ARTIKEL 130
Freihändige Vergabe
(1) Sofern die Beschaffungsstellen diese Bestimmung nicht mit der Absicht anwenden, den Wettbewerb unter den Anbietern zu verhindern, oder sie so anwenden, dass Anbieter der anderen Vertragspartei diskriminiert werden, oder sie zum Schutz inländischer Anbieter einsetzen, können sie das freihändige Verfahren anwenden und brauchen die Artikel 124, 125, 126, 127 (Absätze 7 bis 11), 128, 129, 131 und 132 nur unter einer der folgenden Bedingungen nicht anzuwenden:
- a) unter der Voraussetzung, dass die in den Ausschreibungsunterlagen gestellten Anforderungen nicht wesentlich geändert werden, wenn:
- i) keine Angebote eingehen oder kein Anbieter einen Antrag auf Teilnahme gestellt hat;
- ii) keine Angebote eingehen, die den wesentlichen Anforderungen der Ausschreibungsunterlagen entsprechen;
- iii) kein Anbieter die Teilnahmebedingungen erfüllt oder
- iv) die abgegebenen Angebote aufeinander abgestimmt sind;
- b) wenn die Waren oder Dienstleistungen nur von einem bestimmten Anbieter geliefert werden können und es aus einem der folgenden Gründe keine vernünftige Alternative oder keine Ersatzware oder Ersatzdienstleistung gibt:
- i) bei der Beschaffung eines Kunstwerks,
- ii) zum Schutz von Patent-, Urheber- oder sonstigen Ausschließlichkeitsrechten oder
- iii) mangels Wettbewerbs aus technischen Gründen;
- c) bei zusätzlichen Lieferungen des ursprünglichen Anbieters der Waren oder Dienstleistungen, die nicht in der ursprünglichen Ausschreibung enthalten waren, sofern ein Wechsel des Anbieters für solche zusätzlichen Waren oder Dienstleistungen:
- i) wirtschaftlichen oder technischen Gründen wie der Austauschbarkeit oder Kompatibilität mit im Rahmen der ursprünglichen Ausschreibung beschafften Ausrüstungsgegenständen, Softwarelösungen, Dienstleistungen oder Anlagen, die nicht erfolgen kann und
- ii) mit erheblichen Schwierigkeiten oder Zusatzkosten für die Beschaffungsstelle verbunden wäre;
- d) soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn die Waren oder Dienstleistungen aus Gründen äußerster Dringlichkeit im Zusammenhang mit Ereignissen, die die Beschaffungsstellen nicht vorhersehen konnten, in einem offenen oder beschränkten Ausschreibungsverfahren nicht rechtzeitig beschafft werden könnten;
- e) bei Waren, die an einer Rohstoffbörse gekauft werden;
- f) wenn die Beschaffungsstelle einen Prototypen oder eine Erstanfertigung oder Erstdienstleistung beschafft, die in ihrem Auftrag für einen bestimmten Forschungs-, Versuchs-, Studien- oder Neuentwicklungsauftrag oder in dessen Verlauf entwickelt werden. Die Neuentwicklung einer Erstanfertigung oder -dienstleistung darf eine begrenzte Produktion oder Lieferung einschließen, um die Erprobungsergebnisse zu verarbeiten und zu zeigen, dass sich das Produkt für eine Produktion oder Lieferung in größeren Mengen bei annehmbaren Qualitätsstandards eignet, wobei eine Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit oder zur Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten nicht unter diese Bestimmung fällt;
- g) wenn Käufe zu außerordentlich günstigen Bedingungen getätigt werden, die nur ganz kurzfristig im Rahmen von Sonderverkäufen beispielsweise aufgrund von Liquidation, Zwangsverwaltung oder Insolvenz, nicht jedoch im Rahmen üblicher Käufe bei normalen Anbietern bestehen, oder
- h) bei Vergaben an Gewinner eines Wettbewerbs, vorausgesetzt
- i) dass die Organisation des Wettbewerbs den Grundsätzen dieses Kapitels, insbesondere in Bezug auf die Veröffentlichung der Bekanntmachung einer beabsichtigten Beschaffung, entspricht, und
- ii) die Teilnehmer von einer unabhängigen Jury beurteilt werden und dem Gewinner ein Vertrag in Aussicht gestellt wird.
(2) Die Beschaffungsstellen erstatten über jeden nach Absatz 1 vergebenen Auftrag schriftlich Bericht. Dieser Bericht enthält den Namen der Beschaffungsstelle, den Wert und die Art der beschafften Waren oder Dienstleistungen sowie eine Erklärung der Umstände und Bedingungen gemäß Absatz 1, welche das freihändige Vergabeverfahren rechtfertigten.
Schlagworte
Erstdienstleistung, Forschungsauftrag, Versuchsauftrag, Studienauftrag, Forschungskosten
Zuletzt aktualisiert am
12.08.2020
Gesetzesnummer
20011102
Dokumentnummer
NOR40222078
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