European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0060OB00004.25V.0430.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.680,28 EUR (darin 268,28 EUR [deutsche] Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger unterfertigte am 1. 10. 2014 bei einer Kfz‑Händlerin einen Kaufvertrag über einen PKW der Marke Audi, in dem ein von der Beklagten hergestellter Dieselmotor des Typs EA189 verbaut ist.
[2] Die Vorinstanzen wiesen das auf Aufhebung des Kaufvertrags und Zahlung des Kaufpreises abzüglich eines Benützungsentgelts Zug um Zug gegen Rückgabe des wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vom „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeugs gerichtete Hauptbegehren sowie das eventualiter erhobene Begehren auf Ersatz von 30 % des Kaufpreises ab.
[3] Das Berufungsgericht war der Auffassung, der Kläger habe zeitnah zum Kaufvertrag einen Leasingvertrag über das Fahrzeug abgeschlossen. Der Kaufvertrag habe daher nur dessen Spezifikation gedient. Die Leasinggeberin habe das Eigentum am Fahrzeug erworben und dieses dem Kläger zum Gebrauch überlassen. Dem Kläger stünden daher keine aus dem Kaufvertrag abgeleiteten Ersatzansprüche zu. Ein Schaden aus dem Leasingvertrag selbst, etwa wegen überhöhter Leasingentgelte, werde nicht geltend gemacht.
[4] Das Berufungsgericht ließ die Revision nachträglich zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur „Zeitnähe“ von Kauf- und Leasingvertrag im Hinblick auf die Qualifikation als Finanzierungsleasing mit vertraglicher Einheit fehle.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die Revision des Klägers ist entgegen diesem Ausspruch nicht zulässig, weil sie keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt. Ihre Zurückweisung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):
[6] 1.1. Der Frage, ob eine Klage schlüssig ist, kommt im Allgemeinen – von hier nicht vorliegenden Fällen auffallender Fehlbeurteilung abgesehen – keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu (RS0116144; RS0037780; zum Abgasskandal vgl 4 Ob 21/25d [ErwGr 2.]; 10 Ob 53/23a [ErwGr II.1.]).
[7] 1.2. Der Oberste Gerichtshof unterscheidet im Zusammenhang mit der Finanzierung des Kaufs eines mit einer Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs durch Leasing in nunmehr ständiger Rechtsprechung danach, ob ein Kaufvertrag des Leasingnehmers mit dem Händler nur der Spezifikation des Fahrzeugs diente und der Leasinggeber daher unmittelbar in den Kaufvertrag eintrat oder ob der Leasingvertrag erst nach Erwerb des Fahrzeugs und unabhängig davon abgeschlossen wurde. Nur im letzten Fall erleidet der Leasingnehmer (schon) durch den Abschluss des Kaufvertrags einen aus diesem resultierenden Schaden. Tritt hingegen der Leasinggeber (unmittelbar) in den Kaufvertrag ein, entsteht daraus nur ihm, nicht hingegen dem Leasingnehmer ein Schaden (1 Ob 9/25t [ErwGr 1.1.]; 4 Ob 21/25d [ErwGr 3.]; 4 Ob 197/24k; 10 Ob 46/24y ua).
[8] 1.3. Der Kläger hatte bereits vor Abschluss des Vertrags mit der Fahrzeughändlerin beschlossen, das Fahrzeug über Leasing zu finanzieren, und das Fahrzeug wurde ihm von der Fahrzeughändlerin bereits leasingfinanziert angeboten. Dementsprechend war bereits im Kaufvertrag mit der Fahrzeughändlerin als Sondervereinbarung „*‑Leasing“ eingetragen. Zahlungsbedingungen enthielt der Vertrag nicht. Der Kläger unterzeichnete den Kaufvertrag und am nächsten Tag den Antrag auf Abschluss des Leasingvertrags (der in der Folge auch angenommen wurde). Darin schien als Lieferantin die Fahrzeughändlerin auf. Es war unter anderem festgehalten, dass die Leasinggeberin Eigentümerin des Leasingobjekts ist und der Leasingnehmer das Leasingobjekt umgehend nach Bereitstellung durch die Leasinggeberin oder die Fahrzeughändlerin zu übernehmen hat und der Leasingnehmer in letzterem Fall auch im Namen der Leasinggeberin zum Zweck deren Eigentumserwerbs das Leasingobjekt übernimmt. Der Kaufpreis wurde von der Leasinggeberin bezahlt.
[9] 1.4. Das Berufungsgericht war der Ansicht, der Kaufvertrag habe im vorliegenden Fall eine Einheit mit dem Leasingvertrag gebildet, sodass der Kaufvertrag nur der Spezifikation des Fahrzeugs gedient habe. Darin ist – auch im Hinblick darauf, dass die Verträge nicht gleichzeitig abgeschlossen wurden – keine aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken (vgl 4 Ob 21/25d [Leasingantrag am nächsten Tag]; 1 Ob 12/24g [zeitnah mit dem Kaufvertrag abgeschlossener Leasingvertrag]; 10 Ob 46/24y [ErwGr 2.2.]). Es wurde auch bereits ausgesprochen, dass es auf den Umstand, dass der Leasingantrag von der Leasinggeberin erst angenommen werden musste, nicht ankommt (vgl 1 Ob 9/25t [ErwGr 1.2.]; 3 Ob 166/24v [ErwGr 5.]).
[10] 1.5. Mit dem nicht weiter begründeten Hinweis auf eine erfolgte Abtretung von Ansprüchen der Leasinggeberin vermag die Revision angesichts der Feststellung, wonach dem Kläger lediglich die Ansprüche gegenüber der Fahrzeughändlerin abgetreten wurden, ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.
[11] 2.1. Ob der Abschluss eines Leasingvertrags eine „Schadensverlagerung“ bewirkt, also ein „Schaden“ des Fahrzeugs, der typischerweise beim unmittelbar Geschädigten eintritt, im besonderen Fall durch ein Rechtsverhältnis auf einen Dritten überwälzt wird, hängt von der konkreten Vertragsgestaltung ab (1 Ob 9/25t [ErwGr 2.1.]).
[12] 2.2. Warum nach der konkreten Vertragsgestaltung eine Verlagerung des Schadens aus dem behaupteten überhöhten Kaufpreis auf den Leasingnehmer erfolgt wäre (vgl 7 Ob 74/23t), zeigt der Kläger mit dem Hinweis auf sein erstinstanzliches Vorbringen, wonach die Verlagerung des Risikos der Mangelhaftigkeit auf den Leasingnehmer „allgemein bekannt“ sei, nicht auf, ebenso wenig mit seiner Bezugnahme auf eine vom Leasingnehmer zu tragende eingeschränkte „objektive Nutzbarkeit“, kann doch die Pflicht zur erstmaligen Verschaffung des ordnungsgemäßen Gebrauchs und zur Übergabe der Sache im bedungenen Zustand nicht auf den Leasingnehmer überwälzt werden (1 Ob 9/25t [ErwGr 2.2.]; 10 Ob 65/24t [ErwGr 3.]).
[13] 2.3. Dass die in der Revision ins Treffen geführten Entscheidungen 2 Ob 29/20h und 2 Ob 172/22s, in denen es jeweils um nachträglich (durch Unfälle) verursachte Substanzschäden am Leasingobjekt ging, für die Beurteilung der vorliegenden Fallkonstellation nicht einschlägig sind, wurde bereits mehrfach klargestellt (1 Ob 9/25t [ErwGr 2.3.]; 10 Ob 65/24t [ErwGr 3. und 5.1.]; 3 Ob 166/24v [ErwGr 4.]). Gleiches gilt für die im Zusammenhang mit einer „Drittschadensliquidation“ angeführten Entscheidungen 6 Ob 600/90, 4 Ob 3/19y sowie 5 Ob 100/22z, die keine Fälle einer vertraglichen Schadensverlagerung betrafen. Soweit der Kläger aus diesen die (allgemeine) Möglichkeit zur Geltendmachung des objektiv‑abstrakten Schadens ableitet, legt er nicht dar, warum er dazu als Leasingnehmer berechtigt sein sollte (vgl 1 Ob 9/25t [ErwGr 2.4.]).
[14] 2.4. Mit seinem Argument, der Schädiger dürfe nicht entlastet werden, übergeht der Kläger, dass bei einem – wie hier erfolgten – Eintritt der Leasinggeberin in den Kaufvertrag dieser der behauptete Schaden entstanden wäre und von ihr geltend gemacht werden könnte (1 Ob 9/25t [ErwGr 3.2.]).
[15] 2.5. Auch der Einwand der Revision, die bisherige Rechtsprechung führe zu einer eklatanten Benachteiligung von Leasingnehmern gegenüber „normalen Käufern“ und „kreditfinanzierten Käufern“, wurde bereits mit dem Hinweis auf die im Vergleich zu Käufern grundlegend andere Rechtsposition der Leasingnehmer als unberechtigt erachtet (10 Ob 65/24t [ErwGr 4.2.]).
[16] 3. Das in erster Instanz erstattete Vorbringen, wonach die Klägerin für das Fahrzeug insgesamt (nämlich durch Leistung der Leasingraten und des Restwerts an die Leasinggeberin) „erheblich mehr bezahlt habe als nur den Kaufpreis“, stellt entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht keine schlüssige Behauptung eines Schadens aus dem Leasingvertrag selbst, etwa wegen überhöhter Leasingentgelte, dar (3 Ob 166/24v [ErwGr 3.]; vgl 1 Ob 9/25t [ErwGr 3.1.]; 10 Ob 65/24t [ErwGr 5.2.]).
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