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3.1. Historische Entwicklung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise

Leitner1. AuflFebruar 2013

Die wirtschaftliche Betrachtungsweise wurde erstmals in § 4 RAO 1919110110RGBl I 1919, 1993. gesetzlich positiviert. Diese Bestimmung sah vor, dass bei „der Auslegung der Steuergesetze […] ihr Zweck, ihre wirtschaftliche Bedeutung und die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen“ sind. Nach der Auffassung von Becker111111Zur Rolle Beckers als Schöpfer der Reichsabgabenordnung vgl zB Tipke, StuW 1990, 74. schuf diese Bestimmung keineswegs völlig neues Recht; insbesondere sollte sie nicht gemäß den Gedanken der Freirechtsschule112112Siehe dazu Larenz, Methodenlehre6, 59 ff; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2, 109 ff. den Richter über das Gesetz stellen. Vielmehr sollte sie zur vollen Entwicklung der im Steuerrecht enthaltenen Rechtsgedanken, unter Berücksichtigung der Zwecke des Gesetzes, anregen.113113Siehe dazu die Nachweise bei Hensel in FS Zitelmann 240. Unter Hinweis auf die Ausführungen Beckers, wonach die Positivierung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise in § 4 RAO 1919 als Reaktion gegen die „übertriebene Verherrlichung der Begriffsjurisprudenz“ und als ein „Sieg Jherings gegen seine wissenschaftlichen Gegner“ zu sehen sei, werden die Wurzeln dieser Bestimmung heute vorwiegend in der Interessenjurisprudenz114114Vgl dazu Larenz, Methodenlehre6, 119 ff; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2, 113 ff. gesehen.115115ZB Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht 97 f; Werndl, Allgemeines Steuerrecht Rz 209.

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