OGH 3Ob141/25v

OGH3Ob141/25v28.10.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Brenn als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und Mag. Schober als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Mag. P*, vertreten durch die Imre Rechtsanwalts KG in Gleisdorf, gegen die beklagte und widerklagende Partei E* GmbH, *, vertreten durch Dr. Stefan Lausegger, Rechtsanwalt in Graz, wegen 1.) 66 EUR sA und Feststellung und 2.) 6.300,54 EUR sA, über die Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtvom 22. Mai 2025, GZ 3 R 125/24k‑50, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Graz‑Ost vom 7. August 2024, GZ 206 C 974/22i‑45, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0030OB00141.25V.1028.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Konsumentenschutz und Produkthaftung

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende und widerbeklagte Partei ist schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei die mit 1.127,40 EUR (hierin enthalten 187,90 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Zwischen dem Kläger und Widerbeklagten (im Folgenden: Kläger) und der beklagten und widerklagenden Energieversorgerin (im Folgenden: Beklagten) bestand seit 2. Mai 2017 ein Stromliefervertrag mit dem Tarif „E‑Flex“ für das Wohnhaus des Klägers. Vereinbart war, dass sich der Preis monatlich direkt am aktuellen Energiepreis der European Energy Exchange (EEX) orientiere und monatlich nach einer bestimmten (in den dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten näher geregelten) Formel angepasst werde. Diese Preisberechnungsmethode war dem Kläger auch bekannt. Die Änderung der Börsenpreise wurde im Rahmen des Vertragsverhältnisses 1 : 1 an den Kläger weitergegeben. Die monatlichen Mitteilungen („Strom‑Preisinformation“) der Beklagten sind dem Kläger jeweils per E‑Mail zugekommen.

[2] Die Beklagte produziert selbst keinen Strom, sondern ist Stromhändlerin und bezieht den von ihr an die Endkunden gelieferten Strom an Strombörsen, unter anderem der EEX. Der mit dem Kläger vereinbarte Index gibt näherungsweise die Strombeschaffungskosten der Beklagten für Kunden wie den Kläger wieder. Der Deckungsbeitrag für die Beklagte bleibt beim Tarifmodell des Klägers konstant.

[3] Bei Vertragsabschluss betrug der aktuelle Energieverbrauchspreis 3,85 Cent netto bzw 4,62 Cent brutto pro kWh. Bei dem vom Kläger gewählten Tarif „E‑Flex“ gibt es keine Preisobergrenze und keine Vertragsbindung.

[4] Mit der Stromjahresabrechnung 2021/2022 vom 25. Juli 2022 mit Fälligkeit zum 1. August 2025 rechnete die Beklagte bei einem Rechnungsbetrag von 6.556,74 EUR und geleisteten Teilzahlungen von 1.680 EUR (140 EUR pro Monat) einen Rückstand von 4.876,74 EUR für 17.670,01 kWh verbrauchten Strom ab. Die in der Abrechnung angesetzten Verrechnungspreise für die Energieentgelte entsprechen jenen, die dem Kläger vorab per E‑Mail bekannt gegeben wurden.

[5] Der Kläger widersprach dieser Jahresabrechnung und lehnte die Zahlung des aushaftenden Betrags ab. Er wurde daraufhin zweimal unter Setzung einer zweiwöchigen Mahnfrist gemahnt. Mangels Zahlung kündigte die Beklagte den Stromliefervertrag mit dem Kläger mit Schreiben vom 4. August 2022. Der Kläger begehrte von der Beklagten nicht die Versorgung nach deren Grundversorgungstarif. Vielmehr schloss er mit Wirkung zum 20. Oktober 2022 einen Stromlieferungsvertrag mit einem anderen Energielieferanten ab.

[6] Mit Endabrechnung vom 31. Oktober 2022 stellte die Beklagte dem Kläger für den im Zeitraum von 1. Juli bis 21. Oktober 2022 verbrauchten Strom (3.596 kWh) einen weiteren Betrag von 2.254,11 EUR sowie den (nach Teilzahlungen des Klägers) aus der Jahresabrechnung 2021/22 noch aushaftenden Rückstand von 4.316,74 EUR, insgesamt daher 6.570,85 EUR in Rechnung. Nach der Kündigung leistete der Kläger noch Teilzahlungen von insgesamt 270,31 EUR an die Beklagte. Den restlichen ihm in Rechnung gestellten Betrag von insgesamt 6.300,54 EUR hat er nicht gezahlt.

[7] Der Kläger begehrte letztlich 1.) die Feststellung, die Beklagte sei schuldig gewesen, ihm bis zum 21. Oktober 2022 Strom auf Basis eines Preises von (nur) brutto 10,8 Cent pro kWh gegen nachträgliche Verrechnung einer Preisanpassung ab 1. August 2021, die sich aus der linearen Erhöhung der Gestehungskosten der Beklagten ergebe, zu liefern; hilfsweise dass er nicht verpflichtet sei, der Beklagten den Betrag von 6.570,85 EUR aus der Endabrechnung vom 18. November 2022 zu zahlen, sowie 2.) Zahlung von 66 EUR sA. Sein monatlicher Stromverbrauch sei in den letzten Jahren faktisch gleich geblieben, weshalb mit den von ihm geleisteten Teilzahlungsbeträgen von 140 EUR pro Monat immer das Auslangen zu finden gewesen sei. Mit der Stromjahresabrechnung 2021/22 habe sich der Verbrauchspreis pro kWh jedoch von 9 Cent netto (10,80 Cent brutto) auf 23,87 Cent für Juni 2022 erhöht, wobei zwischenzeitig Werte von bis zu 37,24 Cent pro kWh geltend gemacht worden seien. Die damit einhergehende Erhöhung der Vorschreibung bedeute einen Anstieg auf das 4,5‑Fache. Eine solche Steigerung des Strompreises sei nicht gerechtfertigt. Nach § 80 Abs 2a ElWOG sei die Beklagte lediglich berechtigt, den Energieverbrauchspreis in dem Ausmaß anzupassen, als sie selbst von höheren Gestehungskosten betroffen sei, und die Erhöhung dürfe auch nur linear im Ausmaß der Erhöhung der konkreten Gestehungskosten erfolgen, insbesondere weil eine Belieferung des Klägers mit 100 % Ökostrom vertraglich vereinbart worden sei. Auf Basis des Strompreises, den die Beklagte berechtigterweise verrechnen hätte dürfen, hätte sich kein Zahlungsrückstand des Klägers ergeben, sodass die Kündigung des Strombezugsvertrags unberechtigt gewesen sei. Entgegen § 80 Abs 2a ElWOG habe die Beklagte den Kläger niemals mindestens einen Monat vor erstmaliger Wirksamkeit der Änderung schriftlich bzw elektronisch über Anlass, Voraussetzung, Umfang und erstmalige Wirksamkeit der Entgeltänderung informiert und ihn auch nicht darauf hingewiesen, dass er berechtigt sei, die Kündigung des Vertrags binnen vier Wochen ab Zustellung des Schreibens kostenlos und ungeachtet allfälliger vertraglicher Bindungen zu erklären. Bereits aus diesem Grund seien die Entgeltänderungen nicht wirksam. Dazu komme, dass die Preisberechnungsmethode der Beklagten grob benachteiligend und intransparent sei und daher gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG und die allgemeinen Bestimmungen des ABGB verstoße. Die Preisanpassungsklausel sei im Sinn des § 864a ABGB überraschend und nicht erwartbar. Sie sei auch objektiv ungewöhnlich und nachteilig, weil die Beklagte den Strom, den sie Verbrauchern wie dem Kläger verkaufe, keineswegs zum Börsenpreis einkaufe, weshalb auch kein maßgeblicher Umstand im Sinn des § 80 Abs 2a ElWOG vorliege. Folglich sei die Klausel nicht Vertragsinhalt geworden, sodass keine vertragliche Grundlage für die von der Beklagten vorgenommene Preiserhöhung bestehe. Auch die Endabrechnung nach Vertragskündigung sei unrichtig und unberechtigt. Für den Zeitraum von 21. Oktober bis 8. Dezember 2022 stehe dem Kläger Schadenersatz in Höhe von 66 EUR zu, der sich aus der Differenz zwischen dem derzeit von ihm gezahlten Grundversorgungstarif und den von ihm bisher an die Beklagte gezahlten Stromkosten (unter Zugrundelegung eines Betrags von 10,80 Cent brutto pro kWh und einer linearen Erhöhung ab 1. August 2021) ergebe.

[8] Die Beklagte entgegnete, sie sei aufgrund des Zahlungsverzugs des Klägers zur Vertragskündigung berechtigt gewesen. Eine gröbliche Benachteiligung liege nicht vor, der Kläger habe jahrelang von äußerst niedrigen Bezugspreisen profitiert. Der Kläger hätte den Vertrag auch jederzeit unter Einhaltung einer zweiwöchigen Kündigungsfrist kündigen können. Die Preisbildung sei ihm bekannt gewesen.

[9] Mit ihrer Widerklage begehrte die Beklagte vom Kläger den Betrag von 6.300,54 EUR an offenen Stromkosten aus der Jahresabrechnung 2021/22 und der Endabrechnung.

[10] Das Erstgericht wies das Klagebegehren des Klägers ab und gab dem Widerklagebegehren statt. § 80 Abs 2 ElWOG ziele darauf ab, dass zwischen dem Stromlieferanten und dem Kunden ein fixer Tarif vereinbart worden sei, den der Lieferant während des aufrechten Bestands des Stromliefervertrags einseitig ändern (erhöhen oder senken) wolle. Ein Floating‑Tarif, wie er hier vereinbart worden sei, falle jedoch nicht unter § 80 ElWOG, weil bereits bei Vertragsabschluss klar und vom Kunden gewünscht sei, dass sich der verrechnete Energiepreis ändern könne. Der Schutzzweck des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG liege darin, den Verbraucher vor unvorhersehbaren, nicht kalkulierbaren einseitigen Preisänderungen durch den Unternehmer zu schützen. Die Preisanpassung dürfe die Gewinnspanne des Unternehmers nicht verändern und müsse sich auf die Änderung der konkreten Kosten beschränken. Die hier vereinbarte Preisberechnungsmethode orientiere sich am Energiepreis der Energiebörse. Die Beklagte habe daher keinen Einfluss auf die Preisgestaltung, weshalb kein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG vorliege. Aus dem Umstand, dass der Kläger 100 % Ökostrom aus Österreich bezogen habe, sei kein Anspruch darauf ableitbar, weil die Kundeninformation über den Versorgermix nicht Vertragsbestandteil geworden sei. Die Kündigung durch die Beklagte sei wegen des Zahlungsverzugs des Klägers berechtigt gewesen. Daher sei auch die Widerklage berechtigt.

[11] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Der Oberste Gerichtshof habe zu 3 Ob 26/24f ausgesprochen, dass die Bestimmung des § 125 Abs 2 GWG, der für die Gaswirtschaft eine ähnliche Regelung wie § 80 Abs 2 ElWOG für die Elektrizitätswirtschaft enthalte, auf Preisänderungen im Rahmen eines Floating‑Tarifs nicht anwendbar sei. Die Zusammenschau mit dem mit der Novelle BGBl I 145/2023 eingeführten § 80 Abs 4a ElWOG, der § 125 Abs 4a GWG entspreche, ergebe, dass auch § 80 Abs 2 und Abs 2a ElWOG auf Änderungen des Preises im Rahmen eines Floating‑Tarifs nicht anwendbar sein könne. Die Preisberechnungsmethode sei auch nicht ungewöhnlich im Sinn des § 864a ABGB, weil sie gerade das Wesen des vom Kläger, dem die vereinbarte Preisberechnungsmethode auch bekannt gewesen sei, abgeschlossenen Stromliefervertrags mit Floating‑Tarif ausmache. Auf sein erstinstanzliches Vorbringen, wonach die Preisvereinbarung auch gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG verstoße, gröblich benachteiligend und intransparent sei, komme der Kläger in der Berufung nicht mehr zurück.

[12] Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands in Bezug auf die Klage im führenden Verfahren insgesamt 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und erklärte die ordentliche Revision zur Frage für zulässig, ob § 80 Abs 2 und Abs 2a ElWOG auf Floating‑Tarife anwendbar sei. Der Oberste Gerichtshof habe zwar in den Entscheidungen zu 3 Ob 26/24f, 8 Ob 115/24f und 4 Ob 179/24p bereits Aussagen zu diesem Thema getroffen, die dort jedoch keine tragende Begründung für die Entscheidung gewesen seien.

[13] Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, seinem Haupt-, hilfsweise seinem Eventualbegehren stattzugeben; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

[14] In ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise dieser nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[15] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1. Zur Anwendbarkeit des § 80 ElWOG auf Floating‑Tarife

[16] 1.1. Gemäß § 80 Abs 2 ElWOG sind Änderungen der Geschäftsbedingungen und der vertraglich vereinbarten Entgelte vom Energieversorgungsunternehmen dem Kunden schriftlich in einem persönlich an ihn gerichteten Schreiben oder auf dessen Wunsch elektronisch mitzuteilen. In diesem Schreiben sind die Änderungen der Allgemeinen Bedingungen nachvollziehbar wiederzugeben. Gleichzeitig ist der Kunde darauf hinzuweisen, dass er berechtigt ist, die Kündigung des Vertrags binnen vier Wochen ab Zustellung des Schreibens kostenlos und ungeachtet allfälliger vertraglicher Bindungen zu erklären.

[17] Gemäß § 80 Abs 2a ElWOG müssen Änderungen der vertraglich vereinbarten Entgelte von Verbrauchern im Sinn des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmern mit unbefristeten Verträgen in einem angemessenen Verhältnis zum für die Änderung maßgebenden Umstand stehen. Verbraucher und Kleinunternehmer müssen über Anlass, Voraussetzung, Umfang und erstmalige Wirksamkeit der Entgeltänderungen auf transparente und verständliche Weise mindestens ein Monat vor erstmaliger Wirksamkeit der Änderungen schriftlich in einem persönlich an sie gerichteten Informationsschreiben oder auf ihren Wunsch elektronisch informiert werden. Gleichzeitig sind Verbraucher und Kleinunternehmer darauf hinzuweisen, dass sie berechtigt sind, die Kündigung des Vertrags binnen vier Wochen ab Zustellung des Schreibens kostenlos und ungeachtet allfälliger vertraglicher Bindungen zu erklären. Versorger haben dabei von der Regulierungsbehörde zur Verfügung gestellte Musterformulierungen zu verwenden.

[18] Gemäß § 80 Abs 2b ElWOG endet im Fall einer Kündigung gemäß Abs 2 oder 2a das Vertragsverhältnis zu den bisherigen Vertragsbedingungen bzw Entgelten mit dem nach einer Frist von drei Monaten folgenden Monatsletzten ab Wirksamkeit der Änderungen, sofern der Kunde bzw Verbraucher oder Kleinunternehmer nicht zu einem früheren Zeitpunkt einen neuen Lieferanten (Versorger) namhaft macht und von diesem beliefert wird.

[19] 1.2. Im Bereich der Energiewirtschaft ist ein Floating‑Tarif, wie er hier zwischen den Parteien vereinbart wurde, dadurch gekennzeichnet, dass der Preis des Produkts an einen Börsenpreis gekoppelt ist und daher, je nach Entwicklung dieses Börsenpreises nach einer im Vertrag vereinbarten Formel, volatil ist, also ohne weiteres Zutun der Vertragsparteien „gleitet“ (Oberndorfer, Zum neuen AGB‑ und Preisänderungsrecht der Stromlieferanten im ElWOG, wbl 2022, 545 [550]).

[20] 1.3. Hintergrund der Regelung des § 80 Abs 2 ElWOG (wie auch des vergleichbaren § 125 Abs 2 GWG 2011) ist das Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit für die (Versorgungs‑)Unternehmen, auf oft unvorhersehbare wirtschaftliche Entwicklungen mit Anpassung des Preises ihres Produkts reagieren zu können, und dem Schutzbedürfnis des Kunden mit oftmals „verdünnter“ Willensfreiheit vor Willkür der Unternehmen (vgl Oberndorfer, wbl 2022, 545). § 80 Abs 2 ElWOG zielt also, soweit es um Änderungen der vertraglich vereinbarten Entgelte geht, auf den (durchaus typischen, hier aber gerade nicht vorliegenden) Fall ab, dass zwischen dem Erdgaslieferanten und dem Kunden ein fixer Tarif (Preis pro gelieferter kWh Strom) vereinbart wurde, den der Lieferant während aufrechten Bestands des Liefervertrags einseitig „ändern“ (also erhöhen) möchte. Demgegenüber ist im Fall eines Floating‑Tarifs bereits bei Vertragsabschluss klar und vom Kunden auch gewünscht, dass sich der verrechnete Energiepreis ändern kann und wird.

[21] 1.4. Mit BGBl I 145/2023 wurde die Bestimmung des § 80 Abs 4a ElWOG eingeführt, wonach ein Lieferant, der Lieferverträge anbietet, welche die Preisschwankungen der Großhandelspreise widerspiegeln (Spotmarkt‑Produkt oder andere Produkte mit automatischer Preisänderung), Verbraucher im Sinn des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmer nachweislich vor Abschluss des Vertrags über Chancen sowie Kosten und Risiken von diesen Produkten informieren muss. Weiters hat er die Kunden während der Vertragslaufzeit laufend in geeigneter Weise über die Preisentwicklungen und über auftretende Risiken rechtzeitig und auf verständliche Weise zu informieren, und Verträge nach dieser Bestimmung dürfen jederzeit unter Einhaltung der Frist gemäß § 76 Abs 1 erster und zweiter Satz gekündigt werden.

[22] 1.5. In der Entscheidung zu 3 Ob 26/24f gelangte der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis, dass sich aus der (mit § 80 Abs 4a ElWOG nahezu wortgleichen, ebenfalls mit BGBl I 145/2023 eingeführten) Bestimmung des § 125 Abs 4a GWG 2011 zweifelsfrei ergibt, dass § 125 Abs 2 GWG 2011 auf Änderungen des Preises im Rahmen eines Floating‑Tarifs nicht anwendbar ist, weil es einer solchen Regelung nicht bedurft hätte, wenn der Lieferant auch im Fall eines Floating‑Tarifs mit monatlicher Tarifanpassung den Kunden jeweils im Vorhinein über jede Änderung des Entgelts informieren müsste und der Kunde der Erhöhung widersprechen, diese also verhindern und das Vertragsverhältnis letztlich beenden könnte.

[23] 1.6. Für die hier zu beurteilende Bestimmung des § 80 Abs 2 und 2a ElWOG, die mit § 125 Abs 2 GWG 2011 vergleichbar ist, kann nichts anderes gelten (vgl 8 Ob 115/24f [Rz 28] und 4 Ob 179/24p [Rz 32]).

[24] Der vom Kläger behauptete Verstoß gegen § 80 Abs 2a ElWOG ist daher bereits aus diesem Grund zu verneinen, sodass es insbesondere auf die tatsächlichen Gestehungskosten der Beklagten und auf die Frage, ob die Beklagte dem Kläger vereinbarungsgemäß 100 % Ökostrom zu liefern hatte, nicht ankommt.

2. Zum behaupteten Verstoß gegen § 864a ABGB

[25] 2.1. Gemäß § 864a ABGB werden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde nicht zu rechnen brauchte, es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen (3 Ob 228/22h).

[26] 2.2. Diese Bestimmung erfasst nur jene Fälle, in denen nach Vertragsabschluss nachteilige Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern hervorkommen, mit denen nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde nicht zu rechnen war (RS0105643). Die Geltungskontrolle nach § 864a ABGB bezieht sich auf nachteilige überraschende und ungewöhnliche Klauseln. Objektiv ungewöhnlich ist eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Der Klausel muss ein Überrumpelungseffekt innewohnen (RS0014646). Die Bestimmung darf im Text nicht derart versteckt sein, dass sie der Vertragspartner nicht dort vermutet, wo er sie findet, und dort nicht findet, wo er sie vermuten könnte (RS0105643 [T2]; RS0014646 [T14]).

[27] 2.3. Ein Verstoß gegen § 864a ABGB scheidet hier bereits deshalb aus, weil dem Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanzen die vereinbarte Preisberechnungsmethode bereits bei Vertragsabschluss bekannt war.

3. Zur gerügten Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens

[28] 3.1. Der Kläger behauptet, das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er in seiner Berufung sein Vorbringen zu einem Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG nicht aufrecht erhalten habe.

[29] 3.2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel und die damit im Zusammenhang gerügte Aktenwidrigkeit liegen– wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor. Der Kläger hat zwar in seiner Berufung § 6 Abs 1 Z 5 KSchG erwähnt, allerdings ohne konkret darauf einzugehen, warum der von ihm abgeschlossene Stromliefervertrag – entgegen der Ansicht des Erstgerichts – gegen diese Bestimmung verstoßen soll. Vielmehr hat er im gegebenen Zusammenhang nur sein erstinstanzliches Vorbringen vor allem zur Anwendbarkeit des § 80 ElWOG wiederholt und dazu Rechtsausführungen aus einer gerichtlichen Entscheidung zu einem anderen Verfahren wiedergegeben.

[30] 4. Zusammenfassend ist die Entscheidung des Berufungsgerichts damit nicht zu beanstanden. Der Revision ist daher der Erfolg zu versagen.

[31] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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