3. Die sechs Schlüsselemente
S. BRZ 2022, 3; https://doi.org/10.33196/brz202201000301
3.6. Währungspolitische Souveränität
Macrons sechstes Schlüsselelement schließlich heißt „Wirtschafts-, Industrie- und Währungsmacht“. Sind hierfür die erwähnte souveräne Energie- und Digitalisierungspolitik unerlässlich und gehören dazu auch eine „ehrgeizige“ Raumfahrts- und Industriepolitik, um branchenübergreifend die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, so sei eine „nachhaltige Wirtschaftsmacht“ nur „mit Hilfe einer gemeinsamen Währung“ zu bewerkstelligen, weshalb auch „ausgehend von dieser Wirtschafts- und Währungsunion innerhalb dieses Gremiums“ das „Herzstück“ der Integration zu schaffen sei.99 Um die Governance der Eurozone sei alles freilich nicht bestens bestellt, weshalb Macron dafür plädierte, in deren Haushalt „zumindest teilweise eine Steuer einfließen zu lassen, zum Beispiel die Körperschaftssteuer, sobald ihre Harmonisierung erfolgt ist.“ Neben der damit verbundenen Solidarität stellte er die verbindliche „Einhaltung der Regeln“, die „wir uns geschaffen haben“ sowie den Willen zu inländischen Reformen heraus, denn nur „mit einer starken politischen Steuerung durch einen gemeinsamen Minister und eine anspruchsvolle parlamentarische Kontrolle auf europäischer Ebene“ sei ein solcher Haushalt zu bewältigen. Doch „alleine die Eurozone mit einer starken und internationalen Währung kann Europa den Rahmen einer Weltwirtschaftsmacht bieten“, und nur somit sei jene europäische Einheit zu erreichen, „von der deutsch-französischen Aussöhnung bis zur Wiedervereinigung von Ost und West“, die „unser schönster Erfolg und unser wertvollster Trumpf“ sei, um ein „starkes und souveränes Europa“ zu haben.100 Zum sechsten Schlüsselelement zählte Macron ebenfalls die sozialpolitische Konvergenz, um „die Essenz dieses Gleichgewichts“ wiederzufinden, „damit der regellose Wettbewerb nicht zu einer endgültigen Spaltung führt.“ Der Staatspräsident nannte beispielhaft die Überarbeitung der Entsenderichtlinie,101 damit Arbeitnehmer in den alten Mitgliedstaaten zu gleichen Bedingungen mit denen aus den neuen ihre Arbeit anbieten können. „Denn heute schützt Europa nicht vor Sozialdumping, wir haben zugelassen, dass ein europäischer Markt entsteht, der letztlich die Philosophie der Einheitlichkeit unseres Arbeitsmarktes umgeht“. Auch unterstützte er ausdrücklich den Vorschlag von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, „eine europäische Aufsichtsbehörde einzusetzen, die über die Einhaltung der Regeln wacht“. Flankierend dazu würde Macron eine Harmonisierung der Körperschaftssteuer begrüßen, denn die „Steuerdivergenz befeuert auch eine gewisse Uneinigkeit, sie zersetzt unsere eigenen Modelle und schwächt Europa im Ganzen.“ Verlangt wurde „bis zum nächsten europäischen Haushalt 2020“ eine für die Mitgliedstaaten rechtlich verbindliche „Spanne für Steuersätze“, deren Einhaltung „eine Bedingung für den Zugang zu den europäischen Kohäsionsfonds“ darstellen sollte, „denn es geht nicht, dass man von der europäischen Solidarität profitiert und gleichzeitig andere ausspielt.“102