European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0070OB00138.25G.0925.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Erwachsenenschutzrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung aus anderen Gründen
Spruch:
Die am 2. April 2025 eingebrachte Eingabe wird, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet, zurückgewiesen.
Der Revisionsrekurs wird als verspätet zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Mit Beschluss des Erstgerichts vom 16. 7. 2024 wurde die gerichtliche Erwachsenenvertretung für die Betroffene erneuert, der Wirkungsbereich der Erwachsenenvertretung festgelegt sowie ausgesprochen, dass der bisherige Erwachsenenvertreter zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter bestellt bleibt.
[2] Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Betroffenen nicht Folge und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.
[3] Diese Rekursentscheidung wurde der Betroffenen am 25. 3. 2025 zugestellt, die daraufhin am 2. 4. 2025 eine selbst verfasste, nicht durch einen Rechtsanwalt unterfertigte Eingabe vom 27. 3. 2025 einbrachte. Darin brachte sie unter anderem zum Ausdruck, mit der gerichtlichen Entscheidung nicht einverstanden zu sein.
[4] Das Erstgericht stellte die Eingabe der Betroffenen mit Beschluss vom 5. 6. 2025 zur Verbesserung binnen 14 Tagen durch Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt oder Notar sowie mit einem zusätzlichen Hinweis auf die Erfordernisse eines außerordentlichen Revisionsrekurses zurück. Dieser Verbesserungsauftrag wurde der Betroffenen durch Hinterlegung zur Abholung ab 11. 6. 2025, ausgefolgt am 12. 6. 2025, zugestellt.
[5] Am 23. 6. 2025 langte beim Erstgericht eine wiederum von der Betroffenen selbst verfasste und ohne Unterschrift eines Rechtsanwalts versehene Eingabe vom 20. 6. 2025 ein, der ein Ersuchen um Verlängerung der Verbesserungsfrist zu entnehmen war.
[6] Mit Beschluss vom 26. 6. 2025 bewilligte das Erstgericht den Antrag der Betroffenen auf Erstreckung der Frist zur Verbesserung ihres als Revisionsrekurs zu wertenden Schreibens vom 2. 4. 2025, wobei es die Frist bis 20. 7. 2025 verlängerte.
[7] Am 1. 7. 2025 langte beim Erstgericht der Antrag der Betroffenen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung eines Revisionsrekurses ein. Mit Beschluss vom 4. 7. 2025 bewilligte das Erstgericht diesen Antrag.
Rechtliche Beurteilung
[8] Nach Zustellung des Bestellungsbescheids an den Verfahrenshelfer am 25. 7. 2025 erhob dieser am 8. 8. 2025 namens der Betroffenen – in Erfüllung des ursprünglichen Verbesserungsauftrags – einen außerordentlichen Revisionsrekurs gegen die Entscheidung des Rekursgerichts.
[9] 1.1. Gemäß § 6 Abs 2 AußStrG müssen sich die Parteien im Verfahren über die Erwachsenenvertretung im Revisionsrekursverfahren durch einen Rechtsanwalt oder Notar vertreten lassen. Gemäß § 65 Abs 3 Z 5 AußStrG bedarf der Revisionsrekurs der Unterschrift eines Rechtsanwalts oder Notars.
[10] 1.2. Da es der am 2. 4. 2025, somit innerhalb offener Rechtsmittelfrist, eingebrachten persönlich verfassten Eingabe der Betroffenen, die nach ihrem Inhalt und in Anbetrachtder nachfolgenden Prozesserklärungen der Betroffenen als Rechtsmittel gegen den Beschluss des Rekursgerichts zu werten ist, schon an diesem Formerfordernis mangelt und der gemäß § 10 Abs 4 AußStrG unternommene Verbesserungsversuch erfolglos blieb, ist das Rechtsmittel als unwirksam zurückzuweisen (1 Ob 133/19v; 8 Ob 26/24t; RS0119968 [T7, T18]; RS0120077 [T1]).
[11] 2.1. Die Rechtsprechung lässt – unbeschadet des Grundsatzes der Einmaligkeit des Rechtsmittels – bei inhaltlich fehlerhaften Rechtsmitteln unvertretener Parteien die Verbesserung durch einen eigenen Schriftsatz des Rechtsanwalts zwar grundsätzlich zu (8 Ob 113/10s).
[12] 2.2. Gemäß § 10 Abs 5 Satz 2 AußStrG kann die für eine Notfrist (hier: Revisionsrekursfrist) eingeräumte Verbesserungsfrist jedoch nicht verlängert werden (RS0124824). Durch einen unzulässigen Antrag auf Fristverlängerung wird der Fristablauf weder unterbrochen noch gehemmt (RS0124824 [T3]; RS0126392 [T1]). Die hier erst nach Ablauf der ursprünglichen Frist erfolgte gerichtliche Fristverlängerung ändert daran nichts (vgl 10 ObS 64/15g; 5 Ob 135/18s mwN; RS0126392). Die im erstgerichtlichen Beschluss vom 5. 6. 2025 bestimmte ursprüngliche Verbesserungsfrist war somit zum Zeitpunkt des Einlangens des Verfahrenshilfeantrags der Betroffenen schon abgelaufen. Am Ablauf der ursprünglichen Verbesserungsfrist und damit an der mittlerweile eingetretenen Rechtskraft der Entscheidung des Rekursgerichts ändert auch der Umstand, dass die Betroffene dem Verbesserungsauftrag der Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt letztlich nachkam, nichts mehr (vgl 8 Ob 26/24t; RS0036251 [T11, T12]; RS0126392 [T2]).
[13] 2.3. Die in § 7 Abs 2 AußStrG angeordnete Unterbrechungswirkung kommt nur bei noch offenen Rechtsmittelfristen in Betracht. Nur dann, wenn eine Partei innerhalb einer verfahrensrechtlichen Notfrist oder einer für eine solche eingeräumten Verbesserungsfrist die Beigebung eines Rechtsanwalts im Weg der Verfahrenshilfe beantragt, beginnt für sie die Frist mit der Zustellung des Bescheids über die Bestellung des Rechtsanwalts und, wenn ein Schriftstück fristauslösend war, mit Zustellung auch dieses an den bestellten Rechtsanwalt neu zu laufen (vgl RS0036235 [T13]; RS0111923 [T2]). Selbst wenn also ein Erstgericht – weil es etwa den Ablauf einer Rechtsmittelfrist übersieht – irrtümlich die Verfahrenshilfe bewilligt, beseitigt diese Bewilligung die durch Ablauf der Rechtsmittelfrist eingetretene Rechtskraft nicht und das Rechtsmittel ist als verspätet zurückzuweisen (vgl 1 Ob 22/19w mwN).
[14] 2.4. Der letztlich anwaltlich eingebrachte Revisionsrekurs erweist sich somit wegen Verspätung als unzulässig.
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