European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:010OBS00055.25Y.0603.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Sozialrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der 1964 geborene Kläger ist gelernter Kfz‑Mechaniker und war ab 1983 jahrelang in diesem Berufsfeld tätig. Nach der Absolvierung einer Ausbildung zum akademischen Business-Manager war er als Verkäufer und ab 2006 bis 2019 als Standort‑ und Verkaufsleiter beschäftigt. Bei dieser Tätigkeit handelte es sich um eine Leitungs‑ und Managementposition der zweiten Führungsebene, wobei der Kläger in der Beschäftigungsgruppe 5 des Kollektivvertrags der Handelsangestellten eingestuft war. Zuletzt war der Kläger in Vollzeit vom 1. Oktober 2019 bis zum 31. Dezember 2022 als Kfz‑Verkäufer beschäftigt und führte dort Tätigkeiten der Beschäftigungsgruppe 3 durch.
[2] Wegen seines eingeschränkten Leistungskalküls ist der Kläger nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten auszuüben, die den Beschäftigungsgruppen 4 und 5 des KV der Handelsangestellten entsprechen. Hingegen ist er in der Lage, bestimmte Angestelltentätigkeiten in den Beschäftigungsgruppen 2 bis 3 des KV der Handelsangestellten auszuüben und dabei jedenfalls die gesetzliche Lohnhälfte zu erzielen.
[3] Die Vorinstanzen verneinten den Anspruch des Klägers auf eine Berufsunfähigkeitspension (Stichtag 1. Dezember 2022), in eventu auf Gewährung von Rehabilitationsgeld.
[4] In seiner außerordentlichen Revision argumentiert der Kläger zum einen damit, dass er die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bloß vorübergehend ausgeübt habe. Zum anderen erblickt er in der unterschiedlichen Regelung des § 255 ASVG und § 273 ASVG einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Rechtliche Beurteilung
[5] Damit zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.
[6] 1. Das Verweisungsfeld gemäß § 273 Abs 1 ASVG wird durch den Beruf bestimmt, den der Versicherte zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübt hat (RS0084943). Es hängt dabei ganz von den Umständen des Einzelfalls ab, wann die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Versicherte, der eine andere als die bisher ausgeübte Tätigkeit aufnimmt, sich vom früher überwiegend ausgeübten Beruf gelöst hat (10 ObS 158/07v), sodass hier schon deshalb – von groben Fehlbeurteilungen abgesehen – keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vorliegt (idS 10 ObS 1/19y ErwGr 2.2).
[7] 2. Bei der Beurteilung, ob sich der Versicherte, der eine andere als die bisherige Tätigkeit aufnimmt, vom früher ausgeübten Beruf gelöst hat, hat der Senat dies etwa bei einer neu aufgenommenen Tätigkeit im Ausmaß von acht Monaten (10 ObS 315/02z), 13 Monaten (10 ObS 158/07v), 16 Monaten (10 ObS 149/92), 18 Monaten (10 ObS 76/93), 21 Monaten (10 ObS 97/17p, ErwGr 2) oder im Ausmaß von mehr als zweieinhalb Jahren (10 ObS 14/06s) als genügend angesehen.
[8] 3. Auch unter Bedachtnahme der vom Kläger hervorgehobenen (und vom Berufungsgericht ohnedies berücksichtigten) Unterbrechungen seiner Tätigkeit (im Ausmaß von insgesamt 20 Wochen) wegen seiner Krankenstände und der coronabedingten Schließungen des Betriebs ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die zuletzt vom Kläger ausgeübte Tätigkeit wegen der verbleibenden Nettozeit von 35 Monaten nicht nur vorübergehend war, nach der referierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs jedenfalls vertretbar.
[9] 4. Im Umstand, dass § 273 Abs 1 ASVG auf die zuletzt nicht bloß vorübergehend ausgeübte Angestelltentätigkeit (RS0106498; RS0084954) und damit – im Gegensatz zur Regel des § 255 ASVG – nicht auf die während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag ausgeübten Berufstätigkeiten abstellt (RS0111370), vermag der Senat keine Verfassungswidrigkeit zu erblicken. Der Gesetzgeber hat hier für bestimmte Arbeitnehmer nach der Art der ausgeübten Tätigkeit eine Differenzierung vorgenommen, sodass die unterschiedlichen Regelungen im Tatsächlichen ihre Grundlage haben (vgl 10 ObS 166/87 mwN). Mit seinen knappen Ausführungen zur behaupteten Gleichheitswidrigkeit zeigt der Revisionswerber nicht im Ansatz auf, aus welchen Gründen der Gesetzgeber hier seinen Gestaltungsspielraum (vgl dazu zB 10 ObS 87/23a Rz 9 f) verletzt haben soll. Damit kann auch der Hinweis auf die unterschiedlichen Regelungen in den § 255 Abs 2 ASVG und § 273 Abs 1 ASVG die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht stützen.
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