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27.5. Dienstbarkeit (§ 33 TP 9 GebG)

BMF2025-0.125.2831.4.2025

27.5.1. Gegenstand der Gebühr

Rz 1440
Der Begriff der Dienstbarkeit (Servitut) ist im Gebührengesetz 1957 nicht umschrieben, es muss daher auf das Zivilrecht Bezug genommen werden. Nach § 472 ABGB wird durch das "Recht der Dienstbarkeit" ein Eigentümer verbunden, zum Vorteil eines anderen, nämlich des Berechtigten, in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen. Es ist ein dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht.

Rz 1441
Von der Dienstbarkeit zu unterscheiden ist die nicht der Gebühr unterliegende Reallast. Darunter versteht man die Verpflichtung des jeweiligen Grundeigentümers zu einer positiven Leistung zu Gunsten des Berechtigten (zB ein Ausgedinge bei bäuerlichen Übergaben).

Rz 1442
Man unterscheidet zwischen Grunddienstbarkeiten (zB Wegerecht, Leitungsrecht) und persönlichen Dienstbarkeiten (zB Fruchtgenussrecht, Wohnrecht).

Rz 1443
Gemäß § 474 ABGB steht bei den Grunddienstbarkeiten das Nutzungsrecht dem jeweiligen Eigentümer einer bestimmten Liegenschaft (des "herrschenden Grundstücks") zu.

Rz 1444
Die belastete Sache ist stets ein Grundstück (das "dienende Grundstück").

Rz 1445
Ein Grundstück kann zum Vorteil eines anderen Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses anderen Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.

Rz 1446
Unerheblich ist, ob die Urkunde über den Vertrag zur Begründung einer Grunddienstbarkeit in einverleibungsfähiger Form ausgestellt ist.

Rz 1447
Persönliche Dienstbarkeiten können sowohl an unbeweglichen als auch an beweglichen Sachen begründet werden. Berechtigter ist stets eine bestimmte Person. Persönliche Dienstbarkeiten sind der Fruchtgenuss, das Gebrauchsrecht und das Wohnrecht.

Rz 1448
Unter Fruchtgenuss wird das dingliche Recht verstanden, eine fremde Sache ohne jede Einschränkung, aber unter Schonung der Substanz zu gebrauchen.

Rz 1449
Das Gebrauchsrecht ist das dingliche Recht auf Nutzung einer Sache wie beim Fruchtgenuss, aber bloß zum persönlichen Bedürfnis, das Wohnrecht das dingliche Recht zum Gebrauch einer Wohnung.

Rz 1450
Voraussetzung der Erfüllung des Tatbestandes des § 33 TP 9 GebG ist außer dem Vorliegen einer Dienstbarkeit iSd Zivilrechtes, dass die Einräumung der Dienstbarkeit durch ein entgeltliches Rechtsgeschäft erfolgt. Ein solches entgeltliches Rechtsgeschäft liegt vor, wenn nach dem Willen der Parteien eine Leistung im Sinne einer subjektiven Äquivalenz vergolten werden soll (VwGH 16.10.2003, 2003/16/0126). Auf das Vorhandensein einer solchen Äquivalenz kann dabei auch aus dem Sachverhalt geschlossen werden.

Rz 1451
Die unentgeltliche Einräumung einer Dienstbarkeit erfüllt nicht den Tatbestand (siehe Rz 1450 f).

Rz 1452
Bei teilweise unentgeltlicher Einräumung einer Dienstbarkeit bildet der Wert des Entgelts die Bemessungsgrundlage.

Beispiel:

Für die Einräumung eines Wohnrechtes an einer Liegenschaft (Wert des Wohnrechts gemäß § 16 BewG 1955: 200.000 Euro) wird ein Entgelt iHv 50.000 Euro vereinbart.

Die Bemessungsgrundlage für die Dienstbarkeitsgebühr beträgt 50.000 Euro.

Rz 1453
Werden in einem Dienstbarkeitsvertrag Dienstbarkeiten wechselseitig eingeräumt, stellt dieser einen entgeltlichen (tauschähnlichen) Vorgang dar, der der Dienstbarkeitsgebühr unterliegt.

Rz 1454
Der Gebühr unterliegt nicht erst der Erwerb einer Dienstbarkeit, also ihre grundbücherliche Einverleibung, sondern schon die rechtsgeschäftliche Einräumung des Titels zum entgeltlichen Erwerb (VwGH 5.3.1990, 89/15/0014).

Rz 1455
Verträge, welche die Überlassung des Gebrauches einer Wohnung gegen Entgelt zum Gegenstand haben, sind in der Regel als Mietverträge gemäß § 33 TP 5 GebG zu werten (zur Abgrenzung zwischen Bestandvertrag und Dienstbarkeit siehe Rz 1458 ff).

Rz 1456
Wird allerdings die zur Nutzung überlassene Wohnung vereinbarungsgemäß nicht zur Befriedigung eines Wohnbedürfnisses des Nutzungsberechtigten, sondern zur Erzielung von Erträgnissen verwendet, ist nicht von einem Bestandvertrag, sondern von einem Dienstbarkeitsvertrag gemäß § 33 TP 9 GebG auszugehen, weil einem Fruchtnießer das Recht auf volle Nutzung der Sache zusteht, wozu insbesondere das Recht gehört, Bestandrechte an Personen zu vergeben, die dadurch Hauptmieter werden. Ein derart eingeräumtes Recht steht mit dem Recht eines Bestandnehmers in Widerspruch, es stellt vielmehr ein Fruchtgenussrecht dar (VwGH 5.3.1990, 89/15/0014).

Rz 1457
Erfolgt die Einräumung der Dienstbarkeit durch das Gericht (zB § 3 Notwegegesetz oder § 86 EheG) oder durch die Verwaltungsbehörde (zB bei Enteignungen nach § 2 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz - EisbEG oder durch die Agrarbehörde) ist keine Gebührenpflicht gegeben.

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