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Anlage5 Regelung der durch die Grenzziehung aufgeworfenen rechtlichen Fragen (Ungarn)

Aktuelle FassungIn Kraft seit 26.3.1928

Juridisches Protokoll

betreffend den Betrieb des Bergwerkes Brennberg.

Anlage5

(Zusatz zu der vom Ausschusse in seiner Sitzung vom 12. Dezember 1922 getroffenen Entscheidung.)

Zur Sicherung und Erhaltung der einheitlichen Verwaltung des Bergwerkes Brennberg ist das nachstehende Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreiche Ungarn in Gemäßheit der Allgemeinen Instruktionen für die Grenzregelungsausschüsse vom 22. Juli 1920, der Entscheidung der Botschafterkonferenz vom 8. Februar 1922 und der von der österreichischen Regierung zugestandenen und im Protokoll der vom Ausschusse am 12. Dezember 1922 abgehaltenen Sitzung niedergelegten Sicherheiten abgeschlossen worden.

Artikel I. Österreich anerkennt, daß der Betrieb des “Barbara-Helenenschachtes" eine wirtschaftliche Einheit bleibt und bei der gegenwärtigen und zukünftigen Ausdehnung des österreichischen Gebietes der Überwachung und Verwaltung der ungarischen Bergbehörde zu unterstehen hat.

Die Bergleute und Angestellten des Bergwerkes werden den ungarischen Schutzgesetzen für Bergbauarbeiter (Gesetze über die Arbeitszeit, den Lohn, die Versicherung u. s. w.) auch dann unterworfen sein, wenn sie auf österreichischem Gebiete arbeiten.

Es herrscht Einverständnis darüber, daß der Aufenthalt der Bergleute und Angestellten in Österreich und ihre Behandlung in einem österreichischen Spitale einem Aufenthalt in Ungarn und einer Behandlung in einem Spitale dieses Staates gleichzuhalten sind.

Die österreichische Bergbehörde behält sich nur das Recht vor, das Bergwerk zu ihrer Information zu besuchen und in die Grubenkarten Einsicht zu nehmen.

Artikel II. Österreich verpflichtet sich, behufs verschärfter Ausübung der Sicherheitspolizei in dem Bergwerke auf dem in der zuliegenden Skizze rot eingezeichneten Gebiete der Gruppe 65 der Katastralparzellen der Gemeinde Ritzing einen österreichischen Gendarmerieposten aufzustellen und zu erhalten.

Diese Vorsichtsmaßregel wird dem Bergwerksbetriebe erhöhte Sicherheit gegen allfällige böswillige oder Sabotageakte gewähren.

Die österreichische Gendarmerie wird alle jene notwendigen, von der Brennberger Bergwerksdirektion verlangten Ordnungsmaßnahmen sowohl im Betriebe als auch in den Arbeiterkolonien durchführen, die jedoch nicht über den Rahmen der ungarischen Bergbau- und Arbeiterschutzgesetze hinausgehen dürfen.

Österreich verpflichtet sich auch, der Bergwerksgesellschaft alle Schäden zu vergüten, welche aus Sabotageakten herrühren und sich auf dem der Aufsicht seiner Gendarmerie unterstellten Gebiete ereignet haben.

Artikel III. Österreich gestattet die abgabenfreie Ausfuhr des für den vorerwähnten Bergbaubetrieb notwendigen Materials (insbesondere Holz).

Das österreichische Finanzministerium behält sich vor, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um allen Mißbrauch dieses Zugeständnisses hintanzuhalten.

Artikel IV. Österreich ist bereit, die Verordnung der Bundesregierung vom 21. März 1922, Nr. 162, betreffend die Aufsuchung und Gewinnung von Kohle im Burgenlande, für den auf der Skizze mit einer blauen Linie umgrenzten Gebietsteil der Gemeinden Ritzing, Lackendorf und Lackenbach für die ganze Dauer des zwischen der Aktiengesellschaft zur Ausbeutung der Kohlenbecken in der Umgebung von Brennberg und der fürstlich Eszterhazyschen Domänendirektion abgeschlossenen, in Sopron am 8. Mai 1914 unterzeichneten, in Sopron am 19. August 1914 vom Fideikommissariat genehmigten und bis zum Jahre 1963 gültigen Vertrages außer Kraft zu setzen.

Österreich sichert hiedurch der genannten Gesellschaft den weiteren vollen Genuß der durch diesen Vertrag erworbenen Berechtigungen zu.

Artikel V. Die oben angeführten Verpflichtungen sind von der Republik Österreich laut der vom österreichischen Delegierten in der Sitzung des Grenzregelungsausschusses vom 12. Dezember 1922 abgegebenen Erklärung offiziell angenommen worden.

Artikel VI. Die beiden vertragschließenden Staaten behalten sich die Regelung aller Einzelfragen vor, die sich im Laufe des Bergbaubetriebes ergeben werden.

Artikel VII. Vorstehendes Übereinkommen tritt in Kraft:

für die Republik Österreich,

nach Genehmigung durch das Parlament, Ratifizierung durch den Bundespräsidenten und Publizierung im Bundesgesetzblatte;

für das Königreich Ungarn,

nach Ratifizierung durch die Königliche Regierung.

Gesehen und genehmigt in der in Sopron am 31. Juli 1924 abgehaltenen Sitzung.

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