European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0110OS00010.25T.0225.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
In der Strafsache AZ 18 Hv 93/24w des Landesgerichts Klagenfurt verletzt das Urteil dieses Gerichts als Schöffengericht vom 14. Oktober 2024 (ON 31)in den Schuldsprüchen jeweils § 147 Abs 1 Z 3 StGB.
Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in der Subsumtion der von den Schuldsprüchen erfassten Taten (auch) nach § 147 Abs 1 Z 3 StGB, demzufolge in der jeweils gebildeten Subsumtionseinheit sowie in den Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Klagenfurt verwiesen.
Gründe:
[1] Mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 14. Oktober 2024, GZ 18 Hv 93/24w‑31, wurden * H* (zu I./) und * S* (zu II./ als Beitragstäterin nach § 12 dritter Fall StGB) jeweils des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 3 und Abs 2, 15 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach haben
I./ * H* „im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit derzeit unbekannten Personen als Mittäter (§ 12 1. Fall StGB) mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die wahrheitswidrigen, fernmündlichen Behauptungen von Mittätern, Polizeibeamte zu sein sowie dass deren Vermögen in Gefahr sei und demnächst Polizeikollegen vorbei kämen, die die zu Hause befindlichen Wertsachen sichern würden und auch dadurch, dass * H* zeitnah zu den Telefonaten der Mittäter bei der Wohnung der Opfer erschien und die bereits gestellten Wertsachen abholte, sohin konkludent vortäuschte Polizeibeamter zu sein, zur Aushändigung von Wertgegenständen im Gesamtbetrag von EUR 71.300,00 verleitet sowie zur Übergabe von Wertsachen im Wert von EUR 60.000,00 zu verleiten versucht, und zwar
1.) im Zeitraum vom 24. 6. 2024 bis 25. 6. 2024 in R* * E* zur Übergabe von Bargeld und Münzen im Wert von ca. EUR 71.300,00;
2.) am 8. 7. 2024 in R* * Z* zur Übergabe von Bargeld im Wert von ca. EUR 60.000,00, wobei es beim Versuch blieb.
II.) * S* zu der unter I.) beschriebenen Tat ihres Lebensgefährten * H* dadurch beigetragen (§ 12 3. Fall StGB), dass sie * H* im Pkw zu den Tatorten begleitete und den Nahbereich zumindest des zu I.2.) genannten Tatortes auf allfällige Zeugen überprüfte.“
[3] Die beiden Schuldsprüche sind in Rechtskraft erwachsen. Über die Berufung der Angeklagten * S* gegen den Strafausspruch (ON 35) hat das Oberlandesgericht Graz (AZ 10 Bs 326/24b) noch nicht entschieden.
Rechtliche Beurteilung
[4] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 14. Oktober 2024 (ON 31) mit dem Gesetz nicht im Einklang:
[5] Die Subsumtion nach § 147 Abs 1 Z 3 StGB setzt den Einsatz vorgetäuschter amtlicher Autorität zur Einflussnahme auf den Willen des Opfers voraus, bei dem täuschungsbedingt die Vorstellung der Erbringung einer in gesetzmäßiger Ausübung hoheitlicher Befugnisse geforderten Leistung geweckt wird. Nicht ausreichend ist hingegen die bloße Täuschung über die Beamteneigenschaft mit dem Ziel, besonderes Ansehen oder Vertrauenswürdigkeit zu suggerieren (14 Os 65/24a [Rz 13 mwN]; RIS‑Justiz RS0094672).
[6] Ein die Qualifikation des § 147 Abs 1 Z 3 StGB tragendes Sachverhaltssubstrat zu einem (intendierten) täuschungsbedingten Irrtum der Opfer darüber, dass mit der Herausgabe der Wertgegenstände eine in gesetzmäßiger Ausübung hoheitlicher Befugnisse geforderte Leistung erbracht würde, ist den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen.
[7] Die Konstatierungen zum Schuldspruch zu I./1./ (und zum damit korrespondierenden Schuldspruch zu II./), wonach der Mittäter zum Opfer E* sagte, dass vor der (angeblich) geplanten Betretung der Täter auf frischer Tat das Vermögen des Opfers „in Sicherheit gebracht werden müsse“, * E* sodann aufgefordert wurde, die Wertgegenstände in einem undurchsichtigen Beutel zu verstauen und diesen verknotet vor die Wohnungstüre zu legen, sowie dass E* „diese Anweisung befolgte“ (US 3), lassen nicht hinreichend deutlich erkennen, ob das Opfer die vermögensschädigende Handlung als Erfüllung einer vermeintlich in gesetzmäßiger Ausübung hoheitlicher Befugnisse geforderten Leistung oder aufgrund eines bloßen Anbots, für die Sicherheit des Vermögens Sorge zu tragen (vgl RIS‑Justiz RS0094672 [T3]), tätigte. Zudem geht aus den Sachverhaltsannahmen nicht hervor, inwieweit der Vorsatz der beiden Angeklagten ein Handeln des Opfers aufgrund irrtümlicher Annahme der Erfüllung einer in gesetzmäßiger Ausübung hoheitlicher Befugnisse geforderten Leistung umfasste (vgl US 4).
[8] Betreffend den Schuldspruch zu I./2./ (und den mit diesem korrespondierenden Schuldspruch zu II./) sind dem Urteil keine Konstatierungen zu entnehmen, dass die Angeklagten mit dem Vorsatz agierten, das Opfer * Z* werde das Bargeld in (täuschungsbedingt irrtümlicher) Erbringung einer in gesetzmäßiger Ausübung hoheitlicher Befugnisse geforderten Leistung herausgeben (vgl US 5).
[9] Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil der Angeklagten wirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).
[10] Die die Angeklagte S* betreffende Berufung ist zufolge der Aufhebung des Strafausspruchs gegenstandslos (RIS‑Justiz RS0133326).
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