Wenn eine Privatperson für den Eigenbedarf vstW im freien Verkehr eines anderen MS (also versteuert) erwirbt und selbst in das Steuergebiet verbringt, kommt es grundsätzlich zu keiner weiteren Steuerschuldentstehung im Steuergebiet. Anders als im gewerblichen Verkehr gilt beim Verbringen zu privaten Zwecken das Ursprungs- bzw. Erwerbslandprinzip. Die Verwendung eines Verwaltungsdokuments bzw. eine Zertifizierung ist für steuerfreie Verbringungen nicht vorgesehen.
Steuerfreie Verbringungen zu privaten Zwecken können bei Vorliegen folgender Voraussetzungen erfolgen:
- Die vstW werden von einer Privatperson für den Eigenbedarf (Abschnitt 4.7.2.) erworben und in das Steuergebiet verbracht.
- Dem Ge-/Verbrauch durch die Privatperson selbst ist der Ge-/Verbrauch durch Familienangehörige (im selben Haushalt), bei der Bewirtung von privaten Gästen oder als Geschenk gleichgestellt. Der rein persönliche Charakter des Besitzes wird dadurch vermittelt, dass die vstW ohne ein bestehendes Auftragsverhältnis und ohne die Erwartung einer Kostenerstattung erworben werden (BFH 08.09.2011, VII R 59/10, ZfZ 2012, 26).
- Die Verbringung muss durch die Privatperson selbst erfolgen (Abschnitt 4.7.3.), da nur so der rein persönliche Charakter des Besitzes der vstW festgestellt werden kann.
- den Ålandinseln
- den französischen überseeischen Departements oder
- den Kanarischen Inseln
Die Verbringung erfolgt nicht aus einem der folgenden EU-Gebiete, welche zwar Teil des Zollgebiets der Union sind, für die die SystemRL aber nicht gilt:
In diesen Fällen gelten die Reisefreimengen aus Drittländern gemäß den zollrechtlichen Bestimmungen.
- Die Verbringung darf nur gelegentlich erfolgen (entsprechend der Verwaltungspraxis maximal einmal pro Kalendertag).
Verbringungen durch Privatpersonen, die nicht steuerfrei sind, gelten als gewerbliche Verbringungen und es sind daher die Regelungen betreffend Zertifizierungen für natürliche Personen (Abschnitt 4.2.4.) und Beförderungen in steuerrechtlich freien Verkehr (Abschnitt 4.4.) anzuwenden.
4.7.1. Richtmengen
Zur Bestimmung des Eigenbedarfs sind in Art. 32 SystemRL Richtmengen festgelegt. Bei Überschreiten dieser Richtmengen wird grundsätzlich ein gewerbliches Verbringen angenommen und damit der Verlust der Steuerfreiheit bewirkt, außer es wird nachgewiesen oder glaubhaft gemacht, dass die vstW tatsächlich für den Eigenbedarf des Reisenden bestimmt sind.
Richtmengen für Tabakwaren:
800 Stück | Zigaretten |
400 Stück | Zigarillos (Zigarren mit einem Höchstgewicht von 3 g/Stück) |
200 Stück | Zigarren |
1,0 kg | Rauchtabak |
800 Tabaksticks oder bei anderer Aufmachung 250 Gramm enthaltener Tabak | Tabak zum Erhitzen |
eine anteilsmäßige Zusammenstellung dieser Waren |
Richtmengen für alkoholische Getränke:
10 l | Spirituosen |
20 l | Zwischenerzeugnisse (andere Alkoholika als Bier, Schaumwein, Wein bis 22% vol.) |
90 l, davon höchstens 60 l Schaumwein | Schaumwein/Wein |
110 l | Bier |
eine anteilsmäßige Zusammenstellung dieser Waren |
Hinsichtlich einer Verbringung einer anteilsmäßigen Zusammenstellung (zB Zigaretten und Rauchtabak) sind folgende Regeln zu beachten:
- Die Richtmenge jeder einzelnen Warenart ist als 100 Prozent der jeweiligen Warenart zu beurteilen (zB 1,0 kg Rauchtabak sind 100%).
- Die in einer Zusammenstellung enthaltene Menge jeder einzelnen Warenart ist im Hinblick auf die Richtmengen prozentuell zu bewerten (zB 0,8 kg Rauchtabak sind 80%).
- Eine Steuerfreiheit ist für eine anteilsmäßige Zusammenstellung nur bis zu einer Gesamtmenge von 100 Prozent möglich (zB bei einem Verbringen von 0,8 kg Rauchtabak (= 80%) verbleiben lediglich 20% für ein anderes Produkt, ev. für 160 Stk. Zigaretten (= 20% von 800 Stk.)).
Art. 32 SystemRL
Zusatzinformationen:
Betroffene Normen:
- Art. 32 SystemRL, RL 2020/262 , ABl. Nr. L 58 vom 27.02.2020 S. 4