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3.2.1.2. Die Sachverhaltswürdigung als Bestandteil des Subsumtionsvorganges

Leitner1. AuflFebruar 2013

Das Grundgerüst jeder Rechtsanwendung ist bekanntlich ein logischer Schluss, der in der juristischen Methodenlehre gemeinhin als Syllogismus bezeichnet wird.156156Vgl dazu etwa Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft6, 271 ff; Joerden, Logik im Recht2, 327 ff. Dabei folgt aus zwei Prämissen (Obersatz und Untersatz) eine Konklusion, somit ein richterliches Urteil, eine verwaltungsbehördliche Entscheidung etc. Gegenstand juristischen

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Argumentierens ist dabei nicht der logische Schluss an sich, sondern vielmehr die Formulierung der beiden Prämissen. Sind Obersatz und Untersatz formuliert, so kann grundsätzlich jedermann – auch ohne juristische Kenntnisse – den Schluss auf die anzuwendende Rechtsfolge ziehen.157157Vgl das bei Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwendung3, 13, wiedergegebene Zitat von Schopenhauer: „Der gesunde Mensch ist gar nicht in Gefahr, falsch zu schließen, aber gar sehr falsch zu urteilen. […] Im Schließen wird Niemand fehlen […] aber die Schwierigkeit und die Gefahr zu fehlen, liegt im Aufstellen der ‚Prämissen’.“ Während die Bildung des Obersatzes durch Auslegung158158Siehe dazu oben 2. des Gesetzes bereits an anderer Stelle erörtert wurde, ist für die in Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise als Element der Sachverhaltswürdigung interessierenden Fragen vor allem jener Vorgang zu beleuchten, der gemeinhin als Vorgang der „Subsumtion“ bezeichnet wird.159159Vgl dazu zB Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft6, 273 ff. Dieser Subsumtionsvorgang ist wesentlicher Bestandteil bei der Bildung des Untersatzes. Denn dieser besteht nicht nur aus der bloßen tatsächlichen Feststellung des Sachverhaltes auf der Grundlage eines Beweisverfahrens, sondern beinhaltet gerade auch eine Auswahl der relevanten Sachverhaltselemente. Eine Auswahl der rechtlich relevanten Sachverhaltsmerkmale hängt jedoch stets von den anzuwendenden rechtlichen Maßstäben ab, sie kann daher nur im Lichte des (aller Voraussicht nach) einschlägigen gesetzlichen Tatbestandes erfolgen.160160 Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2, 417 ff; Joerden, Logik im Recht2, 338; Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung 43 ff. Engisch161161 Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwendung3, 15 f; vgl auch ders, Einführung in das juristische Denken11, 117 ff (Fn 4). hat in diesem Zusammenhang das Bild des „Hin- und Herwandern des Blickes“ bei der juristischen Subsumtion geprägt: Für den Obersatz sei wesentlich, was auf den konkreten Fall Bezug hat, am konkreten Fall sei wesentlich, was auf den Obersatz Bezug hat. Dabei stellt sich das „Problem“, dass in den Obersatz nur diejenigen (gesetzlichen) Tatbestandselemente einbezogen werden, für die der konkrete Sachverhalt die Heranziehung anregt, andererseits soll der konkrete Lebensfall aber erst anhand des Obersatzes beurteilt und so das Wesentliche vom Unwesentlichen unterschieden werden. Bei näherer Betrachtung handle es sich dabei um „eine ständige Wechselwirkung, ein Hin- und Herwandern des Blickes zwischen Obersatz und Lebenssachverhalt, nicht dagegen um einen fehlerhaften Zirkel.“

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