Beispiel:
Es wird ein Schreiben zur Anbahnung eines Kaufvertrages über ein Gemeindegrundstück bei der Gemeinde eingebracht. Der Tatbestand der Eingabe wird nicht verwirklicht, da der Verkauf des Grundstückes nicht im öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis der Gemeinde liegt.
10.5.6. Privatinteresse
Privatinteresse ist anzunehmen, wenn der Einschreiter bei Erfüllung seines Begehrens irgendeinen materiellen oder ideellen Vorteil zu erreichen wünscht.Liegt teilweise öffentliches und teilweise privates Interesse vor, genügt ein teilweises Privatinteresse zur Erfüllung der Gebührenpflicht.Privatinteresse ist dann nicht gegeben, wenn die Eingabe ausschließlich aus ordnungspolitischen Gründen zu erfolgen hat und im Falle ihrer Unterlassung keine anderen Rechtsfolgen als die Verhängung einer Verwaltungsstrafe drohen.Ein Privatinteresse ist zB anzunehmen bei:- einem Ansuchen um Ausstellung einer Widmungsbestätigung über die Ausweisung eines Grundstückes im Flächenwidmungsplan der Gemeinde (VwGH 19.3.1997, 97/16/0035)
- einer schriftlichen Eingabe, mit der die Anbringung der Rechtskraftklausel begehrt wird (VwGH 23.2.1984, 83/15/0064)
- einem Antrag auf Aufhebung der Entziehung der Lenkberechtigung (VwGH 18.12.1997, 97/16/0323)
- einem vom Ombudsmann einer Zeitung an eine Behörde gerichteten Schreiben zur Abschaffung eines in einem Leserbrief behaupteten Missstandes in einem konkreten Einzelfall (VwGH 19.12.1986, 85/15/0238)
- einem Begehren auf bestimmte Information (VwGH 26.11.1990, 90/15/0157; VwGH 21.1.1998, 97/16/0446)
- einem schriftlichen Antrag auf Erlassung einer Auskunftssperre durch einen Bediensteten der Exekutive, um sich vor Gewalttaten oder Racheakten zu schützen (Schutz des Privat- und Familienlebens)
- Aufzeigen von Missständen (zB Dienstaufsichtsbeschwerden), wenn der Einschreiter damit sein Verfahren beeinflussen möchte (vgl. VfGH 15.10.1962, B297/61; VwGH 2.2.1967, 1040/66)
- Eingaben nach § 86 StVO 1960 (Versammlungen unter freiem Himmel), weil diese der Straßenpolizei die Möglichkeit gibt, rechtzeitig Vorkehrungen zu treffen (VfGH 21.3.1979, B 203/78)
- Eingaben, in denen zum Vorteil der Allgemeinheit tatsächliche oder vermeintliche Unzukömmlichkeiten in der Verwaltung aufgezeigt werden und deren Beseitigung angeregt wird
- positiven Anregungen der Bürger. Demnach sind mangels eines konkreten Privatinteresses auch Eingaben gebührenfrei, in denen nur allgemeine Anregungen oder Vorschläge für Maßnahmen zu Verbesserung der Gesetzeslage oder der Verwaltung unterbreitet werden
- dass ein öffentliches Interesse auf Berichterstattung, Information, Kenntnis der Faktenlage, Recherche, Datenanalyse und dergleichen vorliegt und
- dass diesem öffentlichen Interesse durch Publikation in einem der Öffentlichkeit zugänglichen Medium (zB Zeitung, Website) nachgekommen werden soll;
Eingaben von Journalisten und "social watchdogs" (zu diesem Begriff siehe zB VwGH 29.5.2018, Ra 2017/03/0083, mit Verweis auf EGMR (Große Kammer) 8.11.2016, Magyar Helsinki Bizottsag, 18030/11, insbesondere Z 131 und 156 ff), aus denen klar erkennbar ist,
Erfolgt eine derartige Eingabe zur Ermittlung von Daten usw., die (ausschließlich oder unter anderem) an Dritte weiterverkauft werden, unterliegt die Eingabe der Gebührenpflicht.
- Eingaben, mit denen auf das Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß § 2 Geschworenen- und Schöffengesetz 1990 (GSchG) hingewiesen wird.