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4. Lückenfüllungsdogmatik und Umgehungsgestaltungen

Leitner1. AuflFebruar 2013

Die vorangehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die Analogie ein wirksames und vor allem ein verfassungsrechtlich zulässiges Instrument ist, um die ratio legis über einen allenfalls zu eng geratenen Gesetzeswortlaut hinaus zur Geltung zu bringen. Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass die Definition der teleologischen Lücke – wobei eingewendet werden muss, dass die Grenze zur logischen Lücke fließend ist und eine Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann391391 Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz2, 141. – im Ergebnis mit dem des „Umgehungsbereichs“ einer Norm, dh jenem Anwendungsbereich, der zwar von der ratio legis, nicht jedoch vom Gesetzeswortlaut erfasst ist, übereinstimmt. Man kann daher der zivilrechtlichen hM folgend in der Tat davon ausgehen, dass das Problem

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der Gesetzesumgehung im Problem der „teleologischen Lücke“ aufgeht; denn es handelt sich jeweils – man rufe sich an dieser Stelle nochmals die Definition der Gesetzesumgehung ins Gedächtnis392392Siehe Abschnitt II.5 sowie Abschnitt III.1. – um die Diskrepanz zwischen dem noch möglichen Wortsinn einer Norm und der (über diesen hinausgehenden) ratio legis.393393So auch bereits Hensel in FS Zitelmann 230: „Jede Gesetzesumgehung hat eine irgendwie unvollkommene Gesetzesormulierung, eine Diskrepanz zwischen Gesetzeszweck und Gesetzeswortlaut zur Voraussetzung“. Die Gesetzesumgehung kann daher auch als die Ausnutzung – vor allem – teleologischer Lücken im Gesetz definiert werden,394394Vgl auch Ruppe in Hermann/Heuer/Raupach, EStG-KStG Einf ESt Anm 466, der von der Ausnutzung der „Diskrepanz zwischen Wortlaut und Sinn der Norm“ spricht. die solcherart als soziales bzw empirisches Phänomen betrachtet werden kann, für das keine über die Lückenfüllungsdogmatik hinausgehenden rechtlichen Besonderheiten gelten.395395Vgl dazu grundlegend Tamussino, Die Umgehung von Gesetzes- und Vertragsnormen 3 ff und passim.

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