European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0150OS00067.25D.0716.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Sexualdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * A* des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleichfasste das Erstgericht einen Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe (ON 14.2, 17 f).
[2] Unmittelbar nach der Urteilsverkündung am 10. April 2025 meldete der Angeklagte nach Rücksprache mit seinem Verteidiger „Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung“ an (ON 14.2, 18).
[3] Die Urteilsausfertigung wurde dem Verfahrenshilfeverteidiger mit Wirksamkeit vom 6. Mai 2025 (§ 89d Abs 2 GOG) zur Rechtsmittelausführung zugestellt (Zustellungsnachweis zur Vfg ON 1.9).
Rechtliche Beurteilung
[4] Dieser brachte am 4. Juni 2025 eine Nichtigkeitsbeschwerde und eine Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe ein (ON 16.1). Die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde ist verspätet.
[5] Nach Anmeldung einer Nichtigkeitsbeschwerde hat der Beschwerdeführer das Recht, (außer im hier nicht vorliegenden Fall des § 285 Abs 2 StPO) binnen vier Wochen (hier) nach Zustellung einer Urteilsabschrift eine Ausführung seiner Beschwerdegründe beim Gericht zu überreichen (§ 285 Abs 1 erster Satz StPO).
[6] Die zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Verfügung stehende Frist wurde am 6. Mai 2025 durch Zustellung des Urteils an den Verfahrenshilfeverteidiger ausgelöst und endete mit Ablauf des 3. Juni 2025 (vgl RIS‑Justiz RS0124905, RS0097555; Ratz, WK-StPO § 285 Rz 1, 4; siehe jüngst 11 Os 54/25p [Rz 6 f]).
[7] Auf die am 4. Juni 2025 (verspätet) eingebrachte Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde war keine Rücksicht zu nehmen (§ 285 Abs 1 letzter Satz StPO).
[8] Weil der Angeklagte weder bei der Rechtsmittelanmeldung noch innerhalb der vierwöchigen Ausführungsfrist Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet hat, war seine Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO).
[9] Im Übrigen haften dem Urteil die in der verspätet eingebrachten Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemachten Nichtigkeitsgründe ebenso wenig an, wie von Amts wegen wahrzunehmende.
[10] Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die implizite Beschwerde folgt aus § 285i StPO sowie § 498 Abs 3 dritter Satz StPO (Jerabek/Ropper, WK-StPO § 498 Rz 6).
[11] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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