European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022100038.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen ‑ im fortgesetzten Verfahren nach der mit dem hg. Erkenntnis vom 27. April 2021, Ra 2020/10/0186, erfolgten Aufhebung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 28. Mai 2020 ergangenen ‑ Erkenntnis wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Erteilung einer Rodungsbewilligung zum Zweck der Errichtung eines Parkplatzes für die Mitarbeiter der X GmbH auf näher genannten Grundstücken der KG F abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht ‑ soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse ‑ aus, die Revisionswerberin habe, weil die X GmbH mit der Revisionswerberin nicht ident sei und sich insofern als „Dritte“ darstelle, bei Übertragung näher beschriebener Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die vorliegende Fallkonstellation zwar ein privates Interesse an der Umsetzung des Mitarbeiterparkplatzes für die X GmbH, „aber kein öffentliches Interesse“. Gehe man aber ‑ so das Verwaltungsgericht weiter ‑ von einem öffentlichen Interesse an der Schaffung von Arbeitsplätzen aus, so überwiege dieses öffentliche Interesse „mit Blick auf die mittelbare Wirkung der Errichtung eines Mitarbeiterparkplatzes auf die Schaffung von Arbeitsplätzen“, die nicht ungünstige Arbeitsmarktentwicklung (zweithöchste Gesamtbeschäftigungszahl, zweithöchste Arbeitslosenquote, deutlich geringere Arbeitslosenquote in der Branche der X GmbH, rückläufige Arbeitslosenquote seit 2017 im Bezirk Villach) nicht das Interesse an der Walderhaltung, weil die Waldausstattung (16 % in der KG F, 65 %Bezirksdurchschnitt) äußerst gering und die Waldflächenbilanz (in den letzten 30 Jahren ein Abgang von 54 ha) stark negativ sei. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Rodungsbewilligung lägen daher nicht vor.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 24.2.2022, Ra 2021/10/0029; 24.2.2022, Ra 2021/10/0194; 4.5.2021, Ra 2020/10/0081).
7 Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision machen zur Alternativbegründung des Verwaltungsgerichtes (gehe man von einem öffentlichen Interesse an der Schaffung von Arbeitsplätzen aus, so überwiege dieses öffentliche Interesse nicht das öffentliche Interesse an der Walderhaltung) geltend, es stelle sich die Rechtsfrage, ob ein öffentliches Interesse vorliege, wenn wie hier die Errichtung eines Mitarbeiterparkplatzes keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung, aber mittelbar positive Auswirkungen habe. Dazu fehle es an höchstgerichtlicher Rechtsprechung. Ebenso fehle es an Rechtsprechung, wie die Begriffe „unmittelbare Auswirkung auf die Beschäftigung“ bzw. „mittelbare positive Auswirkungen auf die Beschäftigung“ zu bewerten seien. Da nach den Ausführungen der Sachverständigen davon auszugehen sei, dass „Mitarbeiterparkplätze generell positive Auswirkungen“ hätten, sei jedenfalls von einem generellen öffentlichen Interesse auszugehen. Es seien somit „generell positive Auswirkungen auf die Sicherung bzw. Erschaffung von Arbeitsplätzen, ob mittelbar oder unmittelbar, als relevantes öffentliches Interesse zu werten“.
8 Mit diesem Vorbringen wird schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, von deren Lösung das rechtliche Schicksal der vorliegenden Revision abhängt, aufgezeigt, weil das Verwaltungsgericht in der angesprochenen Alternativbegründung ohnehin von einem zugrunde zu legenden öffentlichen Interesse an der Schaffung von Arbeitsplätzen ausgeht, das allerdings ‑ aus den oben dargestellten Erwägungen ‑ das öffentliche Interesse an der Walderhaltung nicht überwiege. Unter welchen Gesichtspunkten es insofern einer für den vorliegenden Fall relevanten Klarstellung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf, wird mit dem oben wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbringen nicht konkret aufgezeigt. Gleiches gilt für das Vorbringen, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, welche „Rolle die zeitliche Komponente spielt, bei den mittelbaren und unmittelbaren Auswirkungen wie im konkreten Fall im Hinblick auf die Beschäftigung“.
9 Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof im oben genannten Erkenntnis vom 27. April 2021, Ra 2020/10/0186, bereits darauf hingewiesen, dass eine im Einzelfall durchgeführte Interessenabwägung vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des Revisionsmodells dann aufzugreifen ist, wenn das Verwaltungsgericht die vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Leitlinien bzw. Grundsätze nicht beachtet und somit seinen Anwendungsspielraum überschritten oder eine krasse bzw. unvertretbare Fehlbeurteilung des Einzelfalles vorgenommen hat. Ein derartiger Fehler wird mit dem wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbringen jedoch nicht aufgezeigt.
10 Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden Revision wenden sich auch gegen die Primärbegründung des Verwaltungsgerichtes und machen geltend, bei der X GmbH handle es sich „um ein Konzernunternehmen bzw. Schwester bzw. Tochterunternehmen“ und nicht um einen „Dritten“. Davon ausgehend würden sich zu dieser Begründungslinie des Verwaltungsgerichtes näher formulierte Rechtsfragen stellen.
11 Zu diesem Vorbringen genügt es auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach eine Revision unzulässig ist, wenn das angefochtene Erkenntnis ‑ wie hier ‑ auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht und dieser Begründung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt. Wenn einer tragfähigen Alternativbegründung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, kann die Revision zurückgewiesen werden, selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die anderen Begründungsalternativen unzutreffend waren (vgl. VwGH 20.10.2021, Ra 2021/09/0158; 4.5.2021, Ra 2020/10/0081; 11.5.2017, Ra 2016/04/0032).
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 20. Juni 2022
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