlen von ganz Wien und den einzelnen (verbleibenden) Versorgungsregionen.

 

[…]"

 

1.2.2. Das Verwaltungsgericht Wien legt seine Bedenken wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"IV. Bedenken

 

1. Allgemein zur Gesundheitsversorgungsplanung durch ÖSG und RSG

 

1.1. Der Österreichische Strukturplan Gesundheit sowie die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (ÖSG und RSG) sind in der Art15a-Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens (BGBl I Nr 98/2017) vorgesehen, bilden aber keinen Teil derselben. Nach Art5 Abs1 der Art15a‑Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens sowie gemäß §19 Abs1 G-ZG soll der ÖSG der österreichweit verbindliche Rahmenplan für die in den RSG vorzunehmende konkrete Gesundheitsstrukturplanung und Leistungsangebotsplanung darstellen.

 

1.2. Für die Beschlussfassung des ÖSG ist die Bundes-Zielsteuerungskommission zuständig, bei der es sich gemäß §25 Abs1 Z1 G-ZG um ein Organ der Bundesgesundheitsagentur handelt. Die Bundesgesundheitsagentur ist ein beim für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministerium eingerichteter Fonds mit eigener Rechtspersönlichkeit (§56a KAKuG). Die Bundes-Zielsteuerkommission besteht aus 17 Mitgliedern, wobei je vier Mitglieder von der Bundesregierung und dem Hauptverband sowie 9 Mitglieder von den Ländern bestellt werden (§26 Abs1 G-ZG).

 

1.3. Sinngemäße Ausführungen gelten für die RSG, die durch die Landes-Zielsteuerungskommissionen – Organe der Landesgesundheitsfonds (öffentlich-rechtliche Fonds mit eigener Rechtspersönlichkeit, die landesgesetzlich eingerichtet sind) – beschlossen werden. So ist die Wiener Zielsteuerungskommission Organ des Wiener Gesundheitsfonds (§4 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017) und besteht aus je fünf VertreterInnen des Landes und der Sozialversicherung sowie einer VertreterIn des Bundes (§7 Abs1 leg cit). Gemäß §21 Abs7 G-ZG sind die RSG auf Landesebene zwischen dem jeweiligen Land und der Sozialversicherung festzulegen (vgl auch §9 Abs4 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017).

 

1.4. Um eine generelle Verbindlichkeit des ÖSG und der RSG (insbesondere für Dritte und Leistungserbringer) zu erwirken – nach herrschender Auffassung bestand vormals eine Bindung nur durch Bund und Länder als Partner des Gliedstaatsvertrags sowie die Sozialversicherungsträger im Wege der Verbindlichkeitserklärung in Zielsteuerungsverträgen –, wählte die Gesetzgebung eine Konstruktion der Beleihung einer GmbH mit der Verbindlicherklärung: Teile des ÖSG und der RSG sollen sowohl für Bereiche des Art10 B‑VG ('Sozialversicherungswesen' und 'Gesundheitswesen') als auch für den Bereich des Art12 B‑VG ('Heil- und Pflegeanstalten') von der Gesundheitsplanungs GmbH durch Verordnung für verbindlich erklärt werden.

 

1.5. Nach den geltenden Vorschriften müssen dazu zunächst jene Teile des ÖSG bzw der RSG, die für verbindlich erklärt werden sollen, von der Bundes-Zielsteuerungskommission (ÖSG) bzw den Landes-Zielsteuerungskommissionen (RSG) als solche ausgewiesen werden. Die Gesundheitsplanungs GmbH hat sodann ein Begutachtungsverfahren hinsichtlich dieser Teile durchzuführen und ist eine nochmalige Beschlussfassung in den Zielsteuerungskommissionen herbeizuführen, wenn sich nach der Begutachtung Änderungen ergeben (§23 Abs1 und 2 G-ZG sowie §10 Abs2 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017).

1.6. Die Verbindlicherklärung erfolgt durch Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH und ist im RIS kundzumachen (§23 Abs6 G-ZG).

 

1.7. Die Gesundheitsplanungs GmbH ist ein nach dem GmbH-Gesetz, RGBI. Nr 58/1906, gegründetes Unternehmen. Gesellschafter/innen der Gesundheitsplanungs GmbH sind der Bund, die Länder und der Dachverband der Sozialversicherungsträger, die jeweils einen Vertreter/eine Vertreterin in die Generalversammlung entsenden. Die Beschlussfassung in der Generalversammlung erfolgt einstimmig. Die Gesellschaft ist nicht gewinnorientiert. Die Stammeinlage wird vom Bund für die Gesellschafter entrichtet. Die Gesundheitsplanungs GmbH ist von allen Gebühren und Abgaben befreit. Voraussetzung für die Gründung der Gesellschaft ist, dass sich die künftigen Gesellschafter vertraglich dazu verpflichten, als Gesellschafter der Gesundheitsplanungs GmbH für die Dauer der Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens anzugehören. Ein vorzeitiger Austritt oder eine Auflösung der GmbH ist ausgeschlossen (§23 Abs3 G-ZG).

 

2. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzlichen Grundlagen der angefochtenen Verordnung

 

2.1. Die angefochtene Verordnung stützt sich auf §23 Abs4 G-ZG und §10 Abs1 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017. Beide Bestimmungen ermächtigen die Gesundheitsplanungs GmbH die von der Landes-Zielsteuerungskommission ausgewiesenen Teile des RSG durch Verordnung für verbindlich zu erklären, wobei sich §23 Abs4 G-ZG auf Teile des RSG bezieht, die Angelegenheiten des Art10 B‑VG betreffen, und §10 Abs1 des Wiener Gesundheitsfonds-Gesetzes 2017 als Ausführungsbestimmung zu §23 Abs5 G-ZG (Grundsatzbestimmung) auf jene Teile des RSG, die Angelegenheiten des Art12 B‑VG betreffen.

 

2.2. Aufgrund der zersplitterten Kompetenzrechtslage und des Grundsatzes der Trennung der Vollziehungsbereiche ist eine Verbindlicherklärung des RSG Wien in den Bereichen des Art10 und 12 B‑VG durch eine einzige Stelle grundsätzlich nicht möglich, sondern könnte nur von der kompetenzrechtlich jeweils zuständigen Gesetzgebung (Art10 B‑VG: Bundesgesetzgebung; Art12 B‑VG: Bundesgrundsatzgesetzgebung und Landesausführungsgesetzgebung) im Rahmen des jeweiligen Vollziehungsbereiches (Art10 B‑VG: [mittelbare] Bundesvollziehung; Art12 B‑VG: Landesvollziehung) vorgesehen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es jedoch zulässig, einen außerhalb der Staatsverwaltung stehenden Rechtsträger mit hoheitlichen Aufgaben zu beleihen, wenn bestimmte verfassungsrechtliche Grenzen eingehalten werden (vgl dazu grundlegend VfSlg 14.473/1996; weiters zB VfSlg 19.270/2010 uva). Auch eine Beleihung mit der Erlassung von Verordnungen ist grundsätzlich zulässig (VfSlg 16.995/2003).

 

Zu den genannten verfassungsrechtlichen Grenzen zählen vor allem das verfassungsrechtliche Effizienzgebot, die Übertragung lediglich einzelner Aufgaben, die nicht in den Kernbereich staatlicher Verwaltung fallen, die Weisungsbefugnis eines obersten Organs, das dem jeweiligen Vertretungskörper gemäß Art76 Abs1 B‑VG bzw gemäß Art105 Abs2 B‑VG und Art142 B‑VG politisch und rechtlich verantwortlich ist, und das Sachlichkeitsgebot im Sinne des Gleichheitssatzes.

 

Diese Kriterien werden nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes gegenständlich schon bereits aus folgenden Gründen nicht erfüllt:

 

Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot des Art7 B‑VG:

Die Gesundheitsplanungs GmbH übernimmt alleine die Durchführung des Begutachtungsverfahrens und die Verbindlicherklärung von Teilen des ÖSG und der RSG durch Verordnung. Dabei ist die Gesundheitsplanungs GmbH verpflichtet, die – von anderen Stellen – ausgewiesenen Teile des ÖSG und der RSG für verbindlich zu erklären. Ihr bleibt kein Spielraum bzw keine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt; es handelt sich somit um einen reinen Formalakt (vgl Pabel, Verfassungsrechtlicher Schutz der ärztlichen Gesamtverträge, RdM 2017, 250 [257]). Trotzdem stellt dieser den für die Bindungswirkung entscheidenden Akt dar, der von einer anderen Stelle nicht verfassungskonform gesetzt werden könnte. Dies erweckt den Anschein einer reinen Konstruktion zur Umgehung der Kompetenzverteilung und verstößt deshalb nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes gegen das Sachlichkeitsgebot (vgl idS auch Kopetzki/Perthold-Stoitzner, Die Verbindlicherklärung der Strukturpläne aus verfassungsrechtlicher Sicht, RdM 2018, 44 [49f]).

 

Keine effektive Steuerungsmöglichkeit durch die obersten Organe:

Der Verfassungsgerichtshof verlangt erstens, die Unterstellung eines Beliehenen

unter ein oberstes Organ, das gemäß Art76 Abs1 B‑VG (bzw gemäß Art105 Abs2 B‑VG) und Art142 B‑VG verantwortlich ist, zweitens, dass dem obersten Organ ein Weisungsrecht eingeräumt ist und drittens, dass dem obersten Organ eine effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion gegenüber dem Beliehenen zukommt (VfSlg 16.400/2001).

 

Die Tätigkeit der Gesundheitsplanungs GmbH unterliegt gemäß §23 Abs7 G-ZG der Aufsicht und die GmbH den Weisungen des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers in Angelegenheiten des Art10 B‑VG und ist Sinngemäßes nach §23 Abs8 G-ZG durch die Ausführungsgesetze hinsichtlich der jeweils zuständigen Landesregierung in den Angelegenheiten des Art12 B‑VG vorzusehen. Dementsprechend regelt §10 Abs3 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017, dass die Tätigkeit der Gesundheitsplanungs GmbH insoweit Angelegenheiten des Art12 B‑VG berührt sind, der Aufsicht und den Weisungen der Landesregierung unterliegt.

 

Es ist unklar, was das genau bedeuten soll, ob nämlich das Handeln bestimmter Organe, das Handeln aller Organe oder sogar das Handeln aller Gesellschafter der GmbH den Weisungen und der Aufsicht des obersten Organs unterliegen. Unterliegen nicht alle Organe und Gesellschafter den Weisungen, so liegt keine umfassende Steuerungsmöglichkeit vor. So könnten etwa die Gesellschafter Weisungen an die Generalversammlung erteilen (vgl §20 GmbHG), die jenen des obersten Organs widersprechen.

 

Versteht man die Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse umfassend, so käme in der Generalversammlung dem zuständigen Bundesminister in den Angelegenheiten des Art10 B‑VG eine Weisungsbefugnis nicht nur gegenüber dem Bundes-, sondern auch gegenüber dem Ländervertreter zu. In den Angelegenheiten des Art12 B‑VG hätten die Landesregierungen nicht nur gegenüber dem Landesvertreter, sondern auch gegenüber dem Bundesvertreter Weisungsrechte. Dies würde zweifellos gegen den Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche verstoßen.

 

Sollte das Weisungsrecht hingegen verfassungskonform mit dem Trennungsgrundsatz verstanden werden, nämlich dass der Bundesminister nur gegenüber dem Bundesvertreter in der Generalversammlung weisungsbefugt ist und die Landesregierungen nur gegenüber dem Landesvertreter, so wäre die Steuerungsbefugnis der obersten Organe nicht effektiv: Weisungen könnten dann lediglich zu einer Verhinderung einer – einstimmig zu treffenden (§23 Abs3 G-ZG) – Entscheidung in der Generalversammlung führen, nicht jedoch zur Herbeiführung eines bestimmten Inhaltes (vgl zu all dem auch Kopetzki/Perthold-Stoitzner, RdM 2018, 49).

 

Schlussendlich ist eine effektive Einflussnahme und Weisungsbindung auch deshalb nicht möglich, weil ÖSG und RSG Bereiche aus beiden Kompetenzangelegenheiten vermischt regeln. Als Beispiel sei auf Pkt. III.1.11 und 1.12. verwiesen, wo die PLAN-ÄAVE für 2025 gesamt für den ambulanten ärztlichen Versorgungsbereich dargestellt sind, davon eine bestimmte (nicht näher differenzierte) Gesamtzahl im Bereich der niedergelassenen ÄrztInnen und selbständigen Ambulatorien, welche jedoch unterschiedlichen Kompetenztatbeständen (Art10 bzw Art12 B‑VG) unterliegen. Ob diese für verbindlich erklärte Zahl in den Bereich der Bundes- oder Landesvollziehung fällt, bleibt offen, genauso wie die Frage, wem diesbezüglich eine Weisungs- und Aufsichtsfunktion zukommen soll.

 

2.3. Verstoß gegen den Trennungsgrundsatz

 

Fraglich ist weiters, ob die in den gesetzlichen Grundlagen der angefochtenen Verordnung vorgesehene verbandsübergreifende Beleihung mit dem Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche vereinbar ist. Die Lehre (Pürgy, Die Mitwirkung von Beliehenen des Bundes an der Landesvollziehung, ZfV 2011, 745 mwH; Mayr in Jahrbuch Öffentliches Recht 2010, 93 [99 ff]) hat aus dem Erk VfSlg 17.124/2004 eine implizite (wenn auch nicht näher begründete) Anerkennung der Zulässigkeit verbandsübergreifender Beleihungen gesehen.

 

Durch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist jedoch nicht geklärt, ob eine grundsatzgesetzliche Verpflichtung der Betrauung eines genau bezeichneten Rechtsträgers außerhalb der Landesverwaltung zulässig ist: In VfSlg 17.232/2004 hat der Verfassungsgerichtshof anerkannt, dass Fragen von grundsätzlicher Bedeutung einer für das ganze Bundesgebiet wirksamen einheitlichen Regelung bedürfen und auch im System des Art12 B‑VG zulässig seien. Er hat daher eine grundsatzgesetzliche Verpflichtung der Landesgesetzgebung, die Landesregierung zu verpflichten, bestimmte Verordnungen (Landeskrankenanstaltenpläne) unter Bindung an bestimmte Planungsvorgaben zu erlassen, als zulässig erachtet. Der VfGH argumentierte ua auch damit, dass es sich bei der damals in Prüfung gezogenen Regelung des §10a KaKuG im Wesentlichen um eine Wiederholung von Inhalten einer 15a‑Vereinbarung zwischen Bund und Ländern handle und dass sich die Bindung der Landesgesetzgebung nicht erst aus §10a KaKuG, sondern bereits aus der 15a‑Vereinbarung ergebe (Pkt. 1.3.1. des Erkenntnisses).

 

Daraus kann geschlossen werden, dass die Verpflichtung der Landesgesetzgebung zur Beleihung einer bestimmt bezeichneten GmbH gerade nicht zulässig ist, zumal es sich weder um das (schon verfassungsrechtlich in Art101 Abs1 B‑VG vorgesehene) Vollziehungsorgan der Länder handelt und zumal dies auch nicht Gegenstand einer 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern ist: Die Beleihung einer GmbH ist weder in der 15a-Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens noch in jener zur Zielsteuerung-Gesundheit, BGBl I Nr 97/2017, vorgesehen. In Art5 Abs9 Z2 und Art5 Abs10 Z2 der ersteren 15a-Vereinbarung wird lediglich angeordnet, dass die Bundesgesundheitsagentur bzw der Landesgesundheitsfonds bundes-und landesgesetzlich zu ermächtigen sowie organisatorisch in die Lage zu versetzen sind, die als normativ gekennzeichneten Teile der betreffenden Strukturpläne als verbindlich festzulegen und durch Verordnung kundzumachen (aA Probst/Souhrada, Verbindlichkeit gemeinsamer Planung in der österreichischen Gesundheitsreform, in GS Robert Rebhahn, 467 [478 f], die gleichsam von einer Nichtanwendung verfassungsrechtlicher Grundsätze aufgrund der Fundierung der Vorgangsweise in einer 15a-Vereinbarung ausgehen).

 

2.4. Verstoß gegen Art102 und Art97 Abs2 B‑VG

 

Aufgrund nicht zuletzt auch der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit des Art102 B‑VG auf die Übertragung von Aufgaben staatlicher Verwaltung auf Selbstverwaltungskörper (VfGH 13.3.2019, G242/2018 ua; 5.3.2020, G157/2019, V54/2019), ist auch von dessen Anwendbarkeit bei der Beleihung auszugehen (vgl auch zB. VwGH 22.6.2017, A2017/0001, der unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes von einer solchen Anwendbarkeit ausgeht).

 

Aus diesem Grund bestehen beim antragstellenden Gericht Bedenken gegen die gesetzlichen Grundlagen der Verordnung insofern, als auch gegenständlich die Gesundheitsplanungs GmbH in den Angelegenheiten des Gesundheitswesens (Art10 B‑VG) alleine dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister unterstellt ist und damit der Landeshauptmann in der mittelbaren Bundesverwaltung schlechthin umgangen wird. Dies wäre nur mit Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG zulässig, welche, soweit dem antragstellenden Gericht bekannt, nicht vorliegt (vgl nochmals VfGH 13.3.2019, G242/2018 ua; 5.3.2020, G157/2019, V54/2019; auch Baumgartner, Die Verbindlicherklärung von Strukturplänen durch die Gesundheitsplanungs GmbH, ZN 2018, 255 [261f]; Kopetzki/Perthold-Stoitzner, RdM 2018, 48).

 

Geht man davon aus, dass die Gesundheitsplanungs GmbH als 'Bundesbehörde' anzusehen ist, fehlt es auch in den Angelegenheiten des Art12 B‑VG an der Zustimmung der Bundesregierung gemäß Art97 Abs2 B‑VG hinsichtlich des §10 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetzes 2017, wonach die genannte GmbH an der Landesvollziehung mitwirkt (indem sie Verordnungen erlässt).

 

2.5. Kundmachung der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH

 

Gemäß §23 Abs6 G-ZG hat die Gesundheitsplanungs GmbH die für verbindlich zu erklärenden Teile im Wege einer Verordnung zu erlassen und im RIS (www.ris.bka.gv.at ) kundzumachen. Diese Bestimmung wurde nicht als Grundsatzbestimmung erlassen. Die Erläuterungen treffen dazu keine näheren Ausführungen. Das Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 enthält keine Kundmachungsvorschriften hinsichtlich der Verordnungen der Gesundheitsplanungs GmbH.

 

Zur Regelung der Art und Weise der Publikation einer Verordnung ist der Materiengesetzgeber zuständig, da er die Rechtserzeugungsregel der Verordnung regeln kann. Nach der – zur Kundmachung von Verordnungen im Rahmen der staatlichen Verwaltung ergangenen – Rechtsprechung des VfGH kann der Organisationsgesetzgeber jedoch subsidiäre Vorschriften über die Methode der Kundmachung von Rechtsvorschriften erlassen, also generelle materienunspezifische Kundmachungsregeln aufstellen, die dann zur Anwendung kommen, wenn der Materiengesetzgeber zur Frage der Kundmachung schweigt (VfSlg 10.911/1986).

 

Ob diese Judikatur auf Beleihungen anwendbar ist, ist ungeklärt. Geht man davon aus, so ist die Bestimmung des §23 Abs6 G-ZG als Regelung der Organisationsgesetzgebung iSd oz. Judikatur aufzufassen (Bundesgesetzgebung, die das GmbH-G erlassen hat gemäß Art10 Z6 B‑VG). Jedenfalls ist jedoch in Angelegenheiten des Art12 B‑VG die (Anordnung der) Kundmachung der angefochtenen Verordnung im RIS (auch) durch die Organisationsgesetzgebung verfassungsrechtlich unzulässig: Das RIS wird gemäß §6 BGBIG vom Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort bereitgestellt. Bei der Kundmachung von Verordnungen handelt es sich um einen Akt der Vollziehung. Die Mitwirkung eines Bundesministers an der Vollziehung in Angelegenheiten des Art12 B‑VG ist bundesverfassungsgesetzlich nicht vorgesehen; auch eine Mitwirkung oberster Verwaltungsorgane des Bundes (hier: des Bundesministers als Bereitsteller/Betreiber des RIS bzw sein Geschäftsapparat) gemäß Art97 Abs2 B‑VG ist nach der Rechtsprechung des VfGH (vgl etwa VfSlg 9536/1982) nicht zulässig. Warum diese Judikatur auf Beleihungen nicht anwendbar sein sollte, vermag das antragstellende Gericht nicht zu erkennen und hegt daher auch dahingehende verfassungsrechtliche Bedenken.

 

3. Sonstige Bedenken gegen die Gesetz- bzw Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Verordnung

 

3.1. Verordnungen stützen sich nicht auf Kompetenztatbestände nach dem B‑VG, sondern auf gesetzliche Grundlagen. Ob die gesetzlichen Grundlagen einer Verordnung kompetenzkonform sind, ist eine andere (s.o.), von der Gesetzeskonformität einer Verordnung zu unterscheidende Frage.

 

3.2. §23 Abs4 und 5 G-ZG iVm §10 Abs1 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 sehen vor, dass die Gesundheitsplanungs GmbH bestimmte Teile des RSG durch Verordnung für verbindlich zu erklären hat, und zwar einerseits für Teile, die Angelegenheiten des Art10 B‑VG betreffen (§23 Abs4 G-ZG), andererseits für Teile, die Angelegenheiten des Art12 B‑VG betreffen (Abs5 leg cit iVm §10 Abs1 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017).

 

3.3. Dass die GmbH also (eine) Verordnung(en) erlässt, die sowohl Angelegenheiten des Vollziehungsbereiches des Bundes (Art10 B‑VG) als auch Angelegenheiten des Vollziehungsbereiches der Länder (Art12 B‑VG) regelt (regeln), ergibt sich somit aus dem geltenden Recht. Geht man – anders als das antragstellende Gericht – davon aus, dass die gesetzlichen Grundlagen verfassungsrechtlich unbedenklich sind, so ist fraglich, ob die GmbH für jeden Vollziehungsbereich eine gesonderte Verordnung erlassen müsste, oder ob in ein und demselben Rechtsakt Regelungen enthalten sein dürfen, die beide Vollziehungsbereiche betreffen.

 

3.4. Die Erlassung kompetenzbereichsübergreifender Bescheide ist nach der Rechtsprechung zulässig (vgl VfSlg 2473/1953, 2932/1955, 4774/1964, 5546/1967 sowie Jabloner, Gliedstaatsverträge in der österreichischen Rechtsordnung, ZÖR, Bd. 40, 1989, 225 [242]). Wielinger bezieht diese Judikatur auch auf Verordnungen der Gemeinde im übertragenen Wirkungsbereich (Wielinger, Das Verordnungsrecht der Gemeinden [1974] 109 f unter Hinweis auf die – Bescheide betreffende – oz. Erkenntnisse), jedoch kann dies aus Sicht des antragstellenden Gerichtes insbesondere angesichts der gegenständlichen Problematik, dass einzelne Bestimmungen nicht eindeutig einem Vollziehungsbereich zugeordnet werden können, somit janusköpfigen Charakter aufweisen, für die gegenständliche Verordnung nicht gleichermaßen gelten. Die vorgesehene Weisungskette zum zuständigen Bundesminister in Angelegenheiten des Art10 B‑VG und zur zuständigen Landesregierung in Angelegenheiten des Art12 B‑VG kann durch den janusköpfigen Charakter von einzelnen Bestimmungen der Verordnung nicht nachvollzogen werden (vgl schon Pkt. III.2.2.) weshalb der Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche durch die Erlassung dieser 'gemischten Verordnung' nicht eingehalten wird (dieser Auffassung auch Kopetzki, RdM 2017, 1 sowie Kopetzki/Perthold-Stoitzner, RdM 2018, 47).

 

4. Nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes sind sohin nicht nur die gesetzlichen Grundlagen der angefochtenen Verordnung verfassungswidrig, sondern ist auch unter Annahme der Verfassungskonformität ihrer gesetzlichen Grundlagen die angefochtene Verordnung gesetz- bzw verfassungswidrig."

 

1.3. Die Gesundheitsplanungs GmbH hat als verordnungserlassende Behörde die Verordnungsakten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den Bedenken des Verwaltungsgerichts Wien entgegengetreten und die Abweisung des Antrages begehrt wird (ohne die Hervorhebungen im Original):

"I. Einleitende Bemerkungen:

 

Mit seinem auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020, zur Gänze als gesetzwidrig aufheben bzw in eventu §1 Abs1 Z1 sowie Anlage 1 der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020, als gesetzwidrig aufheben.

 

Der Antragsteller erhebt insbesondere Bedenken gegen die Gesetz- bzw Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Verordnung als er vermeint, dass eine einheitliche bundes- und landesgesetzliche Bestimmungen umsetzende Verordnung durch die von Bund und Ländern beliehene Gesellschaft insbesondere mangels Zuordnungsbarkeit der Vollzugsbereiche kompetenzwidrig wäre. Aus dem geltenden Recht ergebe sich, dass die GPG (eine) Verordnung(en) erlässt, die sowohl Angelegenheiten des Vollziehungsbereiches des Bundes (Art10 B‑VG) als auch Angelegenheiten des Vollziehungsbereiches der Länder (Art12 B‑VG) regelt (regeln). Es sei fraglich, ob die GPG für jeden Vollziehungsbereich eine gesonderte Verordnung erlassen müsste oder ob in dem Rechtsakt Regelungen enthalten sein dürfen, die beide Vollziehungsbereiche betreffen.

 

Zwar sei die Erlassung kompetenzbereichsübergreifender Bescheide nach der Rechtsprechung zulässig, wobei Wielinger diese Judikatur auch auf Verordnungen der Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich beziehe, jedoch könne dies angesichts der gegenständlichen Problematik, dass einzelne Bestimmungen nicht eindeutig einem Vollziehungsbereich zugeordnet werden können, somit janusköpfigen Charakter aufweisen, für die gegenständliche Verordnung nicht gleichermaßen gelten. Die vorgesehene Weisungskette zum zuständigen Bundesminister in Angelegenheiten des Art10 B‑VG und zur zuständigen Landesregierung in Angelegenheiten des Art12 B‑VG könne durch den janusköpfigen Charakter von einzelnen Bestimmungen der Verordnung nicht nachvollzogen werden, weshalb der Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche durch die Erlassung dieser 'gemischten' Verordnung nicht eingehalten werde.

 

Vorauszuschicken ist, dass sich die GPG bereits zu einem Antrag des LVwG Salzburg, betreffend die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG-VO 2018), geäußert hat (V46/2019 des VfGH). Die GPG verweist daher auch auf diese Äußerungen.

 

II. In der Sache:

 

A. Allgemeines

 

Die Sicherung der Gesundheitsversorgung ist eine wesentliche öffentliche Aufgabe. Um auf zukünftige Herausforderungen rechtzeitig reagieren zu können, braucht es eine Gesamtsicht sowie Vorgaben, wohin sich das Gesundheitssystem entwickeln soll. Das wird durch bundesweite und regionale Planungsinstrumente erreicht.

 

Die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung ist in Österreich geteilt, sie liegt beim Bund, bei den Ländern und Gemeinden sowie bei der Sozialversicherung. Für ein reibungsloses Funktionieren der Gesundheitsversorgung ist es erforderlich, dass die verschiedenen Versorgungssektoren in den verschiedenen Verantwortungsbereichen aufeinander abgestimmt werden und wie ein einheitliches System zusammenarbeiten. Dem entsprechend ist die ganzheitliche Sichtweise in der Versorgungsplanung unverzichtbar.

 

Gerade die Notwendigkeit der ganzheitlichen Sichtweise und die aus Sicht der Patientinnen und Patienten notwendig optimal zu steuernden Versorgungsstrukturen sowie damit verbunden auch der Versorgungsprozesse führte im Jahr 2013 zur Einführung der Zielsteuerung-Gesundheit. Eben diese zuvor angesprochenen verschiedenen Kompetenzen und zahlreichen verschiedenen Zahlungsströme im Gesundheitswesen bargen im Vorfeld die Problematik von Parallelstrukturen, Barrieren an den Schnittstellen und Effizienzverlusten. Nunmehr stehen im Mittelpunkt der Zielsteuerung-Gesundheit die Patientinnen und Patienten sowie ihre bestmögliche medizinische Behandlung durch eine bessere Abstimmung zwischen dem niedergelassenen Versorgungsbereich und den Krankenanstalten.

 

Allerdings kann den Zielen der Zielsteuerung-Gesundheit nur dann entsprechend Rechnung getragen werden, wenn der von Bund, Ländern und Sozialversicherung in der Bundes-Zielsteuerungskommission beschlossene Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) bzw die in den Landes-Zielsteuerungskommissionen, als Gremien in den Landesgesundheitsfonds bestehend aus jeweiligem Land, Sozialversicherung und Bund, beschlossenen Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) in Teilbereichen einen entsprechenden Verbindlichkeitsgrad erhalten. Nicht zuletzt führte der Umstand, dass der ÖSG bzw RSG allein bisher als qualifiziertes Sachverständigengutachten anzusehen war und darüber hinaus keine Wirkung entfaltete, für die Rechtsanwenderinnen und -anwender zu erheblichen Schwierigkeiten, mit denen sich der Verfassungsgerichtshof in den letzten Jahren immer wieder befasst hat.

 

Das nunmehrige von Bund und Ländern im Rahmen einer Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG festgelegte Konzept, in dem sich die Vertragspartner über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches verständigen, sieht unter den oben genannten Aspekten und als Beitrag zur Rechtssicherheit der Rechtsunterworfenen nunmehr folgenden Prozess für die Planung und Steuerung vor:

 

Der ÖSG bzw RSG basiert einerseits auf dem Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (G-ZG; BGBl I Nr 26/2017), andererseits auf den zwischen dem Bund und allen Bundesländern getroffenen Vereinbarungen gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens (BGBl I Nr 98/2017) sowie Zielsteuerung-Gesundheit (BGBl I Nr 97/2017). Zur Verbesserung der Transparenz wird die aktuelle Fassung des ÖSG sowohl im Rechtsinformationssystem des Bundes als auch auf der Webseite des Gesundheitsressorts veröffentlicht. Die aktuelle Fassung des RSG wird ebenfalls im Rechtsinformationssystem des Bundes veröffentlicht sowie in Entsprechung von Art5 Abs8 der Vereinbarung gem. Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens in den Ländern selbst.

 

Wie erwähnt hat der ÖSG bzw RSG selbst die Qualität eines Sachverständigengutachtens und stellt einen gemeinsamen österreichweiten Rahmenplan dar, den der Bund, alle Länder und die Sozialversicherung gemeinsam in der Bundes-Zielsteuerungskommission (B-ZK), dem Entscheidungsgremium der Bundesgesundheitsagentur, beschließen. Damit wird ungeachtet der geteilten Verantwortlichkeit ein gemeinsames Bild über die Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems geschaffen. Basierend auf dieser bundesweiten Regelung wird sodann in den Bundesländern in den Landes-Zielsteuerungskommissionen (L-ZK), als Gremium bestehend aus Land, Sozialversicherung und Bund in den Landesgesundheitsfonds, der Regionale Strukturplan Gesundheit für das jeweilige Bundesland beschlossen.

 

Zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten, qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung ist es im öffentlichen Interesse, jene für die nachhaltige Versorgung der Bevölkerung unerlässlichen Teile des ÖSG bzw RSG verbindlich zu machen. Dementsprechend sieht §23 G-ZG vor, dass einvernehmlich in der B-ZK als normativ gekennzeichnete Teile des ÖSG bzw einvernehmlich in der L-ZK als normativ gekennzeichnete Teile des RSG als verbindlich festgelegt und durch Verordnung kundgemacht werden. Um eine umfassende und integrative Planung des österreichischen Gesundheitswesens im Rahmen der kompetenz- und verfassungsrechtlichen Gegebenheiten umzusetzen, wurde zur Sicherstellung, dass diese Verordnungen abgestimmte Vorgaben sowohl für den niedergelassenen Bereich als auch für den Krankenanstaltenbereich enthalten, die nicht gewinnorientierte Gesundheitsplanungs GmbH eingerichtet und seitens des Bundes und der Länder mit der Erlassung von Verordnungen beliehen.

 

Aufgabe dieser GmbH ist laut §2 des Gesellschaftsvertrages demzufolge die Erlassung von Verordnungen gemäß §23 Abs1, Abs2, Abs4 und Abs5 G-ZG einschließlich der dafür vorgesehenen Begutachtungsverfahren, mit denen die von der B-ZK nach §23 Abs1 G-ZG ausgewiesenen Teile des ÖSG bzw von der jeweiligen L-ZK nach den landesgesetzlichen Bestimmungen ausgewiesenen Teiles des RSG für verbindlich erklärt werden, und die Kundmachung dieser Verordnungen im RIS.

 

Die B-ZK übermittelt nach Beschlussfassung den durch Verordnung verbindlich zu erklärenden Text des ÖSG samt Erläuterungen an die GmbH. Die GmbH hat hinsichtlich des Inhaltes der von ihr zu erlassenden Verordnungen keinerlei Gestaltungsspielraum (siehe §23 Abs4 und 5 G-ZG). Dasselbe gilt auch für die auf Landesebene durch die Landes-Zielsteuerungskommissionen als verbindlich zu kennzeichnenden Teile des RSG.

 

Der ÖSG bzw RSG ist ein objektiviertes Sachverständigengutachten ohne direkte Bindungswirkung, dessen Verbindlichmachung vor 2017 nicht vorgesehen war. Schrattbauer bot im Jahr 2016 – also vor der Festlegung der Verbindlicherklärung – eine Übersicht über die damaligen bestehenden offenen rechtlichen Fragen und hielt dazu fest, dass die Idee – quasi über den Weg der Selbstbindung der in den Steuerungsprozess involvierten Akteure – zu einer einheitlichen Vorgangsweise zu finden, zwar prima facie als geeignete Ersatzlösung für klare gesetzliche Steuerungsvorgaben erscheine. Dies sei aber problematisch, wenn damit die Erwartung einer Rechtsverbindlichkeit der getroffenen Vereinbarung auch gegenüber Dritten verbunden sei. Das Problem der Kompetenzzersplitterung im Gesundheitswesen könne aber über derartige Konstruktionen nicht ohne weiteres gelöst werden, dies zeige das Bestehen verfassungsrechtlicher Fragen, die die gewählte Vorgangsweise aufwerfe, wenn es um Optionen der Schaffung einer Außenwirksamkeit und Rechtsverbindlichkeit der vereinbarten Planungen gegenüber Dritten gehe (Schrattbauer, Rechtsnatur und rechtliche Verbindlichkeit der Strukturpläne im Gesundheitswesen, SozSi 2016, 168 [179]). Die in diesem Beitrag dargelegten rechtlichen Unklarheiten wurden durch die Möglichkeit der Verbindlicherklärung von Teilen der Planungsinstrumente größtenteils beseitigt und eine jahrelange Diskussion um deren rechtliche Verbindlichkeit beendet.

 

Die nunmehr geschaffene Möglichkeit der Verbindlichmachung von Planungsgrundlagen bzw Planungsvorgaben hat einerseits die Rechtssicherheit und -klarheit sowohl für Behörden als auch für Bewilligungswerber deutlich erhöht, andererseits besteht nunmehr auch eine Rechtsschutzmöglichkeit, da es durch die gewählte Verordnungslösung erstmals möglich ist, deren fachlichen Inhalt durch den Verfassungsgerichtshof überprüfen zu lassen (was im vorliegenden Verfahren allerdings nicht gegenständlich ist). Darüber hinaus können nur so für sämtliche Versorgungsbereiche eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung auf hohem Qualitätsniveau gewährleistet und Versorgungslücken verhindert werden.

 

B. Zur Erlassung einer gemeinsamen Verordnung in verschiedenen Vollziehungsbereichen

Der Antragssteller vertritt die Auffassung, dass die Verordnungsermächtigungen in §23 Abs4 und 5 G-ZG einerseits und §10 Abs1 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 andererseits es bei verfassungskonformer Interpretation ausschließen würden, dass die Verbindlichmachung des RSG lediglich durch einen Rechtsakt erfolge.

 

Dazu ist Folgendes auszuführen:

 

1. §23 Abs4 und 5 G-ZG sehen vor, dass die Gesundheitsplanungs GmbH bestimmte Teile von ÖSG und RSG durch Verordnung für verbindlich zu erklären hat, und zwar einerseits Teile, die Angelegenheiten des Art10 B‑VG betreffen (Abs4), andererseits Teile, die Angelegenheiten des Art12 B‑VG betreffen (Abs5). Dass die Gesundheitsplanungs GmbH (eine) Verordnung(en) erlässt, die sowohl Angelegenheiten des Vollziehungsbereiches des Bundes (Art10 B‑VG) als auch Angelegenheiten des Vollziehungsbereiches der Länder (Art12 B‑VG) regelt (regeln), ergibt sich somit aus den geltenden einfachen Gesetzen.

 

2. Die Erlassung kompetenzbereichsübergreifender hoheitlicher Rechtsakte ist zulässig: Durch die ständige Rechtsprechung des VfGH ist gesichert, dass die Zusammenfassung von Bescheiden mehrerer Behörden in einer Ausfertigung verfassungsrechtlich unbedenklich ist (VfSlg 9380/1982 und VfSlg 8304/1978 mit Hinweisen auf die Vorjudikatur). Es gibt keinen Grund, dies für Verordnungen anders zu sehen. Auch ist diese Rechtsfrage keineswegs neu: Es gibt zahlreiche Verwaltungsorgane, die funktionell sowohl in der Bundesvollziehung als auch in der Landesvollziehung tätig werden und dabei auch jeweils Verordnungen erlassen. In der Literatur hat ua Wielinger (Das Verordnungsrecht der Gemeinden, 109) die Frage aufgegriffen, ob Angelegenheiten aus dem Kompetenzbereich des Bundes und jenem der Länder in ein und derselben Verordnung geregelt werden können, und er hat diese Frage auch unter Berücksichtigung des Aufsichtsrechts bejaht, dies mit Hinweis auf Berchtold (Gemeindeaufsicht, 132) und Petz (Gemeindeverfassung, 151); diese Rechtsansicht bestätigend Jabloner (Gliedstaatsverträge in der österreichischen Rechtsordnung, ZÖR 1989, 225 [242]).

 

3. Es spricht daher nichts dagegen, dass die Gesundheitsplanungs GmbH, soweit sie durch §23 Abs4 G-ZG und durch in Ausführung des §23 Abs5 G-ZG ergangenen Landesgesetze mit der Verbindlichmachung von Teilen des ÖSG bzw der RSG beliehen ist, eine einzige Verordnung zur Verbindlichmachung erlässt.

 

4. Selbst wenn – was bestritten wird – einzelne Bestimmungen der gegenständlichen Verordnung nicht eindeutig einem Vollziehungsbereich zugeordnet werden könnten, somit janusköpfigen Charakter aufweisen sollten, erachtet dies etwa Jabloner, aaO 242f, auf untergesetzlicher Ebene als zulässig.

 

5. Das Verwaltungsgericht hegt das Bedenken, dass eine gegenteilige Sichtweise im Widerspruch zu Art20 Abs1 B‑VG stünde, da die vorgesehene Weisungskette zum zuständigen Bundesminister in Angelegenheiten des Art10 B‑VG und zur zuständigen Landesregierung in Angelegenheiten des Art12 B‑VG durch den janusköpfigen Charakter von einzelnen Bestimmungen der Verordnung nicht nachvollzogen werden könne, weshalb der Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche durch die Erlassung 'gemischter' Verordnungen nicht eingehalten werde. Dieses Argument vermag nicht zu überzeugen: Selbst wenn es zutreffen sollte, dass einander widersprechende Weisungen nicht völlig ausgeschlossen werden können, würde dieses Problem nicht dadurch gelöst, dass die widersprüchlichen Weisungen in getrennten Verordnungen umzusetzen wären. Es ergäbe sich dann eben ein inhaltlicher Konflikt solcher getrennten Verordnungen. Der Fall, dass ein funktionell für verschiedene Rechtsträger tätiges Organ von diesen widersprüchliche Weisungen erhält, hat nämlich nichts damit zu tun, ob diese Weisungen in einer oder mehreren Verordnungen umgesetzt werden. Durch die Verteilung auf zwei oder mehrere Verordnungen würde ein allfälliger inhaltlicher Widerspruch ja nicht behoben, sondern allenfalls verschleiert. Es wird allerdings bestritten, dass bei korrekter Weisungserteilung und -befolgung ein solcher Widerspruch überhaupt entstehen kann, da Weisungen immer nur für den eigenen Kompetenzbereich erteilt werden dürfen. Weisungen, die diesen Kompetenzbereich überschreiten, wären solche eines unzuständigen Organs und dürften daher hinsichtlich dieser Überschreitung nicht befolgt werden. Gemäß Art20 Abs1 B‑VG kann das nachgeordnete Organ die Befolgung einer Weisung ua ablehnen, wenn die Weisung von einem unzuständigen Organ erteilt wurde, wobei dieses 'kann' nach einhelliger Auffassung als 'muss' zu verstehen ist. Unproblematisch bzw gut lösbar sieht auch Stöger die parallele Weisungserteilung durch mehrere Bundes- und Landesorgane (Jahrbuch Öffentliches Recht 2018: Die Gesundheitsreform 2017 im Überblick, 11 [22f]). Dessen Ausführungen zufolge wurde diese Form der Regelung bereits bei den im Krankenanstaltenrecht gepflogenen Schiedskommissionen gewählt. Auch das Beispiel des Salzburger Festspielfonds zeigt, dass es in Österreich keinesfalls unzulässig ist, wenn eine außerhalb der Verwaltungsorganisation stehende juristische Person von Bund und Ländern gemeinsam getragen wird. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Vertreter der Gesellschafter der Gesundheitsplanungs GmbH und zwar Bund, Länder bzw Sozialversicherung gem. §23 Abs7 und Abs8 G-ZG bzw auch im konkreten Fall gem. §10 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 je nach betroffener Verordnungserlassung entweder dem zuständigen BM oder der zuständigen LReg aufsichts- bzw weisungsunterworfen sind, womit einhergeht, dass die für die GmbH tätigen Organwalter funktionell entweder als Bundes- oder Landesorgane tätig werden. Laut Stöger mag diese Konstruktion ungewöhnlich sein, verfassungswidrig sei sie deswegen aber noch nicht.

 

6. Festzuhalten ist daher, dass die durch die ÖSG VO 2018 wie auch RSG Wien-VO 2019 in Anspruch genommene gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit zur Verbindlicherklärung von Planungsgrundlagen (Festlegungen etwa für Therapieplätze, Großgeräte oder Bettenzahlen) sowohl für Behörden als auch Bewilligungswerber gegenüber der zuvor bestehenden Rechtslage (Planungsgrundlagen als bloße objektivierte Sachverständigengutachten gem. §59k KAKuG) ein deutliches Plus an Rechtssicherheit brachte. Vgl. dazu auch Probst/Souhrada, in GS Rebhahn 471 f, ausführen, dass die Gesundheitsreform 'interessierten Anbietern mehr Sicherheit für Planungen gegeben' habe sowie die Zugänglichkeit der Planungen und deren Zusammenfassung 'zu einem koordinierten Ganzen' erheblich verbessert hat.

 

7. Diese Rechtssicherheit kann ihren vollständigen Nutzen nur durch eine einheitliche, landesgrenzenübergreifende Planung erreichen, die ihrerseits auch verbindlich ist und für alle beteiligten Gebietskörperschaften und Gesundheitsdienstleister gilt. Schon vor der Gesundheitsreform 2017 war es so, dass der ÖSG eine bundesweite Planung sowohl für den stationären, den ambulanten als auch den niedergelassenen Bereich vorgenommen hat.

 

8. Damit wurde den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben Rechnung getragen. Zu dieser bundesweit einheitlichen, sektorenübergreifenden Planung besteht auch keine Alternative: Zum einen werden im von der Planung erfassten öffentlichen Gesundheitswesen öffentliche Gelder in erheblichem Ausmaß eingesetzt. Eine landesgrenzübergreifende Planung ist daher schon auf Grund des Effizienzprinzips der Bundesverfassung zwingend geboten (zu diesem Prinzip zB Hengstschläger, Art51 B VG Rz 78 in Korinek/Holoubek ua [Hrsg] Österreichisches Bundesverfassungsrecht [2017]; Kroneder-Partisch, Art126b B VG Rz 36 f, in Korinek/Holoubek ua [Hrsg] Österreichisches Bundesverfassungsrecht [2001]; Kroneder-Partisch, Art126c B VG Rz 6, ebendort). Zum anderen ergibt sich die Notwendigkeit einer landesgrenzübergreifenden Planung auch aus der ständigen Rechtsprechung von VfGH und VwGH, die bei krankenanstaltenrechtlichen Bedarfsprüfungen eine landesgrenzübergreifende Berücksichtigung des Bedarfs einfordern; eine ausdrückliche Begrenzung des zu berücksichtigenden Bedarfs auf das Gebiet eines Bundeslandes wurde vom VfGH sogar als verfassungswidrig aufgehoben (VfSlg 16.059/2000; vgl weiters zB VwGH 19.6.2007, 2005/11/0195; 15.7.2011, 2008/11/0049).

 

9. Aus den dargestellten Gründen ergibt sich zwingend die Notwendigkeit einer bundesweiten Planung durch den – im Zusammenwirken von Vertretern des Bundes, der Länder und der Sozialversicherung entstandenen – ÖSG. Soweit es nunmehr darum geht, den ÖSG im Wege einer Verordnung für verbindlich zu erklären, kann nichts Anderes gelten. Die Verbindlicherklärung kann ihr Ziel nur dann erreichen, wenn sie die gesamte, überregionale (und damit auch landesgrenzüberschreitende) Planung des ÖSG 'aus einem Guss' übernimmt. Dazu bedarf es einer Verbindlicherklärung in einem einzigen Rechtsakt.

 

10. Die 'Aufteilung' der Planungsfestlegungen des ÖSG auf mehrere Verordnungen, wäre daher schon aus gesundheitspolitischer Sicht nicht verwirklichbar und würde das ganze Prinzip einer österreichweiten Planung ad absurdum führen. Im Gegensatz zur einheitlichen Verbindlicherklärung durch die ÖSG VO 2018/RSG Wien - VO 2019 wäre dies sogar ein Rückschritt hinter die zuvor bestehende Rechtslage, in welcher der ÖSG nur ein objektiviertes Sachverständigengutachten war, aber dennoch einheitliche Vorgaben über Landesgrenzen hinaus enthielt.

 

11. Die bereits verfassungsrechtlich und auf Grund der Rechtsprechung vorgegebene Notwendigkeit einer einheitlichen Verbindlicherklärung trifft auch auf keine sonstigen rechtlichen Bedenken: Dass eine Verordnung auf mehrere verschiedene Rechtsgrundlagen gestützt wird, ist keinesfalls unüblich und gerade dort angezeigt, wo es um die einheitliche Verbindlicherklärung von Vorgaben geht, die ihrerseits das Ergebnis eines koordinierten auf eine Art15a Vereinbarung gestützten Planungsprozesses unter Beteiligung von Bund, Ländern und Sozialversicherung sind (dazu Probst/Souhrada, in GS Rebhahn 478 ff). Ein rechtliches Problem würde nur dann bestehen, wenn es den zuständigen Behörden oder Gesundheitsdienstleistern (Bewilligungswerbern) nicht möglich wäre, sofort zu erkennen, welche Teile der Verordnung von ihnen zu vollziehen sind bzw auf sie anwendbar sind. Das ist aber weder bei der ÖSG VO 2018 noch bei der RSG Wien - VO 2019 ein Problem: Vielmehr ist aus den einzelnen Planfestlegungen stets erkennbar, ob sie sich auf den stationären, den ambulanten, den niedergelassenen oder auf alle Bereiche des Gesundheitswesens beziehen. Im letzteren Fall sind dann auch Bund, Länder und Sozialversicherung berufen, die allgemeinen Ziele unter Bedachtnahme auf das Handeln der anderen Akteure einheitlich zu verfolgen.

 

Die in der Beschwerde angeführte Gesetzwidrigkeit der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien liegt auch aus nachstehenden Gründen nicht vor:

1. Die Absätze 4 und 5 des §23 G-ZG beziehen sich auf die Beleihung der Gesundheitsplanungs GmbH mit Agenden des Art10 B‑VG (Absatz 4) und Art12 B‑VG (Absatz 5). Diese Trennung war schon deswegen erforderlich, da Absatz 4 auf Art10 B‑VG gestützt ist, wohingegen es sich bei Absatz 5 um eine Grundsatzbestimmung handelt. Aus dieser Trennung kann nicht – wie vom Antragsteller – geschlossen werden, dass das G-ZG nach Kompetenzmaterien getrennt zu erlassende Verordnungen vorschreibt.

2. Vielmehr führen die entsprechenden Erläuterungen zum G-ZG (1333 BlgNR 25. GP 10) aus, dass 'einvernehmlich zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung als normativ gekennzeichnete Teile des ÖSG bzw einvernehmlich zwischen Ländern und Sozialversicherung als normativ gekennzeichnete Teile des RSG als verbindlich festgelegt und durch Verordnung kundgemacht werden. Um eine umfassende und integrative Planung des österreichischen Gesundheitswesens im Rahmen der kompetenz- und verfassungsrechtlichen Gegebenheiten umzusetzen, wird zur Sicherstellung, dass diese Verordnungen abgestimmte Vorgaben sowohl für den niedergelassenen Bereich als auch für den Krankenanstaltenbereich enthalten, die Einrichtung einer nicht gewinnorientierten GmbH vorgesehen, die seitens des Bundes und der Länder mit der Erlassung dieser Verordnungen beliehen wird.'

3. Aus der Formulierung 'sowohl für den niedergelassenen Bereich als auch den Krankenanstaltenbereich' ergibt sich deutlich, dass das G-ZG Verordnungen vorsieht, die sowohl Art10 als auch Art12 Materien beinhalten. Da jedenfalls eine ÖSG-Verordnung und neun RSG-Verordnungen vorgesehen sind, wurde der Plural beim Begriff 'Verordnung' verwendet.

4. Da es somit auch materiengesetzlich nicht verboten ist, eine mehrere Kompetenzbereiche umfassende Verordnung zu erlassen, ist auch diesbezüglich keine Gesetzwidrigkeit der ÖSG bzw RSG-Verordnung gegeben.

Abschließend weist die GPG darauf hin, dass die verbindliche Planung nicht nur im Interesse der Versicherten eine effiziente Versorgung sicherstellt, sie schafft auch im Interesse der Gesundheitsdienstleiter Rechtssicherheit und Transparenz (Schrattbauer, SozSi 2020, 62).

Eine Aufhebung der Konstruktion hätte zur Folge, dass wieder der Status vor Inkrafttreten der Gesundheitsreform 2017 eintreten würde. Dieser Zustand ist zu vermeiden. Die Fortsetzung einer bestmöglich objektivierten Gesundheitsplanung und deren stringente Umsetzung sind wesentlich für das österreichische Gesundheitssystem. Am Ziel einer lückenlosen, beide Sektoren des Gesundheitswesens und das gesamte Bundesgebiet umfassenden Gesundheitsplanung, ist unbedingt festzuhalten."

 

1.4. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat eine Äußerung erstattet, in der den Bedenken des Verwaltungsgerichts Wien entgegengetreten und die Abweisung des Antrages begehrt wird (ohne die Hervorhebungen im Original):

"I. Einleitende Bemerkungen:

 

Mit seinen wortidenten auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG gestützten Anträgen begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH (im Folgenden GPG) zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020, zur Gänze als gesetzwidrig aufheben bzw in eventu §1 Abs1 Z1 sowie Anlage 1 der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020, als gesetzwidrig aufheben.

 

Der Antragsteller erhebt insbesondere Bedenken gegen die Gesetz- bzw Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Verordnung als er vermeint, dass eine einheitliche bundes- und landesgesetzliche Bestimmungen umsetzende Verordnung durch die von Bund und Ländern beliehene Gesellschaft insbesondere mangels Zuordnungsbarkeit der Vollzugsbereiche kompetenzwidrig wäre. Aus dem geltenden Recht ergebe sich, dass die GPG (eine) Verordnung(en) erlässt, die sowohl Angelegenheiten des Vollziehungsbereiches des Bundes (Art10 B‑VG) als auch Angelegenheiten des Vollziehungsbereiches der Länder (Art12 B‑VG) regelt (regeln). Es sei fraglich, ob die GPG für jeden Vollziehungsbereich eine gesonderte Verordnung erlassen müsste oder ob in dem Rechtsakt Regelungen enthalten sein dürfen, die beide Vollziehungsbereiche betreffen.

 

Zwar sei die Erlassung kompetenzbereichsübergreifender Bescheide nach der Rechtsprechung zulässig, wobei Wielinger diese Judikatur auch auf Verordnungen der Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich beziehe, jedoch könne dies angesichts der gegenständlichen Problematik, dass einzelne Bestimmungen nicht eindeutig einem Vollziehungsbereich zugeordnet werden können, somit janusköpfigen Charakter aufweisen, für die gegenständliche Verordnung nicht gleichermaßen gelten. Die vorgesehene Weisungskette zum zuständigen Bundesminister in Angelegenheiten des Art10 B‑VG und zur zuständigen Landesregierung in Angelegenheiten des Art12 B‑VG könne durch den janusköpfigen Charakter von einzelnen Bestimmungen der Verordnung nicht nachvollzogen werden, weshalb der Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche durch die Erlassung dieser 'gemischten' Verordnung nicht eingehalten werde.

 

Vorauszuschicken ist, dass sich das BMSGPK bereits zu einem Antrag des LVwG Salzburg, betreffend die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG-VO 2018), geäußert hat (V46/2019 des VfGH). Das BMSGPK verweist daher auch auf diese Äußerungen.

 

II. In der Sache:

 

A. Allgemeines

 

Die Sicherung der Gesundheitsversorgung ist eine wesentliche öffentliche Aufgabe. Um auf zukünftige Herausforderungen rechtzeitig reagieren zu können, braucht es eine Gesamtsicht sowie Vorgaben, wohin sich das Gesundheitssystem entwickeln soll. Das wird durch bundesweite und regionale Planungsinstrumente erreicht.

 

Die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung ist in Österreich geteilt, sie liegt beim Bund, bei den Ländern und Gemeinden sowie bei der Sozialversicherung. Für ein reibungsloses Funktionieren der Gesundheitsversorgung ist es erforderlich, dass die verschiedenen Versorgungssektoren in den verschiedenen Verantwortungsbereichen aufeinander abgestimmt werden und wie ein einheitliches System zusammenarbeiten. Dem entsprechend ist die ganzheitliche Sichtweise in der Versorgungsplanung unverzichtbar.

 

Gerade die Notwendigkeit der ganzheitlichen Sichtweise und die aus Sicht der Patientinnen und Patienten notwendig optimal zu steuernden Versorgungsstrukturen sowie damit verbunden auch der Versorgungsprozesse führte im Jahr 2013 zur Einführung der Zielsteuerung-Gesundheit. Eben diese zuvor angesprochenen verschiedenen Kompetenzen und zahlreichen verschiedenen Zahlungsströme im Gesundheitswesen bargen im Vorfeld die Problematik von Parallelstrukturen, Barrieren an den Schnittstellen und Effizienzverlusten. Nunmehr stehen im Mittelpunkt der Zielsteuerung-Gesundheit die Patientinnen und Patienten sowie ihre bestmögliche medizinische Behandlung durch eine bessere Abstimmung zwischen dem niedergelassenen Versorgungsbereich und den Krankenanstalten.

 

Allerdings kann den Zielen der Zielsteuerung-Gesundheit nur dann entsprechend Rechnung getragen werden, wenn der von Bund, Ländern und Sozialversicherung in der Bundes-Zielsteuerungskommission beschlossene Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) bzw die in den Landes-Zielsteuerungskommissionen, als Gremien in den Landesgesundheitsfonds bestehend aus jeweiligem Land, Sozialversicherung und Bund, beschlossenen Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) in Teilbereichen einen entsprechenden Verbindlichkeitsgrad erhalten. Nicht zuletzt führte der Umstand, dass der ÖSG bzw RSG allein bisher als qualifiziertes Sachverständigengutachten anzusehen war und darüber hinaus keine Wirkung entfaltete, für die Rechtsanwenderinnen und -anwender zu erheblichen Schwierigkeiten, mit denen sich der Verfassungsgerichtshof in den letzten Jahren immer wieder befasst hat.

 

Das nunmehrige von Bund und Ländern im Rahmen einer Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG festgelegte Konzept, in dem sich die Vertragspartner über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches verständigen, sieht unter den oben genannten Aspekten und als Beitrag zur Rechtssicherheit der Rechtsunterworfenen nunmehr folgenden Prozess für die Planung und Steuerung vor:

 

Der ÖSG bzw RSG basiert einerseits auf dem Bundesgesetz zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (G-ZG; BGBl I Nr 26/2017), andererseits auf den zwischen dem Bund und allen Bundesländern getroffenen Vereinbarungen gemäß Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens (BGBl I Nr 98/2017) sowie Zielsteuerung-Gesundheit (BGBl I Nr 97/2017). Zur Verbesserung der Transparenz wird die aktuelle Fassung des ÖSG sowohl im Rechtsinformationssystem des Bundes als auch auf der Webseite des Gesundheitsressorts veröffentlicht. Die aktuelle Fassung des RSG wird ebenfalls im Rechtsinformationssystem des Bundes veröffentlicht sowie in Entsprechung von Art5 Abs8 der Vereinbarung gem. Art15a B‑VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens in den Ländern selbst.

 

Wie erwähnt hat der ÖSG selbst die Qualität eines Sachverständigengutachtens und stellt einen gemeinsamen österreichweiten Rahmenplan dar, den der Bund, alle Länder und die Sozialversicherung gemeinsam in der Bundes-Zielsteuerungskommission (B-ZK), dem Entscheidungsgremium der Bundesgesundheitsagentur, beschließen. Damit wird ungeachtet der geteilten Verantwortlichkeit ein gemeinsames Bild über die Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems geschaffen. Basierend auf dieser bundesweiten Regelung wird sodann in den Bundesländern in den Landes-Zielsteuerungskommissionen (L-ZK), als Gremium bestehend aus Land, Sozialversicherung und Bund in den Landesgesundheitsfonds, der Regionale Strukturplan Gesundheit für das jeweilige Bundesland beschlossen.

 

Zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten, qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung ist es im öffentlichen Interesse, jene für die nachhaltige Versorgung der Bevölkerung unerlässlichen Teile des ÖSG bzw RSG verbindlich zu machen. Dementsprechend sieht §23 G-ZG vor, dass einvernehmlich in der B-ZK als normativ gekennzeichnete Teile des ÖSG bzw einvernehmlich in der L-ZK als normativ gekennzeichnete Teile des RSG als verbindlich festgelegt und durch Verordnung kundgemacht werden. Um eine umfassende und integrative Planung des österreichischen Gesundheitswesens im Rahmen der kompetenz- und verfassungsrechtlichen Gegebenheiten umzusetzen, wurde zur Sicherstellung, dass diese Verordnungen abgestimmte Vorgaben sowohl für den niedergelassenen Bereich als auch für den Krankenanstaltenbereich enthalten, die nicht gewinnorientierte Gesundheitsplanungs GmbH eingerichtet und seitens des Bundes und der Länder mit der Erlassung von Verordnungen beliehen.

 

Aufgabe dieser GmbH ist laut §2 des Gesellschaftsvertrages demzufolge die Erlassung von Verordnungen gemäß §23 Abs1, Abs2, Abs4 und Abs5 G-ZG einschließlich der dafür vorgesehenen Begutachtungsverfahren, mit denen die von der B-ZK nach §23 Abs1 G-ZG ausgewiesenen Teile des ÖSG bzw von der jeweiligen L-ZK nach den landesgesetzlichen Bestimmungen ausgewiesenen Teiles des RSG für verbindlich erklärt werden, und die Kundmachung dieser Verordnungen im RIS.

 

Die B-ZK übermittelt nach Beschlussfassung den durch Verordnung verbindlich zu erklärenden Text des ÖSG samt Erläuterungen an die GmbH. Die GmbH hat hinsichtlich des Inhaltes der von ihr zu erlassenden Verordnungen keinerlei Gestaltungsspielraum (siehe §23 Abs4 und 5 G-ZG). Dasselbe gilt auch für die auf Landesebene durch die L-ZK als verbindlich zu kennzeichnenden Teile des RSG.

Der ÖSG bzw RSG ist ein objektiviertes Sachverständigengutachten ohne direkte Bindungswirkung, dessen Verbindlichmachung vor 2017 nicht vorgesehen war. Schrattbauer bot im Jahr 2016 – also vor der Festlegung der Verbindlicherklärung – eine Übersicht über die damaligen bestehenden offenen rechtlichen Fragen und hielt dazu fest, dass die Idee – quasi über den Weg der Selbstbindung der in den Steuerungsprozess involvierten Akteure – zu einer einheitlichen Vorgangsweise zu finden, zwar prima facie als geeignete Ersatzlösung für klare gesetzliche Steuerungsvorgaben erscheine. Dies sei aber problematisch, wenn damit die Erwartung einer Rechtsverbindlichkeit der getroffenen Vereinbarung auch gegenüber Dritten verbunden sei. Das Problem der Kompetenzzersplitterung im Gesundheitswesen könne aber über derartige Konstruktionen nicht ohne weiteres gelöst werden, dies zeige das Bestehen verfassungsrechtlicher Fragen, die die gewählte Vorgangsweise aufwerfe, wenn es um Optionen der Schaffung einer Außenwirksamkeit und Rechtsverbindlichkeit der vereinbarten Planungen gegenüber Dritten gehe (Schrattbauer, Rechtsnatur und rechtliche Verbindlichkeit der Strukturpläne im Gesundheitswesen, SozSi 2016, 168 [179]). Die in diesem Beitrag dargelegten rechtlichen Unklarheiten wurden durch die Möglichkeit der Verbindlicherklärung von Teilen der Planungsinstrumente größtenteils beseitigt und eine jahrelange Diskussion um deren rechtliche Verbindlichkeit beendet.

 

Die nunmehr geschaffene Möglichkeit der Verbindlichmachung von Planungsgrundlagen bzw Planungsvorgaben hat einerseits die Rechtssicherheit und -klarheit sowohl für Behörden als auch für Bewilligungswerber deutlich erhöht, andererseits besteht nunmehr auch eine Rechtsschutzmöglichkeit, da es durch die gewählte Verordnungslösung erstmals möglich ist, deren fachlichen Inhalt durch den Verfassungsgerichtshof überprüfen zu lassen (was im vorliegenden Verfahren allerdings nicht gegenständlich ist). Darüber hinaus können nur so für sämtliche Versorgungsbereiche eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung auf hohem Qualitätsniveau gewährleistet und Versorgungslücken verhindert werden.

 

B. Zu den einzelnen Beschwerdepunkten

 

1) Zum behaupteten Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot des Art7 B‑VG

 

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind dem Bund und den Ländern jeweils eigene, voneinander getrennte Vollziehungsbereiche zugewiesen (vgl zB VfSlg 1030/1928, 2420/1952, 2555/1953, 3362/1958 und 15.986/2000). Aus diesem Grundsatz der 'Trennung der Vollziehungsbereiche [...] mit einer entsprechenden Trennung der Vollziehungsorgane' hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 4413/1963 abgeleitet, dass die Übertragung von Vollziehungsaufgaben an Organe eines anderen Vollziehungsbereiches unzulässig sei; im konkreten Fall ging es um die Übertragung von Vollziehungsaufgaben des Bundes an die gemäß Art11 Abs1 Z2 B‑VG eingerichteten Ärztekammern in den Ländern, somit an Körperschaften des öffentlichen Rechts, die 'im Rahmen der Landesvollziehung eingerichtet sind'.

 

Ausnahmen von diesem Grundsatz der 'Trennung der Vollziehungsbereiche' bestehen nur insoweit, als sie verfassungsrechtlich vorgesehen sind (vgl zB VfSlg 1030/1928, 4413/1963, 9536/1982 und 15.986/2000; Lanner, Kodex Verfassungsrecht48, 2020, Anm. 1 zu Art2 B‑VG).

 

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist es aber grundsätzlich zulässig – und damit abweichend von den im B‑VG vorgesehenen Vollziehungsmodellen − private Rechtsträger mit hoheitlichen Aufgaben zu betrauen, sofern bestimmte, in der Rechtsprechung entwickelte Vorgaben eingehalten werden. Dazu zählen die Einhaltung des verfassungsrechtlichen Effizienzgebots, die bloße Übertragung 'einzelner Aufgaben', die darüber hinaus nicht in den 'Kernbereich' der staatlichen Verwaltung fallen, die Notwendigkeit der Unterstellung des Beliehenen unter die Leitungsbefugnis der obersten Organe sowie die Beachtung des aus dem Gleichheitssatz ableitbaren Sachlichkeitsgebotes (vgl ua VfSlg 14.473/1996).

 

Das antragstellende Gericht bringt vor, die Beleihung der Gesundheitsplanungs GmbH rein zum Zweck der Verbindlicherklärung von Teilen des ÖSG und des RSG, welche vorab von einer anderen Stelle definiert wurden, erwecke den Anschein einer Konstruktion zur Umgehung der Kompetenzverteilung und verstoße daher gegen das Sachlichkeitsgebot.

 

Dazu ist auszuführen, dass für die Frage der Kompetenzmäßigkeit oder Kompetenzwidrigkeit eines Aktes der Gesetzgebung das Sachlichkeitsgebot keinen Prüfungsmaßstab bildet, sondern diese ausschließlich vor dem Hintergrund der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung zu beurteilen ist. Eine der Kompetenzverteilung widersprechende Bestimmung hat nicht zwangsläufig deren Unsachlichkeit zur Folge.

 

Die vom antragstellenden Gericht gerügte Konstruktion ist vor dem Hintergrund der zur Optimierung der Planung im Bereich des Gesundheitssektors kompetenzrechtlichen Situation zu bewerten: Auf Grund der kompetenzrechtlichen Zersplitterung auf dem Gebiet der Gesundheitsversorgung, deren Vereinheitlichung bisher nicht realisiert wurde (durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 14/2019 wurden zwar einige Kompetenztatbestände des Kompetenztypus der Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung 'verbundlicht' oder 'verländert', in Bezug auf das Krankenanstaltenwesen wurden jedoch keine Änderungen vorgenommen), konnte das Ziel einer gesamthaften Planung, welche sowohl den intramuralen als auch den extramuralen Bereich miteinbezieht, auf der Grundlage der bestehenden Verfassungsrechtslage auf keinem anderen Weg verwirklicht werden.

 

Zwar ist mit dem antragstellenden Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass durch die gewählte Konstruktion die Kompetenzverteilung 'umgangen' wird; bei näherer Betrachtung ist allerdings davon auszugehen, dass eine solche 'Umgehung' der Kompetenzverteilung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Ausgliederungen und Beleihungen selbst innewohnt (vgl der Sache nach – allerdings ablehnend – Wielinger, BVG ÄmterLReg, §8/5 lita und b ÜG 1920, in Korinek/Holoubek ua [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Kommentar, 10. Lfg., 2011, Rz. 17 ff).

 

2) Zur behaupteten mangelnden Leitungs- und Steuerungsfunktion der obersten Organe

 

Aufgaben der hoheitlich zu besorgenden Verwaltung dürfen – von der Selbstverwaltung abgesehen − nur dann auf außerhalb der Verwaltungsorganisation stehende Rechtsträger übertragen werden, wenn den dem Nationalrat bzw dem jeweiligen Landtag politisch und rechtlich verantwortlichen obersten Organen die Möglichkeit zukommt, die Besorgung der ausgegliederten Verwaltungsaufgaben mittels Weisung steuern zu können (vgl dazu Korinek, Staatsrechtliche Bedingungen und Grenzen der Ausgliederung und Beleihung, ÖZW 2002, 46). Mehrfach hat der Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang davon gesprochen, dass diese Leitungs- und Steuerungsbefugnisse effektiv sein müssen (vgl ua VfSlg 16.400/2001 und 17.421/2004); ua kommt es hier darauf an, dass die Beachtung allfälliger Weisungen durchgesetzt werden kann (vgl VfSlg 15.946/2000) und dass eine 'direkte Steuerungsbefugnis hinsichtlich des Personals' (VfSlg 16.400/2001) besteht.

 

Das antragstellende Gericht führt aus, es sei im konkreten Fall unklar, wer wem gegenüber weisungsberechtigt bzw weisungsgebunden sei. §23 Abs7 und 8 Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz – G-ZG, BGBl I Nr 26/2017, lasse mehrere Deutungen zu: Verstehe man die dort normierten Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse umfassend, dann würde dem zuständigen Bundesminister bzw den Landesregierungen auch in jeweils kompetenzfremden Angelegenheiten eine Weisungsbefugnis zukommen, was dem Grundsatz der Trennung der Kompetenzbereiche widersprechen würde. Verstehe man es hingegen so, dass der Bundesminister nur den Vertretern des Bundes gegenüber, die Landesregierungen nur den Landesvertretern gegenüber weisungsberechtigt seien, wäre die Steuerungsbefugnis nicht effektiv. Darüber hinaus sei unklar, auf welche Organe der GmbH (alle Organe der GmbH, alle Gesellschafter) sich die Weisungsbefugnis beziehe.

 

Gemäß §23 Abs7 G-ZG unterliegt 'die Tätigkeit der Gesellschaft', insoweit Angelegenheiten des Art10 B‑VG berührt sind, der Aufsicht des zuständigen Bundesministers. Die Gesellschaft ist bei der Besorgung der ihr diesbezüglich zukommenden Aufgaben an dessen Weisungen gebunden und auf dessen Verlangen zur jederzeitigen Information verpflichtet.

 

Die Angelegenheiten des Art12 B‑VG betreffend, verpflichtet die Grundsatzbestimmung des §23 Abs8 G-ZG die Landesgesetzgebung ein entsprechendes Weisungs- und Aufsichtsrecht sowie eine Informationspflicht in den jeweiligen Ausführungsgesetzen vorzusehen.

Die den obersten Organen gesetzlich eingeräumten Ingerenzbefugnisse beziehen sich sohin auf 'die Tätigkeit der GmbH', welche in der Verbindlicherklärung von Teilen der in der Bundes-Zielsteuerungskommission oder den Landes-Zielsteuerungskommissionen beschlossenen Planungsinstrumentarien im Gesundheitsbereich besteht (vgl §23 Abs3 erster Satz G-ZG).

Es ergibt sich daher schon aus dem gesetzlichen Wortlaut, wer die weisungsverpflichtete Stelle ist, nämlich 'die Gesellschaft', der als Rechtsträger auch die (angefochtene) zu erlassende Verordnung zuzurechnen ist. Die vom antragstellenden Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage, ob der Bund nur gegenüber Vertretern des Bundes weisungsberechtigt ist, stellt sich demnach von vornherein nicht.

Sofern für die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der angeordneten Weisungsbefugnis die konkrete Organisation der Gesundheitsplanungs GmbH von Relevanz ist, wird dazu Folgendes ausgeführt:

 

Gemäß §6 des Gesellschaftsvertrages vom 29. September 2017 verfügt die Gesellschaft über zwei Organe: Die Generalversammlung und die Geschäftsführung.

 

Gemäß §23 Abs3 G-ZG sind Gesellschafter der Gesundheitsplanungs GmbH der Bund, die Länder und der Dachverband der Sozialversicherungsträger, die jeweils einen Vertreter in die Generalversammlung entsenden (diese hat sohin 11 Mitglieder). Die Beschlussfassung in der Generalversammlung hat einstimmig zu erfolgen (vgl dazu auch §9 Abs1 der Geschäfts- und Verfahrensordnung der Gesundheitsplanungs GmbH). Zur Beschlussfähigkeit ist die Anwesenheit von allen Mitgliedern der Generalversammlung notwendig (vgl §8 Abs1 der Geschäfts- und Verfahrensordnung).

 

Die Geschäftsführung – bestehend aus einem Geschäftsführer und zwei Stellvertretern – wird durch Beschluss der Generalversammlung bestellt (vgl §23 Abs3 G-ZG). Diese Bestellung kann gemäß §16 Abs1 des GmbH-Gesetzes – GmbHG, RGBl. Nr 58/1906, durch Beschluss der Gesellschafter jederzeit widerrufen werden. Gemäß §4 Z2 der Geschäfts- und Verfahrensordnung kann jeder Gesellschafter die Einberufung einer außerordentlichen Sitzung der Generalversammlung – ua zur Abberufung des Geschäftsführers − vom Geschäftsführer verlangen.

 

Die Haupttätigkeit der GmbH ist dem Geschäftsführer übertragen: Ihm kommt – nach Durchführung des Begutachtungsverfahrens – die Aufgabe zu, den jeweiligen Verordnungsentwurf zu unterzeichnen und diesen als Verordnung der GmbH im RIS kundzumachen (vgl §1 Z1 litb, §3 der Geschäfts- und Verfahrensordnung). Dabei unterliegt er der in §23 Abs7 und 8 G-ZG festgelegten Aufsicht der jeweiligen obersten Organe (vgl §1 Z3 der Geschäfts- und Verfahrensordnung).

 

Aus der dargestellten Rechtslage ergibt sich, dass für effektive Ingerenzbefugnisse der obersten Organe des Bundes bzw der Länder in personeller Hinsicht Vorsorge getroffen wurde: Die Bestellung des Geschäftsführers der GmbH, welcher für die Erlassung sowie die Kundmachung der Verordnungen im Namen der GmbH zuständig ist, erfolgt durch die Generalversammlung im Wege eines einstimmig zu fassenden Beschlusses, welcher nur in Anwesenheit aller Mitglieder der Generalversammlung getroffen werden kann. Auch die Abberufung des Geschäftsführers erfolgt durch Beschluss der Generalsversammlung. Dessen Mitglieder wiederum sind an die Weisungen der obersten Organe – entsprechend des jeweils betroffenen Kompetenzbereichs – gebunden.

 

Der Geschäftsführer wiederum unterliegt gemäß §1 Z3 der Geschäfts- und Verfahrensordnung bei der Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgaben der Aufsicht der kompetenzrechtlich jeweils zuständigen obersten Organe. Die Nichtbeachtung einer im Rahmen dieser Aufsicht allfällig erteilten Weisung kann mit der Abberufung des Geschäftsführers per Gesellschafterbeschluss auch entsprechend sanktioniert werden.

 

Die Behauptung des antragstellenden Gerichts, es sei unklar, welche Organe der Gesellschaft weisungsgebunden seien, trifft sohin nicht zu: Sowohl die jeweiligen Vertreter in der Generalversammlung als auch der Geschäftsführer und seine Stellvertreter sind im Rahmen ihres Wirkungsbereiches weisungsgebunden. Die Geschäftsführung ist wiederum insofern von der Generalversammlung 'abhängig', als ihre Bestellung eines einstimmigen Beschlusses der Generalsversammlung bedarf und sie per Beschluss der Generalversammlung auch wieder abberufen werden kann.

 

Soweit das antragstellende Verwaltungsgericht – der Sache nach – die Auffassung vertritt, dass die vorgesehenen Weisungsbefugnisse der obersten Bundes- und Landesorgane deshalb ineffektiv seien, weil die weisungsbefugten Organe einander widersprechende Weisungen erteilen könnten, die gleichzeitigt nicht befolgt werden könnten, so ist darauf hinzuweisen, dass es immer der Fall sein kann, dass ein weisungsverpflichtetes Organ eine Weisung nicht befolgt. Die alleinige Möglichkeit, dass eine Weisung nicht befolgt wird, lässt aber Weisungsbefugnisse nicht per se als ineffektiv erscheinen. (Im vorliegenden Fall ist im Hinblick auf die Tätigkeit der Gesellschaft, die sich auf die Kundmachung von Verordnungen beschränkt, von divergierenden Weisungen von Organen des Bundes und der Länder praktisch auch nicht auszugehen.)

 

3) Zum behaupteten Verstoß gegen Art102 und Art97 Abs2 B‑VG

 

Das antragstellende Gericht geht davon aus, dass es der Zustimmung der Länder gemäß Art102 B‑VG bedarf, wenn Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung von anderen Behörden als dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden vollzogen werden sollen; dies gelte auch wenn solche Angelegenheiten von Privaten vollzogen werden. Unter Zugrundelegung dieser Annahme, geht es in seinem Antrag davon aus, dass der Landeshauptmann im Rahmen des in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehenden 'Gesundheitswesens' (Art10 Abs1 Z12 B‑VG) mittels der gewählten Konstruktion umgangen werde, zumal die Länder ihre Zustimmung gemäß Art102 Abs4 B‑VG zu einer Vollziehung in unmittelbarer Bundesverwaltung durch Bundesbehörden nicht erteilt hätten. Da es sich bei der Gesundheitsplanungs GmbH um eine 'Bundesbehörde' handle, fehle es auch soweit Angelegenheiten des Art12 B‑VG betroffen sind, an der Zustimmung der Bundesregierung gemäß §97 Abs2 B‑VG.

 

Angelegenheiten des 'Gesundheitswesens' gemäß Art10 Abs1 Z12 B‑VG sind in Art102 Abs2 B‑VG nicht genannt und daher in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen. Gemäß Art102 Abs1 B‑VG wird die mittelbare Bundesverwaltung durch den Landeshauptmann und die ihm unterstellten Behörden ausgeübt. Als die dem Landeshauptmann unterstellten Behörden kommen ausschließlich die Bezirksverwaltungsbehörden (bzw die Städte mit eigenem Statut) in Betracht (§8 Abs5 litb ÜG 1920). Grundsätzlich kann daher (lediglich) eine Zuständigkeit (des Bundesministers,) des Landeshauptmanns oder der Bezirksverwaltungsbehörden vorgesehen werden.

 

Art102 Abs1 und 4 B‑VG ermöglicht allerdings ein Abgehen von dem in Art102 Abs1 B‑VG vorgesehenen Modell der mittelbaren Vollziehung: Durch Bundesgesetz kann angeordnet werden, dass die Vollziehung in den Angelegenheiten des 'Gesundheitswesens' durch im Vollziehungsbereich des Bundes eingerichtete Behörden besorgt wird. Entsprechende Gesetzesbeschlüsse dürfen jedoch nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden (vgl VfGH 13.3.2019, G242/2018).

 

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist es grundsätzlich zulässig, abweichend von den im B‑VG vorgesehenen Vollziehungsmodellen private Rechtsträger mit der Vollziehung zu betrauen. Diese werden im Fall einer Beleihung im eigenen Namen tätig.

 

Auch im Fall der Beleihung (nicht anders im Fall der mittelbaren Bundesverwaltung) würde die Vollziehung auf dem Gebiet des 'Gesundheitswesens' eine (funktionelle) 'Vollziehung des Bundes' darstellen. Da diese nicht durch den Landeshauptmann und die ihm unterstellten Behörden iSv. Art102 Abs1 B‑VG erfolgen würde, ist fraglich, ob vor dem Hintergrund der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit des Art102 B‑VG auf die Übertragung staatlicher Aufgaben auf Selbstverwaltungs-körper auch von einer Anwendung dieser Bestimmung (und jener des Art97 Abs2 B‑VG) auf Beleihungskonstruktionen auszugehen ist.

 

Vor dem Hintergrund seines Erkenntnisses, VfSlg 17.421/2004, betreffend die Gebühreninkasso Service GmbH, ist allerdings davon auszugehen, dass der Verfassungsgerichtshof implizit die Auffassung vertreten dürfte, dass Beliehene nicht als in einem bestimmten Vollziehungsbereich eingerichtete Behörden anzusehen sind und sich sohin die Frage der Trennung der Vollziehungsbereiche gar nicht stellt (siehe Mayr, Organisationsrechtliche Fragen einer einzigen nationalen Akkreditierungsstelle, in Lienbacher/Wielinger [Hrsg.] Öffentliches Recht. Jahrbuch 2010, 2010, 93 [102 f]; Pürgy, Die Mitwirkung von Beliehenen des Bundes an der Landesvollziehung, ZfV 2011, 745 [746 f, 753]).

 

Auch wenn man davon ausgeht, dass Beliehene keinem Vollziehungsbereich zuordenbar sind, könnte Art102 B‑VG auf Beleihungskonstruktionen trotzdem anwendbar sein. Zwar können Beliehene organisatorisch nicht als 'Bundesbehörden' im Sinn dieser Bestimmung angesehen werden, doch könnte eine teleologische Interpretation dieser Bestimmung (vgl VfSlg 11.403/1987) zu dem Ergebnis führen, dass Art102 B‑VG die Vollziehung des Bundes, die nicht gemäß Art102 Abs2 B‑VG unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden darf, dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden vorbehält und davon nur mit Zustimmung der Länder abgegangen werden darf (vgl in diese Richtung VfSlg 19.721/2012; ablehnend Jabloner, Bundesminister und mittelbare Bundesverwaltung, FS Walter, 293 [311]). Versteht man Art102 B‑VG allerdings dahin, dass diese Bestimmung die Vollziehung des Bundes, die nicht gemäß Art102 Abs2 B‑VG unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden darf, dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden vorbehält, würde dies bei konsequenter Betrachtung die Auffassung nahelegen, dass Beleihungen in diesen Angelegenheiten generell unzulässig sind. Dies widerspricht jedoch der – überwiegenden – Lehre und der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, wonach Beleihungen zulässig sind.

 

Unter Zugrundelegung dessen ist davon auszugehen, dass die Gesundheitsplanungs GmbH als eine juristische Person des privaten Rechts nicht als 'Bundesorgan' iSd. Art102 B‑VG anzusehen ist und sohin auch die Anwendung des Art97 Abs2 B‑VG ausscheidet. Darüber hinaus ist von einer Übertragung nach Art97 Abs2 B‑VG schon alleine aus diesem Grund nicht auszugehen, weil 'Mitwirkung' im Sinne der genannten Bestimmung lediglich die 'Teilnahme an den im Vollziehungsbereich einer anderen Autorität liegenden Akten' (VfSlg 8466/1978) beinhaltet (vgl dazu ausführlich Sieberer, 'Auslagerung' von Landesaufgaben auf Organe des Bundes (im weiteren Sinn) anhand aktueller Beispiele aus Salzburg, ZfV 2007, 602 [607]; vgl weiters Adamovich/Funk/Holzinger, Österreichisches Staatsrecht, Bd. 2, 1998, Rz. 31.024; Pesendorfer, Art98 B‑VG, in Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar. Bundesverfassungsrecht, 2002, Rz. 12 FN 46; ambivalent dazu Jabloner/Muzak, Art97 Abs2 B‑VG, in Korinek/Holoubek ua [Hrsg.], Österreichisches Bundes-verfassungsrecht. Kommentar, 2000, Rz. 10) wohingegen im vorliegenden Fall von keiner Mitwirkung, sondern einer weitergehenden Aufgabenübertragung an die Gesundheitsplanungs GmbH auszugehen ist.

 

4) Zum behaupteten Verstoß gegen den Trennungsgrundsatz

 

Das antragstellende Gericht bringt vor, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 17.232/2004 lasse den Schluss zu, dass die Grundsatzgesetzgebung die Landesgesetzgebung nicht dazu verpflichten könne, eine bestimmte GmbH zu beleihen, zumal es sich dabei um kein verfassungsrechtlich vorgesehenes Vollziehungsorgan der Länder handle und eine derartige Verpflichtung der Länder auch aus keiner Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG ableitbar sei.

 

Dazu ist zum einen auszuführen, dass die betreffende Grundsatzbestimmung (§23 Abs5 G-ZG) ihrem Wortlaut nach eine derartige Verpflichtung der Länder nicht normiert. Darüber hinaus ist Folgendes zu bemerken: Hat man erkannt, dass ausgegliederte Rechtsträger des privaten Rechts zulässigerweise außerhalb der Verwaltungsorganisation stehen (vgl VfSlg 17.421/2004) und sich sohin die Frage der Trennung der Vollziehungsbereiche zwischen Bundesorganen auf der einen und Landesorganen auf der anderen Seite von Vornherein nicht stellt (vgl dazu die unter 3) getroffenen Ausführungen), so kann konsequenterweise der Ausführungsgesetzgebung auch die Verpflichtung zur Beleihung eines bestimmten Trägers des privaten Rechts überbunden werden.

 

5) Zur Kundmachung der Verordnungen der Gesundheitsplanungs GmbH

 

Das antragstellende Gericht führt aus, §23 Abs6 G-ZG, welche keine Grundsatz-bestimmung sei, sehe die Kundmachung der Verordnungen der Gesundheitsplanungs GmbH im RIS vor. Eine entsprechende Kundmachungsvorschrift sei im Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017, LGBl Nr 10/2018, nicht enthalten. In Angelegenheiten des Art12 B‑VG sei die Bundesgesetzgebung aber nicht befugt, die Kundmachung im RIS (vgl §23 Abs6 G-ZG) anzuordnen.

 

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es grundsätzlich Sache der Materiengesetzgebung, die Art und Weise der Publikation einer Verordnung zu regeln. Subsidiär kann sich die Art der Kundmachung allerdings auch aus organisationsrechtlichen Vorschriften ergeben (VfSlg 10.911/1986).

 

Bei der Regelung der Kundmachung von Verordnungen der Gesundheitsplanungs GmbH handelt es sich weder um eine Angelegenheit des 'Gesundheitswesens' gemäß Art10 Abs1 Z12 B‑VG noch um eine Angelegenheit der 'Heil- und Pflegeanstalten' iSd. Art12 Abs1 Z1 B‑VG.

 

§23 Abs6 G-ZG kann sohin verfassungskonform dahingehend interpretiert werden, dass diese Bestimmung auf Grundlage des Art10 Abs1 Z6 B‑VG ('wirtschaftliches Assoziationswesen') eine sondergesellschaftliche Kundmachungsregel darstellt.

 

6) Zur Erlassung 'gemischter Verordnungen'

 

Das antragstellende Gericht führt aus, dass es fraglich sei, ob die Gesundheitsplanungs GmbH nicht für jeden Vollziehungsbereich eine gesonderte Verordnung erlassen müsse, oder ob es zulässig sei, in ein und demselben Rechtsakt Regelungen zu treffen, die zwei verschiedenen Vollziehungsbereichen zuzuordnen seien. Zudem könnte die Weisungskette durch den janusköpfigen Charakter der Verordnungen der Gesundheitsplanungs GmbH nicht nachvollzogen werden. Der Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche sei daher verletzt.

 

Dazu ist auszuführen, dass die Verletzung des Grundsatzes der Trennung der Vollziehungsbereiche schon alleine aus dem Grund ausscheidet, da dieser Grundsatz auf den Fall der Beleihung einer juristischen Person des Privatrechts keine Anwendung findet (vgl dazu die Ausführungen unter 3)).

 

Im Übrigen wird auf die vom antragstellenden Verwaltungsgericht selbst zitierten Literaturstellen verwiesen, wonach die äußere Erscheinungsform eines Rechtsaktes von dessen inhaltlicher Beurteilung zu unterscheiden ist.

 

Darüber hinaus sei nochmals auf das mit der gewählten Konstruktion verfolgte Ziel der verbindlichen Planungsoptimierung, welche den gesamten Gesundheitssektor miteinbezieht, hingewiesen, welches auf Grund der verfassungsrechtlichen Gegebenheiten auf keinem anderen Weg zu verwirklichen war."

 

1.5. Die Wiener Landesregierung hat ihren Verordnungsakt vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der die Zulässigkeit des Antrages bestritten, den Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien entgegengetreten und die Zurück-, in eventu die Abweisung des Antrages begehrt wird (ohne die Hervorhebungen im Original):

"Im Zuge von zwei Beschwerdeverfahren betreffend die Vorabfeststellung des Bedarfes gemäß §5 Abs1 Wiener Krankenanstaltengesetz 1987- Wr. KAG bzw die Feststellung der Plankonformität des Vorhabens gemäß §5 Abs3a Wr. KAG entstanden beim Verwaltungsgericht Wien Bedenken hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020. Das Verwaltungsgericht Wien stellte daraufhin beim Verfassungsgerichtshof die Anträge, die angeführte Verordnung zur Gänze, in eventu deren §1 Abs1 Z1 sowie Anlage 1, als gesetzwidrig aufzuheben.

 

Das Verwaltungsgericht Wien bringt dazu Folgendes vor:

 

Auf Grund der zersplitterten Kompetenzrechtslage und des Grundsatzes der Trennung der Vollziehungsbereiche sei eine Verbindlicherklärung des Regionalen Strukturplanes Gesundheit Wien (RSG Wien) in den Bereichen des Art10 und 12 Bundes-Verfassungsgesetz (B‑VG) durch eine Stelle nicht möglich. Diese Verbindlicherklärung könnte nur vom jeweils kompetenzrechtlich zuständigen Gesetzgeber im Rahmen des jeweiligen Vollziehungsbereiches vorgesehen werden.

 

Überdies würden die Kriterien, die der Verfassungsgerichtshof für die Beleihung eines Rechtsträgers mit hoheitlichen Aufgaben aufgestellt habe, nicht erfüllt. Die Gesundheitsplanungs GmbH übernehme alleine die Durchführung des Begutachtungsverfahrens und die Verbindlicherklärung des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit (ÖSG) und des Regionalen Strukturplanes Gesundheit (RSG) durch Verordnung. Dabei sei die Gesundheitsplanungs GmbH verpflichtet, die ausgewiesenen Teile dieser Pläne für verbindlich zu erklären. Ihr bleibe kein Spielraum bzw kein Einfluss auf den Inhalt. Es handle sich somit um einen reinen Formalakt. Trotzdem sei dies der für die Bindungswirkung entscheidende Akt, der von einer anderen Stelle nicht gesetzt werden könne. Dies erwecke den Anschein einer reinen Konstruktion zur Umgehung der Kompetenzverteilung und verstoße deshalb gegen das Sachlichkeitsgebot.

 

Ferner sei unklar, was es zu bedeuten habe, dass die Tätigkeit der Gesundheitsplanungs GmbH, insoweit Angelegenheiten nach Art12 B‑VG berührt seien, der Aufsicht und den Weisungen der Landesregierung unterliege. Verstehe man die Weisungsbefugnisse umfassend, hätte beispielsweise die Landesregierung auch gegenüber dem Vertreter des Bundes Weisungsrechte. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Trennung der Vollzugsbereiche.

 

Soll das Weisungsrecht verfassungskonform mit dem Trennungsgrundsatz verstanden werden, so wäre die Steuerungsbefugnis nicht effektiv. Weisungen könnten lediglich zur Verhinderung einer einstimmig zu treffenden Entscheidung in der Generalversammlung führen, nicht jedoch zur Herbeiführung eines bestimmten Inhaltes. Eine effektive Einflussmöglichkeit sei auch deshalb nicht möglich, weil die Pläne Bereiche aus beiden Kompetenzangelegenheiten vermischt regeln. Als Beispiel sei auf die Punkte II.1.11. und 1.12. zu verweisen. Diese enthalten Pläne für den Bereich der niedergelassenen Ärzte und für selbstständige Ambulatorien, welche jedoch unterschiedlichen Kompetenztatbeständen unterliegen.

 

Fraglich sei weiters, ob die in den gesetzlichen Grundlagen der angefochtenen Verordnung vorgesehene verbandsübergreifende Beleihung mit dem Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche vereinbar sei. Durch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei nicht geklärt, ob eine grundsatzgesetzliche Verpflichtung der Betrauung eines genau bezeichneten Rechtsträgers außerhalb der Landesverwaltung zulässig sei. In der Entscheidung VfSlg.17.232/2004 habe der Verfassungsgerichtshof anerkannt, dass Fragen von grundsätzlicher Bedeutung einer für das gesamte Bundesgebiet wirksamen einheitlichen Regelung bedürfen und auch im System des Art12 B‑VG zulässig seien. Der Verfassungsgerichtshof habe damit argumentiert, dass §10a Krankenanstalten-und Kuranstaltengesetz (KaKuG) eine Wiederholung von Inhalten einer 15a‑Vereinbarung enthalte und sich die Bindung nicht erst aus dieser Bestimmung, sondern schon aus der 15a-Vereinbarung ergebe. Daraus könne geschlossen werden, dass die Verpflichtung der Landesgesetzgebung zur Beleihung einer bestimmt bezeichneten GmbH nicht zulässig sei, zumal es sich weder um das Vollziehungsorgan der Länder handle und dies auch nicht Gegenstand einer 15a‑Vereinbarung sei. Die Beleihung einer GmbH sei weder in der 15a‑Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens noch in jener zur Zielsteuerung Gesundheit vorgesehen. Es sei lediglich angeordnet, dass die Bundesgesundheitsagentur bzw der Landesgesundheitsfonds bundes- und landesgesetzlich zu ermächtigen seien, die als normativ gekennzeichneten Teile als verbindlich festzulegen und durch Verordnung kundzumachen.

 

Auf Grund der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit des Art102 B‑VG auf die Übertragung von Aufgaben staatlicher Verwaltung auf Selbstverwaltungskörper sei auch von einer Anwendbarkeit bei der Beleihung auszugehen (so auch VwGH 22.6.2017, A2017/0001). Aus diesem Grund bestünden Bedenken dagegen, dass die Gesundheitsplanungs GmbH in den Angelegenheiten des Gesundheitswesens (Art10 B‑VG) alleine dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister unterstellt sei und damit der Landeshauptmann umgangen werde. Dies wäre nur mit Zustimmung der beteiligten Länder zulässig, die nicht vorliege. Gehe man davon aus, dass die Gesundheitsplanungs GmbH als Bundesbehörde anzusehen sei, fehle es in den Angelegenheiten des Art12 B‑VG an der Zustimmung der Bundesregierung gemäß Art97 Abs2 B‑VG.

 

§23 Abs6 Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz (G-ZG), wonach die Gesundheitsplanungs GmbH die für verbindlich zu erklärenden Teile im Wege einer Verordnung zu erlassen und im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) kundzumachen hätte, sei nicht als Grundsatzbestimmung erlassen worden. Das Wiener Gesundheitsfondsgesetz enthalte keine Kundmachungsvorschriften hinsichtlich der Verordnungen der Gesundheitsplanungs GmbH. Für die Regelung der Art und Weise der Publikation einer Verordnung sei der Materiengesetzgeber zuständig. Der Organisationsgesetzgeber könne subsidiäre Vorschriften erlassen. Ob diese Judikatur auf Beleihungen anzuwenden sei, sei ungeklärt. Gehe man davon aus, sei §23 Abs6 G-ZG als Regelung des Organisationsgesetzgebers aufzufassen (als Bundesgesetzgeber, der gemäß Art10 Abs1 Z6 B‑VG das GmbH‑Gesetz erlassen habe). In den Angelegenheiten des Art12 B‑VG sei diese Anordnung jedenfalls unzulässig. Das RIS werde gemäß §6 Bundesgesetzblattgesetz (BGBlG) vom Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort bereitgestellt. Bei der Kundmachung handle es sich um einen Akt der Vollziehung. Die Mitwirkung eines Bundesministers an der Vollziehung in den Angelegenheiten des Art12 B‑VG sei bundesverfassungsrechtlich nicht vorgesehen. Auch sei eine Mitwirkung oberster Verwaltungsorgane des Bundes gemäß Art97 Abs2 B‑VG nicht zulässig. Dieser Judikatur, die auch auf Beleihungen anzuwenden sei, sei nicht Rechnung getragen worden. Deshalb hege das Verwaltungsgericht dahingehende verfassungsrechtliche Bedenken.

 

Ferner bringt das Verwaltungsgericht vor, dass die Gesundheitsplanungs GmbH bestimmte Teile des RSG für verbindlich zu erklären habe, wobei sich §23 Abs4 G-ZG auf Teile des RSG bezieht, die Angelegenheiten des Art10 B‑VG betreffen, und §10 Abs1 des Wiener Gesundheitsfonds-Gesetzes 2017 als Ausführungsbestimmung zu §23 Abs5 G-ZG (Grundsatzbestimmung) auf jene Teile des RSG, die Angelegenheiten des Art12 B‑VG betreffen. Es sei fraglich, ob in ein- und demselben Rechtsakt Bestimmungen enthalten sein dürfen, die zwei Vollziehungsbereiche betreffen. Die Judikatur, dass bereichsübergreifende Bescheide zulässig seien, sei angesichts der Problematik, dass einzelne Bestimmungen nicht eindeutig einem Vollziehungsbereich zugeordnet werden können, auf die gegenständliche Verordnung nicht übertragbar. Die vorgesehene Weisungskette vom zuständigen Bundesminister in den Angelegenheiten des Art10 B‑VG und zur Landesregierung in den Angelegenheiten des Art12 B‑VG sei nicht nachvollziehbar. Deshalb werde der Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche durch die Erlassung dieser 'gemischten Verordnung' nicht eingehalten.

 

1. Zur Zulässigkeit der Anträge:

 

Das Verwaltungsgericht Wien hat Anträge auf Aufhebung einer Verordnung nach Art139 B‑VG gestellt. Nach §57 Abs1 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (VfGG) muss der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, begehren, dass entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalt nach oder dass bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Anderenfalls ist der Antrag unzulässig. Aus dem letzten Punkt der Anfechtungsschriftsätze ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht Wien sowohl die angefochtene Verordnung als gesetz- bzw verfassungswidrig als auch das zugrunde liegende Gesetz als verfassungswidrig erachtet. Die Anträge, die Inhalt des Anfechtungsbegehrens sind, beziehen sich aber nur auf die Verordnung.

 

Hierzu ist klarzustellen, dass die Errichtung der Gesundheitsplanungs GmbH, das ist jene Stelle, die die angefochtene Verordnung erlassen hat, in §23 G-ZG vorgesehen ist. Diese Bestimmung enthält 8 Absätze, wovon der überwiegende Teil, nämlich die Absätze 1 bis 4 und 6 und 7, unmittelbar anzuwendendes Bundesrecht ist. In diesen Bestimmungen ist im Wesentlichen die Ausweisung der unerlässlichen Teile des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit (ÖSG), der Mechanismus der Herstellung der Verbindlichkeit durch Verordnung seitens der Gesundheitsplanungs GmbH, die Gründung der genannten GmbH, deren Organisation und die Bezeichnung der Aufgaben der GmbH aus Sicht des Bundes geregelt. Genau und ausschließlich dagegen sind die Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien gerichtet.

 

Mit anderen Worten ausgedrückt: In der Anfechtung sind keine Gründe im Einzelnen enthalten, aus denen - alleine - die Gesetzwidrigkeit der Verordnung hervorginge. Es besteht daher eine offenkundige Divergenz zwischen den Anträgen und der Begründung derselben. Das Verwaltungsgericht Wien hätte - unterstellt man jedem Normenprüfungsverfahren das Ziel, eine von Rechts- und Verfassungswidrigkeiten bereinigte Rechtslage zu erreichen - das zu Grunde liegende Bundesgesetz anfechten und dort - im Verfahren gemäß Art140 B‑VG - die hier vorgetragenen Bedenken anbringen müssen (so sinngemäß Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht, Band 2, 1251, Kapitel V C3.1.3.2. erster Absatz, der im Kontext der angefochtenen Enuntiation von einer 'anderen' Rechtsvorschrift spricht). Das Verwaltungsgericht Wien hat hingegen die Anfechtung der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zum Anlass genommen, um in einem dagegen eingeleiteten Verfahren gemäß Art139 B‑VG Normbedenken gegen das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz vorzubringen, ohne dabei klar und deutlich zwischen Normbedenken gegen das Gesetz und Normbedenken gegen die Verordnung zu unterscheiden. Es ist nicht die Aufgabe der Wiener Landesregierung, die Begründung der Anträge des Verwaltungsgerichtes Wien dahingehend zu trennen, ob sich diese nur auf die Verordnung oder auch bzw ausschließlich gegen das der Verordnung zu Grunde liegende Bundesgesetz richten. Weil in der Begründung nicht klar und deutlich ('im einzelnen') Bedenken vorgebracht werden, die sich ausschließlich auf die angefochtene Verordnung beziehen (um die geht es auf Grund der Anträge), sind die zu Grunde liegenden Anträge unzulässig.

 

Bezüglich der Präjudizialität ist im Zusammenhang mit dem Verfahren VfGH ZI. V419/2020 überdies Folgendes auszuführen:

 

Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 15. November 2019, ZI. MA 40-GR-827.995/2019, wurde auf Antrag der [***] gemäß §5 Abs1 Wr. KAG vorab festgestellt, dass an der Änderung der gegenständlichen Krankenanstalt (Erweiterung des Leistungsangebotes) ein Bedarf besteht.

 

Die Möglichkeit, einen Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfes gemäß §5 Abs1 letzter Satz Wr. KAG zu stellen, bezieht sich ausdrücklich nur auf die Voraussetzungen gemäß §5 Abs3 Wr. KAG. Diese Bestimmung sieht vor, dass bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet zu erreichen ist, ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen Regionalen Strukturplanes Gesundheit (RSG) fünf weitere Kriterien (örtliche Verhältnisse, Verkehrsverbindungen, Inanspruchnahme und Auslastung bestehender LeistungsanbieterInnen, durchschnittliche Belastung bestehender LeistungsanbieterInnen sowie die Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw Zahnmedizin) zu berücksichtigen sind.

 

Mit der Novelle LGBl für Wien Nr 10/2018 wurde dem §5 Abs3 Wr. KAG folgender Absatz 3a angefügt, welcher am 10. Februar 2018 in Kraft getreten ist:

 

'Wenn der verfahrensgegenständliche Leistungsumfang in den Verordnungen gemäß §23 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz – G-ZG), BGBl I Nr 26/2017 in der Fassung BGBl I Nr 131/2017, oder §5a Abs1 geregelt ist, ist hinsichtlich des Bedarfs die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen. Die Entscheidung über die Plankonformität des Vorhabens hat mittels Feststellungsbescheid zu erfolgen. Ist das Vorhaben nicht in den genannten Verordnungen geregelt, ist Abs3 sinngemäß anzuwenden.'

 

Die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien (RSG Wien – VO 2019) ist erst nach Erlassung des obgenannten Bescheides der Wiener Landesregierung am 9. Jänner 2020 in Kraft getreten.

 

In Bescheidbeschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten sind zwar Änderungen der Sach- und Rechtslage bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zu berücksichtigen, es erscheint allerdings fraglich, ob die gegenständliche RSG Wien - VO 2019 im genannten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien überhaupt anzuwenden ist, da – wie zuvor ausgeführt –die Vorabfeststellung des Bedarfes gemäß §5 Abs1 letzter Satz Wr. KAG explizit nur auf die Bedarfsprüfung gemäß §5 Abs3 Wr. KAG verweist. Eine Rechtsgrundlage für eine auf Antrag eingeleitete Vorabfeststellung des Bedarfes im Hinblick auf die Plankonformität gemäß §5 Abs3a Wr. KAG ist derzeit im Wr. KAG nicht normiert. Die Plankonformität eines Vorhabens kann nur im Rahmen eines Antrages auf Erteilung der Errichtungsbewilligung gemäß §5 Abs2 Wr. KAG festgestellt werden.

 

Im Hinblick auf den Umstand, dass es sich im gegenständlichen Verfahren um ein Verordnungsprüfungsverfahren handelt und die Wiener Landesregierung selbst in einem Gesetzesprüfungsverfahren im Hinblick auf §63 Abs1 dritter Satz VfGG nur zur Verteidigung eines Landesgesetzes und nicht eines Bundesgesetzes berufen wäre, geht die Wiener Landesregierung im Folgenden nur insoweit auf die gesetzlichen Grundlagen der angefochtenen Verordnung ein, als es im Sachzusammenhang erforderlich ist.

 

2. In inhaltlicher Hinsicht:

 

Zur Beleihung einer Stelle mit Aufgaben der Bundes- und Landesverwaltung und zum Vorwurf, es würde eine 'Mischverordnung' erlassen:

 

Nach der bisherigen Staatenpraxis wurden keine verfassungsrechtlichen Bedenken gesehen, einen außerhalb der Verwaltungspraxis stehenden privaten Rechtsträger sowohl mit Aufgaben der Bundesverwaltung als auch mit solchen der Landesvollziehung zu betrauen. Als Beispiel zu nennen ist die Bestellung ein- und derselben Person zum Forstschutzorgan und zum Jagdschutzorgan [Pürgy, Die Mitwirkung von Beliehenen des Bundes an der Landesvollziehung, ZfV 2011, 745ff., (754)]. Auch der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits mit einer derartigen Konstruktion befasst. Das Erkenntnis VfSlg 17.421/2004 betrifft die GIS Gebühren Info Service GmbH (Kurz: GIS GmbH), die bundesgesetzlich als Kapitalgesellschaft eingerichtet und sowohl mit Aufgaben der Bundes- als auch der Landesverwaltung beliehen ist. So obliegt der GIS GmbH in Wien etwa die hoheitliche Einhebung des Kulturförderungsbeitrages (§6 Abs1 Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000). Der Verfassungsgerichtshof hat diese Konstruktion nun im genannten Erkenntnis nicht etwa deshalb aufgehoben, weil die Doppelfunktion als für den Bund und für die Länder tätige Gesellschaft als verfassungswidrig angesehen wurde, sondern aus hier nicht näher relevanten anderen Gründen. Mit dieser Entscheidung hat der Verfassungsgerichtshof die Zulässigkeit einer solchen Konstruktion implizit anerkannt [Mayr, Jahrbuch öffentliches Recht 2010,102; Pürgy, aaO, ZfV 2011, 746f und 754 sowie Baumgartner, Die Verbindlicherklärung von Strukturplänen durch die Gesundheitsplanungs GmbH ZfV, 3/2018, 255ff (264)]. Ausgehend davon ist die hier in Rede stehende Konstruktion einer GmbH, die Pläne im Bereich des Art10 B‑VG einerseits und im Bereich des Art12 B‑VG andererseits jeweils durch Verordnung für verbindlich erklären soll, verfassungsrechtlich zulässig.

 

Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass die GmbH nach dem Wortlaut der Absätze 4 und 5 des §23 G-ZG dazu befugt ist, in beiden Wirkungsbereichen – also sowohl im Bereich der Bundesverwaltung als auch im Bereich der Landesverwaltung – Verordnungen zu erlassen. Dementsprechend agiert die Gesundheitsplanungs GmbH bei der Erlassung von Bundesverordnungen funktionell als Bundesorgan und bei der Erlassung von Landesverordnungen funktionell als Landesorgan (Baumgartner, aaO, ZfV, 263). Dies ist verfassungsrechtlich zulässig.

 

Zum Vorwurf, die Erlassung der Verordnung sei ein reiner Formalakt und gebe der GmbH keine Einflussmöglichkeit:

 

Die genannte GmbH ist gemäß §23 Abs4 G-ZG in den Angelegenheiten des Art10 B‑VG verpflichtet, die von den Zielsteuerungskommissionen ausgewiesenen Teile der Strukturpläne für verbindlich zu erklären. Das gleiche gilt in Bezug auf die Angelegenheiten des Art12 B‑VG. §23 Abs5 GZ-G lautet:

 

'(Grundsatzbestimmung) Insoweit die ausgewiesenen Teile des ÖSG und der jeweiligen RSG Anglegenheiten des Art12 B‑VG betreffen, ist durch die Landesgesetzgebung vorzusehen, dass die Gesundheitsplanungs GmbH diese Teile ebenfalls durch Verordnung für verbindlich erklärt.'

 

Auch diese Bestimmung ist nach Auffassung der Wiener Landesregierung als unbedingte Verpflichtung zu lesen, da nicht angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber je nach kompetenzrechtlicher Zuordnung einmal eine Verpflichtung und einmal keine solche festgelegt haben wollte (Baumgartner, aaO, ZfV, 260, FN 54). Diese Verpflichtung ist tatsächlich mit keiner Gestaltungsmöglichkeit verbunden. Dass ein Bundes- oder Landesorgan von einer anderen Stelle festgelegte Inhalte für verbindlich erklärt, ist entgegen den Annahmen des Verwaltungsgerichtes Wien verfassungsrechtlich nicht bedenklich, sondern findet sich vielmehr auch in anderen Zusammenhängen in der Rechtsordnung (siehe die lntimation von Bescheiden des Bundespräsidenten sowie die Verbindlicherklärung von Önormen nach §9 Normengesetz 2016).

 

Zum Vorwurf der Umgehung der Kompetenzverteilung und des Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes:

 

Aus dem §18 Abs1 bis 3 G-ZG geht hervor, dass die integrative Planung des österreichischen Gesundheitswesens der effizienten Gesundheitsversorgung der österreichischen Bevölkerung dienen soll und daher ohne Zweifel im öffentlichen Interesse gelegen ist. In den Erläuterungen zu den §§22 und 23 G-ZG (GP XXV, RV 1333) ist unter anderem Folgendes ausgeführt (Hervorhebungen nicht im Original):

 

'Um eine umfassende und integrative Planung des österreichischen Gesundheitswesens im Rahmen der kompetenz- und verfassungsrechtlichen Gegebenheiten umzusetzen, wird zur Sicherstellung, dass diese Verordnungen abgestimmte Vorgaben sowohl für den niedergelassenen Bereich als auch für den Krankenanstaltenbereich enthalten, die Einrichtung einer nicht gewinnorientierten GmbH vorgesehen, die seitens des Bundes und der Länder mit der Erlassung dieser Verordnungen beliehen wird. Diese Verordnungen ersetzen jedoch nicht die Notwendigkeit, dass zwischen den Gesamtvertragspartnern auch weiterhin zur vertragsrechtlichen Umsetzung Stellenpläne zu verhandeln sind.'

 

Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass der Bundesgesetzgeber bemüht war, für das von ihm verfolgte Ziel einer integrativen Planung eine verfassungskonforme Lösung zu erreichen. Es ist nicht ersichtlich, warum dies unsachlich sein soll. Vielmehr spricht es für die gewählte Konstruktion, wenn diese das angestrebte öffentliche Interesse möglichst einfach und effizient umsetzen soll. Für die Sachlichkeit des Inhaltes der Verordnungen spricht ferner der Umstand, dass die zu erlassenden Verordnungen auf einer zwischen allen Akteuren ausverhandelten vertraglichen Basis beruhen. Dies zieht die Vermutung der Sachlichkeit nach sich (VfSlgen. 12.505/1990, 12.784/1991, 12.832/1991 u. a.).

 

Zum Vorwurf der fehlenden Nachvollziehbarkeit der Weisungskette und der fehlenden umfassenden und effektiven Steuerungsmöglichkeit:

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes wirkt das Weisungsprinzip des Art20 Abs1 B‑VG nur innerhalb der Verwaltung. In Fällen der Ausübung von Hoheitsgewalt durch außerhalb der Verwaltung stehender Rechtsträger wirkt Art20 Abs1 B‑VG als Gebot an den einfachen Gesetzgeber, die Rechtslage so zu gestalten, dass dem jeweils obersten Organ eine effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion zukommt (VfSlg 15.946/2000, 16.400/2001). Auf Grund dieser Rechtsprechung hat der Wiener Landesgesetzgeber in §10 Abs3 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 vorgesehen, dass die Tätigkeit der Gesundheitsplanungs GmbH, insoweit Angelegenheiten des Art.12 B‑VG berührt sind, der Aufsicht und den Weisungen der Landesregierung unterliegt. Die Gesundheitsplanungs GmbH ist auf Verlangen der Landesregierung zur jederzeitigen Information verpflichtet. Der Wiener Landesgesetzgeber ist damit seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zur expliziten Anordnung von Weisungsrechten voll und ganz nachgekommen.

 

§23 Abs3 dritter Satz G-ZG sieht nun vor, dass die Gesellschafter der Gesundheitsplanungs GmbH der Bund, die Länder und der Dachverband der Sozialversicherungsträger sind, die jeweils einen Vertreter in die Generalversammlung entsenden. Die Beschlussfassung in der Generalversammlung erfolgt einstimmig. §10 Abs3 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 ist auf Grund seines öffentlich-rechtlichen Charakters so zu verstehen, dass die darin enthaltene Anordnung unabhängig vom Willen der Gesellschafter einer GmbH gilt. Dies bedeutet, dass alle Organe der Gesellschaft, soweit sie Adressat einer Weisung der Wiener Landesregierung sind, bereits ex lege zur Umsetzung der Weisung gesetzlich verpflichtet sind.

 

In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass ausschließlich ausverhandelte Inhalte in die Verordnungen einfließen. Wenn daher die Gesellschaft gesetzwidrig andere Inhalte als diese verbindlich erklärt oder im Einzelfall Weisungen nicht befolgt, würden die Gesellschafter (das sind gemäß §23 Abs3 G-ZG der Bund, die Länder und der Dachverband der Sozialversicherungsträger) natürlich sofort geeignete Maßnahmen treffen, die letztlich bis zur Abberufung der betreffenden Organe reichen können.

 

Zur behaupteten kompetenzrechtlichen Vermischung der Inhalte der Pläne:

 

Dieser Vorwurf trifft nicht zu. Die gesetzlichen Grundlagen in §23 G-ZG unterscheiden zwischen jenen Inhalten der Strukturpläne, die Angelegenheiten des Art10 B‑VG betreffen und jenen, die dem Art12 B‑VG unterliegen. Diese Trennung lässt sich auch legistisch einwandfrei nachvollziehen: §23 Abs4 G-ZG bezieht sich auf die Angelegenheiten der niedergelassenen Ärzte, das sind Angelegenheiten des Bundes nach Art10 Abs1 Z12 B‑VG und enthält aus diesem Grund unmittelbar anwendbares Bundesrecht. §23 Abs5 G-ZG hingegen ist eine Anordnung an den Landesgesetzgeber betreffend den stationären Bereich der Krankenanstalten und erfasst somit Inhalte, die dem Art12 B‑VG unterliegen.

 

In diesem Zusammenhang ist noch anzumerken, dass auch die Aufsicht und die Weisung gesetzlich getrennt geregelt sind. Soweit Angelegenheiten des Art10 B‑VG berührt werden, unterliegt die Tätigkeit der GmbH gemäß §23 Abs7 G-ZG der Aufsicht und dem Weisungsrecht des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers. Soweit Angelegenheiten des Art12 B‑VG betroffen sind, kommt das Aufsichtsrecht samt Weisungsbefugnis gemäß der Grundsatzbestimmung in §23 Abs8 G-ZG der Landesregierung zu (Baumgartner, aaO, ZfV, 256).

 

Zur Umgehung des Landeshauptmannes und der fehlenden Einholung der Zustimmung der Länder:

 

Nach Art102 Abs1 B‑VG obliegt im Bereich der Länder die Vollziehung des Bundes dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Landesbehörden (mittelbare Bundesverwaltung). Gemäß Art102 Abs4 B‑VG ist die Errichtung eigener Bundesbehörden für andere als in Art102 Abs2 B‑VG genannte Angelegenheiten nur mit Zustimmung der beteiligten Länder zulässig. Nach den Ausführungen im Prüfungsbeschluss zur Entscheidung VfSlg 19.728/2012 ist anzunehmen, dass Art102 Abs4 B‑VG auch auf die Übertragung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung auf Private anzuwenden ist.

 

Der Verfassungsgerichtshof führte Folgendes aus:

 

'Bei Prüfung eines Gesetzes hat der Verfassungsgerichtshof jede Phase seiner Entstehung zu prüfen (vgl etwa VfSlg 19.123/2010), daher auch eine nach Art102 Abs4 B‑VG erforderliche Zustimmung der Länder. Es wird im Gesetzesprüfungsverfahren zu klären sein, ob die folgende Annahme zutrifft und ob Art102 B‑VG auch im Falle der Übertragung staatlicher Aufgaben auf Private zum Tragen kommt bzw ob die Zustimmung der Länder zu den in Prüfung gezogenen Bestimmungen eingeholt wurde oder nicht.'

 

In der letztlich ergangenen Entscheidung hat der Verfassungsgerichtshof diese Frage dahingestellt gelassen. Unter der Annahme, dass das Bedenken des Verfassungsgerichthofes im gegenständlichen Sachzusammenhang - die Gesundheitsplanungs GmbH ist eine Gesellschaft des Privatrechtes - zutrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die dem Konzept des §23 G-ZG zu Grunde liegende Idee der integrativen Gesundheitsplanung dem Bund und allen Ländern bereits seit 2013 ein dringendes Anliegen ist. In diesem Jahr wurde die erste Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG mit dem Titel 'Zielsteuerung - Gesundheit' abgeschlossen (BGBl I Nr 200/2013). Gegenstand der Vereinbarung BGBl Nr 97/2017 ist die Fortführung und Weiterentwicklung der bereits eingerichteten integrativen partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (siehe Art1 Abs1 dieser Vereinbarung). Auch an dieser Vereinbarung gemäß Art15a B‑VG haben alle Länder teilgenommen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Bundesgesetzgeber für die Umsetzung der integrativen Gesundheitsplanung im §23 G-ZG von der Zustimmung aller Länder ausgehen konnte.

 

Dazu kommt, dass der Bundesgesetzgeber nach Art12 Abs1 Z1 B‑VG über die Kompetenz zur Erlassung von Grundsatzgesetzen in den Angelegenheiten der Heil- und Pflegeanstalten verfügt. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist der Bundesgesetzgeber im Rahmen seiner Kompetenz zur Erlassung von Grundsatzgesetzen befugt, Regelungen zu erlassen, die Fragen von grundsätzlicher Bedeutung betreffen und die daher einer für das ganze Bundesgebiet wirksamen einheitlichen Regelung bedürfen (VfSlgen. 3853/1960, 16.244/2001, 17.232/2004 und VfGH 12.12.2019, G164/2019). Die Konstruktion der Verbindlicherklärung der integrativen Gesundheitsplanung im Wege von Verordnungen, die in allen Ländern ihrer Art nach gleich sein sollen, ist zweifelsohne eine solche Regelung, die für das gesamte Bundesgebiet einheitlich wirksam sein soll. Der Bundesgesetzgeber war daher kompetenzrechtlich befugt, den Ländern die Grundsätze für die Verbindlicherklärung der Inhalte der RSG durch die Gesundheitsplanungs GmbH durch Grundsätze vorzugeben (siehe dazu die Grundsatzbestimmungen in §23 Abs5 und 8 G-ZG).

 

Zur Kundmachung im RIS bzw der fehlenden Mitwirkungsbefugnis des Bundesministers bei der Vollziehung von Angelegenheiten nach Art12 B‑VG:

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist eine Verordnung, wenn eine ausdrückliche Vorschrift über die Kundmachung fehlt, ortsüblich kundzumachen (VfSlg 3714/1960; 10.952/1986, u. a.). Das Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 enthält keine Bestimmungen über die Kundmachung des RSG Wien. Angesichts der Ermächtigung in Art15 Abs7 B‑VG, der die Kundmachung aller im Landesgesetzblatt kundzumachenden Rechtsvorschriften im RIS erlaubt und in Entsprechung des §138 Abs2 der WStV, der diese Ermächtigung landesgesetzlich nachvollzieht, ist davon auszugehen, dass die Kundmachung von Verordnungen von Landesbehörden im RIS in den Ländern als ortsüblicher Standard gilt und damit nicht als gesetzwidrig anzusehen ist."

 

1.6. Die Österreichische Zahnärztekammer hat eine Äußerung erstattet, in der den Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien beigetreten wird.

2. Zu V426/2020

2.1. Die mitbeteiligte Partei im Ausgangsverfahren zu V426/2020 stellte mit Schriftsatz vom 8. November 2019 einen Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfes für ein Ambulatorium für Kinder- und Jugendheilkunde in 1100 Wien gemäß §7 Abs2 iVm §5 Abs1 Wr. KAG. Mit Stellungnahme vom 20. Jänner 2020 führte die Österreichische Ärztekammer aus, dass in Anbetracht des Vorhabens der Errichtung einer Gruppenpraxis für Kinder- und Jugendheilkunde am geplanten Standort von keinem Bedarf an einem selbständigen Ambulatorium auszugehen sei. Der Wiener Gesundheitsfonds führte in seiner Stellungnahme vom 20. Jänner 2020 aus, dass das Vorhaben im Hinblick auf die RSG Wien – VO 2019 (Versorgungsregion 91 Wien-Mitte-Südost) plankonform sei. Die belangte Behörde des Ausgangsverfahrens stellte daraufhin mit Bescheid vom 26. Februar 2020 gemäß §5 Abs3a Wr. KAG die Plankonformität des Vorhabens fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Österreichische Ärztekammer Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien (§7 Abs2 iVm §5 Abs8 Wr. KAG), in der ua geltend gemacht wird, dass eine konkrete Überprüfung des Bedarfes nicht nachvollziehbar sei und dass ein Gutachten zur Übereinstimmung des Vorhabens mit "den Verordnungen" einzuholen gewesen wäre.

2.2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Verwaltungsgericht Wien, gestützt auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG, den zu V426/2020 protokollierten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplanes Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020, zur Gänze", in eventu §1 Abs1 Z1 sowie Anlage 1 dieser Verordnung als gesetzwidrig aufheben. Die vorgebrachten Bedenken entsprechen den im Verfahren zu V419/2020 geltend gemachten Bedenken. Die Präjudizialität der angefochtenen Verordnung begründet das Verwaltungsgericht Wien folgendermaßen:

"1.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG (bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG) nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückzuweisen, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfGH 12.12.2018, V16/2018 mwN).

 

1.2. Die mitbeteiligte Partei im Anlassfall hat mit Schreiben vom 8. November 2019 einen Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfs für ein selbständiges Ambulatorium für Kinder- und Jugendheilkunde in 1100 Wien gemäß §5 Abs1 Wr. KAG gestellt, diesen in weiterer Folge konkretisiert und mit Schreiben vom 3. Februar 2020 ihren Antrag in einen Antrag auf Feststellung der 'Plankonformität' gemäß §5 Abs3a Wr. KAG modifiziert.

 

1.3. §5 Abs8 Wr. KAG regelt, welchen Formalparteien im Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums Parteistellung im Sinne des §8 AVG und das Recht der Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien gemäß Art132 Abs5 B‑VG und gegen Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Wien das Recht der Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art133 Abs1 B‑VG zukommt. Dies sind die betroffenen Sozialversicherungsträger, die gesetzliche Interessenvertretung privater Krankenanstalten und die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren bzw bei selbständigen Zahnambulatorien die Österreichische Zahnärztekammer.

 

Gemäß dem letzten Satz des §5 Abs8 Wr. KAG soll ihnen diese Parteistellung, das Recht der Beschwerde sowie der Revision auch in Verfahren zur Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs3 zukommen.

 

1.4. Gegenständlich wurde zunächst eine Vorabfeststellung des Bedarfs an einem selbständigen Ambulatorium für Kinder- und Jugendheilkunde, somit das Vorliegen der Voraussetzungen des §5 Abs3 Wr. KAG, von der mitbeteiligten Partei beantragt und die Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde zunächst auch gemäß §5 Abs8 Wr. KAG als Partei dem Verfahren beigezogen: Ihr wurde von der belangten Behörde der Antrag der mitbeteiligten Partei zur Kenntnisnahme übermittelt und ihr die Möglichkeit eingeräumt, Stellung zu nehmen. Der Bescheid vom 26. Februar 2020 wurde der Beschwerdeführerin jedoch lediglich 'in Abschrift' übermittelt, sodass davon auszugehen ist, dass die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als Partei des Verfahrens verstanden hat.

 

1.5. §7 Abs3 VwGVG bestimmt, dass Beschwerde bereits ab dem Zeitpunkt beim Verwaltungsgericht erhoben werden kann, in dem der Beschwerdeführer von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat, wenn der Bescheid bereits einer anderen Partei zugestellt oder verkündet worden ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes besteht Beschwerdelegitimation nach §7 Abs3 VwGVG auch dann, wenn die Parteistellung des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren strittig war und er diesem nicht beigezogen worden ist (VwGH 30.3.2017, Ro 2015/03/0036).

 

1.6. Gegenständlich erachtet das Verwaltungsgericht die Parteistellung der Beschwerdeführerin aufgrund der noch näher darzulegenden Änderung der Rechtslage als strittig, nicht auch zuletzt deshalb, da die Behörde angesichts der Zustellverfügung von einer mangelnden Parteistellung der Beschwerdeführerin ausgeht, wohingegen die Beschwerdeführerin ihre Parteistellung – ohne dies näher zu begründen als mit einem Verweis auf §5 Abs8 Wr. KAG – als gegeben ansieht. Die grundsätzliche Beschwerdelegitimation ist daher zu bejahen und es ist im Anlassfall vom Verwaltungsgericht zunächst zu klären, ob der Beschwerdeführerin in dem vor der belangten Behörde geführten Feststellungsverfahren nach dem Wr. KAG Parteistellung zukam bzw im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zukommt, anderenfalls die Beschwerde zurückzuweisen wäre.

 

1.7. Unstrittig und durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt ist, dass der Beschwerdeführerin Parteistellung in einem Verfahren zur Vorabfeststellung des Bedarfs gemäß §5 Abs3 Wr. KAG zukommen würde. Dies ergibt sich auch eindeutig aus dem Wortlaut des §5 Abs8 Wr. KAG.

 

1.8. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid jedoch auf §5 Abs3a Wr. KAG. §5 Abs3a Wr. KAG, eingefügt durch die Novelle LGBl Nr 10/2018, in Kraft getreten am 10. Februar 2018, regelt ohne Übergangsvorschriften, dass, wenn der verfahrensgegenständliche Leistungsumfang in den Verordnungen gemäß §23 des Bundesgesetzes zur partnerschaftlichen Zielsteuerung-Gesundheit (Gesundheits- Zielsteuerungsgesetz – G-ZG), BGBl I Nr 26/2017 in der Fassung BGBl I Nr 131/2017, oder §5a Abs1 geregelt ist, hinsichtlich des Bedarfs die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen ist. Die Entscheidung über die Plankonformität des Vorhabens hat mittels Feststellungsbescheid zu erfolgen. Ist das Vorhaben nicht in den genannten Verordnungen geregelt, ist Abs3 sinngemäß anzuwenden.

 

1.9. Mit §5 Abs3a Wr. KAG wird die grundsatzgesetzliche Bestimmung des §3a Abs3a KaKuG ausgeführt. Wie die Erläuterungen zur Grundsatzbestimmung sowie zur Ausführungsbestimmung (RV 1333 BIgNR XXV. GP 11 sowie Beilage Nr 20/2017, S. 8, LG-002112017/0001) unmissverständlich zum Ausdruck bringen, ist für den Fall, dass das verfahrensgegenständliche Leistungsspektrum in den in Abs3a genannten Verordnungen geregelt ist, im Zuge der Bedarfsprüfung ausschließlich die Übereinstimmung des Vorhabens mit diesen Verordnungen zu prüfen.

 

1.10. Im Zuge der genannten Novellen ist eine Änderung der Regelungen über die Parteistellung in §3a Abs8 KaKuG bzw §5 Abs8 Wr. KAG nicht erfolgt. Auch die Erläuterungen enthalten keine dahingehenden Ausführungen.

 

1.11. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Februar 2020 war §5 Abs3a Wr. KAG bereits in Kraft; das gegenständliche Vorhaben war auch in einer von §5 Abs3a Wr. KAG bezeichneten Verordnung geregelt: Mit Kundmachung 1/2020 vom 8. Jänner 2020 im RIS wurde die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien veröffentlicht und trat am 9. Jänner 2020 in Kraft (vgl §2 der angefochtenen Verordnung). Dieser Zeitpunkt liegt somit vor jenem der Erlassung des im Ausgangsverfahren angefochtenen Bescheides.

 

1.12. In dieser Verordnung wurde mit §1 Abs1 Z1 die Planung der ambulanten ärztlichen Versorgung in Wien gemäß Anlage 1 dieser Verordnung als verbindlich erklärt.

 

1.13. Anlage 1 der angefochtenen Verordnung enthält eine Kapazitätsplanung differenziert nach den gemäß 'RSG Planungsmatrix' (vgl Anlage 3 zur ÖSG-VO) vorgegebenen medizinischen Fachrichtungen im ambulanten Bereich für das gesamte Bundesland Wien (Blatt 1) und die drei Wiener Versorgungsregionen (Blatt 2-4). Messgröße für ärztliche Kapazitäten ist dabei die 'Ärztliche Ambulante Versorgungseinheit' (ÄAVE) gem. Vorgabe des ÖSG 2017. Das Planungsmodell prognostiziert – ausgehend vom IST-ÄAVE-Stand 2016 – den PLAN-ÄAVE-Stand 2025 (vgl die Erläuterungen zu §1 Abs1 Z1 der angefochtenen Verordnung).

 

1.14. Für die Versorgungsregion 91 Wien-Mitte-Südost, in welcher die verfahrensgegenständliche Krankenanstalt gelegen ist, lautet der IST-ÄAVE-Stand 2016 für den Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde (KIJU) 94,2 ÄAVE gesamt für den ambulanten ärztlichen Versorgungsbereich, davon 60,6 ÄAVE spitalsambulant und 33,6 ÄAVE im Bereich niedergelassener ÄrztInnen. Der PLAN‑ÄAVE-Stand für 2025 sieht in der Versorgungsregion 91 102,8 ÄAVE gesamt für den ambulanten ärztlichen Versorgungsbereich vor, davon 37,3 ÄAVE im Bereich der niedergelassenen ÄrztInnen und selbständigen Ambulatorien (mit Vertrag und kasseneigene).

 

1.15. Da der verfahrensgegenständliche Leistungsumfang – Erbringung von Leistungen der Kinder- und Jugendheilkunde – somit seit 9. Jänner 2020 in einer Verordnung iSd §5 Abs3a Wr. KAG geregelt ist, ist hinsichtlich des Bedarfs nach der geltenden Rechtslage ausschließlich die Übereinstimmung des Vorhabens mit dieser Verordnung zu prüfen. §5 Abs3 Wr. KAG kommt nicht, auch nicht sinngemäß, zur Anwendung. Dies wird auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Diese geht offenbar selbst von der Anwendbarkeit des §5 Abs3a Wr. KAG aus.

 

1.16. Folglich kommt nach dem eindeutigen Wortlaut des §5 Abs8 Wr. KAG, welcher eine Parteistellung der Beschwerdeführerin in Verfahren gemäß Abs3a leg cit nicht vorsieht, der Beschwerdeführerin bei unveränderter Rechtslage keine Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zur Feststellung der Plankonformität zu. Die belangte Behörde hat die Beschwerdeführerin daher zunächst rechtsrichtig im Dezember 2019 mit dem Antrag auf Vorabfeststellung befasst, da es zu diesem Zeitpunkt keine Verordnung im Sinne des §5 Abs3a Wr. KAG gab. Mit Inkrafttreten der Verordnung zur Verbindlicherklärung von Teilen des RSG Wien (angefochtene Verordnung) trat eine solche Verordnung jedoch in Kraft und hatte die belangte Behörde bzw nunmehr das Verwaltungsgericht ausschließlich §5 Abs3a Wr. KAG anzuwenden, sodass der Beschwerdeführerin keine Parteistellung mehr zukam und ihr der angefochtene Bescheid von der belangten Behörde daher auch nicht als Partei, sondern nur 'in Abschrift' zugestellt wurde.

 

1.17. Bei dieser Beurteilung der Parteistellung ist die angefochtene Verordnung und insbesondere ihr §1 Abs1 Z1 iVm Anlage 1 vom antragstellenden Gericht wie soeben gezeigt unmittelbar anzuwenden und somit präjudiziell. So muss das antragstellende Gericht nicht nur §5 Abs3a Wr. KAG anwenden, sondern auch prüfen, ob das Vorhaben in einer dort genannten Verordnung geregelt ist, was gegenständlich durch die angefochtene Verordnung – wie gezeigt – der Fall ist. Erst diese Überprüfung macht es dem antragstellenden Gericht möglich zu beurteilen, ob §5 Abs3 Wr. KAG zur Anwendung gelangt oder nicht und – daraus resultierend –, ob die Parteistellung der Beschwerdeführerin gemäß §5 Abs8 Wr. KAG gegeben ist oder eben nicht."

 

2.3. Die Gesundheitsplanungs GmbH als verordnungserlassende Behörde, der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und die Wiener Landesregierung haben jeweils Äußerungen erstattet, die jenen im Verfahren zu V419/2020 entsprechen.

2.4. Die Österreichische Ärztekammer hat eine Stellungnahme abgegeben, in der den Bedenken beigetreten und die Aufhebung näher bezeichneter Gesetzesbestimmungen sowie der ÖSG VO 2018, kundgemacht am 9. Juli 2018 unter Nr 1/2018 im RIS (Sonstige Kundmachungen/Strukturpläne Gesundheit), angeregt wird.

3. Zu V498/2020

3.1. Die mitbeteiligte Partei im Ausgangsverfahren zu V498/2020 begehrte mit Antrag vom 6. Februar 2020 die Feststellung, dass das geplante Ambulatorium für Zahnmedizin an einem näher bezeichneten Standort in 1040 Wien gemäß §5 Abs3a Wr. KAG plankonform sei. Die belangte Behörde des Ausgangsverfahrens stellte daraufhin mit Bescheid vom 11. Mai 2020 gemäß §5 Abs3a Wr. KAG die Übereinstimmung des Vorhabens mit der RSG Wien – VO 2019 (Versorgungsregion 91 Wien-Mitte-Südost) fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Österreichische Zahnärztekammer Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien, in der ua Rechtswidrigkeit auf Grund der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Gesetz- und Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides behauptet wird.

3.2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Verwaltungsgericht Wien, gestützt auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG, den zu V498/2020 protokollierten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplanes Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020, zur Gänze", in eventu §1 Abs1 Z1 sowie Anlage 1 dieser Verordnung als gesetzwidrig aufheben. Die vorgebrachten Bedenken entsprechen den im Verfahren zu V419/2020 geltend gemachten Bedenken. Die Präjudizialität der angefochtenen Verordnungsbestimmungen begründet das Verwaltungsgericht Wien entsprechend seinem zu V426/2020 protokollierten Antrag.

3.3. Die Gesundheitsplanungs GmbH als verordnungserlassende Behörde, der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, die Wiener Landesregierung und die Österreichische Zahnärztekammer haben jeweils Äußerungen erstattet, die jenen im Verfahren zu V419/2020 entsprechen.

4. Zu V539/2020

4.1. Die mitbeteiligte Partei im Ausgangsverfahren zu V539/2020 begehrte mit Antrag vom 31. Jänner 2020 die Feststellung, dass das geplante Ambulatorium für Zahnmedizin an einem näher bezeichneten Standort in 1210 Wien gemäß §5 Abs3a Wr. KAG plankonform sei. Die belangte Behörde des Ausgangsverfahrens stellte daraufhin mit Bescheid vom 27. Mai 2020 gemäß §5 Abs3a Wr. KAG die Übereinstimmung des Vorhabens mit der RSG Wien – VO 2019 (Versorgungsregion 93 Wien-Nordost) fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Österreichische Zahnärztekammer Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien, in der ua inhaltliche und Rechtswidrigkeit auf Grund der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Gesetz- und Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides behauptet wird.

4.2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Verwaltungsgericht Wien, gestützt auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG, den zu V539/2020 protokollierten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplanes Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020, zur Gänze", in eventu §1 Abs1 Z1 sowie Anlage 1 dieser Verordnung als gesetzwidrig aufheben. Die vorgebrachten Bedenken entsprechen den im Verfahren zu V419/2020 geltend gemachten Bedenken. Die Präjudizialität der angefochtenen Verordnungsbestimmungen begründet das Verwaltungsgericht Wien entsprechend seinem zu V426/2020 protokollierten Antrag.

4.3. Die Gesundheitsplanungs GmbH als verordnungserlassende Behörde, der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, die Wiener Landesregierung und die Österreichische Zahnärztekammer haben jeweils Äußerungen erstattet, die jenen im Verfahren zu V419/2020 entsprechen.

5. Zu V607/2020

5.1. Die mitbeteiligte Partei im Ausgangsverfahren zu V607/2020 begehrte mit Antrag vom 30. Jänner 2020 die Feststellung, dass das geplante Ambulatorium für Innere Medizin an einem näher bezeichneten Standort in 1210 Wien gemäß §5 Abs3a Wr. KAG plankonform sei. Die belangte Behörde des Ausgangsverfahrens stellte mit Bescheid vom 21. September 2020 gemäß §5 Abs3a Wr. KAG die Übereinstimmung des Vorhabens mit der RSG Wien – VO 2019 (Versorgungsregion 93 Wien-Nordost) fest. Gegen diesen Bescheid erhoben die Österreichische Gesundheitskasse und die Ärztekammer für Wien Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien. Die Österreichische Gesundheitskasse brachte vor, die Behörde habe nicht berücksichtigt, dass auf Grund des aktuellen IST-Standes der ÄAVE bei Genehmigung des Ambulatoriums der verbindliche Planungszielwert für 2025 für Innere Medizin überschritten werde. Die Ärztekammer für Wien machte geltend, dass aus den Zahlen der RSG Wien – VO 2019 kein Bedarf zu ersehen sei.

5.2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Verwaltungsgericht Wien, gestützt auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG, den zu V607/2020 protokollierten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplanes Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020, zur Gänze", in eventu §1 Abs1 Z1 sowie Anlage 1 dieser Verordnung als gesetzwidrig aufheben. Die vorgebrachten Bedenken entsprechen den im Verfahren zu V419/2020 geltend gemachten Bedenken. Die Präjudizialität der angefochtenen Verordnungsbestimmungen begründet das Verwaltungsgericht Wien entsprechend seinem zu V426/2020 protokollierten Antrag.

5.3. Die Gesundheitsplanungs GmbH, der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und die Wiener Landesregierung haben Äußerungen erstattet, die jenen im Verfahren zu V419/2020 entsprechen. Die Österreichische Ärztekammer hat eine Stellungnahme abgegeben, die in der Sache jener zu V426/2020 entspricht. Ferner haben die den verfahrenseinleitenden Antrag zum Anlassverfahren stellende Partei sowie die Österreichische Gesundheitskasse eine Stellungnahme abgegeben, in der den Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien entgegengetreten wird.

6. Zu V244/2021

6.1. Die mitbeteiligte Partei im Ausgangsverfahren zu V244/2021 begehrte mit Antrag vom 13. März 2020 die Feststellung, dass das geplante Ambulatorium für Zahnmedizin an einem näher bezeichneten Standort in 1090 Wien gemäß §5 Abs3a Wr. KAG plankonform sei. Die belangte Behörde des Ausgangsverfahrens stellte daraufhin mit Bescheid vom 15. April 2021 gemäß §5 Abs3a Wr. KAG die Übereinstimmung des Vorhabens mit der RSG Wien – VO 2019 (Versorgungsregion 91 Wien-Mitte-Südost) fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Österreichische Zahnärztekammer Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien. Sie machte ua geltend, dass die Grundlagen des angefochtenen Bescheides gesetz- und verfassungswidrig seien.

6.2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Verwaltungsgericht Wien, gestützt auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG, den zu V244/2021 protokollierten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplanes Gesundheit Wien, Kundmachung (RIS) 1/2020, zur Gänze", in eventu §1 Abs1 Z1 sowie Anlage 1 dieser Verordnung als gesetzwidrig aufheben. Die vorgebrachten Bedenken entsprechen den im Verfahren zu V419/2020 geltend gemachten Bedenken. Die Präjudizialität der angefochtenen Verordnungsbestimmungen begründet das Verwaltungsgericht Wien entsprechend seinem zu V426/2020 protokollierten Antrag.

6.3. Die Gesundheitsplanungs GmbH und die Wiener Landesregierung haben Äußerungen erstattet, die jenen im Verfahren zu V419/2020 entsprechen. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat von der Erstattung einer Äußerung Abstand genommen. Die Österreichische Zahnärztekammer hat eine Stellungnahme abgegeben, in der den Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien beigetreten wird.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Normenprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach §57 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Vorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle einer ganzen Verordnung), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

1.3. Das Verwaltungsgericht Wien wendet sich mit seinen jeweiligen Hauptanträgen gegen die RSG Wien – VO 2019 zur Gänze und mit seinen jeweiligen Eventualanträgen gegen §1 Abs1 Z1 und Anlage 1 dieser Verordnung.

1.4. Entgegen dem Vorbringen der Wiener Landesregierung in ihren jeweiligen Äußerungen führt das Verwaltungsgericht Wien nicht ausschließlich Bedenken gegen die gesetzliche Grundlage der angefochtenen Verordnung ins Treffen, sondern begründet – gesondert – seine Bedenken gegen die Verordnung für den Fall, dass sich ihre gesetzlichen Grundlagen als verfassungskonform erweisen sollten (jeweils Punkt IV.3. der Antragsschrift). Der Einwand der Wiener Landesregierung, die Anträge entsprächen daher nicht §57 Abs1 VfGG, ist daher schon aus diesem Grund nicht stichhaltig.

1.5. Die Wiener Landesregierung führt weiters gegen die Zulässigkeit des zu V419/2020 protokollierten Antrages ins Treffen, dass im Anlassfall eine Vorabfeststellung nach §5 Abs1 letzter Satz und Abs3 Wr. KAG Verfahrensgegenstand sei, sodass die Präjudizialität der RSG Wien – VO 2019 fraglich sei. Dieser Einwand schlägt nicht durch, weil das Verwaltungsgericht Wien diese Verordnung jedenfalls auch bei der Prüfung der Frage, wie mit dieser erstinstanzlichen Vorabfeststellung angesichts des zwischenzeitigen Inkrafttretens der RSG Wien – VO 2019 umzugehen ist, zumindest denkmöglich anzuwenden hat.

1.6. Ferner kann zu den zu V426/2020, V498/2020, V539/2020, V607/2020 und zu V244/2021 protokollierten Anträgen dahingestellt bleiben, ob die RSG Wien – VO 2019 – wie das Verwaltungsgericht Wien annimmt – bereits zur Beurteilung der Beschwerdelegitimation der vor dem Verwaltungsgericht beschwerdeführenden Rechtsträger oder erst im Zuge der inhaltlichen Überprüfung der jeweils angefochtenen Bescheide anzuwenden ist. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich im Rahmen seiner Präjudizialitätsprüfung nur zu beurteilen, ob die Annahme der Präjudizialität durch das antragstellende Gericht vertretbar ist. Dies ist auch in dieser Hinsicht – grundsätzlich (siehe im Detail sogleich Punkt 1.7.) – der Fall.

1.7. Soweit sich das Verwaltungsgericht Wien allerdings mit seinen Hauptanträgen jeweils gegen die RSG Wien – VO 2019 zur Gänze wendet, sind diese zu weit gefasst:

1.7.1. Gegenstand des Anlassverfahrens zu V419/2020 ist ein zahnmedizinisches Ambulatorium, das in 1010 Wien, sohin in der "Versorgungsregion 91 Wien-Mitte-Südost", erweitert werden soll. Präjudiziell sind daher nur §1 Abs1 Z1 sowie in Anlage 1 dieser Verordnung Blatt 1 ("'RSG-Planungsmatrix' für Bundesland Wien"), Tabelle "Ambulante ärztliche Versorgung" (samt Fußnoten), und Blatt 2 ("'RSG-Planungsmatrix' für Versorgungsregion 91 Wien-Mitte-Südost"), Tabelle "Ambulante ärztliche Versorgung" (samt Fußnoten). Die übrigen Teile des RSG Wien – VO 2019 sind hingegen zu V419/2020 offenkundig nicht präjudiziell, weshalb der Hauptantrag insoweit zurückzuweisen ist. Daran ändert auch nichts, dass sich die Bedenken des Verwaltungsgerichts Wien auf die gesamte Verordnung beziehen, weil die Voraussetzungen des Art139 Abs3 B‑VG nur vom Verfassungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmen sind (vgl zB VfSlg 9260/1981, 10.429/1985, 14.498/1996, 15.133/1998).

1.7.2. Entsprechend sind die zu V426/2020, V498/2020 und zu V244/2021 protokollierten Anträge nur hinsichtlich §1 Abs1 Z1 sowie in Anlage 1 dieser Verordnung Blatt 1 ("'RSG-Planungsmatrix' für Bundesland Wien"), Tabelle "Ambulante ärztliche Versorgung" (samt Fußnoten), und Blatt 2 ("'RSG-Planungsmatrix' für Versorgungsregion 91 Wien-Mitte-Südost"), Tabelle "Ambulante ärztliche Versorgung" (samt Fußnoten), sowie die zu V539/2020 und V607/2020 protokollierten Anträge nur hinsichtlich §1 Abs1 Z1 sowie in Anlage 1 dieser Verordnung Blatt 1 ("'RSG-Planungsmatrix' für Bundesland Wien"), Tabelle "Ambulante ärztliche Versorgung" (samt Fußnoten), und Blatt 4 ("'RSG-Planungsmatrix' für Versorgungsregion 93 Wien-Nordost"), Tabelle "Ambulante ärztliche Versorgung" (samt Fußnoten), zulässig.

1.8. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Anträge hinsichtlich §1 Abs1 Z1 und der Tabelle "Ambulante ärztliche Versorgung" in Anlage 1 Blatt 1 ("'RSG-Planungsmatrix' für Bundesland Wien") sowie – zu V419/2020, V426/2020, V498/2020 und zu V244/2021 – auch hinsichtlich der Tabelle "Ambulante ärztliche Versorgung" in Anlage 1 Blatt 2 ("'RSG-Planungsmatrix' für Versorgungsregion 91 Wien-Mitte-Südost") bzw – zu V539/2020 und V607/2020 – auch hinsichtlich der Tabelle "Ambulante ärztliche Versorgung" in Anlage 1 Blatt 4 ("'RSG-Planungsmatrix' für Versorgungsregion 93 Wien-Nordost"), jeweils samt Fußnoten, als zulässig. Im darüber hinausgehenden Umfang sind die Hauptanträge als unzulässig zurückzuweisen. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die jeweiligen Eventualanträge.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Die Anträge sind nur teilweise begründet.

2.3. Das Verwaltungsgericht Wien hegt gegen die angefochtenen Verordnungsbestimmungen jeweils zum einen das Bedenken, dass sie sich auf als verfassungswidrig aufzuhebende Verordnungsermächtigungen (§23 Abs4 G-ZG und §10 Wr. Gesundheitsfonds-Gesetz 2017) stützen würden.

2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom heutigen Tage zu G334‑341/2021, V265/2021 §23 Abs4 G-ZG, der (auch) aus Anlass der zu V419/2020, V426/2020, V498/2020, V539/2020, V607/2020 und zu V244/2021 protokollierten Verordnungsprüfungsanträge in Prüfung gezogen worden ist, als verfassungswidrig aufgehoben. §23 Abs4 G-ZG ist daher in den zu V419/2020, V426/2020, V498/2020, V539/2020, V607/2020 und zu V244/2021 protokollierten Verfahren nicht mehr anzuwenden (Art140 Abs7 zweiter Satz B‑VG).

2.3.2. Das Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien trifft daher zufolge der Aufhebung von §23 Abs4 G-ZG zu, soweit die angefochtene Verordnung als Verordnung des Bundes in Geltung steht.

2.3.3. Gemäß Art139 Abs3 B‑VG darf der Verfassungsgerichtshof eine Verordnung nur insoweit als gesetzwidrig aufheben, als ihre Aufhebung (zulässigerweise) ausdrücklich beantragt wurde oder als er sie in der bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte. Gelangt der Verfassungsgerichtshof jedoch zur Auffassung, dass die ganze Verordnung der gesetzlichen Grundlage entbehrt, so hat er die gesamte Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben (Art139 Abs3 Z1 B‑VG). Ein Fall des Art139 Abs3 Z1 B‑VG liegt hier vor.

2.3.4. Die RSG Wien – VO 2019 ist daher – soweit sie als Verordnung des Bundes in Geltung steht – mangels gesetzlicher Grundlage zur Gänze aufzuheben.

2.3.5. Die RSG Wien – VO 2019 bleibt, soweit sie gestützt auf §10 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 als Verordnung des Landes Wien in Geltung steht, von dieser Aufhebung unberührt. Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom heutigen Tage zu G334-341/2022, V265/2021 zu Recht erkannt, dass §10 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 nicht als gesetzwidrig aufgehoben wird. Insofern trifft daher das Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien, die RSG Wien – VO 2019 stütze sich auf eine verfassungswidrige und daher aufzuhebende gesetzliche Grundlage, nicht zu.

2.4. Das Verwaltungsgericht Wien hat für den Fall, dass sich die gesetzlichen Grundlagen der RSG Wien – VO 2019 als verfassungskonform erweisen sollten, als zweites Bedenken geltend gemacht, dass die RSG Wien – VO 2019 diesfalls gesetzwidrig wäre, weil sie kompetenzübergreifend sowohl Angelegenheiten das Art10 als auch des Art12 B‑VG zum Gegenstand habe. Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom heutigen Tage zu G334-341/2021, V265/2021, auf dessen Begründung verwiesen wird, zu Recht erkannt, dass weder §23 Abs4 G‑ZG noch §10 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 der Erlassung von Verordnungen durch die Gesundheitsplanungs GmbH entgegenstehen, die unter einem Angelegenheiten von Art10 und Art12 B‑VG zum Gegenstand haben. Auch dieses Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien trifft daher nicht zu.

2.5. Damit erweist sich der Antrag des Verwaltungsgerichtes Wien, soweit er sich gegen die zulässigerweise angefochtenen Teile der RSG Wien – VO 2019 als Verordnung des Landes Wien wendet, als nicht begründet.

V. Ergebnis

1. Die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien (RSG Wien – VO 2019), kundgemacht am 8. Jänner 2020 unter Nr 1/2020 im RIS (Sonstige Kundmachungen/Strukturpläne Gesundheit), ist, soweit sie als Verordnung des Bundes in Geltung steht, als gesetzwidrig aufzuheben.

Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Verordnungsstelle gründet sich auf Art139 Abs5 letzter Satz B‑VG.

2. Der Ausspruch, dass der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit in Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche verpflichtet ist, kann hier entfallen, weil diese Verpflichtung bereits im Erkenntnis vom heutigen Tage zu G39-41/2022, V98-99/2022 enthalten ist.

3. Die Hauptanträge zu V419/2020, V426/2020, V498/2020 und zu V244/2021 sind insoweit zurückzuweisen, als sie sich nicht gegen §1 Abs1 Z1 sowie die Tabellen "Ambulante ärztliche Versorgung" (samt Fußnoten) in Anlage 1 Blatt 1 ("'RSG-Planungsmatrix' für Bundesland Wien") und in Anlage 1 Blatt 2 ("'RSG-Planungsmatrix' für Versorgungsregion 91 Wien-Mitte-Südost") der RSG Wien – VO 2019 richten.

4. Die Hauptanträge zu V539/2020 und V607/2020 sind insoweit zurückzuweisen, als sie sich nicht gegen §1 Abs1 Z1 sowie die Tabellen "Ambulante ärztliche Versorgung" (samt Fußnoten) in Anlage 1 Blatt 1 ("'RSG-Planungsmatrix' für Bundesland Wien") und in Anlage 1 Blatt 4 ("'RSG-Planungsmatrix' für Versorgungsregion 93 Wien-Nordost") der RSG Wien – VO 2019 richten.

5. Im Übrigen sind die Anträge abzuweisen.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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