European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0030OB00045.25A.0723.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
I. Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
II. Hingegen wird der Revision der beklagten Partei Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass es einschließlich seiner in Rechtskraft erwachsenen Teile wie folgt lautet:
1. Das Klagebegehren,
a) die beklagte Partei sei schuldig, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, und/oder in dabei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung der Klauseln:
2.2. Der Bonuszinssatz wird von der Bank von 9. 5. 2023 bis 30. 10. 2023 freiwillig gewährt.
2.2. Ab dem 31. 10. 2023 gilt wieder der Grundzinssatz von 0,01 % p.a. für das gesamte Sparguthaben, sofern es sich nicht um Neugeld (gemäß Punkt 2.3.) handelt.
2.3. Überweisungen zwischen Konten der B* Group gelten nicht als Neueinlagen. Das betrifft Konten der B* Aktiengesellschaft, e*, S* AG *.
und
2.3. Ab 1. 2. 2024 wird auch die Neueinlage mit dem vereinbarten Grundzinssatz in Höhe von 0,01 % p.a. verzinst. Einlagen, die keine Neueinlagen sind, werden zu jeder Zeit mit dem vereinbarten Grundzinssatz und allenfalls mit einem von der Bank auf freiwilliger Basis gewährten Bonuszinssatz verzinst.
oder die Verwendung sinngleicher Klauseln zu unterlassen; sie sei ferner schuldig, es zu unterlassen, sich auf die vorstehend genannten Klauseln oder sinngleiche Klauseln zu berufen;
b) der klagenden Partei werde die Ermächtigung erteilt, den klagestattgebenden Teil des Urteilsspruchs im Umfang des Unterlassungsbegehrens und der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung binnen sechs Monaten ab Rechtskraft einmal in einer Samstagsausgabe des redaktionellen Teiles der „Kronen-Zeitung“, auf Kosten der beklagten Partei mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und in Fettdruckumrandung in Normallettern, somit in gleich großer Schrift wie der Fließtext redaktioneller Artikel, zu veröffentlichen,
wird abgewiesen.
2. Das Begehren der beklagten Partei, den klageabweisenden Teil des Spruchs samt Ermächtigung zu seiner Veröffentlichung einmal binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Urteils im redaktionellen Teil einer bundesweiten Samstagsausgabe der „Neuen Kronenzeitung“ in fetter Umrandung und in Normallettern (dh mit gleicher Schriftgröße wie redaktionelle Beiträge), aber mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien auf Kosten der klagenden Partei zu veröffentlichen, hilfsweise diese zur Veröffentlichung in angemessenen Umfang ermächtigen, wird abgewiesen.
3. Die Entscheidung über die Kosten der Verfahren aller Instanzen bleibt dem Erstgericht vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger ist ein gemäß § 29 KSchG zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen nach §§ 28 und 28a KSchG befugter Verband. Die Beklagte betreibt eine Bank und bietet ihre Leistungen, zu denen auch die Anlage eines unbefristeten Sparkontos „Sparbox Flex“ zählt, bundesweit an. Sie verwendet im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) „Bes. Bedingungen, Verzinsungen und Entgelte Anlagekonto Sparbox Flex – Stand 29. 8. 2023“, die sie den von ihr geschlossenen Verträgen zugrundelegt und die insbesondere folgenden Inhalt haben:
2. Verzinsung und Entgelte für das Anlagekonto
Die folgende Verzinsung und die folgenden Entgelte sind vereinbart:
2.1. Verzinsung – Grundzinssatz
Das Guthaben auf dem Anlagekonto wird mit einem fixen Grundzinssatz von 0,01 % p.a. verzinst. Zinssatz vor KESt. [...]
2.2. Verzinsung – freiwilliger Bonuszinssatz
Der Bonuszinssatz wird von der Bank von 9. 5. 2023 bis 30. 10. 2023 freiwillig gewährt.[= Klausel 1]
Er beträgt
bis 75.000 Euro 0,25 % p.a.,
ab 75.000,01 Euro bis 150.000 Euro 0,50 % p.a.
ab 150.000,01 Euro 0,75 % p.a.
für jenes Guthaben, das keine Neuanlage ist (siehe nächster Punkt).
Ab dem 31. 10. 2023 gilt wieder der Grundzinssatz von 0,01 % p.a. für das gesamte Sparguthaben, sofern es sich nicht um Neugeld (gemäß Punkt 2.3) handelt.[= Klausel 2].
2.3. Verzinsung – Neueinlageverzinsung
Die Neueinlageverzinsung ist gültig von 1. 6 . 2023 und befristet bis 31. 1. 2024 und beträgt
bei einem Gesamtguthaben auf dem [...] Anlagekonto bis 75.000 Euro 2,50 % p.a.,
bei einem Gesamtguthaben auf dem [...] Anlagekonto ab 75.000,01 Euro bis 150.000 Euro 2,75 % p.a.,
bei einem Gesamtguthaben auf dem [...] Anlagekonto ab 150.000,01 Euro 3,00 % p.a.
Als Neueinlage sind Überweisungen zu verstehen, die im Zeitraum 1. 6. 2023 bis 29. 9. 2023 auf dem Anlagekonto einlangen und den am 31. 5. 2023 bestehenden Einlagenstand auf diesem Konto erhöhen. Überweisungen zwischen Konten der B* Group geltend nicht als Neueinlagen. Das betrifft Konten [...]
Ab 1. 2. 2024 wird auch die Neueinlage mit dem vereinbarten Grundzinssatz in Höhe von 0,01 % p.a. verzinst.[= Klausel 3]
Einlagen, die keine Neueinlagen sind, werden zu jeder Zeit mit dem vereinbarten Grundzinssatz und allenfalls mit einem von der Bank auf freiwilliger Basis gewährten Bonuszinssatz verzinst.[= Klausel 4]
[2] Nach den Feststellungen besteht kein ausgeprägtes mediales Interesse am vorliegenden Verfahren.
[3] Der Kläger begehrte, soweit in dritter Instanz noch von Relevanz, der Beklagten zu verbieten, die Klauseln 1 bis 4 (wobei er die vom Berufungsgericht in Klausel 3 und 4 aufgeteilten Bestimmungen als gemeinsame Klausel 3 anführte) oder sinngleiche Klauseln in AGB im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu verwenden und sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen, und sie zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten zu ermächtigen.
[4] Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und die Ermächtigung zur Gegenveröffentlichung.
[5] Das Erstgericht gab dem (in dritter Instanz noch relevanten) Klagebegehren statt. Das Gegenveröffentlichungsbegehren der Beklagten wies es mit der Begründung ab, mangels medialer Berichterstattung und aufgrund des verhältnismäßig geringen Obsiegens der Beklagten bestehe kein ausreichendes Interesse der Beklagten an der Veröffentlichung.
[6] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung in Bezug auf die Klauseln 1, 2 und 4 (wobei es letztere aus der vom Kläger und dem Erstgericht als Klausel 3 bezeichneten Text herauslöste) und das Gegenveröffentlichungsbegehren und wies das Begehren zu der (von ihm reduzierten) Klausel 3 in teilweiser Stattgebung der Berufung der Beklagten ab. Es erklärte die ordentliche Revision mit der Begründung für zulässig, dass noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den zu beurteilenden Klauseln vorliege, die einen großen Personenkreis beträfen.
[7] Gegen den bestätigenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, das gesamte Klagebegehren abzuweisen und sie zur Gegenveröffentlichung zu ermächtigen; gegen den abweisenden Teil des Berufungsgerichts wendet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, auch diesem Begehren stattzugeben.
[8] In seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben. Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[9] Die Revisionen sind zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; die Revision des Klägers ist nicht berechtigt; hingegen ist jene der Beklagten teilweise berechtigt.
I. Allgemeines
[10] Für sämtliche zu beurteilenden Klauseln sind in einem Verbandsprozess folgende Grundsätze maßgeblich:
[11] 1. Die Geltungskontrolle nach § 864a ABGB geht der Inhaltskontrolle gemäß § 879 ABGB grundsätzlich vor (vgl RS0037089) und bezieht sich auf nachteilige überraschende und ungewöhnliche Klauseln. Objektiv ungewöhnlich ist eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Der Klausel muss ein Überrumpelungseffekt innewohnen (RS0014646). Entscheidend ist, ob die Klausel beim jeweiligen Geschäftstyp unüblich ist oder ob sie den redlichen Verkehrsgewohnheiten entspricht (RS0105643 [T3]; RS0014627 [T3]). Dabei kommt es nicht allein auf den Inhalt der Klausel an. Diesem kommt vielmehr im Zusammenhang mit der Stellung im Gesamtgefüge des Vertragstextes Bedeutung zu, weil sich das Ungewöhnliche einer Vertragsbestimmung insbesondere aus der Art ihrer Einordnung in den AGB ergibt (RS0014659 [T2]). Die Bestimmung darf im Text nicht derart versteckt sein, dass sie der Vertragspartner nicht dort vermutet, wo er sie findet, und dort nicht findet, wo er sie vermuten könnte (RS0105643 [T2]; RS0014646 [T14]). Erfasst sind alle dem Kunden nachteiligen Klauseln; eine grobe Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB wird nicht vorausgesetzt (RS0123234). Die Geltungskontrolle ist nicht allein auf Nebenabreden beschränkt, sondern umfasst auch Vertragsbestimmungen über die Begründung, Umgestaltung bzw Erweiterung der Hauptpflichten (RS0014603).
[12] 2. Eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist nach § 879 Abs 3 ABGB nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Mit dieser Bestimmung wurde ein bewegliches System geschaffen, in dem einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ berücksichtigt werden können. Eine gröbliche Benachteiligung des Verbrauchers ist anzunehmen, wenn keine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgiebigen Rechts vorliegt (RS0016914 [T6]). Bei der Beurteilung, ob eine gröbliche Benachteiligung des Vertragspartners bewirkt wird, hat sich der Rechtsanwender am dispositiven Recht als dem Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs zu orientieren (RS0014676 [T7, T13]). Ein Abweichen von dispositivem Recht kann schon dann eine gröbliche Benachteiligung sein, wenn es dafür keine sachliche Rechtfertigung gibt. Das ist der Fall, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in auffallendem Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht, wenn also keine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgewiesenen Rechts vorliegt (RS0016914 [T6]). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, orientiert sich am dispositiven Recht, das als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs für den Durchschnittsfall gilt (RS0014676 [T7, T13, T43]).
[13] Eine benachteiligende Bestimmung in einzelnen Punkten kann im Fall einer Gesamtbetrachtung auch gerechtfertigt erscheinen. Insbesondere können Nachteile durch andere vorteilhafte Vertragsbestimmungen ausgeglichen werden. In diesem Sinne kann ein Ausgleich durch zweckkongruente günstige Nebenbestimmungen, allenfalls auch durch sonstige günstige Nebenbestimmungen erfolgen (RS0016914 [T28]).
[14] Die Ausnahme von der in § 879 Abs 3 ABGB verankerten Inhaltskontrolle – die Festlegung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten – ist möglichst eng zu verstehen und soll auf die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen beschränkt bleiben, sodass vor allem auch die im dispositiven Recht geregelten Fragen bei der Hauptleistung, also vor allem Ort und Zeit der Vertragserfüllung, nicht unter diese Ausnahme fallen (RS0016908, RS0128209). Weiters sind mit der Ausnahme nur individuelle (zB zahlenmäßige) Umschreibungen der beiderseitigen Leistungen gemeint, nicht aber etwa Bestimmungen, die die Preisberechnung in allgemeiner Form regeln oder die die vertragstypische Leistung in allgemeiner Form näher umschreiben, woraus sich ergibt, dass nicht schon jede die Hauptleistung betreffende Vertragsbestimmung der Kontrolle entzogen ist (RS0016931), sodass insbesondere Klauseln, die das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen, der Inhaltskontrolle zugänglich sind (RS0016908 [T5]); weiters fallen Verfallsklauseln nicht unter die Ausnahme von der Inhaltskontrolle im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB (RS0016908 [T3]; RS0016688).
[15] 3. Eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung ist nach § 6 Abs 3 KSchG unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Aus diesem „Transparenzgebot“ kann sich eine Pflicht zur Vollständigkeit ergeben, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden andernfalls unklar bleiben. Insbesondere darf der Kunde durch die Formulierung einer Klausel nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten werden. Zweck des Verbandsprozesses ist es nämlich nicht nur, das Verbot von Klauseln zu erreichen, deren Inhalt gesetzwidrig ist. Vielmehr sollen auch jene Klauseln beseitigt werden, die dem Verbraucher – etwa durch Verwendung unbestimmter Begriffe – ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position vermitteln (RS0115219 [T1, T9, T10]). Auch bei der Auslegung von Klauseln im Verbandsprozess ist auf das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden abzustellen (RS0126158).
[16] 4. Gemäß § 6 Abs 2 Z 3 KSchG sind für den Verbraucher nicht einzeln ausgehandelte Vertragsbestimmungen unverbindlich, wonach der Unternehmer eine von ihm zu erbringende Leistung einseitig ändern oder von ihr abweichen kann, es sei denn, die Änderung bzw Abweichung ist dem Verbraucher zumutbar, besonders weil sie geringfügig und sachlich gerechtfertigt ist. Diese Regelung dient der Sicherung der Vertragstreue des Unternehmers und schützt das Vertrauen des Verbrauchers in die vertragliche Zusage seines Partners (RS0128730). Es soll verhindert werden, dass sich der Unternehmer das Recht auf weitgehende, den Interessen des Verbrauchers widersprechende, einseitige Leistungsänderungen vorbehält. Umfassende und vage Änderungsklauseln indizieren daher eine Unzumutbarkeit. Die Vorbehalte müssten, damit sie rechtswirksam bleiben, möglichst genau umschrieben und konkretisiert sein (RS0111807). Einseitige Leistungsänderungen müssen durch ein gerechtfertigtes Interesse des Unternehmers legitimiert sein. Besonderheiten des Leistungsgegenstands müssen die Änderung unvermeidlich machen. Die Änderungen dürfen die subjektive Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung nicht merklich stören (8 Ob 106/20a Rz 69 mwN).
[17] 5. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG hat die Auslegung der Klauseln im kundenfeindlichsten Sinn zu erfolgen; es ist von der für die Kunden der Beklagten nachteiligsten Auslegungsvariante auszugehen. Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Klausel kann nicht Rücksicht genommen werden, weil eine geltungserhaltende Reduktion nicht möglich ist (RS0038205 [insb T1, T20]; 4 Ob 63/21z mwN), selbst wenn allenfalls auch eine kundenfreundlichere Auslegung denkbar wäre (RS0016590; RS0038205 [T4]). Damit ist die Aufgliederung einer (einzelnen) eigenständigen Klausel gemeint, die teils Verbotenes, teils Erlaubtes enthält (RS0038205 [T7]); auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen ist nicht Rücksicht zu nehmen (RS0038205 [T1]). Auch bei der Auslegung von Klauseln im Verbandsprozess ist entsprechend der Rechtsprechung zum Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG auf das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden abzustellen (RS0126158).
II. Zur Revision des Klägers (Klausel 3)
[18] 1. Der Kläger brachte vor, Klausel 3 verstoße gegen § 879 Abs 1 und 3 und § 864a ABGB sowie gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG und § 6 Abs 1 Z 5 KSchG (analog).
[19] 2. Die Beklagte wendete ein, es bestehe kein gesetzlicher Mindestzinssatz für Spareinlagen. Die Klausel räume ihr kein einseitiges Zinsänderungsrecht ein, sondern der Einlagenzinssatz sei im Vorhinein für beide Parteien unveränderlich festgelegt. Es sei dem Kunden zumutbar, dass ihm ein Vorteil nur zeitlich beschränkt gewährt werde. Außerdem stelle der Zinssatz eine Hauptleistung des Vertrags dar, die nicht der AGB‑Inhaltskontrolle unterliege.
[20] 3. Das Erstgericht bejahte einen Verstoß der Klausel gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG, weil sie ein einseitiges Leistungsänderungsrecht der Beklagten enthalte, das für den Verbraucher unzumutbar sei, weil der Zinsabfall bis zu 2,99 % betrage.
[21] 4. Demgegenüber erachtete das Berufungsgericht die Klausel als für durchschnittlich verständige Kunden verständlich und nicht überraschend. Da die Klausel die Hauptleistung des Vertrags (Zinsen für Sparguthaben) regle, sei sie der Kontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB entzogen. Dass die Zinsen im Zeitraum der Neueinlagenverzinsung höher seien, schade dabei nicht. Die Klausel räume der Beklagten auch kein einseitiges Vertragsänderungsrecht ein, sondern lege für beide Vertragsparteien im Vorhinein fest, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt wieder der Grundzinssatz von 0,01 % p.a. gelte. Es liege auch keine Preisgleitklausel im Sinn des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG vor, sondern es werde das Entgelt des Verbrauchers für die Überlassung eines Guthabens auf dem Anlagekonto geregelt. Für eine analoge Anwendung des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG bestehe kein Raum, weil es an einer planwidrigen Lücke fehle.
5. Der Senat hat erwogen:
[22] 5.1. Der behauptete Verstoß gegen § 864a ABGB liegt nicht vor. Entgegen der Argumentation des Klägers kann nämlich nicht gesagt werden, dass die Klausel im Fließtext unter der Überschrift „Verzinsung – Neueinlageverzinsung“ „versteckt“ sei und deshalb kein Verbraucher damit rechnen könne, dass die Verzinsung von Neugeld plötzlich von 3 % auf 0,01 % abfalle. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem ersten Satz unter der zitierten Überschrift zweifelsfrei, dass die Neuanlageverzinsung bis 31. Jänner 2024 befristet ist. Für den durchschnittlichen Verbraucher ist damit klar, dass nach diesem Datum eine Änderung der Verzinsung zumindest möglich ist.
[23] 5.2.1. Der Kläger geht selbst davon aus, dass die von der Bank an den Sparer zu leistenden Zinsen als Hauptleistung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB kontrollfrei sind, wenngleich er auf dem Standpunkt steht, dass dies bloß für den vertraglich vereinbarten Anfangszinssatz von 2,5 bis 3 % gelte, während der spätere Rückfall auf den Grundzinssatz eine nachträgliche Einschränkung und Aushöhlung des ursprünglichen Hauptleistungsversprechens sei.
[24] Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist der Spareinlagenvertrag ein Vertrag sui generis, der gewisse Elemente eines Darlehens oder eines depositum irregulare (§ 959 ABGB) enthält (2 Ob 103/15h Pkt II.1. mwN). Aus der Definition des § 31 Abs 1 BWG, wonach es sich bei Spareinlagen um Anlagen handelt, folgt, dass grundsätzlich nur eine verzinsliche Einlage dem Anlagezweck, nämlich Einnahmen zu erzielen, entspricht. Spareinlagen sind also durch eine gewisse längerfristige Dauer und den Veranlagungszweck der Verzinsung gekennzeichnet und haben typischerweise Vermögensbildungs- und Gewinnerzielungsfunktion (5 Ob 138/09v mwN).
[25] Anders als im Fall eines Girokontovertrags (vgl dazu 10 Ob 56/24v) dient ein reines Sparkonto einem Sparzweck und ist primär davon geprägt, dass das Guthaben zu verzinsen ist. Folglich handelt es sich bei der Verzinsung um eine Hauptleistung des Vertrags.
[26] Es wurde bereits judiziert, dass Zinsanpassungsklauseln in Bezug auf Sparzinsen nicht unter die Ausnahme von der Inhaltskontrolle im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB fallen (5 Ob 138/09v = RS0016908 [T14]). Die hier zu beurteilende Klausel beinhaltet allerdings kein Recht der Beklagten zur einseitigen Zinsanpassung. Vielmehr werden darin, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, die von der Beklagten zu leistenden Zinsen sowohl für den näher umschriebenen Anfangszeitraum als auch für die Zeit danach (im Sinn des „Rückfalls“ auf den generell vereinbarten Grundzinssatz) von Anfang an für beide Seiten bindend geregelt. Damit ist auch die Höhe des Grundzinssatzes der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB entzogen.
[27] 5.2.2. Entgegen der Ansicht des Klägers ist der hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit jenem vergleichbar, der der Entscheidung zu 8 Ob 106/20a (konkret der dortigen Klausel 11) zugrunde lag, in der festgelegt war, dass sich die dort beklagte Bank bei Sparkonten, bei denen ab einem bestimmten Zeitpunkt eine individuelle Zinssatzvereinbarung zwischen ihr und dem Kunden getroffen worden sei, mit dem Kunden darauf einigen werde, dass der entsprechende Zinssatz (also: entgegen der ursprünglichen individuellen Vereinbarung) nur für eine Dauer von zwölf Monaten gewährt und anschließend eine Zinsreduktion um 0,5 % erfolgen werde. Die hier zu beurteilende Klausel 3 sieht demgegenüber lediglich (als logische Konsequenz der Befristung der Gewährung des Bonuszinssatzes) vor, dass ab dem 31. Oktober 2023 wieder der schon bis zum 9. Mai 2023 gültige Grundzinssatz zur Anwendung gelangt.
[28] 5.3. Mangels Vorliegens eines einseitigen Leistungsänderungsrechts der Beklagten hat das Berufungsgericht auch einen Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG zutreffend verneint. Eine sachliche Rechtfertigung für die Reduktion auf den Grundzinssatz muss die Klausel daher nicht enthalten.
[29] 5.4. Gemäß § 6 Abs 1 Z 5 KSchG ist eine Bestimmung in AGB, wonach dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine Leistung ein höheres als das bei Vertragsabschluss bestimmte Entgelt zusteht, nicht verbindlich, es sei denn, dass der Vertrag bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen für eine Entgeltänderung auch eine Entgeltsenkung vorsieht, dass die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind sowie dass ihr Eintritt nicht vom Willen des Unternehmers abhängt. Diese Norm erfasst schon nach ihrem Wortlaut nur Entgelt, das der Verbraucher dem Unternehmer zu zahlen hat, nicht jedoch auch Zahlungen des Unternehmers an den Verbraucher (RS0131384). Die vom Kläger angestrebte analoge Anwendung dieser Bestimmung auf die den Verbrauchern von der beklagten Bank aufgrund des hier zu beurteilenden Spareinlagenvertrags zu leistenden Habenzinsen hat das Berufungsgericht mangels planwidriger Lücke zutreffend abgelehnt. Der Argumentation des Klägers, aus § 7 Abs 3 BSpG ergebe sich, dass auch nach Ansicht des Gesetzgebers der Anwendungsbereich des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG hinsichtlich Zinsänderungsklauseln planwidrig zu eng gefasst sei, ist zu erwidern, dass hier gerade kein einseitiges Zinsänderungsrecht der Beklagten vorgesehen ist.
[30] 6. Der Revision des Klägers ist daher der Erfolg zu versagen.
III. Zur Revision der Beklagten
1. Klausel 1
[31] 1.1. Der Kläger brachte vor, die Klausel sei intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG sowie gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB und verstoße überdies gegen § 6 Abs 2 Z 3 und Z 4 KSchG.
[32] 1.2. Die Beklagte wendete zusammengefasst ein, die Klausel habe bei korrekter Auslegung einen klaren und zulässigen Inhalt; sie bekräftige lediglich, dass nach dem „Bonuszeitraum“ wieder der (niedrigere) Grundzinssatz gelte und kein Anspruch auf eine abermalige Bonifizierung bestehe. Es sei auch klargestellt, dass trotz Verwendung des Wortes „freiwillig“ kein einseitiges Änderungsrecht der Beklagten bestehe.
[33] 1.3. Das Erstgericht erachtete die Klausel als intransparent, weil dem Begriff „freiwillig“ nicht zu entnehmen sei, ob damit der Beklagten die Möglichkeit eingeräumt werde, nach ihrem Belieben dem Verbraucher auch gar keinen oder nur einen auf kürzere Zeit geltenden Bonuszinssatz zu gewähren. Für den Verbraucher bleibe deshalb unklar, ob er tatsächlich mit dem Bonuszinssatz rechnen könne. Die Klausel sei bei der im Verbandsprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung überdies gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Überdies verstoße sie gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG.
[34] 1.4. Das Berufungsgericht schloss sich der Beurteilung des Erstgerichts an, dass die Klausel intransparent sei. Aufgrund der von der Beklagten gewählten Formulierung bleibe überdies unklar, ob der Verbraucher bis 30. Oktober 2023 nur den freiwilligen Bonuszinssatz oder aber diesen zusätzlich (arg „Bonus“) zu dem in Punkt 2.1. der AGB geregelten Grundzinssatz von 0,01 % erhalte. Da die Klausel somit intransparent sei, erübrige sich ein Eingehen auf die weiteren Argumente des Klägers.
[35] 1.5. Die Revision der Beklagten hält dem im Wesentlichen entgegen, die isolierte Betrachtung einzelner Wörter in Klauseln (hier: „freiwillig“) widerspreche der Judikatur, wonach eine Zusammenschau von inkriminierter Klausel und Gesamt‑AGB erforderlich sei. Das Berufungsgericht lasse auch die Rechtsprechung zur Teilbarkeit von Klauseln außer Betracht. Wenn überhaupt, sei das allein „anstößige“ Wort „freiwillig“ als eigenständige Klausel unwirksam, weil nur dieses eine Wort Ziel der klägerischen Beanstandung sei.
1.6. Der Senat hat erwogen:
[36] 1.6.1. Zunächst ist festzuhalten, dass es Aufgabe des Verbandsprozesses ist, das Verbot von gesetzwidrigen Klauseln zu erreichen und insbesondere auch jene Klauseln zu beseitigen, die den Verbraucher – durch ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position – von der Durchsetzung seiner Rechte abhalten oder ihm unberechtigt Pflichten auferlegen (vgl 9 Ob 34/24a Rz 27). Eine wie immer geartete (potentielle) Benachteiligung von Verbrauchern durch die (befristete) Gewährung von höheren Sparzinssätzen („Bonuszinsen“) als dem generell vereinbarten Grundzinssatz ist allerdings von vornherein ausgeschlossen, weshalb Klausel 1 eine die Kunden der Beklagten ausschließlich begünstigende Regelung enthält. Schon aus diesem Grund kann entgegen der Ansicht des Klägers und des Erstgerichts keine Rede davon sein, dass diese Klausel gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB sei.
[37] 1.6.2. Den Vorinstanzen ist grundsätzlich dahin zuzustimmen, dass ein Unternehmer, der in AGB den Begriff „freiwillig“ verwendet, damit im Allgemeinen zu verstehen gibt, dass er sich zur angesprochenen Leistung nicht unwiderruflich verpflichten will. Allerdings kommt es bei einer solchen Auslegung immer auf den Kontext an; im Verbandsprozess als intransparent inkriminierte Klauseln sind deshalb stets im Rahmen einer Gesamtwertung zu prüfen (vgl 9 Ob 34/24a Rz 29 mwN).
[38] Bei unbefangener Befassung mit Punkt 2. der AGB („Verzinsung und Entgelte für das Anlagekonto“) kann ein durchschnittlicher verständiger Verbraucher insbesondere angesichts der der als Klausel 1 inkriminierten Passage vorangestellten Regelung über den Grundzinssatz keinen Zweifel daran haben, dass die Beklagte den Bonuszinssatz im genannten Zeitraum (nur) insofern „freiwillig“ leistet, als er über den vereinbarten Grundzinssatz hinausgeht. Für die Annahme, sie wolle sich durch Verwendung des Wortes „freiwillig“ überdies auch das Recht vorbehalten, die höhere Verzinsung allenfalls bereits vor Ablauf des von ihr konkret benannten Zeitraums von knapp sechs Monaten zu beenden, ist angesichts des Gesamtzusammenhangs kein vernünftiger Grund ersichtlich.
[39] 1.6.3. Der Auffassung des Berufungsgerichts, die Klausel sei auch deshalb intransparent, weil unklar bleibe, ob die Kunden der Beklagten bis 30. Oktober 2023 nur den freiwilligen Bonuszinssatz oder aber diesen zusätzlich (arg „Bonus“) zum Grundzinssatz erhielten, kann ebenfalls nicht beigetreten werden. Der Wortlaut der Klausel lässt nämlich bei vernünftiger Betrachtung keinen Zweifel daran, dass den Kunden der Beklagten im Zeitraum vom 9. Mai bis 30. Oktober 2023 nur der Bonuszinssatz gebührt, weil die Formulierung andernfalls lauten müsste, dass der Bonuszinssatz zusätzlich zum Grundzinssatz gebührt; aus der bloßen Verwendung des Begriffs Bonuszinsen kann dies hingegen nicht geschlossen werden.
[40] 1.6.4. Die Klausel verstößt entgegen der Ansicht des Klägers und des Erstgerichts auch nicht gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG. Ein einseitiges Leistungsänderungsrecht der Beklagten liegt hier nämlich nicht vor, zumal Klausel 1 nichts anderes als eine (wenn auch befristete) Erhöhung der Sparzinsen gegenüber dem Grundzinssatz regelt.
[41] 1.6.5. Inwiefern diese Klausel gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG verstoßen sollte, ist nicht verständlich, weil es sich bei der Zinsenregelung nicht um ein dem Unternehmer gebührendes Entgelt handelt.
2. Klausel 2
[42] 2.1. Der Kläger machte geltend, die Klausel sei missbräuchlich, weil es mit 31. Oktober 2023 im Rahmen eines fortlaufenden Vertragsverhältnisses unabhängig von dem zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Zinsniveau zu einem Rückfall vom vertraglich vereinbarten Anfangszinssatz in der Höhe von 0,25 bis 0,75 % auf einen Zinssatz von 0,01 % komme; ein Zinssatz von 0,01 % komme wirtschaftlich allerdings einer Nullverzinsung gleich, und eine solche sei nach der Rechtsprechung unzulässig. Außerdem verstoße die Klausel gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG.
[43] 2.2. Die Beklagte wendete zusammengefasst ein, ein gesetzlicher Mindestzinssatz für Spareinlagen existiere nicht. Der Habenzinssatz sei außerdem eine Hauptleistung des Vertrags, die nicht der AGB‑Inhaltskontrolle unterliege. Eine Nullverzinsung sei zwar verboten; im Umkehrschluss sei damit jede positive Verzinsung zulässig.
[44] 2.3. Das Erstgericht bejahte unter Bezugnahme auf die Entscheidung zu 8 Ob 106/20a einen Verstoß der Klausel gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG, weil auch die Herabsetzung des Zinssatzes nach einer im Vorhinein vereinbarten Frist und zu einem feststehenden Prozentsatz ein einseitiges Leistungsänderungsrecht darstelle.
[45] 2.4. Das Berufungsgericht kam zum Ergebnis, dass eine Regelung, die vorsehe, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt „wieder“ der Grundzinssatz gelte, keinen Sinn ergebe, wenn die Bonuszinssatzregelung für einen bestimmten Zeitraum entfalle und daher (außer bei Neugeld) stets der Grundzinssatz gelte. Da die nach § 6 Abs 3 KSchG unzulässige Regelung des Bonuszinssatzes als Abweichung vom Grundzinssatz somit nicht isoliert von anderen Bestimmungen der inkriminierten Klausel wahrgenommen werden könne, sei auch Klausel 2 als unwirksam zu qualifizieren, ohne dass auf die Argumente des Klägers einzugehen sei.
[46] 2.5. In ihrer Revision macht die Beklagte zusammengefasst geltend, abgesehen davon, dass Klausel 1 entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ohnehin nicht unzulässig sei, enthalte Klausel 2 keinen direkten Verweis auf Klausel 1. Klausel 2 beinhalte auch kein einseitiges Änderungsrecht der Beklagten und sei überdies nicht gröblich benachteiligend.
2.6. Der Senat hat erwogen:
[47] 2.6.1. Wie bereits im Rahmen der Behandlung der Revision des Klägers ausgeführt wurde, ist die Entscheidung zu 8 Ob 106/20a hier nicht einschlägig. Klausel 2 sieht vor, dass ab dem 31. Oktober 2023, also nach dem Zeitraum, in dem die (erhöhten) Bonuszinsen gewährt werden, in jedem Fall (sofern es sich nicht um Neugeld handelt) wieder der ursprüngliche Grundzinssatz gilt, und dient daher nur der Klarstellung, dass nach Ablauf der Periode der Bonuszinsen erneut Punkt 2.1. der AGB (Grundzinssatz) zur Anwendung gelangt. Ein einseitiges Leistungsänderungsrecht der Beklagten im Sinn des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG liegt hier daher nicht vor.
[48] 2.6.2. Wie ebenfalls bereits zu Klausel 3 ausgeführt wurde, ist die Anordnung der erneuten Geltung des Grundzinssatzes der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB entzogen. Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass Altkunden der Beklagten (also Kunden, die ihr Sparkonto bereits vor dem 9. Mai 2023 eröffnet hatten), wie schon dargelegt, durch die – von vornherein befristete – Regelung über den Bonuszinssatz ausschließlich begünstigt wurden, sodass für sie auch das anschließende Wiederaufleben des Grundzinssatzes keine (und schon gar keine gröbliche) Benachteiligung zur Folge haben konnte. Für Neukunden der Beklagten, also solche, die ihr Sparkonto erst im Zeitraum 9. Mai bis 30. Oktober 2023 eröffneten, galt im Sinn von Punkt 2.3. der AGB typischerweise ohnehin die dort geregelte (höhere) Neuanlagenverzinsung. Sofern es sich im konkreten Fall um keine Neueinlagen im Sinn dieser Bestimmung handelte, stand für diese Kunden von vornherein fest, dass sich der Zinssatz ab 31. Oktober 2023 wieder auf den Grundzinssatz reduzieren werde.
3. Klausel 4
[49] 3.1. Der Kläger verwies zu Klausel 3 (= nunmehr Klauseln 3 und 4) im Wesentlichen auf sein Vorbringen zu Klausel 2. Zu jenem Satz der (ursprünglichen) Klausel 3, die das Berufungsgericht als Klausel 4 benannte, führte er aus, dass diese Bestimmung gegen § 6 Abs 3 KSchG verstoße.
[50] 3.2. Auch die Beklagte verwies auf ihr Vorbringen zu Klausel 2.
[51] 3.3. Das Erstgericht argumentierte zu Klausel 4 (= zweiter Satz der ursprünglichen Klausel 3), die Beklagte bediene sich vager und unkonkreter Begriffe; es bleibe unklar, von welchen Voraussetzungen der „allfällige“ Bonuszinssatz abhänge. Durch die Formulierung „mit einem … Bonuszinssatz“ bleibe auch dessen Höhe offen. Den Kunden der Beklagten sei es daher nicht möglich, den ihnen ab 1. Februar 2024 zustehenden Zinssatz zu berechnen, es bleibe sogar völlig unklar, ob ein solcher überhaupt zustehe. Die Klausel verstoße auch gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG, weil sie ein der Beklagten einseitig zustehendes Gestaltungsrecht enthalte, zumal es allein von ihrem, nicht einmal an konkrete Anhaltspunkte gebundenen Willen abhänge, ob und in welcher Höhe ein Bonuszinssatz gezahlt werde.
[52] 3.4. Das Berufungsgericht führte aus, diese Klausel nehme bei der Erklärung, wie Einlagen, die keine Neueinlagen seien, verzinst würden, sowohl auf den Grund- als auch auf den Bonuszinssatz Bezug. Beide Zinssätze würden in Klausel 4 nicht neuerlich erklärt. Die Unzulässigkeit der Klausel 2, auf die zwar nicht explizit verwiesen, aber inhaltlich Bezug genommen werde, führe zur Unzulässigkeit von Klausel 4, weil durch die Bezugnahme auf den nur in einem bestimmten Zeitraum „allenfalls“ gewährten Bonuszinssatz in Klausel 2 diese zu einem Teil der verweisenden Bestimmung werde, sodass eine getrennte Beurteilung nicht mehr möglich sei.
[53] 3.5. In ihrer Revision macht die Beklagte geltend, Klausel 4 verstoße weder gegen § 6 Abs 3 noch gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG.
3.6. Der Senat hat erwogen:
[54] 3.6.1. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts ist Klausel 4 nicht intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Vielmehr regelt sie klar, dass Einlagen, die nicht als Neueinlagen im Sinn von Punkt 2.3. der AGB anzusehen sind, nur mit dem Grundzinssatz und – im Zeitraum 9. Mai bis 30. Oktober 2023 mit dem (nach Einlagenstand gestaffelten) Bonuszinssatz gemäß Punkt 2.2. der AGB – verzinst werden. Die Verwendung des Wortes „allenfalls“ im Zusammenhang mit dem Bonuszinssatz erklärt sich bereits daraus, dass der Zeitraum der Neuanlageverzinsung nicht ident war mit jenem, in dem der Bonuszinssatz gewährt wurde, sondern über diesen hinausging. Auch der Umstand, dass von „einem“ (und nicht: „dem“) Bonuszinssatz die Rede ist, ist einzig der Tatsache geschuldet, dass je nach Guthaben auf dem Sparkonto ein unterschiedlich hoher Bonuszinssatz zur Anwendung gelangte. Es kann daher keine Rede davon sein, dass es den Kunden der Beklagten schlechthin unmöglich gewesen wäre, den ihnen zustehenden Zinssatz zu ermitteln.
[55] 3.6.2. Klausel 4 verstößt entgegen der Ansicht des Erstgerichts auch nicht gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG. Ein einseitiges Gestaltungsrecht ist dieser Klausel nicht zu entnehmen, und es trifft auch nicht zu, dass völlig unklar wäre, ob und in welcher Höhe ein Bonuszinssatz zustehe.
4. Zum Gegenveröffentlichungsbegehren
[56] 4.1. Die Ermächtigung zur Veröffentlichung des abweisenden Teils eines Unterlassungsbegehrens („Gegenveröffentlichung“) ist nach ständiger Rechtsprechung an strengere Voraussetzungen geknüpft als die Urteilsveröffentlichung zu Gunsten des obsiegenden Klägers (RS0079624 [T14]). Dem Beklagten ist bei berechtigtem Interesse ein Anspruch auf Veröffentlichung des klageabweisenden Teils der Entscheidung zuzugestehen, so etwa um einen beim Publikum durch die Veröffentlichung des klagestattgebenden Teils der Entscheidung entstehenden „falschen Eindruck“ richtigzustellen oder weil gerade die betroffenen Klauseln zu den gesetzlich zwingenden Angaben in Verbraucherverträgen gehören (RS0079624 [T7]).
[57] Im Sinn des Schutzes des wirtschaftlichen Rufes der obsiegenden Beklagten ist es für eine (Gegen-)Veröffentlichung hingegen erforderlich, dass das In-Frage-Stellen ihrer Klauseln einem breiten Publikum bekannt geworden ist oder die Entscheidung in einem öffentlich ausgetragenen Meinungsstreit von allgemeinem Interesse ist (RS0079624 [T8]). Diese Voraussetzungen für die Gegenveröffentlichung hat die Beklagte darzutun (RS0079624 [T14]).
[58] 4.2. Nach den Feststellungen besteht kein hinreichender Anhaltspunkt für die Annahme, das In-Frage-Stellen der Klauseln der Beklagten durch den Kläger wäre einem breiten Publikum bekannt geworden. Im Übrigen besteht die Gefahr eines irreführenden Eindrucks einer Veröffentlichung eines (teil‑)klagsstattgebenden Spruchs nur dann, wenn überhaupt eine (teilweise) Klagsstattgebung erfolgt ist und einem Veröffentlichungsbegehren stattgegeben wurde (6 Ob 13/16d = RS0079624 [T10]).
[59] 4.3. Für eine Ermächtigung der Beklagten zur (Gegen‑)Veröffentlichung fehlt daher eine Grundlage.
[60] 5. In teilweiser Stattgebung der Revision der Beklagten war daher einerseits das gesamte (restliche) Klagebegehren und andererseits das Veröffentlichungsbegehren der Beklagten abzuweisen.
IV. Kostenentscheidung
[61] Das Berufungsgericht hat einen Kostenvorbehalt gemäß § 52 Abs 1 ZPO ausgesprochen. Über die Revisionen wurde eine Sachentscheidung getroffen, es liegt nicht bloß ein Zwischenstreit vor. Die Kostenentscheidung bleibt daher gemäß § 52 Abs 3 ZPO zur Gänze dem Erstgericht vorbehalten (RS0129365).
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