OGH 1Ob140/24f

OGH1Ob140/24f25.3.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely‑Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin D*, geboren am *, vertreten durch Mag. Diether Pfannhauser, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner T*, geboren am *, Großbritannien, vertreten durch Mag. Evert Vastenburg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über die außerordentlichen Revisionsrekurse der Antragstellerin und des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. Juli 2024, GZ 45 R 177/24y‑49, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 1. März 2024, GZ 46 Fam 7/23m‑39, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0010OB00140.24F.0325.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Familienrecht (ohne Unterhalt), Internationales Privat- und Zivilverfahrensrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Beiden Revisionsrekursen wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragstellerin wird als verspätet zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die am 13. 9. 2003 in Österreich geschlossene Ehe der Parteien wurde mit Urteil vom 23. 9. 2022 aus dem alleinigen Verschulden des Mannes geschieden. Der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten befand sich in Österreich. Der Ehe entstammt ein minderjähriger Sohn. Als Aufteilungsstichtag wurde der 1. 9. 2021 außer Streit gestellt.

[2] Die Frau brachte keine, der Mann Ersparnisse in Höhe von 10.000 GBP sowie zwei in London gelegene Immobilien in die Ehe ein.

[3] Die 1999 um 84.000 GBP erworbene Liegenschaft (ein Haus) in der M* Lane wurde vom Mann zu rund 10 % aus Eigenmitteln und zu 90 % kreditfinanziert. Der (mittlerweile umgeschuldete) endfällige Kredit läuft bis 2043. Die Kreditzinsen wurden und werden vom Mann aus den Mieteinnahmen aus der Liegenschaft beglichen. Die die Kreditzinsen übersteigenden Mieteinnahmen wurden und werden auf ein Konto des Mannes überwiesen. Der Wert der Immobilie beträgt derzeit „zumindest“ 400.000 EUR.

[4] Die Immobilie (eine Eigentumswohnung) in A* wurde vom Mann 2001 um 105.000 GBP erworben und ebenfalls zu 10 % eigen‑ und zu 90 % fremdfinanziert. Der Abzahlungskredit wurde seit Dezember 2001 bedient und 2020 getilgt. Die Mieterträge aus dieser ebenfalls vermieteten Liegenschaft flossen in die Kreditrückzahlung sowie auf Konten des Mannes. Der Wert der Immobilie beträgt derzeit „zumindest“ 300.000 EUR.

[5] Der Mann verfügte zum Aufteilungsstichtag über Kontoguthaben von rund 107.850 GBP sowie 31.000 EUR, die Frau über solche von 9.500 EUR. Zwischen März 2021 und September 2021 behob der Mann rund 65.000 GBP von einem Konto und schenkte diesen Betrag seinem Schwiegersohn.

[6] Nach dem (auf den Mann anwendbaren) britischen Pensionssystem zahlen Arbeitgeber (und in geringerem Umfang auch Arbeitnehmer) verpflichtend in private Pensionskassen ein. Nähere Feststellungen zur Höhe der Einzahlungsverpflichtung und zur Möglichkeit einer vorzeitigen Entnahme des Kapitals wurden nicht getroffen; die diesbezügliche Rechtslage wurde nicht ermittelt. Der Mann leistete vor Eheschließung Einzahlungen in zwei „Pensionspläne“ bei der Z* Versicherung. Während der Ehe erfolgten auf diese keine weiteren Zahlungen. Er verfügt außerdem über einen „D* Pensionsfonds“ mit einem Guthaben von 67.000 EUR, auf den bis März 2004 Einzahlungen erfolgten; außerdem über (zumindest) einen „D* International Pensionsplan“. 2019 bezog der Mann eine Abfertigung, die teilweise steuerbefreit auf sein Konto und teilweise in „einen“ Pensionsfonds einbezahlt wurde.

[7] Die Frau beantragte die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse.

[8] Sie strebt eine Ausgleichszahlung für die überwiegend beim Mann befindlichen ehelichen Ersparnisse – zu denen auch von ihm erworbene Pensionsvorsorgeprodukte zählten – sowie für die beiden von ihm erworbenen und ihm verbleibenden Liegenschaften in England an, soweit deren Wert nicht auf den aus Eigenmitteln des Mannes finanzierten Teil des Kaufpreises entfalle. Zu den Pensionsvorsorgeprodukten des Mannes ging sie zuletzt davon aus, dass zwei „Pensionspläne bei der D*“ ein Guthaben von 388.048 GBP aufwiesen, das als eheliche Errungenschaft der Aufteilung unterliege. Es stehe ihr auch zumindest die Hälfte einer vom Mann bezogenen und in einen Pensionsfonds geflossenen Abfertigung in Höhe von 83.466,63 GBP (rund 100.000 EUR) zu.

[9] Der Mann entgegnete, dass beide Liegenschaften in London nicht der Aufteilung unterlägen, weil sie von ihm in die Ehe eingebracht worden seien und die Kreditrückzahlung (soweit eine solche überhaupt erfolgt sei) ausschließlich aus – nicht in eheliche Mittel umgewidmeten – Mieteinnahmen aus den beiden Objekten erfolgt sei. Eine eheliche Wertschöpfung habe daher nicht stattgefunden. Auch seine Pensionsvorsorgeprodukte unterlägen nicht der Aufteilung. Einerseits seien sämtliche Einzahlungen darauf „praktisch“ vor Eheschließung erfolgt. Andererseits dienten diese nicht der (ehelichen) Vermögensanlage sondern – im Hinblick auf das unzureichende britische Pensionssystem – seiner Altersvorsorge. Zu diesem Zweck angelegte Mittel stünden ihm erst in Zukunft zu, derzeit bestünden nur Anwartschaftsrechte, die nicht „jederzeit“ realisierbar wären.

[10] Das Erstgericht sprach der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von 275.027,70 EUR zu.

[11] Dabei berücksichtigte es zunächst die Ersparnisse der Parteien in Höhe von 40.500 EUR (31.000 EUR des Mannes und 9.500 EUR der Frau) sowie von 107.850 GBP (des Mannes).

[12] Die vom Mann in die Ehe eingebrachte Immobilie in A* mit einem Wert von „zumindest“ 300.000 EUR unterliege der Aufteilung, weil sie praktisch ausschließlich während der Ehe aus ehelichen Mitteln – nämlich durch eine Kredittilgung aus den Mieteinnahmen – finanziert worden sei.

[13] Hingegen sei bei der ebenfalls in die Ehe eingebrachten Immobilie in der M* Lane der Kredit noch offen. Da die Mieten einerseits auf ein Konto des Mannes geflossen und andererseits für die Bezahlung (nur) der Kreditzinsen verwendet worden seien, habe die Frau keinen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung geleistet, weil „der Erlös ja stets zur Verfügung gestanden“ sei und (soweit noch vorhanden) in die Aufteilungsmasse falle. Diese Liegenschaft sei daher nicht in die Aufteilung einzubeziehen.

[14] Da bloße Anwartschaftsrechte nicht der Aufteilung unterlägen, seien die nach dem britischen Pensionssystem für die Altersvorsoge notwendigen „Pensionsfonds“ des Mannes nicht der Aufteilungsmasse zuzurechnen.

[15] Eine dem Mann 2019 zugekommene Abfertigung in Höhe von 83.466,63 GBP sei mit einem Betrag von rund 30.000 GBP auf sein Konto geflossen. Soweit dieser Betrag zum Aufteilungsstichtag noch vorhanden sei, sei dieser Teil der Aufteilungsmasse. Mit einem Teilbetrag von rund 53.000 GBP sei die Abfertigung in einen Pensionsfonds einbezahlt worden. Unter Zugrundelegung der sonst erfolgten Besteuerung unterliege dieser Betrag zur Hälfte (mit 26.500 GBP) der Aufteilung.

[16] Für die Bemessung der Ausgleichszahlung sei auch zu berücksichtigen, dass der Mann seinem Schwiegersohn 2021 einen Geldbetrag von 65.000 GBP geschenkt habe. Dieser sei daher der Aufteilungsmasse hinzuzurechnen.

[17] Zusammengefasst ging das Erstgericht von einer Aufteilungsmasse von 340.500 EUR (Ersparnisse von 40.500 EUR; Wert der Liegenschaft in A* von 300.000 EUR) sowie von 199.350 GBP (Ersparnisse von 107.850 GBP, halbe Abfertigung von 26.500 GBP [bezogen auf den in einen Pensionsfonds einbezahlten Anteil]; Hinzurechnung der Schenkung an den Schwiegersohn von 65.000 GBP) aus. Davon stehe der Frau die Hälfte zu, sohin 170.250 EUR und 99.675 GBP. Da der Mann Ersparnisse von 10.000 GBP in die Ehe eingebracht habe, sei dieser Betrag von den 99.675 GBP abzuziehen. Die Differenz (89.675 GBP) rechnete das Erstgericht in 104.777,70 EUR um und bemaß die Ausgleichszahlung daher mit 275.027,70 EUR (170.250 EUR + 104.777,70 EUR).

[18] Das von beiden Parteien angerufene Rekursgericht gab dem Rekurs des Mannes nicht und jenem der Frau teilweise Folge.

[19] Es änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass es den Mann zu einer Ausgleichszahlung von 289.250 EUR verpflichtete und aussprach, dass Ersparnisse von 9.500 EUR bei der Frau verbleiben.

[20] Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es nicht zu.

[21] Dass die Liegenschaft in der M* Lane (auch wertmäßig) nicht der Aufteilung unterliege, blieb von der Frau in zweiter Instanz unbekämpft.

[22] Die vom Mann erworbene Immobilie in A* unterliege der Aufteilung, weil sie zu 90 % fremdfinanziert und der Kredit beinahe zur Gänze während der Ehe zurückgezahlt worden sei. Dem Mann stehe allerdings – was das Erstgericht übersehen habe – jener Anteil am Wert dieser Liegenschaft zu, der dem aus seinen Eigenmitteln finanzierten (entsprechend der Wertsteigerung der Liegenschaft aufgewerteten) 10%igen Anteil am Kaufpreis entspreche.

[23] Bei Zukunftsvorsorgeprodukten, die nicht auf den ersten Blick der Aufteilung unterlägen, komme es für die Zugehörigkeit zur Aufteilungsmasse darauf an, ob es sich um üblicherweise (nach der Verkehrsauffassung) für eine Verwertung bestimmte Wertanlagen handle. Dies treffe auf typischerweise der Altersvorsorge dienende „Finanzprodukte“ nicht zu, die daher grundsätzlich nicht der nachehelichen Aufteilung unterlägen. Demnach seien auch freiwillige private Pensionsvorsorgen – unabhängig von der Möglichkeit einer vorzeitigen Kapitalentnahme – nicht in diese einzubeziehen. Die vom Mann für seine Altersvorsorge erworbenen Finanzprodukte fielen daher – da die Frau keinen „Missbrauch“ behauptet habe – nicht in die Aufteilungsmasse.

[24] Ausgehend von dieser rechtlichen Beurteilung ließ das Rekursgericht die Tatsachenrüge der Frau, mit der sie die erstinstanzliche Feststellung bekämpfte, wonach „ein D* International Pensionsplan“ des Mannes ein Guthaben von 256.728,54 GBP (rund 300.000 EUR) aufgewiesen habe, und sie die Ersatzfeststellung anstrebte, dass das Guthaben rund 388.000 GBP (rund 453.000 EUR) betragen habe, unerledigt.

[25] Zu der vom Mann bezogenen Abfertigung änderte das Rekursgericht die erstinstanzlichen Feststellungen dahin ab, dass der Mann nicht nur (wie vom Erstgericht festgestellt und von der Frau im erstinstanzlichen Verfahren behauptet) eine Abfertigung in Höhe von 83.466,63 GBP bezogen habe, sondern eine solche in Höhe von 112.767,31 GBP. Davon seien 83.466,63 GBP (und nicht – wie in erster Instanz festgestellt – rund 53.000 GBP) in „seinen Pensionsfonds bei der D*“ geflossen. Dieser Betrag (also 83.466,63 GBP) unterliege zur Gänze der Aufteilung.

[26] Für jenen Teil der ehelichen Ersparnisse in Höhe von 9.500 EUR, die sich bereits im Vermögen der Frau befänden, stehe ihr keine Ausgleichszahlung zu.

Zusammengefasst bemaß das Rekursgericht die vom Mann zu leistende Ausgleichszahlung daher wie folgt:

[27] Die Aufteilungsmasse bestehe aus den Ersparnissen der Frau von 9.500 EUR, Bankguthaben und Ersparnissen des Mannes von 31.000 EUR und 107.850 GBP, der in einen Pensionsfonds einbezahlten Abfertigung des Mannes in Höhe von 83.466,63 GBP, dem der ehelichen Errungenschaft zuzurechnenden Wert der Liegenschaft in A* von 270.000 EUR sowie der der Aufteilungsmasse hinzuzurechnenden Schenkung an den Schwiegersohn des Mannes von 65.000 GBP.

[28] Davon seien dem Mann seine in die Ehe eingebrachten Ersparnisse von 10.000 GBP vorab zuzuweisen. Somit ergebe sich eine Aufteilungsmasse von 310.500 EUR sowie von 246.316,63 GBP (umgerechnet rund 287.000 EUR) und somit von insgesamt 597.500 EUR. Davon stehe jeder Partei entsprechend der gleichteiligen Aufteilungsquote die Hälfte (sohin ein Betrag von 298.750 EUR) zu. Da die Frau bereits über eheliche Ersparnisse in Höhe von 9.500 EUR verfüge, ergebe sich ein Ausgleichsanspruch von 289.250 EUR.

[29] Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[30] Die dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurse beider Parteien sind – entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch – zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichts zur Frage, welche Vermögenswerte als eheliche Errungenschaft der Aufteilung unterliegen, einer Korrektur bedarf. Beide Rechtsmittel sind aus diesem Grund mit ihren hilfsweisen Aufhebungsanträgen auch berechtigt.

I. Kein Bewertungsausspruch erforderlich:

[31] In zweiter Instanz begehrte der Mann eine Reduktion der Ausgleichszahlung um mehr als 161.000 EUR und die Frau weitere rund 207.000 EUR, womit jedenfalls ein 30.000 EUR übersteigender Entscheidungsgegenstand vorlag. Somit war kein Bewertungsausspruch gemäß § 59 Abs 2 AußStrG durch das Rekursgericht erforderlich (etwa 1 Ob 36/24m [Rz 3 mwN]).

II. Zum anwendbaren Recht:

[32] Die Frau ist österreichische Staatsbürgerin, der Mann britischer Staatsangehöriger. Die VO (EU) 2016/1103 (EuGüVO) ist aufgrund der Eheschließung vor dem 30. 1. 2019 nach deren Art 69 Abs 3 nicht anwendbar. Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats erfolgt die Anknüpfung des Rechts der nachehelichen Vermögensaufteilung daher gemäß § 20 Abs 1 IPRG nach dem für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe maßgebenden Recht zum Zeitpunkt der Ehescheidung (1 Ob 113/23h [Rz 15]; 1 Ob 157/24f [Rz 5], jeweils mwN). Die Vorinstanzen wandten somit – aufgrund des letzten gemeinsamen Aufenthalts der Parteien in Österreich und mangels gemeinsamen (oder früher gemeinsamen) Personalstatuts eines anderen Staats – gemäß § 18 Abs 1 Z 2 IPRG zu Recht materielles österreichisches Aufteilungsrecht an. Dies wird von den Parteien auch nicht beanstandet.

III. Zum Revisionsrekurs des Mannes:

[33] 1. Der Mann wendet sich in seinem Rechtsmittel (nur) dagegen, dass seine vor Eheschließung erworbene Liegenschaft in A* der Aufteilung unterliege. Zwar sei der für deren Erwerb aufgenommene Kredit (wobei 90 % des Kaufpreises fremdfinanziert worden seien) beinahe zur Gänze während der Ehe zurückgezahlt worden. Allerdings sei die Kreditrückzahlung aus den Mieteinnahmen dieser Immobilie finanziert worden. Die Frau habe zur Kredittilgung keinen Beitrag – auch nicht durch Konsumverzicht – geleistet.

[34] 2. Der Aufteilung unterliegt die eheliche Errungenschaft, also das, was die Ehegatten während der Ehe erarbeitet oder erspart haben (RS0057486; RS0057287), wobei nicht entscheidend ist, ob diese Vermögenswerte durch gemeinsame Tätigkeiten oder die Bemühungen nur eines Ehegatten geschaffen wurden (RS0057486 [T3, T5, T11]).

[35] 3. Gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG sind ua Vermögenswerte nicht in die Aufteilung einzubeziehen, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat. Eine zum Aufteilungszeitpunkt noch vorhandene Wertsteigerung einer demnach nicht der Aufteilung unterliegenden – insbesondere eingebrachten – Sache, die nicht nur auf eine allgemeine Werterhöhung, sondern auf Anstrengungen der Ehepartner während der Ehegemeinschaft zurückzuführen ist, zählt jedoch zur ehelichen Errungenschaft (1 Ob 183/23b [Rz 14 mwN]). Eine in die Ehe eingebrachte (und daher grundsätzlich nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG von der Aufteilung ausgenommene) Sache unterliegt als Ganzes der Aufteilung, wenn eine auf solche ehelichen Beiträge zurückzuführende Wertschöpfung erheblich überwiegt (RS0057681). Die eheliche Wertschöpfung kann hinsichtlich einer von einem Teil in die Ehe eingebrachten und von diesem fremdfinanzierten Sache auch durch Tilgung dieses Kredits aus ehelichen Mitteln erfolgen (RS0130671).

[36] 4. Durch die aus Mieteinnahmen der vom Mann in die Ehe eingebrachten Liegenschaft in A* finanzierte Kredittilgung erfolgte jedoch keine eheliche Wertschöpfung:

[37] 4.1. Erträge aus eingebrachtem, geschenktem oder ererbtem Vermögen, die ohne Beitrag eines Ehegatten anfallen, zählen nach der jüngeren Rechtsprechung nur dann zur ehelichen Errungenschaft, wenn sie ausdrücklich oder schlüssig dazu umgewidmet wurden (RS0057486 [T18]). Soweit ein Ehegatte die Zurechnung von Erträgen von nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG von der Aufteilung ausgenommenen Vermögenswerten zur ehelichen Errungenschaft anstrebt, hat er jene Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, die eine ausdrückliche oder schlüssige Umwidmung tragen (vgl RS0120075 zu Erträgen eines Unternehmens; siehe auch 1 Ob 116/24a [Rz 12]).

[38] 4.2. Anhaltspunkte für eine Umwidmung der aus der vom Mann in die Ehe eingebrachten, kreditfinanzierten Liegenschaft in A* erzielten Mieterträge in eheliche Ersparnisse wurden von der Frau weder ins Treffen geführt, noch ergeben sich solche aus den erstinstanzlichen Feststellungen. Somit ist davon auszugehen, dass durch die Rückzahlung des vom Mann für diese Liegenschaft aufgenommenen Kredits, soweit die Kreditraten aus den ihm aus deren Vermietung zugeflossenen Mietzinsen finanziert wurden, keine eheliche Wertschöpfung erfolgte (vgl auch 1 Ob 116/24a, wobei dort im Wesentlichen nur die Kreditzinsen aus den Mieterträgen finanziert wurden; siehe auch Gitschthaler in Schwimann/Kodek 5 [2019] § 82 EheG Rz 12, wonach die Kredittilgung für eine eingebrachte Wohnung aus den Mieterlösen nicht erkennen lasse, worin der Beitrag des anderen Ehegatten zur Erzielung dieses „Vermögens“ liege).

[39] 5. Im vorliegenden Fall steht allerdings nur fest, dass die Einnahmen aus der Vermietung der Immobilie in A* „zum Teil in die Kreditrückzahlungen und auf die Konten bei der H* Bank“ flossen. Dies lässt nicht ausreichend klar erkennen, ob für die Rückzahlung des für den Erwerb dieser Immobilie aufgenommenen Kredits ausschließlich die Einnahmen aus deren Vermietung verwendet wurden oder ob die Kreditrückzahlung teilweise auch aus (nicht aus der Vermietung stammenden) ehelichen Mitteln finanziert wurde. Damit kann aber weder beurteilt werden, ob hinsichtlich dieser Liegenschaft überhaupt eine eheliche Wertschöpfung erfolgte, noch ob – was Voraussetzung für die von der Frau angestrebte gänzliche Einbeziehung der Liegenschaft in das Aufteilungsverfahren wäre – eine solche (allfällige) eheliche Wertschöpfung erheblich überwogen hätte.

[40] 6. Da die Frau eine Einbeziehung der vom Mann in die Ehe eingebrachten und daher gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG grundsätzlich von der Aufteilung ausgenommenen Liegenschaft in A* anstrebt, hätte sie entsprechende Tatsachen behaupten müssen, aus denen sich eine eheliche Wertschöpfung durch die Kreditrückzahlung (weil diese zumindest teilweise aus ehelichen Mitteln und nicht nur aus den Mieteinnahmen aus dieser Liegenschaft finanziert wurde) und gegebenenfalls ein erhebliches Überwiegen einer solchen Wertschöpfung ergäbe. Da die rechtliche Relevanz der Frage, aus welchen Mitteln die Kreditrückzahlung finanziert wurde, für die (zumindest teilweise) Zurechnung des Werts der Liegenschaft zur Aufteilungsmasse bisher nicht erörtert wurde und der Oberste Gerichtshof die Parteien nicht mit einer Rechtsansicht überraschen darf, die sie bisher nicht beachtet haben (RS0037300 [T9, T60]), kann ihr ein fehlendes Vorbringen dazu aber nicht vorgeworfen werden.

[41] 7. Die Beschlüsse der Vorinstanzen sind daher zur Erörterung dieser Frage aufzuheben. Auf Basis eines allenfalls ergänzten Parteivorbringens wird das Erstgericht ausreichend konkrete Feststellungen zur Frage der Finanzierung der Rückzahlung des für die Liegenschaft in A* aufgenommenen Kredits zu treffen haben.

IV. Zum Revisionsrekurs der Frau:

[42] 1. Die Frau wendet sich (nur) dagegen, dass vom Mann während der Ehe erworbene (dotierte) Finanzprodukte zur Altersvorsorge nicht der Aufteilung unterlägen. Sie bezieht sich dabei in dritter Instanz (nur mehr) auf die beiden „D* International Pensionspläne“ gemäß den Beilagen ./22 und ./23 mit einem behaupteten Gesamtguthaben von 388.048 GBP (nach Umrechnung durch die Frau 452.798 EUR).

2. Die Rechtsprechung geht zur nachehelichen Aufteilung von „Altersvorsorgeprodukten“ von folgenden Grundsätzen aus:

[43] 2.1. Unter ehelichen Ersparnissen im Sinn des § 81 Abs 3 EheG sind alle Wertanlagen, gleich welcher Art, zu verstehen, welche die Ehegatten während aufrechter Ehegemeinschaft angesammelt haben und die ihrem Wesen nach – also nach der Verkehrsauffassung – zur Verwertung bestimmt sind (RS0057792). Dabei ist nicht danach zu unterscheiden, ob eine Verwertung nach der Substanz (durch Veräußerung) oder durch Erzielung von Erträgen (RS0057331 [T8]) erfolgen soll. Auf die ursprüngliche Widmung während der Ehe kommt es nicht an, vielmehr ist ein objektiver Maßstab anzulegen (RS0057524).

[44] 2.2. Demgegenüber sind während der ehelichen Lebensgemeinschaft erworbene (bloße) Anwartschaften oder Optionen auf künftige Werte – wie insbesondere Pensionsanwartschaften (1 Ob 190/21d [Rz 12 mwN]) oder Abfertigungsansprüche (RS0057331 [T2, T4, T7]) – von der Aufteilung ausgenommen, weil (wenn) bei Aufhebung der Ehegemeinschaft nicht feststeht, ob ein daraus resultierender Geldbetrag überhaupt anfallen wird (RS0057331 [T16]). Dies gilt nach der bisherigen Rechtsprechung auch für Einzahlungen in eine „Pensionskasse“ in der Erwartung eines späteren Pensionsbezugs, weil auch in diesem Fall die Früchte aus diesen Zahlungen zum Aufteilungsstichtag noch nicht angefallen seien (9 Ob 42/99p [Zurückweisung] = RS0057331 [T6]; die weiteren zu T6 indizierten Entscheidungen [3 Ob 122/04v, 1 Ob 117/11d] enthalten insofern nur obiter dicta). Erst wenn sich ein Anwartschaftsrecht in ein unwiderrufliches, vermögenswertes Forderungsrecht umgewandelt habe, könne dieses der Aufteilungsmasse zugerechnet werden (1 Ob 53/02d).

[45] 2.3. Bei Lebensversicherungsverträgen handelt es sich demgegenüber nach der (überwiegenden) Rechtsprechung um eine zur Verwertung bestimmte Sparform, die mit dem Rückkaufswert in die Aufteilung einzubeziehen sei (6 Ob 551/88; 6 Ob 85/02x; 7 Ob 215/19x [Pkt 7]; vgl aber 1 Ob 117/11d [siehe dazu auch Pkt 2.4.3.]). Über das angesparte Vermögen könne der Versicherungsnehmer infolge der ihm eingeräumten Kündigungsmöglichkeit während der Laufzeit schon vor Eintritt des Versicherungsfalls verfügen. Zwar diene die Lebensversicherung ebenfalls der Vorsorge. Wegen des jedenfalls auch gegebenen Sparzwecks und der Verwertbarkeit von Lebensversicherungen sei diese aber als eheliche Ersparnis zu qualifizieren.

2.4. Konkret mit einer privaten Altersvorsorge setzte sich der Oberste Gerichtshof in folgenden Entscheidungen auseinander:

[46] 2.4.1. Zu 3 Ob 122/04v wurde eine „allenfalls“ der Pensionsvorsorge dienende Beteiligung eines Selbständigen an einer „Verlustgesellschaft“ der Aufteilungsmasse zugerechnet und hervorgehoben, dass keine bloße Versorgungsanwartschaft vorläge.

[47] 2.4.2. Zu 1 Ob 187/09w waren Einzahlungen in einen amerikanischen Pensionsfonds zu beurteilen, zu denen ein Ehegatte während seiner Berufstätigkeit verpflichtet war. 50 % der Zahlungen wurden vom Arbeitgeber geleistet. Der angesparte Betrag sollte grundsätzlich erst mit Erreichen eines bestimmten Alters des Berechtigten (nach Auflösung der Ehegemeinschaft) verfügbar sein. Der Senat führte dazu aus, dass es bei „Mischformen von Zukunftsvorsorgeprodukten“, die (nach der Verkehrsauffassung) nicht „auf den ersten Blick“ der Aufteilung unterlägen oder von ihr ausgenommen seien, darauf ankomme, ob es sich nach § 81 Abs 3 EheG um ihrer Art nach üblicherweise (nach der Verkehrsauffassung) zur Verwertung bestimmte Wertanlagen handle. Dies treffe auf „typischerweise“ der Altersvorsorge dienende Finanzprodukte nicht zu, sodass diese – abgesehen von Missbrauchsfällen – regelmäßig nicht der Aufteilung unterlägen. „Ihrer Art nach“ habe die in der genannten Entscheidung zu beurteilende Veranlagung primär auf eine materielle Versorgung des Berechtigten im Alter abgezielt, auch wenn eine frühere Auszahlung möglich, allerdings mit wirtschaftlich „ganz unvernünftigen“ Verlusten verbunden gewesen wäre. Davon, dass eine solche Altersvorsorge einer üblichen fondsgebundenen Er‑ und Ablebensversicherung entspreche, könne keine Rede sein.

[48] 2.4.3. Zu 1 Ob 117/11d war eine freiwillige private Pensionsvorsorge im Rahmen der (nach dem österreichischen Pensionssystem) „dritten Pensionssäule“ zu beurteilen, die (auch) auf Lebensversicherungsverträgen als Tilgungsträgern beruhte. Der Senat maß dem Element der Freiwilligkeit dabei keine entscheidende Bedeutung dafür zu, ob das investierte Kapital der Aufteilung unterliege, zumal die private Pensionsvorsorge für die Aufrechterhaltung des gewohnten Lebensstandards aufgrund von (künftigen) Einschnitten in das staatliche Pensionssystem immer wichtiger werde. Maßgeblich sei, ob die Investition bei wirtschaftlich vernünftiger Betrachtungsweise objektiv dazu diene, ab Erreichen einer bestimmten Altersgrenze, auf welche die Vertragslaufzeit solcher Modelle in der Regel abgestimmt sei, Leistungen zu beziehen, die künftig neben staatlichen Pensionen oder Firmenpensionen einen „gewissen Lebensstandard“ sichern soll. Stehe hingegen der Zweck im Vordergrund, durch die Einzahlung(en) ein nach Ablauf der Vertragslaufzeit prognostiziertes Vermögen „anzusparen“, zähle das danach erzielte Kapital oder die bei vorzeitiger Vertragsauflösung ausbezahlte Summe zu den ehelichen Ersparnissen, sofern die Auszahlung während der ehelichen Gemeinschaft erfolgt sei. Der Senat verneinte in dieser Entscheidung eine Einbeziehung des dort zu beurteilenden Pensionsvorsorgeprodukts in die Aufteilung.

[49] 2.4.4. Die Entscheidung zu 1 Ob 146/17b betraf Rentenversicherungen, bei denen aufgrund bei aufrechter Ehe getätigter Einmalzahlungen schon im Aufteilungszeitpunkt monatliche Renten ausgeschüttet wurden. Der Senat legte dar, dass der Umstand, dass die Verwertung erst in Zukunft erfolgen solle, einer Einordnung als Ersparnis nicht entgegenstehe, sofern es sich um keine Altersvorsorge handle, die das Ziel verfolge, eine gemessen an den „üblichen“ Ansprüchen aus dem staatlichen Pensionssystem unzureichende finanzielle Versorgung aufzustocken. Der konkrete Fall sei anders gelagert als jener zu 1 Ob 187/09w, weil der versicherte Ehegatte im zu entscheidenden Fall „offenbar“ die volle inländische staatliche Pension in Anspruch nehme und gar nicht behauptet habe, dass diese seinen „standesgemäßen“ Bedarf nicht decke. Es sei nicht gerechtfertigt, einen Ehegatten, der Geld auf einem Sparbuch zurücklege, um davon in der Pension monatlich „Aufbesserungen“ zu entnehmen, anders zu behandeln als den, der in eine Rentenversicherung einen Einmalerlag leiste, um den angesparten Betrag in monatlichen Raten (einschließlich des erzielten Veranlagungsgewinns) zurückzubekommen. Solche Rentenversicherungen seien ebenso mit ihrem Bar- bzw Rückkaufswert als eheliche Ersparnisse zu berücksichtigen wie übliche Er‑ und Ablebensversicherungen.

3. In der Literatur wird zur Einbeziehung einer privaten Altersvorsorge in die Aufteilung Folgendes vertreten:

[50] 3.1. Steininger (in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ [2021] § 81 EheG Rz 47 f) vertritt, dass es nicht nur auf den Zweck der Altersvorsorge ankomme, weil dieser auch sonst für die Beurteilung als eheliche Ersparnis nicht entscheidend sei. Maßgeblich sei, ob sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise im Vermögen des Ehegatten bereits ein Wert materialisiert habe, der seiner Art nach für eine Verwertung bestimmt sei. Dafür seien mehrere Faktoren zu berücksichtigen, etwa die mangelnde Verfügbarkeit des Vermögenswerts, eine Verpflichtung zur Einzahlung oder die Auszahlung in Form einer lebenslangen Rente. Dass die Verwertung erst künftig erfolgen soll, stehe einer Einordnung als Ersparnis nicht entgegen.

[51] 3.2. Nach Oberhumer (Frischer Wind im Aufteilungsrecht? EF‑Z 2012/155 [Pkt 4]) ist unter anderem fraglich, ob ein Unterschied bestehe, ob jemand für das Alter durch Erwerb eines komplexen Finanzprodukts oder etwa einer Eigentumswohnung vorsorgen wolle, und ob nur „komplizierte“ Pensionsmodelle unangetastet bleiben sollten. Dem weiten Ersparnisbegriff entspräche es eher, bei Pensionsmodellen bestehende Tilgungsträger mit dem Rückkaufswert als Ersparnis einzuordnen. Insgesamt sei eine „Zurückhaltung bei der Aushöhlung des Ersparnisbegriffs“ geboten.

[52] 3.3. Deixler-Hübner (in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR² [2022] § 81 EheG Rz 27; vgl auch dieselbe in Deixler‑Hübner, Handbuch Familienrecht² [2020] 981) geht davon aus, dass für die Ausnahme einer privaten Altersvorsorge von der Aufteilung – als „willkürliche Annahme“ der Rechtsprechung – keine gesetzliche Grundlage, dafür aber die Gefahr von Manipulationen bestehe, wenn nur behauptet werden müsse, dass eine Sparform diesem Zweck diene. Auch Lebensversicherungen dienten oft der Altersvorsorge, würden aber mit dem Rückkaufswert den ehelichen Ersparnissen zugerechnet. Warum einzelne Finanzprodukte von der Aufteilung ausgenommen sein sollten, sei nicht ersichtlich. Das Kriterium der „standesgemäßen Versorgung“ sei unsachlich und unklar.

[53] 3.4. Gitschthaler (Aufteilungsrecht³ [2022] Rz 167 [5. ff]; vgl auch derselbe in Schwimann/Kodek 5 [2019] § 81 EheG Rz 11) weist unter anderem darauf hin, dass das Abstellen auf den mit einem Finanzprodukt verfolgten Zweck der Altersvorsorge zu einem „Verschwimmen“ des Aufteilungs‑ mit dem Unterhaltsrecht führe. Der nachehelichen Vermögensaufteilung komme aber kein Versorgungscharakter zu. Dass Vermögen unter dem genannten Aspekt (Zweck der Altersvorsorge) aufteilungsfrei gestellt werde, könne nur die Ausnahme sein. Voraussetzung dafür sei, dass der betroffene Ehegatte über keine übliche Pensionsvorsorge verfüge und die (private) Rentenversicherung bediene, um für eine solche vorzusorgen. Üblicherweise zahle jeder Erwerbstätige in die (staatliche) Pensionsversicherung ein, was im Aufteilungsverfahren nicht berücksichtigt werde. Davon ausgehend sei aber nicht auf eine „standesgemäße“ Absicherung abzustellen, sondern darauf, mit welcher Pension der Ehegatte rechnen könnte, würde er in die „öffentliche“ Pensionsvorsorge einzahlen. Aufteilungsfrei könne nur ein Versicherungsprodukt sein, das eine solche Pensionshöhe (also die ASVG‑Höchstpension) garantiere. Es leuchte auch nicht ein, warum für die Zurechnung zur Aufteilungsmasse nach der Anlageform unterschieden werde und Pensionsmodelle nur deshalb unangetastet bleiben sollten, weil sie kompliziert wären. Es entspräche eher dem weiten Ersparnisbegriff, insbesondere die bei Pensionsmodellen abgeschlossenen Tilgungsträger mit ihrem Rückkaufswert als eheliche Ersparnis einzuordnen.

4. Auf dieser Grundlage – insbesondere der dargestellten Kritik der rechtswissenschaftlichen Literatur an der bisherigen Rechtsprechung – ist Folgendes zu erwägen:

[54] 4.1. Wie ausgeführt (Pkt 2.2.) unterliegen bloße Anwartschaften (insbesondere auch) auf künftige Pensionszahlungen nach der Rechtsprechung nicht der Aufteilung, wenn (und weil) bei diesen zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft noch nicht feststeht, ob ein aus der Anwartschaft resultierender Geldbetrag überhaupt anfallen wird. Die dazu ergangenen Entscheidungen betrafen sowohl Anwartschaften auf eine gesetzliche Pension („erste Pensionssäule“ nach dem österreichischen System; vgl etwa 1 Ob 190/21d [insb Rz 13]; siehe auch 1 Ob 53/02d) als auch auf Zahlungen aus einer betrieblichen Pensionskasse („zweite Pensionssäule“; siehe etwa 9 Ob 42/99p, wobei der Sachverhalt die konkrete Ausgestaltung der dort zu beurteilenden „Pensionskasse“ nicht erkennen lässt; obiter etwa auch 3 Ob 122/04v [lit c] sowie 1 Ob 117/11d; siehe auch 6 Ob 85/02x [zu einer Schweizer Pensionskasse] sowie 6 Ob 22/98y [zu einem Anspruch auf eine Vorauszahlung aus einer ausländischen Pensionskasse gegenüber dem ausländischen Dienstgeber; vgl dazu auch 2 Ob 18/00m {zu lit a}]). Diese Beurteilung – also die Ausnahme bloßer Anwartschaften von der Aufteilung, bei denen weder ein aktueller Rückkaufswert vorliegt noch überhaupt absehbar ist, ob es überhaupt zu Zahlungen kommt – wird auch in der Literatur nicht kritisiert.

[55] 4.2. Fraglich kann daher nur sein, wie Vorsorgemodelle zu beurteilen sind, bei denen – wie typischerweise bei rein privaten Pensionsvorsorgeprodukten – schon bei Vertragsabschluss feststeht, dass in der Zukunft ein Geldbetrag ausbezahlt wird, dessen Höhe allerdings von bestimmten Umständen auf dem Kapitalmarkt abhängt, und die (zumindest theoretisch) auch einen vorzeitigen Zugriff auf das Kapital ermöglichen. Solche Finanzprodukte werden – wie dargelegt – in der Rechtsprechung primär danach beurteilt, ob sie ihrer Art nach – also nach der Verkehrsauffassung – als zur Verwertung bestimmte Wertanlage im Sinn des § 81 Abs 3 EheG qualifiziert werden können.

[56] 4.3. Für die Beurteilung der Frage, ob ein bestimmtes Finanzprodukt (Vorsorgeprodukt) der Aufteilung unterliegt, kann – wie die Stellungnahmen in der Literatur (vgl Pkt 3.) zutreffend aufzeigen – also nicht davon ausgegangen werden, welchem (allenfalls bloß subjektiven) Zweck dieses dienen soll. Eine solche Beurteilung kommt im Hinblick auf den objektiven Maßstab (Verkehrsauffassung) für die Qualifikation eines Vermögenswerts als eheliche Ersparnis nicht in Betracht (vgl RS0057524). Ist eine Wertanlage, gleich welcher Art, nach der Verkehrsauffassung ihrem Wesen nach für eine (künftige) Verwertung – sei es der Substanz oder durch Erzielung von Erträgnissen – bestimmt, liegt nach dem umfassenden Verständnis des § 81 Abs 3 EheG vielmehr grundsätzlich eine eheliche Ersparnis vor (RS0057331 [insb T8]; RS0057792), sofern die Anlage zum Aufteilungsstichtag vorhanden ist und einen wirtschaftlichen (Rückkaufs‑)Wert aufweist, der zu diesem Zeitpunkt auch verfügbar (realisierbar) ist (6 Ob 85/02x = RS0057331 [T10]). Ob eine Veranlagung zum Aufteilungsstichtag einen wirtschaftlichen Wert aufweist und dieser während der ehelichen Lebensgemeinschaft realisierbar ist, ist jeweils anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls – also auf Grundlage des konkreten Vorsorgemodells – zu beantworten (zur grundsätzlichen Einzelfallbezogenheit der Einbeziehung von [auch ausländischen] Pensionsvorsorgeprodukten vgl 1 Ob 187/09w; 1 Ob 117/11d).

[57] 4.4. Die bisher in einzelnen Entscheidungen vom Fachsenat (1 Ob 187/09w; 1 Ob 117/11d; 1 Ob 146/17b; vgl Pkt 2.4.) vertretene Ansicht, dass es für die Frage der Einbeziehung privater Pensionsvorsorgeprodukte in die Aufteilung (primär) auf den mit dem Vorsorgeprodukt verfolgten Zweck ankomme, wobei vor allem der Zweck einer „standesgemäßen“ Altersversorgung eine Ausnahme von der nachehelichen Aufteilung rechtfertige, wird vom erkennenden Senat somit nicht mehr aufrecht erhalten. Es spielt auch keine Rolle, ob ein Vorsorgeprodukt „kompliziert“ ist. Auch insoweit folgt der Senat der Kritik in der Literatur (vgl Pkt 3.). Auch darauf, ob eine vorzeitige Auszahlung des angesparten Kapitals wirtschaftlich „ganz unvernünftig“ wäre (vgl dazu noch 1 Ob 187/09w), kommt es nicht an. Wäre eine vorzeitige Auszahlung (bei einem „komplexen“ Finanzprodukt) nämlich nur mit „ganz erheblichen“ Abschlägen möglich gewesen, würde dies jenen Ehegatten, der das Pensionsvorsorgeprodukt erworben hat, nämlich nicht benachteiligen. Vielmehr wäre dann eben – zu seinen Gunsten – nur der entsprechend geringere „Auszahlungsanteil“ der Aufteilungsmasse (fiktiv; eine tatsächliche Auszahlung ist ja gerade nicht erfolgt) zuzurechnen. Umgekehrt wäre eine „Benachteiligung“ durch einen geringen „Auszahlungswert“ (Rückkaufswert) vom anderen Ehegatten hinzunehmen, weil die Wahl des konkreten Vorsorgemodells eine Frage der einvernehmlichen Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse ist.

[58] 4.5. Eine Ausnahme von Wertanlagen, die zum Aufteilungsstichtag einen realisierbaren Vermögenswert aufweisen (also keine bloßen – noch nicht realisierbaren – Anwartschaften begründen), auch wenn diese zum Zweck der Pensionsvorsorge erworben wurden, besteht nur für solche Pensionsvorsorgeprodukte, die gesetzlich verpflichtend sind und eine staatliche Pension ersetzen.

[59] Ausgangspunkt dafür ist, dass das österreichische (insbesondere Aufteilungs‑)Recht – anders als etwa das deutsche Recht (vgl 1 Ob 190/21d [Rz 11]) – keinen Versorgungsausgleich durch die Aufteilung (vor allem gesetzlicher) (Pensions‑)Anwartschaften für geschiedene Ehegatten kennt (RS0119984; 1 Ob 66/24y [Rz 16]; vgl auch 6 Ob 85/02x). Die Anerkennung von Versorgungsanwartschaften als eheliche Ersparnis stünde mit dem Unterhaltsrecht im Widerspruch, weil dem Unterhaltspflichtigen im Rahmen des Aufteilungsverfahrens dann die Hälfte seiner Versicherungsanwartschaften und damit die Grundlage zur Tilgung der (künftigen) Unterhaltspflichten entzogen würde (1 Ob 53/02d). Marhold (Die Problematik des Versorgungsausgleichs im österreichischen Familien‑, Sozial-und Kollisionsrecht, in Zacher, Der Versorgungsausgleich im internationalen Vergleich und in der zwischenstaatlichen Praxis [1985], 459 [470]) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine Aufteilung von pensionsrechtlichen Versorgungsanwartschaften „über die Hintertüre“ einen solchen – in Österreich nicht anerkannten – Versorgungsausgleich herbeiführen würde. Somit bleibt also jener Ehegatte, der während der Dauer der Ehe Versicherungsmonate in der staatlichen Pensionsversicherung erworben hat, auch nach Ehescheidung ungeschmälert im Besitz seiner Pensionsanwartschaften (1 Ob 53/02d; 1 Ob 190/21d [Rz 12]). Das Recht, eine gesetzliche Alterspension in Anspruch zu nehmen, ist keine eheliche Ersparnis (1 Ob 190/21d [Rz 12]). Dies gilt auch für jene Fälle, in denen nach einem ausländischen Pensionssystem gesetzliche Pensionsanwartschaften erworben wurden. Der Oberste Gerichtshof lehnt demnach auch die Einbeziehung von Ansprüchen aufgrund eines in einer anderen Rechtsordnung vorgesehenen Versorgungsausgleichs in das nacheheliche Aufteilungsverfahren ab (5 Ob 113/17d [Pkt 4.4 mwN]; 1 Ob 190/21d [zu Pensionsansprüchen nach deutschem Recht]).

[60] Ersetzt ein privates Vorsorgemodell nur eine staatliche Pension, weil eine solche nicht oder nur in untergeordnetem Ausmaß besteht, kann dies aufgrund der gesetzlichen Wertung des österreichischen Aufteilungsrechts, wonach künftige staatliche Pensionsansprüche nicht in die Aufteilungsmasse fallen, aber nicht anders beurteilt werden. Ein solcher „Ersatz“ einer fehlenden oder unzureichenden staatlichen Pension könnte aber nur dann angenommen werden, wenn ein bestimmtes Pensionsvorsorgeprodukt aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung erworben wurde. Nur dann kann davon gesprochen werden, dass dieses eine fehlende oder unzureichende staatliche Pension ersetzt. Substituiert ein gesetzlich angeordnetes privates Pensionsvorsorgemodell aber fehlende oder unzureichende staatliche Pensionsansprüche, kann es auch nicht auf die konkrete Ausgestaltung dieses privaten Modells – und daher insbesondere auch nicht darauf, ob der damit „angesparte“ Wert vor Eintritt des Pensionsfalls (teilweise) realisierbar gewesen wäre – ankommen. Der Wertung des österreichischen (Aufteilungs‑)Rechts, das einen Versorgungsausgleich ablehnt, entspricht es vielmehr, verpflichtende private Pensionsvorsorgeprodukte, die nach pensionsrechtlichen Vorgaben eine fehlende oder unzureichende staatliche Pension ersetzen, generell und unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung von der nachehelichen Aufteilung auszunehmen. Eine solche gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss einer privaten Pensionsvorsorge als Ausgleich für fehlende oder unzureichende staatliche Pensionsansprüche kommt (derzeit) aber nur bei einer Erwerbstätigkeit eines Ehegatten in einem fremden Staat in Betracht. Dem österreichischen (Pensions‑)Recht ist eine Pflicht zum Abschluss eines solchen privaten Pensionsvorsorgemodells hingegen (derzeit) fremd.

[61] 5. Auf dieser Grundlage kann die Frage, ob die noch strittigen Vorsorgemodelle („D* International Pensionspläne“) der Aufteilung (und allenfalls mit welchem Wert) unterliegen, nicht abschließend beurteilt werden.

[62] 5.1. Im bisherigen Verfahren wurden die in der vorliegenden Entscheidung dargelegten Grundsätze, nach denen private Pensionsvorsorgeprodukte in die nacheheliche Aufteilung einzubeziehen oder von dieser auszunehmen sind, mit den Parteien nicht erörtert. Da auch der Oberste Gerichtshof die Parteien nicht mit einer Rechtsansicht überraschen darf, die sie bisher nicht beachtet haben (RS0037300 [T9, T60]), ist ihnen Gelegenheit zu geben, ihr Vorbringen zur konkreten Ausgestaltung jener Vorsorgemodelle, deren Einbeziehung in die nacheheliche Aufteilung die Frau anstrebt („D* International Pensionspläne“), zu ergänzen und darzulegen, warum diese nach den genannten Grundsätzen der Aufteilung unterliegen oder von dieser ausgenommen seien. Davon ausgehend wird das Erstgericht konkrete Feststellungen dazu zu treffen haben.

[63] 5.2. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher auch aufgrund des Revisionsrekurses der Frau aufzuheben, und die Rechtssache ist zur neuerlichen Verhandlung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

[64] 6. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, dass die beiden noch strittigen Pensionspläne der Aufteilung unterliegen, wäre zu berücksichtigen, dass das Rekursgericht unbekämpft feststellte, dass eine dem Mann zugeflossene Abfertigung mit einem Betrag von 83.466,63 GBP in „seinen Pensionsfonds bei der D*“ einbezahlt wurde und es diesen Betrag (wiederum unbekämpft) zur Gänze der Aufteilungsmasse zurechnete. Um welchen konkreten Pensionsfonds es sich dabei handelte, kann den erstinstanzlichen Feststellungen nicht entnommen werden. Würde es sich um einen jener „D* International Pensionspläne“ handeln, deren Einbeziehung in das Aufteilungsverfahren die Frau in dritter Instanz anstrebt, dürfte dieser Betrag jedenfalls nicht doppelt berücksichtigt werden.

7. Die die Entscheidung über den Revisionsrekurs der Frau tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:

[65] Für die Zuordnung, ob ein – aus ehelichen Mitteln dotiertes – privates Altersvorsorgemodell als eheliche Ersparnis der nachehelichen Aufteilung unterliegt oder von dieser ausgenommen ist, kommt es primär darauf an, ob dieses als bloße Anwartschaft einzuordnen ist oder ob diesem (bereits zum Aufteilungsstichtag) ein realisierbarer wirtschaftlicher Wert zukommt. Im erstgenannten Fall unterliegt das Vorsorgeprodukt nicht der nachehelichen Aufteilung. Im letztgenannten Fall ist es mit jenem Wert, der zum Aufteilungsstichtag realisierbar war (allenfalls auf‑ oder abgewertet auf den Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz, wenn ein Wertzuwachs oder ein Wertverlust ohne Beitrag des Ehegatten erfolgte), der Aufteilungsmasse zuzurechnen. Davon kann nur dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn das private Vorsorgeprodukt als Ausgleich für fehlende oder unzureichende staatliche Pensionsansprüche aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung erworben wurde, was derzeit allerdings nur nach ausländischem Pensionsrecht, dem der betreffende Ehegatte unterliegt, denkbar ist.

V. Zur Kostenentscheidung:

[66] Der Kostenvorbehalt beruht hinsichtlich beider Revisionsrekurse auf § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG.

VI. Zur Zurückweisung der Revisionsrekursbeantwortung der Antragstellerin:

[67] Die der Antragstellerin freigestellte und von ihr am 16. 1. 2025 eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung ist als verspätet zurückzuweisen, weil sie außerhalb der 14‑Tages‑Frist des § 68 Abs 1 Satz 2 AußStrG, die hier mit Zustellung der Mitteilung des Obersten Gerichtshofs nach § 68 Abs 3 Z 3 AußStrG am 23. 12. 2024 zu laufen begann, eingebracht wurde. Eine Fristenhemmung zum Jahreswechsel (und im Sommer) – die Antragstellerin beruft sich in ihrer Rechtsmittelbeantwortung ausdrücklich auf § 222 ZPO – ist für das Verfahren außer Streitsachen nicht vorgesehen (§ 23 Abs 1 AußStrG; 1 Ob 32/20t mwN).

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