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Feststellung, Überprüfung und Meldung von wirtschaftlichen Eigentümern gemäß dem Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG), BGBl. I Nr. 136/2017 (WiEReG BMF-Erlass)

BMF2024-0.413.35113.9.20242024Feststellung, Überprüfung und Meldung von wirtschaftlichen Eigentümern gemäß dem Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG), BGBl. I Nr. 136/2017 (WiEReG BMF-Erlass)

In diesem Erlass wird die Rechtsansicht des Bundesministers für Finanzen im Zusammenhang mit der Feststellung, Überprüfung und Meldung von wirtschaftlichen Eigentümern gemäß dem Wirtschaftlichen Eigentümer Registergesetz wiedergegeben. Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten können aus dem Erlass nicht abgeleitet werden. Bei Erledigungen haben Zitierungen mit Hinweisen auf diesen Erlass zu unterbleiben.

Zusatzinformationen

Materie:

Organisation

betroffene Normen:

WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017

Schlagworte:

Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Prävention, wirtschaftlicher Eigentümer, Register

Verweise:

BMF 23.10.2020, 2020-0.681.009, BMF-AV Nr. 171/2020

2.3.8 Kirchen und Religionsgemeinschaften

Kirchen, Rechtsformen kirchlichen Rechts (zB kanonische Stiftungen) oder anerkannte Religionsgemeinschaften erfüllen ebenfalls nicht den Begriff des Rechtsträgers gemäß § 1 Abs. 2 WiEReG. Für diese kommen dieselben Regelungen zur Anwendung wie für Körperschaften des öffentlichen Rechts (siehe Abschnitt 2.3.7 (Körperschaft des öffentlichen Rechts)).

2.3.9 Ausübung von Kontrolle auf "andere Weise"

Gemäß der Definition der Kontrolle iSd § 244 Abs. 2 UGB muss eine Kontrolle immer rechtlich begründet sein. Dies kann nur dann angenommen werden, wenn ein entsprechendes Rechtsverhältnis (Treuhandschaftsvertrag, Satzungsbestimmung oder Stimmrechtsbindungsvertrag) vorliegt. Zu beachten ist auch, dass nicht alle Verträge der Schriftform bedürfen.

§ 2 Z 1 lit. a WiEReG stellt ausdrücklich klar, dass auch jene natürlichen Personen wirtschaftliche Eigentümer sind, die die Gesellschaft auf andere Weise letztlich kontrollieren. Die nachstehenden Ausführungen gelten auch für § 2 Z 2 lit. e und 3 lit. a sublit. dd) und lit. b sublit. dd) WiEReG sinngemäß. Als Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses ist bei diesen Personen "Kontrolle" in den Meldeformularen auszuwählen.

Eine Kontrolle auf andere Weise kann auf verschiedenste Arten, rechtlich oder durch faktische Umstände, begründet werden. Entscheidend ist allerdings immer, dass wesentliche geschäftliche Entscheidungen im Sinne des Kontrollierenden getroffen werden. Auch persönliche Beziehungen zu der obersten Führungsebene oder zu Gesellschaftern oder Aktionären können Kontrolle auf andere Weise begründen, wenn diese derart gestaltet sind, dass diese Person direkten Einfluss auf wesentliche geschäftliche Entscheidungen nehmen kann. Alle Entscheidungen in Bezug auf Gewinnausschüttungen oder Entscheidungen, die zu einer Vermögensverschiebung hin zum Kontrollierenden führen, stellen immer wesentliche geschäftliche Entscheidungen dar.

Bsp.: Die Anteile eines Familienunternehmens werden vom Vater/Mutter an die Kinder, die auch Geschäftsführer sind, weitergegeben. Der Vater/die Mutter nimmt noch Einfluss auf wesentliche geschäftliche Entscheidungen, die von den Geschäftsführern umgesetzt werden müssen, weil beispielsweise ansonsten Nachteile im Verlassenschaftsverfahren der Vater/der Mutter drohen.

Bsp.: Die Anteile einer GmbH befinden sich im Alleineigentum eines Ehepartners. Der andere Ehepartner ist Geschäftsführer und hat mit dem Gesellschafter einen optionsartigen Abtretungsvertrag unterschrieben, der die zukünftige Übernahme der Gesellschaftsanteile zu einem wirtschaftlich deutlich zu niedrigen Preis erlaubt. Der Ehepartner, der Geschäftsführer ist, kann die GmbH auf andere Weise kontrollieren, da dieser auch die Gesellschafterrechte wahrnehmen kann. Dieser ist daher neben dem Gesellschafter wirtschaftlicher Eigentümer.

Bsp.: Es wird eine Person als Scheingesellschafter (und/oder Scheingeschäftsführer) eingesetzt. Es muss kein schriftlicher Vertrag existieren, aber der Scheingesellschafter bzw. Scheingeschäftsführer muss wesentliche Entscheidungen im Sinne einer im Hintergrund agierenden Person treffen. Grund für die Kontrolle können finanzielle Gründe (Honorar für die Wahrnehmung der Funktion als Gesellschafter und/oder Geschäftsführer) aber auch die Androhung einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz oder von körperlicher Gewalt gegen den Scheingesellschafter bzw. Scheingeschäftsführer oder diesem nahestehende Personen sein. Oftmals wird auch die wirtschaftliche oder rechtliche Unerfahrenheit des Scheingesellschafters bzw. Scheingeschäftsführers ausgenutzt werden. Entscheidend ist, dass wesentliche Entscheidungen im Sinne des Kontrollierenden getroffen werden, der ebenfalls wirtschaftlicher Eigentümer ist.

Bsp.: Die Anteile an einer GmbH werden um einen Euro (wesentlich unter dem Wert der Beteiligung) an eine nahestehende Person abgetreten, mit der mündlich vereinbart wird, dass die Anteile zu einem späteren, vom ehemaligen Eigentümer gewählten Zeitpunkt wieder zurückübertragen werden. Auch wenn die Vereinbarung nicht schriftlich festgehalten wird, ermöglicht sie dem vorherigen Eigentümer, jederzeit Kontrolle über die Anteile zu übernehmen. Wenn eine derartige Vereinbarung auch mit Kontrolle über das Tagesgeschäft bzw. dem Treffen wesentlicher geschäftlicher Entscheidungen (zB im Hinblick auf Gewinnausschüttungen) einhergeht, ist auch der ehemalige Eigentümer aufgrund seiner Kontrolle wirtschaftlicher Eigentümer.

Die oberste Führungsebene des meldepflichtigen Rechtsträger wird regelmäßig selbst wissen, ob diese bei wesentlichen Entscheidungen unter der Kontrolle einer anderen Person steht. Dies ist entsprechend zu dokumentieren. Bei Gesellschaftern oder übergeordneten Rechtsträgern ist eine Kontrolle auf andere Weise nur dann anzunehmen, wenn objektive und eindeutige Anhaltspunkte vorliegen, die für das Vorliegen einer Kontrolle auf andere Weise sprechen. Die Anhaltspunkte sind zu dokumentieren. Bloße Gerüchte oder Vermutungen sind nicht ausreichend.

Durch eine Kontrolle auf andere Weise kann sich ein zusätzlicher wirtschaftlicher Eigentümer ergeben, wenn durch eine natürliche Person Kontrolle in diesem Sinn ausgeübt wird. Übt eine juristische Person Kontrolle auf andere Weise aus, ist zu prüfen, ob diese juristische Person wiederum der Kontrolle einer natürlichen Person unterliegt, die dann wirtschaftlicher Eigentümer ist.

Insbesondere kann bei Ehepartnern nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass einer der Ehepartner Kontrolle ausübt.

Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise im Sinne der Bundesabgabenordnung (BAO) kommt für die Feststellung der wirtschaftlichen Eigentümer jedoch nicht zur Anwendung.

Kontrolle kann sich zudem im Zusammenhang mit Scheinunternehmen (siehe § 8 Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz - SBBG) ergeben und/oder durch Ausübung von Zwang (etwa durch Ausnutzen einer finanziellen Notlage). Ein denkbares Szenario betrifft beispielsweise das Heranziehen von Scheingeschäftsführern für Firmen bzw. Firmenmäntel, die gleichzeitig auch als Gesellschafter im Firmenbuch eingetragen werden, allerdings keinen Einblick in die Geschäftstätigkeit der Firma haben. Die laufende Geschäftstätigkeit als auch alle wesentlichen Entscheidungen werden durch eine andere Person getroffen, die den Rechtsträger faktisch kontrolliert. Beispielsweise kann es sein, dass nur der Kontrollierende Zugriff auf die Bankkonten des Rechtsträgers hat und der Scheingesellschafter oder Geschäftsführer nur, wenn erforderlich (in Begleitung eines "Aufpassers") auftritt. Diese faktischen Geschäftsführer bzw. Gesellschafter sind daher aufgrund der Ausübung von Kontrolle als wirtschaftliche Eigentümer iSd WiEReG anzusehen.

Zusatzinformationen

Materie:

Organisation

betroffene Normen:

WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017

Schlagworte:

Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Prävention, wirtschaftlicher Eigentümer, Register

Verweise:

BMF 23.10.2020, 2020-0.681.009, BMF-AV Nr. 171/2020

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