vorheriges Dokument
nächstes Dokument

2. Die Reichweite der Auslegung

Leitner1. AuflFebruar 2013

Nach der im Schrifttum – unumstrittenen – hM gelten für die Auslegung der Steuergesetze die allgemeinen Auslegungsmethoden.8686Vgl zB Gassner, Interpretation und Anwendung der Steuergesetze 11; Stoll, BAO-Kommentar I 225; Werndl, Allgemeines Steuerrecht Rz 208; Ritz, BAO4 § 21 Rz 1; Doralt/Ruppe, Steuerrecht II5 Rz 421; Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht II6 Rz 97; Doralt/Toifl, EStG15 § 2 Rz 105; vgl auch VwGH 22.3.1993, 91/13/0060; 19.1.2005, 2000/13/0176 mwN zur Vorjudikatur. Ein Teil der Autoren verweist in diesem Zusammenhang allerdings sowohl auf die Auslegungsmethoden iSd § 6 ABGB als auch auf die Möglichkeit der analogen Rechtsanwendung nach Maßgabe des § 7 ABGB

Seite 17

und vereint somit die §§ 6 und 7 ABGB unter dem Begriff „Auslegung“.8787So zB Stoll, BAO-Kommentar I 225; Doralt/Ruppe, Steuerrecht II5 Rz 421; Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht II6 Rz 97; Doralt/Toifl, EStG15 § 2 Rz 105. Dieser Begriff ist somit mit erheblichen Unschärfen behaftet, da vor diesem Hintergrund unter „Auslegung“ sowohl die Rechtsfindung secundum legem (Auslegung im engeren Sinn), die ihre Grenze im äußerst möglichen Wortsinn findet,8888Vgl an Stelle vieler zB Schauer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON § 6 Rz 8; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2, 441; Zippelius, Juristische Methodenlehre10, 47. als auch die darüber hinausgehende Rechtsfindung praeter legem gemeint sein kann. Oftmals werden im Schrifttum an Stelle des Begriffs „Auslegung“ auch die Begriffe „Interpretation“ und „Deutung“ verwendet;8989 Maaßen, Privatrechtsbegriffe in den Tatbeständen des Steuerrechts 49 Fn 192. einen Unterschied in der Begrifflichkeit lässt dabei – soweit ersichtlich – jedoch lediglich Gassner erkennen, der von der Interpretation als Überbegriff für die Auslegung und die – von dieser zu unterscheidenden – Analogie spricht.9090Vgl Gassner, Interpretation und Anwendung der Steuergesetze 10 ff. Die unterschiedlichen Begriffsverständnisse sind in diesem Zusammenhang im Übrigen Ursprung von Missverständnissen. So kritisiert etwa Kruse die Ansicht Gassners mit dem Hinweis, dass das Problem der Gesetzesumgehung kein Interpretationsproblem, sondern ein Lückenproblem sei. Dabei verkennt er jedoch, dass nach dem Begriffsverständnis Gassners zu den Mitteln der Interpretation eben auch die Lückenfüllung mittels Analogie zu zählen ist (vgl Kruse, ÖStZ 1976, 87). Widersprüchlich äußert sich in weiterer Folge jedoch auch Gassner in FS Kruse 189 f, wo er Kruse im Ergebnis insofern zustimmt, als er die Grenzen der Interpretation im möglichen Wortsinn ausmacht. Dem selben Missverständnis unterliegen offenbar auch Allgäuer/Wild, wenn sie die Anwendbarkeit des § 22 BAO deshalb verneinen, wenn dadurch ein Ergebnis erreicht wird, das den äußerst möglichen Wortsinn der maßgeblichen Bestimmung sprengt und daher nicht mehr Ergebnis der Auslegung sein kann (vgl Allgäuer/Wild, taxlex 2011, 284).

Sie möchten den gesamten Inhalt lesen?

Melden Sie sich bei Lexis 360® an.
Anmelden

Sie haben noch keinen Zugang?
Testen Sie Lexis 360® zwei Wochen kostenlos!
Jetzt testen!

Stichworte