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2.3.1.3. Zur Unangemessenheit einer rechtlichen Gestaltung

Leitner1. AuflFebruar 2013

Die soeben erfolgten Ausführungen gelten jedenfalls für missbräuchliche Gestaltungen, mit denen die Umgehung einer belastenden Norm verbunden ist, da sich die Wertung der „angemessenen“ Gestaltung diesfalls aus der umgangenen Norm ableiten lässt und auf die vom VwGH vorausgesetzte „Unangemessenheit“ somit e contrario geschlossen werden kann. Dies trifft jedoch – zumindest dem ersten Anschein nach – nicht auf Gestaltungen zu, bei denen das „Erschleichen“ einer begünstigenden Norm im Vordergrund steht. Eine zumindest sinngemäße Anwendung der zur „Angemessenheit“ erfolgten Ausführungen lässt sich mE aber damit begründen, dass die „Unangemessenheit“ – ebenso wie die teleologische Reduktion als Gegenstück zur Analogie denselben Regeln zu folgen hat wie diese – als Spiegelbild der „Angemessenheit“ gesehen werden kann.545545S dazu oben Abschnitt V.2. Demnach ist eine unter Missbrauchsverdacht stehende Gestaltung mit jenen Fällen zu vergleichen, die unzweifelhaft von der begünstigenden steuerlichen Norm erfasst sind, die durch die fragliche Gestaltung zur Anwendung gebracht werden soll. „Unangemessen“ ist diese daher grundsätzlich dann, wenn ein Blick auf den von der zivilrechtlichen Einkleidung unabhängig zu betrachtenden wirtschaftlichen Zweck Unterschiede erkennen lässt, die im Ergebnis eine Ungleichbehandlung der verglichenen Falltypen erfordern.546546In diesem Zusammenhang ist im Hinblick auf die möglicherweise missbräuchlich zur Anwendung gebrachte Norm wiederum zu prüfen, ob eine Gleichbehandlung trotz wirtschaftlicher Gleichheit der Absicht des Gesetzes entspricht und wenn ja, ob diese sachlich gerechtfertigt werden kann. Das Kriterium der „Unangemessenheit“ kann vor diesem Hintergrund ebenso wie das Kriterium der „Angemessenheit“ nur normspezifisch und nicht anhand außerrechtlicher Kriterien abstrakt festgestellt werden.547547So auch Kotschnigg, Beweisrecht BAO § 22 Rz 46: Die Unangemessenheit einer Gestaltung lässt sich „nicht abstrakt, sondern nur normspezifisch feststellen […], indem die gewählte rechtliche Gestaltung mit dem zugrunde liegenden wirtschaftlichen Sachverhalt sowie dem Zweck der umgangenen oder erschlichenen Norm in Form einer Zweck-Mittel-Relation verglichen wird.“ Das Abstellen auf die „Unangemessenheit“ einer Gestaltung deckt sich somit mit der bereits erörterten dogmatischen Begründung des „institutionellen“ Missbrauchs im Zivilrecht, wo gleichfalls die mit einer Gestaltung verfolgten Zwecke mit einem bestimmten von der Rechtsordnung zugebilligten „Zweckrahmen“ in Relation gesetzt werden, der aus jenen Normen abzuleiten ist, die durch die fragliche Gestaltung zur Anwendung gebracht werden sollen. Auf die dazu erfolgten Ausführungen – insbesondere die dort bereits erfolgten Überlegungen zur Anwendung dieser Dogmatik im Steuerrecht – sei an dieser Stelle daher verwiesen.548548S dazu oben 2.2.

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