Der Gebühr unterliegen ausschließlich außergerichtliche Vergleiche. Ein Vergleich ist iSd
§ 1380 ABGB ein Neuerungsvertrag, durch den streitige oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen verbindet. Es handelt sich um einen Feststellungsvertrag mit "Klarstellungs- und Streitvorbeugungsfunktion", der unter beiderseitigem Nachgeben zustande kommt und womit bisher strittige oder zweifelhafte Rechte oder Rechtsgeschäfte bereinigt werden (VwGH 11.9.1987, 86/15/0121). Das Nachgeben in nur einem von mehreren Punkten genügt (
VwGH 25.11.1999, 99/16/0021). Der Vergleich ist ein zweiseitig verbindliches, entgeltliches Rechtsgeschäft.
Strittig ist ein Recht, wenn sich die Parteien nicht einigen können, ob und in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht. Zweifelhaft ist ein Recht dem Grunde oder der Höhe nach, wenn die Parteien sich über Bestand, Inhalt, Umfang oder auch über dessen (sichere) Verwirklichung oder Erlöschen nicht im Klaren sind.
Insbesondere eine Vertragsformulierung, wonach "sämtliche wie immer gearteten gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten endgültig bereinigt und verglichen" sein sollen, lässt den Vergleichscharakter eines Rechtsgeschäftes erkennen. Dazu zählen zB:
Auch Vereinbarungen über streitige oder zweifelhafte Rechte, die im Zuge einer Mediation zwischen den Parteien abgeschlossen werden, stellen einen gebührenpflichtigen Vergleich dar. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Vereinbarung in Stichworten festgehalten wird (siehe zur Punktation
Rz 1037 ff).
Kein Vergleich liegt zB vor bei:
- Regelung/Festlegung nicht oder nicht mehr strittiger Rechte (VwGH 11.3.1982, 81/15/0070);
- einseitiger Anerkennung einer Forderung;
- Erlass einer unstreitigen oder unzweifelhaften Schuld;
- Vereinbarung einer Abweichung von der gesetzlichen Erbfolge (einschließlich des gesetzlichen Pflichtteilsanspruches) für den Fall der späteren Eheschließung, wenn ein Streit über Art oder Ausmaß des der Ehegattin im Falle des Todes ihres Ehegattens zustehenden gesetzlichen Erbrechts nicht bestanden hat (VwGH 11.9.2018, Ra 2016/16/0110).
Nicht Gegenstand der Gebühr sind zufolge
§ 15 Abs. 3 GebG (siehe
Rz 1040 ff) in außergerichtlichen Vergleichen verwirklichte Tatbestände nach den Verkehrsteuergesetzen, die der jeweiligen Verkehrsteuer (zB der Grunderwerbsteuer) unterliegen.
Gerichtliche Vergleiche sind solche, die vor staatlichen Gerichten geschlossen werden (zB prätorischer Vergleich oder Prozessvergleich [
VwGH 18.11.1993, 93/16/0014]), dies unabhängig von der Art des Verfahrens (auch Außerstreitverfahren). Nicht zu gerichtlichen Vergleichen zählen hingegen Vergleiche vor Schiedsgerichten (auch vor Schiedsgerichten der Kammern).
Gerichtliche Vergleiche sind auch solche, die vor Notaren als Gerichtskommissäre geschlossen werden.
Wird im Vorfeld oder nach dem gerichtlichen Vergleich ein außergerichtlicher Vergleich beurkundet, unterliegt dieser der Rechtsgebühr selbst dann, wenn inhaltliche Gleichheit gegeben ist (
VwGH 26.6.1996, 93/16/0077).
Anerkenntnis und Verzicht unterliegen nicht der Gebühr, da die Einigung der Parteien nicht durch beiderseitiges Nachgeben erfolgt (VwGH 19.6.1989, 88/15/0167), sondern nur eine Partei von ihrem Rechtsstandpunkt abgeht und sich dem der Gegenpartei vollständig unterwirft.
Die Aufnahme eines Rechtsgeschäftes in einen gerichtlichen Vergleich verhindert nicht dessen Vergebührung nach den einzelnen Tatbeständen des
§ 33 GebG (
VwGH 22.5.1996, 95/16/0021). Eine solche Rechtsgebühr wird nicht von der Gerichtsgebühr nach dem Gerichtsgebührengesetz "absorbiert" (
VwGH 6.10.1994, 93/16/0091).