OGH 3Ob117/25i

OGH3Ob117/25i24.9.2025

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Brenn als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und Mag. Schober als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1. Ing. R* S*, und 2. Verlassenschaft nach W* S*, beide vertreten durch die Ortner Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die verpflichtete Partei E* GmbH, *, vertreten durch die SRG Stock Rafaseder Gruszkiewicz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen §§ 350, 354 EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. April 2025, GZ 46 R 326/24t‑23, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0030OB00117.25I.0924.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Exekutionsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Nach dem zwischen den Parteien ergangenen Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 18. 3. 2024, 9 Ob 73/23k, ist die aufgrund des Kaufvertrags vom 2. 11./10. 11. 2016 zu TZ */2017 des Bezirksgerichts Josefstadt erfolgte Einverleibung des Eigentumsrechts der (hier) verpflichteten Partei ob dem Anteil BLNr 70 (162/1606) an der Liegenschaft EZ 179, KG *, unwirksam und Zug um Zug gegen die Zahlung von je 80.000 EUR durch die (hier) erst‑ und zweitbetreibende Partei zu löschen und die (hier) verpflichtete Partei gegenüber den betreibenden Parteien schuldig, den angeführten Liegenschaftsanteil spätestens gleichzeitig mit der Löschung des für sie einverleibten Eigentumsrechts in Ansehung des unter CLNr 52 für die Raiffeisenbank Amstetten einverleibten Höchstbetragspfandrechts lastenfrei zu stellen.

[2] Das Rekursgericht wies – in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses – die Anträge der betreibenden Parteien, ihnen gegen die verpflichtete Partei aufgrund des genannten Urteils des Obersten Gerichtshofs gemäß §§ 8, 350 EO 1. die Einverleibung ihres Eigentumsrechts je zur Hälfte ob dem genannten Liegenschaftsanteil Zug um Zug gegen Zahlung von jeweils 80.000 EUR und 2. zur Erwirkung der Verpflichtung, den genannten Liegenschaftsanteil spätestens gleichzeitig mit der Löschung des Eigentumsrechts der Verpflichteten in Ansehung des genannten Höchstbetragspfandrechts lastenfrei zu stellen, die Exekution nach § 354 EO zu bewilligen, ab. Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass nach der § 8 EO verdrängenden Bestimmung des § 367 EO die Erbringung der Gegenleistung nicht nur behauptet, sondern – entsprechend § 7 Abs 2 EO – durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden müsse. Im maßgeblichen Zeitpunkt des erstgerichtlichen Beschlusses sei aber die Zug‑um‑Zug‑Leistung der betreibenden Parteien noch nicht erbracht gewesen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Mit ihrem gegen diese Entscheidung erhobenen außerordentliche Revisionsrekurs zeigen die betreibenden Parteien keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf.

[4] 1. Die Bewilligung einer Exekution nach § 350 EO aufgrund eines Zug‑um‑Zug‑Titels ist vor Erbringung der Gegenleistung ausgeschlossen; diese muss nicht bloß behauptet, sondern durch eine dem § 7 Abs 2 (iVm § 367 Abs 2) EO entsprechende Urkunde nachgewiesen werden (RS0000267; jüngst 3 Ob 101/25m [Rz 8]).

[5] Dieser ständigen Rechtsprechung ist das Rekursgericht gefolgt. Entgegen der Ansicht der betreibenden Parteien widerspricht diese Ansicht nicht § 8 Abs 1 EO.

[6] 2. Nach § 8 Abs 1 EO ist die Bewilligung der Exekution wegen eines Anspruchs, den der Verpflichtete nur gegen eine ihm Zug um Zug zu gewährende Gegenleistung zu erfüllen hat, von dem Nachweis, dass die Gegenleistung bereits bewirkt oder doch ihre Erfüllung sichergestellt sei, nicht abhängig.

[7] 3. Nach der ständigen, in Punkt 1. bereits erwähnten Rechtsprechung und der überwiegenden Literatur gilt § 8 Abs 1 EO nicht in den Fällen des § 350 EO (Einräumung oder Aufhebung bücherlicher Rechte) und des § 367 Abs 2 EO (Abgabe einer Willenserklärung), sondern ist in solchen Konstellationen die Exekutionsbewilligung vielmehr nur dann zu erteilen, wenn der betreibende Gläubiger die Gegenleistung erfüllt und nachgewiesen hat (1 Ob 241/50 = JBl 1951, 209; 2 Ob 531/51 = SZ 24/242; 1 Ob 708/83; 3 Ob 2102/96f; Pollak, System des Österreichischen Zivilprozessrechtes mit Einschluss des Exekutionsrechtes III [1932] 1027; Heller/Berger/Stix, Exekutionsordnung III [1976] 2616 f; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 [1992] Rz 837; Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 [2017] § 1052 Rz 36; Klicka in Deixler‑Hübner, Exekutionsordnung [33. Lfg 2021] § 8 Rz 8a; Mohr/Pimmer/Schneider, EO17 [2021] 647; A. Karl in Garber/Simotta, EO [2023] § 8 Rz 5).

[8] 4. Diese Auffassung beruht entgegen der Ansicht der betreibenden Parteien nicht auf einer den Wortlaut des § 8 Abs 1 EO missachtenden Auslegung contra legem, sondern folgt daraus, dass § 367 Abs 2 EO für seinen Bereich – dem Vorhandensein einer Verpflichtung im Exekutionstitel zur Abgabe einer Willenserklärung – die Zug‑um‑Zug‑Leistung der Vorleistung gleichsetzt (RS0000269; Heller/Berger/Stix, Exekutionsordnung2617), das Gesetz hier also – ohne Unterscheidung – Vorausleistung der Gegenleistung verlangt (1 Ob 241/50 = JBl 1951, 209).

[9] 5. Eine sich aus dem materiellen Rechtsverhältnis ergebende Zug‑um‑Zug‑Verknüpfung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums mit einer Gegenleistung kann unabhängig von der konkret gewählten Formulierung der Leistungspflicht in alle Urteile aufgenommen werden, die eine Exekutionsführung nach § 350 EO gestatten. Aufgrund eines derartigen Zug‑um‑Zug‑Titels – ein solcher liegt hier mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 9 Ob 73/23k vor – ist die Bewilligung einer Exekution dann – entgegen § 8 Abs 1 EO in Analogie zu § 367 Abs 2 EO – vor Erbringung der Gegenleistung ausgeschlossen (Klicka in Angst/Oberhammer, EO3 [2015] § 350 Rz 5; ders in Deixler‑Hübner, Exekutionsordnung [33. Lfg 2021] § 8 Rz 8a).

[10] 6. Wie im Zivilprozess herrscht auch im Exekutionsverfahren vor dem Rekursgericht Neuerungsverbot (RS0002371). Das Rekursgericht hatte den angefochtenen Beschluss aufgrund der Sach‑ und Rechtslage zu überprüfen, wie sie zur Zeit der Beschlussfassung bestanden hat (RS0043329). Dabei hatte es von der Aktenlage zum Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses auszugehen (3 Ob 147/16p [Pkt 1.1.]; 3 Ob 104/24a [Rz 13]). Da die betreibenden Parteien ihre Zug‑um‑Zug‑Verpflichtung zum Zeitpunkt der erstgerichtlichen Beschlussfassung noch nicht erbracht hatten, weicht die den Exekutionsantrag abweisende Entscheidung des Rekursgerichts nicht von der Rechtslage ab.

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