European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020100081.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels‑Land ‑ der nunmehrigen Amtsrevisionswerberin ‑ vom 26. März 2019 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 172 Abs. 6 iVm § 16 Forstgesetz 1975 (ForstG) aufgetragen, den von ihr auf einem näher genannten Waldgrundstück abgelagerten „Abfall von 220 t an Bodenaushubmaterial“ zu entfernen sowie „die Böschung ... auf ein Neigungsverhältnis von 2:3 bzw. 34 Grad Neigung abzuflachen“.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 25. Februar 2020 wurde der dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid „zur Gänze behoben“. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig sei.
3 Begründend ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass auf Veranlassung der mitbeteiligten Partei vor bzw. bis zum Sommer 2017 von privaten Baustellen Ablagerungen von rund 220 Tonnen lehmigen Bodenaushubmaterials auf das in Rede stehende Waldgrundstück verbracht und zum Zweck der Herstellung eines Holzlagerplatzes im Flächenausmaß von rund 150 m2 am Waldboden aufgebracht worden sei. Die Aufbringung der 220 Tonnen Bodenaushubmaterial habe auf die Standsicherheit in diesem Liegenschaftsbereich bzw. auf die dort bestehende Böschung keine Auswirkung. Es bestehe keine offenkundige Gefahr einer Hangrutschung, unterhalb der Böschung bestehe eine landwirtschaftliche Nutzung. Das Bodenaushubmaterial sei weder organisch noch anorganisch verunreinigt und stamme von einem chemisch und physikalisch unbedenklichen Anfallsort. Die Verwendung dieses Materials in Form der Anschüttung auf dem gegenständlichen Grundstück sei mit dem Abfallwirtschaftsplan 2011 in Einklang zu bringen.
4 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, durch die Aufbringung bestehe keine offenkundige Gefahr einer Hangrutschung. Die Voraussetzungen zur Erlassung eines forstpolizeilichen Auftrages gemäß § 172 Abs. 6 iVm § 16 Abs. 2 lit. b ForstG lägen somit nicht vor. Es liege auch keine Waldverwüstung durch Ablagerung von Abfall iSd § 16 Abs. 2 lit d ForstG vor. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde habe die Aufbringung der 220 Tonnen an Bodenaushubmaterial keine Auswirkungen auf die Standsicherheit am gegenständlichen Waldgrundstück und die dort bestehende Böschung; es könne daher auch keine Gefährdung öffentlicher Interessen (Gesundheitsgefährdung von Menschen) iSd § 1 Abs. 3 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) festgestellt werden. Das Bodenaushubmaterial sei abfalltechnisch unstrittig als unbedenkliches Material zu qualifizieren, welches einer zulässigen Verwertung gemäß dem Abfallwirtschaftsplan 2011 zugeführt werde. Mangels Gefährdungspotentials des Bodenaushubmaterials in Bezug auf die Standsicherheit und „insbesondere vor dem Hintergrund der zulässigen Verwertung am Maßstab des Abfallwirtschaftsplanes 2011“ werde der Tatbestand des § 16 Abs. 2 lit. d ForstG iVm den Vorschriften des AWG 2002 nicht verwirklicht. Es liege daher auch aus diesem Grund keine Waldverwüstung vor, sodass die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 172 Abs. 6 ForstG nicht gegeben seien.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde.
6 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.
7 Die Revision erweist sich als nicht zulässig:
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 30.3.2020, Ra 2019/10/0180‑0182, 0187; 25.3.2020, Ra 2020/10/0015; 27.2.2020, Ra 2019/10/0121).
12 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird geltend gemacht, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, „indem es für die Beurteilung der Abfalleigenschaft lediglich den objektiven Abfallbegriff“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 herangezogen habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Judikatur (Verweis auf VwGH 23.2.2012, 2008/07/0179; 27.11.2012, 2009/10/0088; 20.2.2014, 2011/07/0080, VwSlg. 18782 A) festgestellt, dass Abfall im Sinne des AWG 2002 bereits dann vorliege, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt sei. Somit liege eine offensichtliche Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.
13 Mit diesem Vorbringen wird eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG, von deren Lösung das Schicksal der vorliegenden Revision abhängt, aber schon deshalb nicht aufgezeigt, weil das Verwaltungsgericht nach der oben wiedergegebenen Begründung unmissverständlich ‑ auch ‑ davon ausgeht, dass das in Rede stehende Material, das abfalltechnisch als unbedenkliches Material zu qualifizieren sei, einer im Sinne des AWG 2002 zulässigen Verwertung zugeführt worden sei. Weshalb daher trotz des vom Verwaltungsgericht angenommenen Abfallendes im Sinne des § 5 Abs. 1 AWG 2002 der Frage, ob der subjektive Abfallbegriff erfüllt gewesen sei, Entscheidungsrelevanz zukommen sollte, wird in der ‑ allein maßgeblichen ‑ Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht dargelegt. Wenn einer tragfähigen Alternativbegründung aber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, kann die Revision zurückgewiesen werden, selbst wenn davon auszugehen war, dass die anderen Begründungsalternativen unzutreffend waren (vgl. VwGH 11.5.2017, Ra 2016/04/0032, mwN).
14 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
15 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 4. Mai 2021
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