Das Grundgerüst jeder Rechtsanwendung ist bekanntlich ein logischer Schluss, der in der juristischen Methodenlehre gemeinhin als Syllogismus bezeichnet wird. Dabei folgt aus zwei Prämissen (Obersatz und Untersatz) eine Konklusion, somit ein richterliches Urteil, eine verwaltungsbehördliche Entscheidung etc. Gegenstand juristischen<i>Leitner</i>, Steuerumgehung und Missbrauch im Steuerrecht (2013), Seite 28 Seite 28
Argumentierens ist dabei nicht der logische Schluss an sich, sondern vielmehr die Formulierung der beiden Prämissen. Sind Obersatz und Untersatz formuliert, so kann grundsätzlich jedermann – auch ohne juristische Kenntnisse – den Schluss auf die anzuwendende Rechtsfolge ziehen. Während die Bildung des Obersatzes durch Auslegung des Gesetzes bereits an anderer Stelle erörtert wurde, ist für die in Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise als Element der Sachverhaltswürdigung interessierenden Fragen vor allem jener Vorgang zu beleuchten, der gemeinhin als Vorgang der „Subsumtion“ bezeichnet wird. Dieser Subsumtionsvorgang ist wesentlicher Bestandteil bei der Bildung des Untersatzes. Denn dieser besteht nicht nur aus der bloßen tatsächlichen Feststellung des Sachverhaltes auf der Grundlage eines Beweisverfahrens, sondern beinhaltet gerade auch eine Auswahl der relevanten Sachverhaltselemente. Eine Auswahl der rechtlich relevanten Sachverhaltsmerkmale hängt jedoch stets von den anzuwendenden rechtlichen Maßstäben ab, sie kann daher nur im Lichte des (aller Voraussicht nach) einschlägigen gesetzlichen Tatbestandes erfolgen. Engisch hat in diesem Zusammenhang das Bild des „Hin- und Herwandern des Blickes“ bei der juristischen Subsumtion geprägt: Für den Obersatz sei wesentlich, was auf den konkreten Fall Bezug hat, am konkreten Fall sei wesentlich, was auf den Obersatz Bezug hat. Dabei stellt sich das „Problem“, dass in den Obersatz nur diejenigen (gesetzlichen) Tatbestandselemente einbezogen werden, für die der konkrete Sachverhalt die Heranziehung anregt, andererseits soll der konkrete Lebensfall aber erst anhand des Obersatzes beurteilt und so das Wesentliche vom Unwesentlichen unterschieden werden. Bei näherer Betrachtung handle es sich dabei um „eine ständige Wechselwirkung, ein Hin- und Herwandern des Blickes zwischen Obersatz und Lebenssachverhalt, nicht dagegen um einen fehlerhaften Zirkel.“