BVwG W178 2004554-1

BVwGW178 2004554-13.10.2019

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §410
B-VG Art. 133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W178.2004554.1.00

 

Spruch:

W178 2004554-1/19E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde (Einspruch/Berufung) des Herrn XXXX , vertreten durch ECKHARDT Wirtschafts- und Steuerberatungs-GmbH, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Burgenland vom 02.08.2013, Zl. 6-SO-N5010/6-2013, zu Recht erkannt:

 

A)

 

Der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Entscheidung über die Pflichtversicherung nach dem ASVG richtet, wird gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG keine Folge gegeben.

 

Soweit sich die Beschwerde gegen die Beitragspflicht richtet, wird sie gemäß § 415 ASVG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung, als unzulässig zurückzuweisen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Am 2. Februar 2011 fand durch das Finanzamtes Bruck/Eisenstadt/Oberwart eine Kontrolle einer Baustelle in Mattersburg statt, wobei Herr XXXX und Herr XXXX arbeitend angetroffen wurden. Es wurde ein Protokoll über die Kontrolle erstellt und auch am 02.02.2011 mit Herrn XXXX und Herrn XXXX eine Niederschrift aufgenommen. Es wurden von der Firma XXXX umfangreiche Unterlagen angefordert und der Genannte zur Stellungnahme und Beantwortung von Fragen aufgefordert.

 

2. a) Die Burgenländische Gebietskrankenkasse hat mit Bescheid vom 12.05.2011 festgestellt, dass Herr XXXX rückwirkend für den Zeitraum vom 7.6.2010 bis 2.2.2011 als Dienstnehmer des Herrn XXXX in die Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG einbezogen werde.

 

2. b) Die Burgenländische Gebietskrankenkasse hat weiters mit Bescheid vom 12.05.2011 ebenfalls festgestellt, dass Herr XXXX rückwirkend für den Zeitraum vom 08.02.2010 bis 02.02.2011 als Dienstnehmer des Herrn XXXX in die Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG einbezogen werde.

 

Unter Spruchpunkt II wurde jeweils festgestellt, dass Herr XXXX Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von€ 8.062,26 (für Herrn XXXX ) bzw. von Euro € 12.384,52 (für Herrn XXXX ) zu entrichten habe. Die Berechnungstabelle im Anhang werde zum Bescheidinhalt erklärt.

 

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Herr XXXX und Herr XXXX am 02.02.2011 auf einer Baustelle in Mattersburg angetroffen worden seien, anlässlich einer Vorortkontrolle. Aus den Unterlagen habe sich ergeben, dass sie für Herrn XXXX arbeiten. Die Arbeitszeit habe sich von 7:00 Uhr bis 17:00 Uhr, einschließlich einer Mittagspause, erstreckt. Es werde auf eine Entscheidung des BMASK vom 22.3.2010, BMASK-327.718/2-II/A/3/2008, betreffend zwei Scheinselbständige verwiesen, worin die Versicherungspflicht bestätigt worden sei. Die Versicherungspflicht beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung, die Meldung habe deklarativen Charakter. Herr XXXX und Herr XXXX übten ihre Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit aus.

 

3. Gegen diese Bescheide wurde von Herrn XXXX jeweils Einspruch erhoben und vorgebracht, dass Werkverträge vorlägen. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Berufungsausführungen (unter I.6.) verwiesen.

 

4. Mit Bescheiden vom 09.09.2011 hat der Landeshauptmann (LH) von Burgenland den Einsprüchen gemäß § 412 Abs 6 ASVG (in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung) aufschiebende Wirkung zuerkannt.

 

5. Der Landeshauptmann von Burgenland hat mit Bescheiden vom 02.08.2013 den Einsprüchen mit der Maßgabe keine Folge gegeben, dass die Versicherungspflicht für Herrn XXXX vom 07.06.2010 bis 20.12.2010 und vom 10.01.2011 bis 02.02.2011 und für Herrn XXXX von 02.02.2010 bis 20.12.2010 und vom 10.01.2011 bis 02.02.2011 bestanden habe. Die beiden seien am 02.02.2011 arbeitend angetroffen worden, bei Verspachtelungsarbeiten. Zwischen dem Einspruchswerber und Herrn XXXX und Herrn XXXX sei eine Rahmenvereinbarung getroffen worden, die für die verschiedenen Bauvorhaben gleichlautend gewesen sei. Als Vertragsgegenstand seien Spachtelung und Trockenarbeiten angeführt worden. Es sei festgelegt worden, dass der endgültige Gesamtpreis des Einzelauftrages durch Nachweis des Ausmaßes der tatsächlich erbrachten Leistungen ermittelt und dass es sich um Festpreise handle. Es sei festgehalten worden, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer das für die Herstellung des Werkes benötigte Material zur Verfügung stelle und die jeweiligen Fertigstellungstermine bei Auftragserteilung bekannt gegeben werden. Ebenso seien Bestimmungen über die Gewährleistung enthalten. In der Praxis habe sich die Tätigkeit der Herrn XXXX und XXXX folgendermaßen gestaltet: Die tägliche Arbeitszeit sei von 7:00 bis 17:00 Uhr gewesen, inkl. 1 Stunde Mittagspause, diese sei vom Einspruchswerber vorgegeben worden. Wenn einer der Beschäftigten wegen Erntearbeit verhindert war, musste er dies dem Einspruchswerber mitteilen und durfte sich nicht von einer anderen Person vertreten lassen. Einmal in der Woche kam der Einspruchswerber auf die Baustelle und kontrollierte die Arbeiten der Genannten. Für mangelhafte Arbeiten habe der Auftraggeber = Einspruchswerber gehaftet. XXXX und XXXX hätten Rechnungen gelegt, der Quadratmeterpreis, der bezahlt wurde, sei vom Einspruchswerber festgesetzt worden. Herr XXXX habe einen österreichischen Gewerbeschein lautend auf "Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten unter Ausschluss jeder einem reglementierten Gewerbe vorbehaltenen Tätigkeit", ebenso Herr XXXX .

 

Der Sachverhalt ergebe sich vor allem aus der Einvernahme des Herrn XXXX und des Herrn XXXX vom 2.2.2011 vor der Abgabenbehörde des Bundes, den ausgefüllten Personenblättern und der schriftlichen Stellungnahme des Einspruchswerbers. Die Angaben der Einvernahme vor der Finanzbehörde seien glaubwürdiger als die Behauptungen des Einspruchswerbers. Die Angaben des Bewerbers in seinen Äußerungen seien weniger glaubhaft als die beiden Genannten. Nach Ansicht der entscheidenden Behörde handle sich bei der Rahmenvereinbarung um einen Scheinvertrag, da dieser nicht den wahren Verhältnissen entspreche. Die glaubhaften Angaben des Herrn XXXX und des Herrn XXXX widersprechen Passagen in der Rahmenvereinbarung und sei der Vertrag somit nicht zur Beurteilung der Dienstnehmereigenschaft heranzuziehen.

 

In der rechtlichen Beurteilung wird angeführt, dass es bei der Beurteilung der Versicherungspflicht auf die tatsächlichen Vereinbarungen ankomme und eine Scheinvereinbarung von vornherein als Grundlage für die Beurteilung der Versicherungspflicht nicht geeignet sei. Die Beschäftigten seien bei einfachen manuellen Tätigkeiten, nämlich bei Verspachtelungsarbeiten, angetroffen worden, welche nach der Lebenserfahrung auf ein Dienstverhältnis hindeuteten. Auch seien sie in den Betrieb des Einspruchswerbers eingegliedert gewesen, daher an die Arbeitszeit und den Arbeitsort gebunden gewesen und der Kontrolle unterlegen. Atypische Umstände, die gegen ein Dienstverhältnis sprechen, seien nicht hervorgekommen. Herr XXXX und Herr XXXX seien somit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt gewesen, weshalb ihre Dienstnehmereigenschaft zu bejahen sei.

 

Die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge, die auf dem Stundenlohn lt. Kollektivvertrag für das Bauhilfsgewerbe für angelernte Arbeiter basiere, wurde seitens der Behörde bestätigt.

 

6. Gegen diese Bescheide, sowohl gegen die Versicherungs- als auch gegen die Beitragspflicht, wurde seitens des Herrn XXXX Berufung an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, nunmehr als Beschwerde zu behandeln.

 

Die Feststellungen betreffend die Zeiträume der Pflichtversicherungen seien nicht nachzuvollziehen, weil die Werkvertragsnehmer große Teile der Zeiträume nicht tätig waren.

 

Herr XXXX habe auf Seite 4 der Niederschrift angegeben, dass die Arbeitszeit "seine Entscheidung sei", wenn im Bescheid eine Arbeitszeit von 07.00 Uhr bis 17.00 Uhr festgestellt werde, so sei das aktenwidrig. Hinsichtlich der Frage "Kontrolliert jemand Ihre Arbeit" sage diese nichts darüber aus, ob es eine persönliche oder fachliche Kontrolle war und er habe mit "manchmal" geantwortet, woraus im Bescheid ein "wöchentlich" werde, wobei in der Niederschrift "ca. 1x pro Woche" steht. Bezüglich der Ausführungen bei der Mitsprache bei den Preisen zeugten diese von Unkenntnis im Bereich der weitergegebenen Subunternehmeraufträge, da auch die Fa. XXXX die fix und fertige Ausschreibung von den großen Baufirmen erhalte, inklusive Preisen; eine Mitsprache in der Bauwirtschaft bei den Preisen sei auch für die Fa. XXXX nicht möglich. Dass Herr XXXX zweimal pro Woche auf die Baustelle gekommen sei, widerspreche jedem menschlichen Erfahrungsgut, Herr XXXX besuche maximal 10% der Baustellen und nehme nur an Baubesprechungen mit seinem Auftraggeber teil; es gehe dabei nie um persönliche Weisungen, sondern um sachliche, die sich auch die Fa. XXXX von den Auftraggebern gefallen lassen müsse. Das Unternehmen habe 50-70 Mitarbeiter, eine wöchentliche Kontrolle sei gar nicht möglich.

 

Da nur nach m2 abgerechnet würde, habe der Bf kein Interesse an der Einhaltung einer Arbeitszeit. Dass sich die Angaben in den Niederschriften stark widersprächen könne seine Ursache darin haben, dass die beiden die Fragen aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse nicht verstanden haben bzw. die Befragungen in eine bestimmte Richtung führen sollten. Dadurch sei das Verfahren mit einem Fehler behaftet. Diese Vorgangsweise decke sich auch mit einem Artikel in der Zeitschrift "Steuer - und Wirtschaftskartei".

 

Es wurde beantragt, die Herrn XXXX und XXXX als Zeugen zu laden und mit einem Dolmetsch zu vernehmen.

 

Die Fa. XXXX haben die gegenständlichen Arbeiten von anderen Firmen als "Sub" übernommen und an die beiden Personen weitergegeben. Es habe kein einziger Dienstnehmer der Fa. XXXX auf diesen Baustellen gearbeitet.

 

Sollte ein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des Bürgerlichen Rechs angenommen werden, so sei dies von der Behörde nachzuweisen. Der Abschluss von Werkverträgen sei bei Dienstleistungsunternehmen ausdrücklich vorgesehen. Seien die Werkvertragsnehmer verpflichtet, innerhalb eines zeitlichen und örtlichen Bereichs tätig zu sein, so handle es sich um schlichte Weisungsgebundenheit. Ebenso sei die Verpflichtung, eine Arbeit sach- und termingerecht fertig zu stellen bloß eine sachliche Weisungsgebundenheit. Es wird auf das Erk des VwGH vom 27.04.2011, Zl. 2009/08/0123, verwiesen; trotz der Zurverfügungstellung von sämtlichen Betriebsmittel und Arbeitserbringung in den Räumlichkeiten des Auftraggebers und dezidierte Festlegung von Terminen sei das Vorliegen eines echten Arbeitsverhältnisses verneint worden.

 

Ein Zuständigkeitswechsel von § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG zu § 4 Abs. 4 ASVG sei schon gesetzlich ausgeschlossen.

 

Weiters wird auf die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung verwiesen.

 

Der Hinweis auf die Judikatur zu einfachen manuellen Tätigkeit gehe ins Leere, weil nur dann ein sozialversicherungsrechtliches Dienstverhältnis anzunehmen sei, wenn keine gegenläufigen Anhaltspunkte vorlägen Die gegenläufigen Anhaltspunkte seien oben ausführlich dargelegt worden.

 

Durch die Umqualifizierung der Werkvertragsnehmer rückwirkend in echte Dienstnehmer seien zwingend Jahreslohnzettel für die Jahre 2010 und 2011 auszustellen gewesen und seien diese bis jetzt noch nicht ausgestellt worden, sodass den veranlagten Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2010 und 2011 zwingend die Wirkung von Feststellungsbescheiden zukomme.

 

7. Es wurde auch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 

Der VwGH mit Beschluss vom 9. Oktober 2013,2013/08/0211, die Beschwerde, soweit der Ausspruch über die Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG bekämpft werde, zurückgewiesen und im Übrigen die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und zur Begründung angeführt, dass bezüglich der Pflichtversicherung wegen Nichterschöpfung des Instanzenzuges der Verwaltungsgerichtshof unzuständig sei.

 

8. Das Rechtsmittelverfahren wurde dem BVwG vorgelegt.

 

9. Am 04.09.2019 fand beim Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt. Herr XXXX (als Partei) und der Bf wurden einvernommen. Herr XXXX konnte nicht einvernommen werden, weil die Ladung trotz Nachforschungen nicht zustellbar war.

 

10. Nach der Verhandlung hat der Vertreter des Bf eine weitere Stellungnahme vom 05.09.2014 zur Frage der Sprachkenntnisse abgegeben.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Streitgegenständlich sind die Zeiträume vom 07.06.2010 bis 20.12.2010 und vom 10.01.2011 bis 02.02.2011 (Herr XXXX ) und vom 08.02.2010 bis 20.12.2010 und vom 10.01.2011 bis 02.02.2011 (Herr XXXX ). Die Einschränkung der Zeiten der Pflichtversicherung im Einspruchsbescheid wurde von der BGKK nicht bekämpft.

 

Am 02.02.2011 fand eine Kontrolle vor Ort der Finanzpolizei statt; Herr XXXX und Herr XXXX wurde auf der Baustelle arbeitend (Spachteln) angetroffen.

 

Herr XXXX und Herr XXXX sind polnische Staatsbürger. Sie haben keine Ausbildung im Bau-bzw. im Baunebengewerbe, Herr XXXX hat Bäcker gelernt, Herr XXXX Elektriker.

 

Herr XXXX wurde von Herrn XXXX , der bereits länger für den Bf tätig war, in die Arbeit des Verspachtelns eingeschult. Der Kontakt zur Bf wurde vom Schwager des Herrn XXXX hergestellt, der nach den Aussagen des Bf nicht für die Fa. XXXX tätig war, aber offensichtlich das Unternehmen kannte. Herr XXXX war vor 2010 bestrebt, eine Beschäftigung in Österreich zu finden. Herr XXXX hat über Internet Kontakt zur Fa. XXXX aufgenommen und im Mai 2010 zu arbeiten begonnen, nachdem er vorher bereits 2 Jahre in Wien in einer Bäckerei gearbeitet hatte. Herr XXXX hat darauf hingewiesen, dass eine Beschäftigungsbewilligung (für eine andere Beschäftigung) abgelehnt worden war.

 

Herr XXXX hatte einen Gewerbeschein ab 28.01.2010, ausgestellt vom Magistrat der Stadt Wien, lautend auf "Montage von mobilen Trennwänden durch Verschrauben fertigbezogener Profilteile oder Systemwände mit Anschlusskabeln, die in einfacher Technik ohne statische Funktion Räume variabel unterteilen" und auch vom 28.01.2010 "Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten unter Ausschluss jeder einem reglementierten Gewerbe vorbehaltenen Tätigkeit"; die Gewerbescheine waren bis 28.11.2011 aufrecht.

 

Der Gewerbeschein von Herrn XXXX lautete auf "Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten unter Ausschluss jeder einem reglementierten Gewerbe vorbehaltenen Tätigkeit und wurde mit 26.05.2011 zurückgelegt.

 

Der Bf führte im Prüfungszeitraum - wie derzeit - ein Einzelunternehmen, Firmenzusatz "Fassadenprofi XXXX e.U."., daneben ist er gewerberechtlicher Geschäftsführer der XXXX Gesellschaft mbH., die ebenfalls eine Gewerbeberechtigung als "Maler und Anstreicher" hat. Im gegenständlichen Zeitraum hatte das Unternehmen lt. Bf ca. 130 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern. Der Bf hat eine Gewerbeberechtigung auf "Maler und Anstreicher", es handelt sich dabei um ein reglementiertes Gewerbe - und übernimmt als Subunternehmer sowohl Aufträge zur Verspachtelung als auch von Fassadenarbeiten.

 

Wenn in diesem Erkenntnis vom "Beschwerdeführer-Bf" bzw. "Herrn XXXX " als Einzelunternehmer die Rede ist, ist mitumfasst, dass ein Dienstnehmer oder Beauftragter des Unternehmens diese Aufgabe wahrgenommen hat, da dieses auch 2010/2011 die Größe eines Mittelbetriebes hatte.

 

Beide Beschäftigten hatten im ggst. Zeitraum geringe Deutschkenntnisse.

 

Die Rahmenvereinbarungen umfassten jeweils 4 engbeschriebene Seiten, die vom Bf und den Beschäftigte unterschrieben wurden, und an konkreten Angaben nur die Bezeichnung der Baustelle und der m2 Preis. Es wurden Rahmenvereinbarungen mit den Unterschriften des Herrn XXXX und XXXX vorgelegt, die jeweils als nicht zustande gekommen zu werten und daher für die Feststellungen unbeachtlich sind.

 

Die Rechnungen wurden monatsweise erstellt und enthalten nur die Monatsangabe, die Rechnungsnummer, z.B. Nr. 1 für den Oktober 2010 für Herrn XXXX ., die Bezeichnung "Spachtelungsarbeiten", die m2 Zahl und den m 2 Preis (€ 2,50), die Summe und die Adresse der Baustelle, sowie den Hinweis, "gemäß § 19 Übergang der Steuerschuld".

 

Aufgrund den Rechnungen des Herrn XXXX für Oktober 2010, (Nr.1, Betrag € 2175), für November 2010, (Nr. 2, € 2050) und für Herrn XXXX für Oktober (Nr. 1, € 2525) und November 2010 (mit der Nr. 2, € 2.750) an den Bf ergibt sich ein Entgeltfluss vom Bf an die Beschäftigten in dieser Höhe.

 

Sie fuhren mit Privatautos auf die jeweilige Baustelle.

 

Für die Zeiträume 01.01.2010 bis 31.12.2012 (auch für 2007 und 2008) wurden gegenüber dem Bf Lohnsteuer-Haftungsbescheide erlassen; die Beschäftigten XXXX und XXXX sind von den Bescheiden allerdings nicht umfasst. Der Beschwerde des Bf dagegen wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 05.12.2014 keine Folge gegeben; die Bescheide wurden dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

 

Das Kleinwerkzeug haben die Beschäftigten selbst mitgebracht, das zu verarbeitende Material hat das Bauunternehmen (der Auftraggeber des Bf) zur Verfügung gestellt.

 

Die Baustelle und der Umfang der übertragenen Arbeiten wurden von der Fa. XXXX zugeteilt und ist auf deren Verantwortung gegenüber deren Auftraggebern erfolgt.

 

Bei Krankheit haben die Beschäftigte Kontakt mit dem Betrieb aufgenommen (telefonisch).

 

Auf den Baustellen war fallweise ein Vertreter der Bf anwesend, insbesondere im Rahmen einer Baustellenbesprechung mit dem Bauherrn, dem Auftragsgeber des Bf und anderen Professionisten.

 

Die Beschäftigten haben einen allgemein üblichen Baustellen-Arbeitstag, je nach Witterung und Jahreszeit, ohne genaue stundenweise Festlegung, eingehalten. Eine eigene Kontrolle der Arbeitszeit gab es nicht; die beiden Beschäftigten waren aus eigenem interessiert, den Arbeitstag zu nutzen, um die Arbeit zu erledigen und Geld zu verdienen.

 

Es gab keine Unterbrechungen der Tätigkeit für einen längeren Zeitraum.

 

Teilweise waren weitere DN der Fa. XXXX an der jeweiligen Baustelle, teilweise nicht

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen ergeben sich aus den Akten der BGKK, insbesondere aus den Niederschriften mit Herrn XXXX und XXXX , aufgenommenen vom Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart, Finanzpolizei, am 02.02.2011; dem Protokoll der Vorortkontrolle an der Baustelle vom 02.02.2011, dem Akt des Landeshauptmannes von Burgenland und den dem BVwG ergänzend vorgelegten Unterlagen und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung vom 04.09.2019.

 

Die Gestaltung der gegenständlichen Tätigkeit ist vor dem Hintergrund der Tatsache zu beurteilen, dass betreffend jene Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die am 1. Mai 2004 aufgrund des Vertrages über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (Beitrittsvertrag), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 236 vom 23. September 2003, Seite 17 und Nr. C 227 E vom 23. September 2003, der Europäischen Union beigetreten sind, die Arbeitnehmerfreizügigkeit erst am 01.05.2011 eintrat, sodass die unselbstständige Beschäftigung u.a. von polnischen Staatsbürgern in Österreich nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz in den gegenständlichen Zeiträumen bewilligungspflichtig gewesen ist, vgl. §32a AuslBG in der bis 30.04.2011 geltenden Fassung.

 

Vor diesem Hintergrund ist die Aussage des XXXX einzuordnen, der aussagte, dass er für eine ins Auge gefasste Beschäftigung keine Beschäftigungsbewilligung bekam und daher sich entschied, als Selbstständiger Beschäftigung zu suchen. Das ist ein Indiz für die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen und spricht dagegen, dass die Vereinbarung und Durchführung einer tatsächlichen selbstständigen Tätigkeit von beiden Seiten gewollt war. In diesem Zusammenhang ist auch die Tatsache zu sehen, dass die Gewerbeberechtigungen der Beschäftigten mit Nov. 2011 ( XXXX ) bzw. Mai 2011 (Herr XXXX ) zurückgelegt worden, ohne dass eine neue beantragt worden wäre.

 

Zum Vorbringen der mangelnden Deutschkenntnisse:

 

Diese Frage ist entscheidend für die Relevanz der ohne qualifizierten Dolmetscher aufgenommenen Niederschriften und unterzeichneten Dokumente.

 

Herr XXXX hat glaubhaft angegeben, dass er zum Zeitpunkt der Betretung (Februar 2011) sehr schlecht Deutsch sprach und auch wenig verstand. Herr XXXX hatte auch keine guten Deutschkenntnisse. Darauf hat auch der Bf in der Verhandlung und in der Stellungnahme hingewiesen. Das Vorbringen ist glaubhaft. Herr XXXX hat bei der Einvernahme von Herrn XXXX gedolmetscht (lt. Niederschrift),

 

Aber auch wenn die Deutschkenntnisse der beiden beschränkt waren, so muss doch davon ausgegangen werden, dass die Beschäftigten Grundkenntnisse hatten, um die wesentlichen Punkte der Tätigkeit zu verstehen, was sie zu tun haben und was sie dafür an Entgelt bekommen, sowie wohin sie sich zur Arbeitsausführung begeben müssen. Sie müssen auch die Grundbegriffe der Arbeit und des Arbeitsumfeldes verstanden haben. Es kann daher nicht von einem gänzlichen Fehlen von Sprachkenntnissen ausgegangen werden, sondern es ist von Grundkenntnissen auszugehen.

 

Nach Auffassung des Gerichts sind aus diesen Gründen die Grundaussagen der Einvernahmen, ohne Details, als geeignet für die Sachverhaltsermittlung anzusehen; es ist auch zu bedenken, dass sie ohne die nötigen Kenntnisse auch nicht hätten angelernt werden können und - wie vom Bf vorgebracht - ohne seitens der Finanzbehörde weitere Anwesenheit eines Vertreters des Bf ihre Arbeit erledigen können. Die Niederschriften vor Ort vom 02.02.2011 sind daher unter dieser Voraussetzung zur Sachverhaltsfeststellung heranzuziehen.

 

Zur Rahmenvereinbarung:

 

Die vorgelegten Rahmenvereinbarungen, die jeweils gleichlautend sind und als Muster verwendet wurden, sind in komplizierter juristischer Sprache abgefasst und sehr umfangreich. Die individuellen Angaben beziehen sich jeweils nur auf die Baustelle, wo sich die Beschäftigte zu Verspachtlungsarbeiten sich einzufinden hatten, Details über den bestimmten Auftrag sind nicht enthalten. Es ist für das Gericht offensichtlich, dass die Beschäftigte die Rahmenvereinbarung nicht verstanden haben, insbesondere im Hinblick auf die obigen Aussagen zu den Sprachkenntnissen; die Unterschriften darauf haben sie als "Voraussetzung" für die Tätigkeit für die Bf akzeptiert, ohne deren Inhalt zu kennen. Die Vertragspunkte in der Rahmenvereinbarung sind daher nicht zustande gekommen zu betrachten, weil die Willenseinigung nicht zustande kommen konnte.

 

Dass sie regelmäßig gearbeitet und den Arbeitstag genutzt haben, ergibt sich aus den Aussagen der Beschäftigten in den Niederschriften vom 02.02.2010 und des Herrn XXXX in der mündlichen Verhandlung; das Bestreben, den vollen Arbeitstag zu nutzen, ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung als nachvollziehbar zu betrachten.

 

Die beschriebene Organisation der Arbeit entspricht den Plausibilitätskriterien. Die persönliche Arbeitspflicht war keine Frage bei der Anbahnung der Tätigkeit beim Bf und in der Praxis.

 

Dass es keine längeren Unterbrechungen der Tätigkeit gab ergibt sich aus den Rechnungen und aus der Aussage des Herrn XXXX , der sich daran nicht erinnern konnte. Seine Aussage in der Verhandlung ist dahingehend zu verstehen, dass sie den Arbeitsumfang der Dringlichkeit der Arbeit und der Witterung anpassten. Herr XXXX hatte in der mündlichen Verhandlung große Erinnerungslücken. Seine Angabe, Herr Kula habe das Material zur Verfügung gestellt, ist ein Irrtum.

 

Die Aussage in der mündlichen Verhandlung, dass die beiden immer allein auf der Baustelle tätig waren ist insofern zu relativieren als am Tag der Kontrolle jedenfalls zwei - zur Sozialversicherung gemeldete - Dienstnehmer mit Malerarbeiten ebenfalls an derselben Baustelle waren. Daraus leitet das Gericht ab, dass dieses auch an anderen Tagen der Fall war, wenn auch nicht durchgehend.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A)

 

3 .1 Gesetzliche Grundlagen:

 

3.1.1 Zuständigkeit

 

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Ziffer 8 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31.12.2013 bei den Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörden oder im Instanzenzug übergeordnete Behörden sind, auf die Verwaltungsgerichte über.

 

Gemäß § 415 ASVG idF bis 31.12.2013 war die Berufung in Angelegenheiten der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung an das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz zu richten und stand in den Fällen des § 413 Abs. 1 Z 2 allgemein, in den Fällen des § 413 Abs. 1 Z 1 jedoch nur zu, wenn über die Versicherungspflicht, ausgenommen in den Fällen des § 11 Abs. 2 erster Satz, oder die Berechtigung zur Weiter- oder Selbstversicherung entschieden worden ist. Soweit die Geschäftsfälle Angelegenheiten der Kranken- und Unfallversicherung berühren, hatte der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz regelmäßig der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hierüber zu berichten.

 

3.1.2 In der Sache

 

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird.

 

Dienstnehmer im genannten Sinn sind auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

3.1.3 Ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (zum Beispiel auf Grund eines freien Dienstvertrages iSd § 4 Abs. 1 Z 14 ASVG) - nur beschränkt ist. Die unterscheidungskräftigen Kriterien sind nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zum Beispiel die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Eine Einbindung der BF in die betriebliche Organisation setzt das Vorhandensein eines Betriebs voraus.

 

Entscheidend ist, ob bei einer Gesamtbetrachtung nach der Methodik des beweglichen Systems die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach überwiegen (VwGH 31.7.2014, 2012/08/0253).

 

Nach § 34 Abs. 1 ArbVG gilt diejenige Arbeitsstätte als Betrieb, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb derer eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht (VwGH 15.7.2013, 2011/08/0151).

 

Dazu können auch Baustellen zählen (VwGH 11.07.2012, 2010/08/0217; 3.10.2013, 2013/08/0162, 0169-0172).

 

Strukturen einer betrieblichen Organisation, in die eine Einbindung erfolgen kann, manifestieren sich zB in einem durch die Erfordernisse der betrieblichen Einrichtung vorgegebenen Ablauf, in einer gemeinsamen aufeinander abgestimmten Tätigkeit mehrerer Mitarbeiter oder in der Anwesenheit von Vorgesetzten an der Arbeitsstätte. Meist wird eine Einbindung in die betrieblichen Strukturen vor Ort von einer (dauerhaften) Zuweisung von einschlägigen Betriebsmitteln an den Erwerbstätigen Benutzung einer begleitet.

 

Betreffend die versicherungspflichtige Einordnung von Verspachtlern gibt es zahlreiche Erk des VwGH, vgl. u.a. Ra 2016/08/0181 vom 24.01.2017, Erk vom 17.10.2012, 2010/08/0012, Erk vom 07.03.2014, 2013/08/0277, Erk vom 20.03.2014, 2013/08/0288, Erk vom 07.09.2009, Zl. 2007/08/0041, vom 04.09.2013, 2013/08/0119 und 2013/08/0063, vom 03.10.2013, Zl. 2013/08/0162, vom 11.07.2012, Zl. 2010/08/0217, vom 17.10.2012, Zl. 2010/08/0012.

 

Der Tenor der Entscheidungen ist, dass dann, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, d.h. arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. das Erkenntnis vom 13. November 2013, Zl. 2011/08/0153, mwN). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (vgl. das Erkenntnis vom 19. Dezember 2012, Zl. 2012/08/0165).

 

3.2 Zum gegenständlichen Fall

 

3.2.1 Prüfung der österreichischen Zuständigkeit

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt keinen Hinweis darauf, dass es sich hier um eine Entsendung eines Selbstständigen nach Art. 12 Abs 2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (in Kraft ab 01.Mai 2010) bzw. vorher nach der VO (EWG) 1408/71, aus Polen nach Österreich handeln würde: Sie haben ihn Polen keine selbstständige Tätigkeit ausgeübt und auch keine Infrastruktur dort.

 

Es besteht somit die Zuständigkeit Österreichs zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung. Es liegen keine Bescheinigungen E 101/A1 betreffend die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates der EU vor.

 

3.2.2 Steuerliche Aspekte

 

Wie oben unter II. 1 dargelegt liegen betreffend die gegenständlichen Beschäftigten keine Lohnsteuerbescheide vor.

 

Dass keine Jahreslohnzettel für die Jahre 2010 und 2011 ausgestellt worden, bewirkt nicht, dass den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2010 und 2011 eine Bindungswirkung zukämen. Die Bindung besteht nur an die Lohnsteuerpflicht bejahende Entscheidungen.

 

3.2.3 Einfache manuelle Tätigkeiten bzw. Prüfung, ob atypische Umstände vorliegen:

 

Die Beschäftigte wurden auf der Baustelle arbeitend (Verspachteln von Innenwänden) angetroffen.

 

Aufgrund der unbestritten von allen Beteiligten geschilderten Umstände der Tätigkeit handelt es sich um eine einfache manuelle Tätigkeit. Der Bf konnte daher die Beschäftigten- nachdem sie wussten, was zu tun ist - disloziert, ohne weitere laufende Anweisungen, weder auf das arbeitsbezogene Verhalten bezogen noch fachliche - arbeiten lassen.

 

Die persönliche Arbeitspflicht lag unstrittig vor.

 

Wenn die Beschäftigten von sich aus wissen, wie sie sich bei einer Tätigkeit zu verhalten haben, äußert sich das nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an sich unterscheidungskräftige Merkmal des Weisungsrechts in Form von Kontrollrechten ("stille Autorität des Arbeitgebers"; vgl. auch dazu VwGH 5.9.2013, 2012/09/0119.

 

Der Bf hatte, da er selbst Sub-Auftragnehmer war, ein Interesse daran, dass die Beschäftigten regelmäßig zur Arbeit kamen und die Arbeit fortschritt. Eine gewisse Kontrolle wurde durch die wöchentlichen Baustellenbegehungen ausgeübt, bei der herausgekommen wäre, wenn die Beschäftigte nicht regelmäßig gearbeitet hätten. Dass sie bei Verhinderung das Unternehmen des Bf informiert haben, spricht für die Verbindlichkeit und Bindung.

 

Ein weitgehendes Selbstüberlassen-Sein schließt die persönliche Abhängigkeit nicht aus, weil der Tätigkeit darauf aufbaute, dass sie zum Geldverdienen nach Österreich gekommen waren. daher war von ihnen gewollt, dass sie die Arbeitstage ausfüllen, zumal sie auch nicht nach Zeit, sondern nach gespachtelten m 2 entlohnt wurden.

 

Die Gestaltung der Tätigkeit bezüglich Arbeitszeit weist keine gravierenden, für eine Bauhilfstätigkeit atypischen Merkmale auf.

 

Die Tatsache, dass eine Person nicht nach zeitlichen Einheiten, sondern nach Leistung bezahlt wird, hindert den Eintritt persönlicher Abhängigkeit bzw. eines Dienstverhältnisses nicht, vgl. dazu Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm, § 4 Rz. 127:

 

"Irrelevant ist die Art des Entgelts bzw der Entgeltleistung. Es kommt daher nicht darauf an, ob Anspruch auf einen Zeitlohn besteht. Auch bei Vereinbarung leistungs- und erfolgsorientierter Entgelte, die uU unregelmäßig und in wechselnder Höhe zustehen, liegt jedenfalls ein Entgeltanspruch vor (VwGH 2004/08/0218, ARD 5664/12/2006; 2004/08/0221, ZfVB 2008/146; 2005/08/0176, VwSlg 17.116 A; 2013/08/0106). Daher spricht auch ein vereinbartes Entgeltrisiko für den Fall einer Kursabsage nicht zwingend gegen ein DVerh (VwGH 2006/08/0317, infas 2010, S 18 - Fluglehrer mit umsatzorientierter Bezahlung).

 

Die Entlohnung nach Leistung ist nicht als atypisches Merkmal zu werten.

 

Baustellen sind als Betriebe im Sinne des § 34 ArbVG und der Judikatur anzusehen (vgl. oben).

 

Auch wenn die Einordnung in die betrieblichen Strukturen hier nur schwach ausgeprägt war, weil die Beschäftigte disloziert gearbeitet haben, waren sie - auch was das Arbeitsmaterial betraf und den Kontakt zu den "Überauftraggebern" und den Bauherrn im Rahmen einer Baustelle der Fa. XXXX tätig. Die Baustelle war dem Bf zuzurechnen, weil er die handwerkliche Verantwortung gegenüber seinen Auftragsgebern trug.

 

Sie konnten auch aufgrund des sehr eingeschränkten Gewerbescheines, der keine qualifizierten Tätigkeiten einschloss, keine selbstständigen Bauarbeiten übernehmen, da sie nur zu ganz bestimmten Schritten des Innenausbaues berechtigt waren.

 

Die Beschäftigte verfügten nicht über eine eigene betriebliche Organisation oder über nennenswerte Betriebsmittel.

 

Bei der vereinbarten Tätigkeit überwogen - auch aufgrund der generellen Umschreibung, was zu tun ist - die Kriterien einer Dienstleistung erfüllte, auch weil jegliches Leistungsverzeichnis fehlte. Die Vereinbarung "Verspachteln" und die Hinweise, auf welcher Baustelle sie das ausführen sollten, stellte eine vereinbarte Dienstleistung dar und keinen Werkvertrag in Form eines abgeschlossenen Auftrages.

 

Dem Einwand des Bf, es sei ein Werk vorgelegen, ist somit nicht zu folgen.

 

Sie konnten keine eigenen unternehmerischen Entscheidungen treffen, weil u.a.das Entgelt nicht verhandelbar war und das auch von ihnen so akzeptiert wurde; ob dies auch für den Bf als Subunternehmer bereits zutraf, ändert daran nichts, dass diese Tatsache für ein Dienstverhältnis spricht.

 

Sie haben nur für einen Auftraggeber, nämlich den Bf, gearbeitet. Sie haben ihre Arbeit nicht am Markt angeboten.

 

Es ist keinesfalls ausgeschlossen, dass ein Dienstverhältnis vorliegt, wenn der Dienstnehmer zusätzlich über einen Gewerbeschein verfügt (vgl. das. Erkenntnis vom 2. April 2008, Zl. 2007/08/0038 u. a.).

 

XXXX auch keinen Hinweis darauf, dass man einen freien Dienstvertrag abschließen wollte bzw. die Tätigkeit entsprechend gelebt wurde.

 

Eine Unterbrechung der Tätigkeit, wie vom Bf behauptete, außer in der vom Landeshauptmann von Burgenland festgestellten Zeit über Weihnachten/ Neujahr 2010/2011 konnte nicht festgestellt werden.

 

3.4 Zusammenfassend ist festzustellen, dass wesentliche atypische Umstände, die gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nicht überwiegen und daher von einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen ist.

 

Die Entgelthöhe lag über der entsprechenden Geringfügigkeitsgrenze.

 

3.5Es ist noch darauf hinzuweisen, dass das ASVG ist ein System der Pflichtversicherung ist, die bei Vorliegen bestimmter Umstände es lege eintritt. Einen isolierten Zugriff auf die Rechtsfolgen einer Beschäftigung, wie zB um die ausländerbeschäftigungsrechtlichen Probleme hintanzuhalten, lässt das Gesetz nicht zu.

 

4. Da nach der bis zum 31.12.2013 geltenden Bestimmung des § 415 ASVG der Instanzenzug an den Bundesminister nur in Angelegenheiten der Pflichtversicherung zulässig war, war die Berufung, soweit sie sich gegen die Beitragspflicht richtet, zurückzuweisen.

 

B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Zur Fragen der versicherungsrechtlichen Einordnung von "Verspachtlern" gibt es zahlreiche Erk des VwGH vom 07.09.2009, Zl. 2007/08/0041, vom 04.09.2013, 2013/08/0119 und 2013/08/0063, vom 03.10.2013, Zl. 2013/08/0162, vom 07.03.2014, Zl. 2013/08/0277, vom 11.07.2012, Zl. 2010/08/0217, vom 20.03.2014, Zl. 2013/08/0288, vom 17.10.2012, Zl. 2010/08/0012, vom 24.01.2017, Zl.2016/08/0181 uvm.

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